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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 23.06.2006
Aktenzeichen: II-3 UF 270/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 1570
BGB § 1573 Abs. 2
BGB § 1581
ZPO § 93a
ZPO § 516
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Geldern vom 23.11.2005 im Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt (Nr.4 des Urteilstenors) teilweise abgeändert und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels insoweit wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab Rechtskraft der Scheidung einen monatlich im Voraus fälligen nachehelichen Unterhalt in Höhe von 293 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Unterhaltsklage abgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden wie die erstinstanzlichen Kosten gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung des Beklagten, über die nach Rücknahme der Anschlussberufung allein noch zu entscheiden ist, ist nur zum Teil begründet. Die Höhe des Unterhalts ergibt sich sogar ohne Rücksicht auf die meisten zwischen den Parteien streitigen Umstände im wesentlichen schon daraus, dass die Leistungsfähigkeit des Beklagten zur Zahlung des Ehegattenunterhalts wegen des auf 995 € zu erhöhenden Selbstbehalts nach § 1581 BGB begrenzt ist.

Aufgrund dessen beträgt der monatliche Unterhaltsanpruch der Klägerin gemäß §§ 1570, 1573 Abs.2 BGB im Ergebnis (gerundet) 293 €.

Der Unterhalt bestimmt sich aufgrund der beiderseitigen Einkommensverhältnisse der Parteien wie folgt:

1. a) Ausgehend von der Bezügemitteilung der D. T. für Dezember 2005 (Bl.119 GA) beläuft sich das Nettoeinkommen des Beklagten einschließlich der Steuererstattung auf 2.126,37 €.

Das Nettoeinkommen ergibt sich im Einzelnen aus der folgenden Aufstellung:

Bruttoeinkommen 31.197,58

Lohnsteuer -5.409,96

Kirchensteuer -330,30

Solidaritätszuschlag -201,85

Kranken-, Pflegeversicherung -1.877,28

VWL-AG-Anteil -72,60

Steuererstattung 2.210,88

Nettoeinkommen 25.516,47

pro Monat 2.126,37

Die Steuererstattung für das Jahr 2004 ist in 2005 geflossen (Bl.133 UE) und beruht im wesentlichen auf den hohen Fahrtkosten. Da der Beklagte auch im Jahr 2005 Fahrtkosten in vergleichbarer Höhe hatte, wird die kommende Steuererstattung für 2005 ähnlich ausfallen. Im Übrigen kann der Beklagte aber auch für weitere Zeiträume eine ähnliche Steuererstattung erzielen, indem er den aufgrund dieses Urteils zu zahlenden Ehegattenunterhalt in den folgenden Veranlagungszeiträumen als Sonderausgabe geltend macht.

b) Fahrtkosten des Beklagten sind - auch wenn sie früher wegen der ihm möglichen Heimarbeit in geringerer Höhe anfielen - eheprägend. Anders als beim Kindesunterhalt besteht hier keine gesteigerte Unterhaltspflicht des Beklagten, so dass ihm in diesem Rahmen weder ein Umzug in die Nähe seiner Arbeitsstelle noch die Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel abzuverlangen ist. Die Kosten sind ohnedies dadurch verringert worden, dass der Beklagte ab 2006 wieder die Möglichkeit der Heimarbeit hat, die er - wie er im Senatstermin erläutert hat - im Haus seiner Mutter wahrnimmt. Die Fahrtkosten sind demnach als Werbungskosten abzugsfähig.

Der Beklagte ist dienstlich regelmäßig nur einmal wöchentlich verpflichtet, in Düsseldorf zu erscheinen. Hinzu kommen weitere Schulungs- und Besprechungstermine. Der Senat schätzt aufgrund der Angaben des Beklagten jährlich 60 Fahrten nach Düsseldorf. Die übrigen Arbeitstage muss der Beklagte zum Wohnort seiner Mutter fahren, um dort arbeiten zu können. Warum er seinen Heimarbeitsplatz nicht in seiner Wohnung eingerichtet hat, hat er plausibel begründet. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin und deren zwei Kindern zusammen in einer Vierzimmerwohnung, wo er nach seinen Angaben nicht ungestört arbeiten kann.

Die Fahrtkosten berechnen sich demnach aufgrund der seit 1.7.2005 geltenden Kilometersätze (vgl. Nr.10.2.2 der Düsseldorfer Leitlinien: 0,30 €, ab Kilometer 31 rechnet der Senat mit einem reduzierten km-Satz von 0,20 €) wie folgt: (60 Tage x 30 km x 2 x 0,30 € + 60 Tage x 45 km x 2 x 0,20 € + 160 Tage x 15 km x 2 x 0,30 €) : 12 = 300 €.

c) Es ergibt sich somit ein monatliches bereinigtes Einkommen des Beklagten von 2.126,37 € - 300 € = 1.826,37 €.

2. a) Das Nettoeinkommen der Klägerin beträgt 710,34 € (Bl.156 GA) und ergibt sich aus folgender Übersicht.

Bruttoeinkommen 10.909,34

Krankenversicherung -782,26

Pflegeversicherung -92,71

Rentenversicherung -1.063,66

Arbeitslosenversicherung -354,56

VWL-AG-Anteil -92,04

Nettoeinkommen 8.524,11

pro Monat 710,34

Aufgrund des Alters der Kinder besteht entgegen dem Amtsgericht kein Anlass, das Einkommen der Klägerin teilweise für überobligatorisch zu halten und ihr einen Betreuungsbonus zuzuerkennen.

b) Die Fahrtkosten sind wie beim Beklagten abziehbar und ergeben einen Monatsbetrag von 275 € (= 220 Tage x 25 km x 2 x 0,30 € : 12).

c) Der Wohnwert beträgt unstreitig 675,67 €. Davon abzuziehen sind die Belastungen (Zins und Tilgung) von 1.009,70 €, die sich allerdings um die Eigenheimzulage von 181,08 € vermindern.

Kosten wie Grundsteuer und Versicherung können nicht abgezogen werden. Denn es handelt sich hier um Kosten, die auf Mieter umgelegt werden können und keine Sonderlasten aufgrund Eigentums darstellen (vgl. Nr.5 Düsseldorfer Leitlinien).

Das Amtsgericht hat schließlich aufgrund der Anrechnung des Wohnkostenanteils im Urteil des Senats vom 22.10.2004 (II-3 UF 92/04; teilweise berichtigt durch Senatsbeschluss vom 11.2.2005) den auf die Kinder entfallenden Wohnwert von 96 € abgezogen, was aus Vereinfachungsgründen beibehalten werden kann.

Es ergibt sich ein Fehlbetrag von 248,95 € (= 675,67 € + 181,08 Eigenheimzulage - 1.009,70 € Belastungen - 96 € Wohnkostenanteil Kinder).

d) Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts geht der Senat von einem Zusammenleben der Klägerin mit ihrem Partner D. M. aus. Dazu bedarf es einer erneuten Beweisaufnahme nicht, weil das Zusammenleben sich in hinreichender Deutlichkeit aus der Aussage des Zeugen vor dem Amtsgericht ergibt und zum anderen die Richtigkeit der detaillierten Beobachtungslisten von der Klägerin nicht bestritten worden ist.

Der Senat schätzt das Versorgungsentgelt (einschließlich Haushaltsersparnis) auf 200 €. Der vorstehend genannte Betrag wirkt sich indessen auf die Unterhaltsberechnung letztendlich nicht aus, weil der Unterhalt aufgrund eingeschränkter Leistungsfähigkeit auf einen Betrag zu begrenzen ist, der selbst bei voller Anrechnung von 350 € (vgl. Nr.6 Düsseldorfer Leitlinien) nicht unterschritten würde.

3. Es ergibt sich mithin die folgende Berechnung des Unterhaltsbedarfs:

Einkommen Beklagter

Erwerbseinkommen 1.826,37

Kindesunterhalt (Gruppe 1) Niklas -291,00

Fabian -247,00

Differenz 1.288,37 6/7

Davon Erwerbseink 1.288,37 1.104,32

Einkommen Klägerin

Erwerbseinkommen 435,34

Versorgungsentgelt 200,00

Summe 635,34

Negativer Wohnwert -248,95

Differenz 386,39

Davon Erwerbseinkommen 264,76 226,94

Davon sonst. Einkommen 121,63 121,63

Summe 348,57

Einkommen Beklagter 1.104,32

Einkommen Klägerin -348,57

Differenz 755,75

Unterhaltsbedarf (1/2) 377,88

Der Beklagte ist allerdings nicht in vollem Umfang leistungsfähig. Nach einer aktuellen Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.3.2006 (FamRZ 2006, 683), welcher sich der Senat anschließt, ist der Selbstbehalt gegenüber Ehegatten in der Regel mit dem Mittelbetrag zwischen notwendigem Selbstbehalt (derzeit 890 €) und angemessenem Selbstbehalt (derzeit 1.100 €) zu bemessen. Der Mittelbetrag beläuft sich auf 995 €, die dem Beklagten im Rahmen des Ehegattenunterhalts verbleiben müssen.

Der für den Ehegattenunterhalt verfügbare Betrag berechnet sich also wie folgt:

Einkommen Beklagter 1.826,37

Unterhalt Niklas -291,00

Unterhalt Fabian -247,00

Selbstbehalt -995,00

Verbleiben 293,37

Gerundet 293 €

Dabei geht der Senat davon aus, dass dem Kindesunterhalt entsprechend der von den Parteien in der Vergangenheit einvernehmlich geübten Praxis der Vorrang zukommt.

4. Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 93a, 516 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.

Streitwert des Berufungsverfahrens: Bis 4.5.2006: Berufung 354,18 x 12 = 4.250,16 € Anschlussberufung (653,24 - 354,18) x 12 = 3.588,72 € Summe 7.838,88 €

Ab 5.5.2006: Berufung 4.250,16 €

Ende der Entscheidung

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