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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 12.05.2004
Aktenzeichen: II-3 WF 113/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 3
ZPO § 9
ZPO § 93d
ZPO § 269
ZPO § 269 Abs. 3 S. 3
ZPO § 269 Abs. 5
ZPO § 511
ZPO § 567
ZPO §§ 645 ff.
ZPO § 651 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Kleve vom 23.5.2003 abgeändert.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens einschließlich des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: Gerichtskosten und außergerichtliche erstinstanzliche Kosten aufgrund des Gebührenstreitwerts von 500 EUR.

Die Klägerin ist die Ehefrau des Beklagten. Die Eheleute leben getrennt. Die Klägerin hat beim Amtsgericht eine Klageschrift vom 26.11.2002 eingereicht und damit vom Beklagten Auskunft über sein Einkommen und Vorlage von Belegen begehrt. Gleichzeitig hat sie Prozeßkostenhilfe beantragt. Durch Schriftsatz vom 5.12.2002 hat sie die Klage zurückgenommen, weil der Beklagte mit einem Schreiben vom 26.11.2002, zugegangen am 28.11.2002, die begehrten Auskünfte erteilt habe. Durch Schriftsatz vom 20.3.2002 hat die Klägerin beantragt, die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten aufzuerlegen. Der Beklagte hat sich zu dem ihm übersandten Antrag nicht geäußert. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, weil innerhalb des Prozeßkostenhilfeverfahrens keine Kostenentscheidung ergehe und die Bestimmung des § 269 ZPO die Klageerhebung, also die Rechtshängigkeit voraussetze. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit der sie ihren Kostenantrag weiterverfolgt und sich vor allem auf den Sinn und Zweck der gesetzlichen Neuregelung in § 269 Abs.3 S.3 ZPO durch das ZPO-RG beruft. II. 1. Die sofortige Beschwerde ist nach §§ 567, 269 Abs.5 zulässig. Der Streitwert in der Hauptsache übersteigt die Berufungssumme nach § 511 ZPO. Anders als der in der Klageschrift regelmäßig wiedergegebene Gebührenstreitwert (hier 500 EUR) bestimmt sich der Rechtsmittelstreitwert nach §§ 3, 9 ZPO und erreicht hier, auch wenn die Auskunft nur mit einem Teilwert der Hauptforderung zu veranschlagen ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 23.Aufl., § 3 Rdnr.16 "Auskunft"), unzweifelhaft die Berufungssumme. 2. Die Beschwerde ist auch begründet. a) Entgegen der offenbar vom Amtsgericht vertretenen Auffassung handelt es sich hier nicht nur um ein Prozeßkostenhilfeverfahren. Die Klage ist vielmehr ohne Rücksicht auf eine Prozeßkostenhilfebewilligung eingereicht worden und ist damit auch anhängig geworden. b) Die Kosten des Verfahrens sind schon nach der vom Amtsgericht nicht herangezogenen Vorschrift des § 93d ZPO dem Beklagten aufzuerlegen, weil er durch seine nicht rechtzeitig erteilte Auskunft Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat. Dass die Klage nicht rechtshängig geworden ist, steht der Auferlegung der entstandenen Verfahrenskosten zu Lasten des Beklagten nicht im Wege. Darauf weist bereits der Wortlaut des § 93d ZPO hin, der sich nicht nur auf Klagen, sondern allgemein auf Verfahren bezieht und auch eine Klagerücknahme nicht voraussetzt. Auch wenn durch die allgemein gehaltene Formulierung außer der Unterhaltsklage lediglich das vereinfachte Verfahren nach §§ 645 ff. ZPO einbezogen werden sollte, so verdeutlichen dessen Regelungen, dass es für die Kostenentscheidung nach § 93d ZPO auf die Rechtshängigkeit nicht ankommen kann. Nach § 651 Abs.3 ZPO wird im vereinfachten Verfahren die Rechtshängigkeit nur dann fingiert, wenn ein Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens gestellt wird. Das scheidet aber gerade bei einer Rücknahme des Festsetzungsantrags aus. Schließlich scheinen dem Senat nach Überprüfung aber auch die Bedenken des Amtsgerichts gegen die Zulässigkeit der Kostenentscheidung nach § 269 Abs.3 S.3 ZPO nicht durchgreifend. Entgegen der teilweise vertretenen Auffassung in der Rechtsprechung und Literatur (vgl. etwa Zöller/Greger, ZPO, 23.Aufl., § 269 Rdnr.8a-8c; Baumbach/Hartmann, ZPO, 61.Aufl. § 269 Rdnr.39 m.w.N.) ist der erkennende Senat mit dem OLG Köln (FamRZ 2003, 1571) und dem LG Düsseldorf (NJW-RR 2003, 213 m.w.N.) der Auffassung, daß die Kostenentscheidung nach § 269 Abs.3 S.3 ZPO auch möglich ist, wenn es nicht zu einer Klageerhebung gekommen ist und ein Prozeßrechtsverhältnis nicht entstanden ist. Bei der Kostenvorschrift des § 269 Abs.3 S.3 ZPO handelt es sich um einen Sondertatbestand, der sich über die - bisherigen - dogmatischen Anforderungen an eine Klagerücknahme hinwegsetzt (MünchKomm/Lüke, ZPO, 2.Aufl., ZPO-RG, § 269 Rdnr.4; Musielak/Foerste, ZPO, 3.Aufl., § 269 Rdnr.13). Gerade der Zweck der Norm, die eine vereinfachte Möglichkeit schaffen wollte, dem Veranlasser des Verfahrens die Kosten ohne die nach bisherigem Verfahrensrecht bestehenden Hemmnisse einer Klageänderung oder eines neuen Schadensersatzverfahrens auferlegen zu können, fordert die Möglichkeit einer Entscheidung nach billigem Ermessen. Der Kläger wird sogar aufgrund des Erfordernisses der unverzüglichen Klagerücknahme (vgl. hierzu allerdings die beabsichtigte Neureglung im Justizmodernisierungsgesetz) dazu angehalten, die Klage möglichst noch vor Zustellung zurückzunehmen. Dagegen erscheint eine nach "Erledigung" zwecklose und entgegen dem Normzweck kostenverursachende Zustellung der Klage als überflüssige Formalität (anders aber Zöller/Greger, ZPO, 23.Aufl., § 269 Rdnr.8c, der nach Zustellung der zurückgenommenen Klage eine Kostenentscheidung nach § 269 Abs.3 S.3 ZPO für zulässig hält). Als sachlicher Gesichtspunkt kann hier nur entscheidend sein, daß der Beklagte vor einer ihn belastenden Kostenentscheidung rechtliches Gehör erhält (vgl. LG Düsseldorf a.a.O.), was vom erkennenden Gericht zu gewährleisten ist. Im vorliegenden Fall ist der Beklagte von allen Verfahrensvorgängen und Anträgen unterrichtet worden. c) Die Kosten sind nach der gemäß § 93d ZPO wie auch der nach 269 Abs.3 S.3 ZPO erforderlichen Abwägung dem Beklagten aufzuerlegen. Die Klägerin forderte den Beklagten durch Anwaltsschreiben vom 24.10.2002 zur Auskunftserteilung bis zum 2.11.2002 auf. Damit hatte der Beklagte mehr als eine Woche Zeit, um auf die Aufforderung zu reagieren (vgl. dazu OLG Naumburg FamRZ 2001, 1719). Selbst wenn man die Frist noch für zu kurz halten wollte, wartete die Klägerin jedenfalls bis zum 26.11.2002 ab, bevor sie ihre Klage einreichte. Da die Auskünfte bis zum 26.11.2002 nicht bei ihren Anwälten eingegangen waren, hatte die Klägerin dem Beklagten zur Auskunft ausreichend Zeit gegeben, so daß sich der Beklagte mit der Auskunft im Verzug befand. Unter diesen Umständen entspricht es regelmäßig billigem Ermessen, wenn die Kosten (einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens) dem Beklagten auferlegt werden.

Ende der Entscheidung

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