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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 12.05.2004
Aktenzeichen: II-3 UF 251/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 286
BGB § 288
BGB § 1573 Abs. 2
BGB § 1612b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Das Versäumnisurteil des Senats vom 23.5.2003 wird teilweise aufgehoben. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Geldern vom 21.12.2003 teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin folgenden monatlich im voraus fälligen nachehelichen Unterhalt zu zahlen:

von 8/01 bis 6/03 62 EUR

ab 7/03 52 EUR,

nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz aus jedem Monatsbetrag seit dem 3. Werktag des jeweiligen Monats.

Im übrigen bleibt das Versäumnisurteil vom 23.5.2003 aufrechterhalten.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden der Klägerin zu 75% und dem Beklagten zu 25% auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu 67% und der Beklagte zu 33% zu tragen, mit Ausnahme der durch ihre Säumnis im Termin vom 23.5.2003 verursachten Kosten, die der Klägerin gesondert auferlegt werden.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Da das bereinigte Einkommen des Beklagten das (teilweise fiktive) Einkommen der Klägerin übersteigt, hat die Klägerin einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs.2 BGB. Anders als das Amtsgericht ist der Senat der Auffassung, dass die von der Klägerin zu zahlenden Kreditzinsen wegen ihres Zusammenhangs mit dem Wohnvorteil einkommensmindernd zu berücksichtigen sind. 1. Das bereinigte Einkommen des Beklagten, der Postbeamter ist, veranschlagen die Parteien übereinstimmend mit dem amtsgerichtlichen Urteil auf 2.601,77 EUR. Die geringfügig gestiegenen Aufwendungen für Kranken- und Pflegeversicherung ergeben nicht ohne weiteres eine Reduzierung, schon weil der Beklagte sein Einkommen nicht aktualisiert hat. a) Dass der Beklagte weitere eheprägende Einkünfte - etwa Zinseinkünfte - erzielt oder erzielen müsste, hat die Klägerin nicht dargelegt. Auf die Frage, ob etwaige Zinseinkünfte, auch wenn sie aus dem Zugewinnausgleich herrühren, an die Stelle des Wohnvorteils getreten sind und daher als eheprägendes Einkommen zu berücksichtigen sind (vgl. BGH FamRZ 2002, 88, 91 f.), braucht daher nicht eingegangen zu werden. b) Der Beklagte ist Vater eines nichtehelichen Sohnes, C. O. H., der am 22.7.1986 geboren wurde. Die Vaterschaft sowie die Unterhaltspflicht erkannte der Beklagte im Jahr 2000 - vor Scheidung der Ehe - an. Der Kindesunterhalt ist demnach als eheprägende Unterhaltslast vorweg abzuziehen. Dass die Festlegung des Kindesunterhalts auf 160% des Regelbetrags (Einkommensgruppe 9 der Düsseldorfer Tabelle) in der Jugendamtsurkunde vom 14.6.2000 dem Einkommen des Beklagten entspricht, wird von den Parteien nicht in Zweifel gezogen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Unterhalt nicht nur mit dem nach anteiliger Kindergeldverrechnung verbleibenden Zahlbetrag, sondern mit dem sogenannten Tabellenbetrag abzuziehen. Das ergibt sich aus der Überlegung, dass das Kindergeld nicht als unterhaltsrechtliches Einkommen zu betrachten ist (BGH FamRZ 1997, 806). Die auch nach der genannten Entscheidung des BGH noch umstrittene Frage, ob bei nichtehelichen Kindern etwas anderes gelten soll und hier etwa nur der Zahlbetrag abzuziehen ist (vgl. dazu Eschenbruch/Wohlgemuth, Der Unterhaltsprozess, 3.Aufl. Rdnr. 3170 m.w.N.), hat der BGH mit ausführlicher Begründung - nochmals - dahingehend entschieden, dass auch in diesen Fällen der Tabellenbetrag zugrunde zu legen ist (BGH FamRZ 2000, 1492; a.A. Soyka, Ehegattenunterhalt, 2.Aufl., Rdnr.165). Der Senat sieht keine Veranlassung, davon abzuweichen. Das Kindergeld dient seiner öffentlichrechtlichen Zweckbestimmung nach ausschließlich der Entlastung der Eltern von den Kosten der Kinderbetreuung und -erziehung und darf nicht über eine Zurechnung zum Einkommen des Unterhaltspflichtigen und die daraus folgende Erhöhung des Ehegattenunterhalts im Ergebnis anderen Zwecken zugeführt werden. Zudem müsste das Kindergeld auch konsequenterweise als Einkommen beim Kindesunterhalt angerechnet werden (BGH a.a.O.), wodurch der Widerspruch zu den Anrechnungsregeln gemäß § 1612b BGB offenkundig würde. Der Kindes- (Tabellen-) Unterhalt beträgt für die Zeit ab 1/02 431 EUR und ab 7/03 455 EUR. Entgegen der Auffassung des Beklagten sind indessen Beträge, die er auf die aufgelaufenen Unterhaltsrückstände aus der Zeit vor seiner Vaterschaftsanerkennung zahlt, wie sonstige Unterhaltsrückstände nicht ohne weiteres abzugsfähig. c) Der Beklagte hat bei der PSD-Bank eine eheprägende Kreditrate in Höhe von mtl. 230,08 EUR zu zahlen. Der weiter geltend gemachte Kredit bei der Audi-Bank sowie der nach der Scheidung wiederum bei der PSD-Bank aufgenommene Kredit vom 28.9.2001 sind nicht ohne weiteres zu berücksichtigen. Die Kreditrate beim BHW fällt auf beiden Seiten in gleicher Höhe an und kann daher außer acht gelassen werden. 2. Die Klägerin ist nur in geringerem als dem von ihr geltend gemachten Umfang unterhaltsbedürftig. Denn ihr ist über das Einkommen aus ihrer Tätigkeit bei der Kirchengemeinde (mit 25 Wochenstunden) und aus ihrer stundenweisen Aushilfstätigkeit als Kassiererin in einem Supermarkt hinaus ein weiteres Einkommen zuzurechnen. Im Rahmen des der Klägerin ebenfalls zugute kommenden Wohnvorteils ist allerdings der geltend gemachte Abzug für die Kreditzinsen zur Finanzierung des Zugewinnausgleichs gerechtfertigt. a) Entgegen ihrer Auffassung hat die Klägerin nicht genügend unternommen, um durch eine Vollzeittätigkeit ihren Lebensunterhalt - weitestgehend - durch eigene Anstrengungen sicherzustellen, wozu sie vor einer Inanspruchnahme des unterhaltspflichtigen Beklagten gehalten ist. Außer der Tatsache, dass sie derzeit in einem Probearbeitsverhältnis mit dem - geringen - Stundenlohn von 6,14 EUR bei einem EDEKA-Markt als Kassiererin beschäftigt ist, hat sie keinerlei Bemühungen um eine ihrer Qualifikation und derzeitigen Tätigkeit (als kaufmännische Angestellte) adäquate ergänzende Tätigkeit oder Vollzeittätigkeit dargelegt. Ihrer Argumentation, dass sie ihr langjähriges Arbeitsverhältnis bei der Kirchengemeinde wegen des von ihr erworbenen Kündigungsschutzes und der wegen der Tarifgebundenheit im öffentlichen Dienst vergleichsweise guten Bezahlung vernünftigerweise nicht aufgeben könne, folgt der Senat im Ergebnis nicht. Auch wenn diese Erwägungen verständlich sind und zudem unterstellt wird, dass die Klägerin eine Aufstockung ihrer Stundenzahl bei der Kirchengemeinde nicht erreichen kann, ist es nicht gerechtfertigt, allein deswegen das Bedürftigkeitsrisiko auf den Beklagten zu verlagern. Die Klägerin ist arbeitsfähig und demzufolge nicht gehindert, ihrer unterhaltsrechtlichen Eigenverantwortung durch den Antritt einer Vollzeitstelle nachzukommen. Dass es ihr nicht möglich sei, eine ihrer Qualifikation entsprechende Arbeitsstelle bei einem anderen Arbeitgeber zu finden, hat sie nicht dargetan. Vielmehr ist sie auch nach dem Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Senats jeglichen Vortrag zu darauf gerichteten Bemühungen schuldig geblieben. Mit der Nebentätigkeit als Kassiererin im Supermarkt, die sie stundenweise ausübt und die ihr mit 6,14 EUR/Std. bezahlt wird, durfte sie sich nicht ohne weiteres begnügen. Zum einen erscheint der Stundenlohn unterdurchschnittlich. Zum anderen fehlt es auch hier am Vortrag der Klägerin zu Bemühungen um eine besser bezahlte Nebentätigkeit. Schließlich liegen dem Senat aber auch keine spezifizierten Aufstellungen über den von der Klägerin aus der Kassiererinnentätigkeit erzielten Arbeitslohn vor. Die Klägerin ist demnach so zu behandeln, als hätte sie sich erfolgreich um eine ihrer derzeitigen Tätigkeit entsprechende Vollzeittätigkeit oder eine ergänzende Nebenbeschäftigung bemüht. Sie wäre dann in der Lage, ein monatliches bereinigtes Nettoeinkommen von insgesamt 1.410 EUR zu erzielen. Dafür kann sogar dahinstehen, ob sie das Einkommen aus ihrer bisherigen Tätigkeit durch eine zusätzliche Geringverdienertätigkeit aufstockt oder sich um eine Vollzeitstelle bemüht. Denn eine Hochrechnung ihres heutigen Einkommens auf 38,5 Wochenstunden (dann ergäbe sich ein Jahresbruttoeinkommen von 28.308,56 EUR und abzüglich Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen 17.761,39 EUR) ergibt in etwa denselben Betrag wie die Zusammenrechnung ihres bisherigen Einkommens von bereinigt rund 1.045 EUR mit bereinigt 375 EUR aus einer zusätzlichen Geringverdienertätigkeit (= 400 EUR abzüglich hälftiger Mindestpauschale für berufsbedingte Aufwendungen, eine Sozialversicherungspflicht scheidet bei einer einzelnen geringfügigen Beschäftigung nach § 8 Abs.2 S.1 SGB IV in der ab 1.4.2003 geltenden Fassung aus). b) Der Wohnvorteil, in dessen Genuss die Klägerin kommt, ist nicht höher als mit 500 EUR zu bewerten, was die Klägerin sich im Ausgangspunkt zurechnen lässt. Ein höherer Wohnvorteil scheidet nach nochmaliger Prüfung durch den Senat aus. Die Klägerin hat auf eine entsprechende Auflage des Senats nähere Angaben zur Größe und Lage des Hausgrundstücks gemacht. Sie hat ferner den örtlichen Mietspiegel vorgelegt. Daraus ergibt sich bei einem ortsüblichen Quadratmeterpreis von bis zu 4 EUR und einer Wohnungsgröße von 115 m2 2 auch unter Anrechnung eines Zuschlages für ein Einfamilienhaus kein höherer als der von der Klägerin zugestandene Wohnvorteil. Ob das Haus behebbare Mängel aufweist, ist für die ortsübliche Miete nicht von Bedeutung (vgl. etwa OLG Stuttgart NJW 1981, 2365) und braucht schon deswegen nicht festgestellt zu werden. c) Die Klägerin hat zur Finanzierung des an den Beklagten gezahlten Zugewinnausgleichs von 54.000 DM sowie den Einbau einer neuen Heizungsanlage (Kosten rund 9.000 EUR) ein Darlehen in Höhe von insgesamt 70.000 DM aufgenommen. Darauf leistet sie unstreitig monatliche Zinszahlungen von 170 EUR. Entgegen dem Amtsgericht sind die Zinszahlungen vom oben festgestellten Wohnvorteil abzusetzen (vgl. BGH FamRZ 1998, 87, 88; FamRZ 2001, 1140, 1143). Der Senat schließt sich insofern der Argumentation der Klägerin an. Danach war sie - insofern unstreitig - nur durch die Kreditaufnahme in der Lage, den allein wegen des Hausgrundstück angefallenen Zugewinnausgleich zu zahlen. Hätte sie den Kredit nicht aufgenommen, hätte sie das Hausgrundstück veräußern müssen, um die von ihr dem Beklagten geschuldete Summe von 54.000 DM aufbringen zu können. Da aber der Wohnvorteil des - unbelasteten - Hausgrundstücks als eheprägendes Einkommen zu berücksichtigen ist, stellen die Kreditzinsen bei wirtschaftlicher Betrachtung nichts anderes dar als ein zur Finanzierung des Hausgrundstücks aufgenommener eheprägender Kredit (vgl. Borth, FamRB 2003, 328, Soyka, FuR 2003, 1, 4 f.). Bei den Kreditzinsen handelt es sich daher nicht nur wegen der finanzierten Neuanschaffung der Heizung, sondern auch hinsichtlich der Finanzierung des Zugewinnausgleichs wirtschaftlich betrachtet um Aufwendungen zur Erhaltung des Wohnvorteils, die demzufolge auch bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigen sind. Der vom Amtsgericht erhobene Einwand, die Berücksichtigung der Kreditzinsen würde darauf hinauslaufen, dass die Klägerin den gezahlten Zugewinnausgleich über den Unterhalt wieder zurückerhalte, ist unbegründet. Die Klägerin bringt dagegen zu Recht vor, dass sie sich, wenn sie das Hausgrundstück veräußert hätte, nur die nach Abzug des Zugewinnausgleichs verbliebenen Vermögenserträge als Einkommen hätte anrechnen lassen müssen. Wenn sie aber eine Veräußerung durch die Finanzierung des Zugewinns abwenden kann und ihr demzufolge der volle Wohnvorteil zugerechnet wird, dürfen die mit der Finanzierung verbundenen Nachteile nicht außer Betracht bleiben.

3. Ausgehend vom bereinigten Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von 2.601,77 EUR ist der Unterhalt wie folgt zu berechnen: 8/01 - 6/03:

Einkommen Beklagter|2.601,77 EUR| abzüglich Kredit PSD-Bank|- 230,08 EUR| abzüglich Kindesunterhalt|- 431,00 EUR|6/7 Differenz|1.940,69 EUR|1.663,45 EUR ||6/7 Einkommen Klägerin|1.410,00 EUR|1.208,57 EUR Wohnvorteil||330,00 EUR Summe Klägerin||1.538,57 EUR || Einkommen Beklagter||1.663,45 EUR Einkommen Klägerin||- 1.538,57 EUR Differenz||124,88 EUR Unterhalt (:2, gerundet)||62,00 EUR Diese Berechnung beruht auf der Düsseldorfer Tabelle 2002. Sie kann aber zur Vereinfachung auch für die Monate 8/01 bis 12/01 herangezogen werden, weil die Anpassung der Tabellensätze zum 1.1.2002 abgesehen von Rundungsdifferenzen im wesentlichen nur auf der Währungsumstellung beruhte. Ab 7/03 erhöht sich der vom Beklagten geschuldete Kindesunterhalt (Tabellenbetrag) auf 455 EUR, so dass sich ein Unterhalt von 52 EUR errechnet. 3. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286, 288 BGB. 4. Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92, 344, 708, 713 ZPO. Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht.

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