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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 18.08.2008
Aktenzeichen: II-4 UF 171/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 85 Abs. 2
ZPO § 233
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Der Antrag des Beklagten, ihm wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wird zurückgewiesen.

2. Die Berufung des Beklagten gegen das am 2.6.2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Krefeld wird auf Kosten des Beklagten (§ 97 Abs. 1 ZPO) als unzulässig verworfen.

3. Streitwert für das Berufungsverfahren: 842,26 € - 2 x ([308,13 € - 259,00 €] + 5 x [123,25 € - 92,25 €] + 7 x [180,00 € - 149,00 €]) -

Gründe:

1.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 6.6.2008 zugestellte Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Krefeld mit Schriftsatz vom 4.7.2008, bei Gericht eingegangen am 9.7.2008 (Mittwoch) Berufung eingelegt. Nachdem ihm unter dem 10.7.2008 der verspätete Eingang der Berufungsschrift mitgeteilt worden war, hat er mit Schriftsatz vom 18.7.2008, bei Gericht eingegangen am 21.7.2008, wegen der Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung führt er aus, die Berufungsschrift sei von seiner Kanzleiangestellten am 4.7.2008 in den Briefkasten geworfen worden und hätte bei regelmäßigem Postlauf rechtzeitig am 7.7.2008 bei Gericht eingehen müssen.

2.

Die Berufung des Beklagten war als unzulässig zu verwerfen (§ 522 Abs. 1 ZPO), weil sie nicht rechtzeitig innerhalb der Berufungsfrist, die einen Monat beträgt (§ 517 ZPO), bei Gericht eingegangen ist.

Eine Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsfrist kommt nicht in Betracht. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt nach § 233 ZPO voraus, dass die Partei ohne ihr Verschulden gehindert war, die versäumte Frist einzuhalten. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

Der Vortrag des Prozessbevollmächtigten des Beklagten geht dahin, dass sich der Berufungsschriftsatz in einem Kuvert befunden habe, das eine Angestellte am 4.7.2008 in den Briefkasten geworfen und damit rechtzeitig auf den Postweg gebracht habe. Da die fragliche Angestellte den Inhalt des Umschlags nicht geprüft hat, und auch die den Umschlag vorbereitende Angestellte keine Erinnerung mehr daran hat, welche Post sie an dem fraglichen Tag versandfertig gemacht hat, wäre ein rechtzeitiger Versand der Berufungsschrift nur dann glaubhaft gemacht (§ 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO), wenn aufgrund organisatorischer Vorkehrungen zur Ausgangskontrolle in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten angenommen werden kann, dass auch der fragliche Schriftsatz rechtzeitig zur Post gelangt ist. Dies ist indes nicht der Fall. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass an dem Fristversäumnis ursächlich ein Organisationsverschulden des Prozessbevollmächtigten mitgewirkt, welches sich der Beklagte nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gehört es zu den dem Prozessbevollmächtigten obliegenden Aufgaben, dafür Sorge zu tragen, dass fristgebundene Schriftsätze nicht nur rechtzeitig hergestellt werden, sondern auch innerhalb der Frist bei dem zuständigen Gericht eingehen. Zu diesem Zweck muss der Prozessbevollmächtigte nicht nur sicherstellen, dass ihm die Akten von Verfahren, in denen Rechtsmittel- oder Rechtsmittelbegründungsfristen laufen, rechtzeitig vorgelegt werden. Er muss vielmehr zusätzlich eine Ausgangskontrolle schaffen, durch die zuverlässig gewährleistet wird, dass fristwahrende Schriftsätze auch tatsächlich rechtzeitig hinausgehen. Da für die Ausgangskontrolle in jedem Anwaltsbüro ein Fristenkalender unabdingbar ist, muss der Rechtsanwalt sicherstellen, dass die im Kalender vermerkten Fristen erst gestrichen werden oder ihre Erledigung sonst kenntlich gemacht wird, wenn die fristwahrende Maßnahme durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, d.h. die weitere Beförderung der ausgehenden Post organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Schließlich gehört zu einer wirksamen Ausgangskontrolle auch eine Anordnung des Prozessbevollmächtigten, durch die gewährleistet wird, dass die Erledigung der fristgebundenen Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders von einer dazu beauftragten Bürokraft überprüft wird (vgl. BGH, NJW-RR 1997, 562; FamRZ 2007, 1879 m.w.N.) Die Ausgangskontrolle setzt, wie bereits dem Begriff Kontrolle zu entnehmen ist, eine nochmalige, selbständige Prüfung voraus (BGH, NJW 2006, 2412). Es muss sichergestellt sein, dass eine Frist im Fristenkalender erst dann als erledigt gekennzeichnet wird, wenn der fristwahrende Schriftsatz gefertigt und abgesandt oder zumindest dafür Sorge getroffen worden ist, dass das Schriftstück tatsächlich hinausgeht.

Dass eine solche selbständige und abschließende Prüfung der Fristen und deren Erledigung im Büro seiner Prozessbevollmächtigten durchgeführt wird, hat der Beklagte nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. Er hat vorgetragen, der Prozessbevollmächtigte selbst habe am Tag des Fristablaufs (7.7.2008) den Fristenzettel abgezeichnet. Die Überzeugung, dass die Berufungsschrift die Praxis bereits am 4.7.2008 verlassen habe, habe er aus der Tatsache gewonnen, dass sich die Berufungsschrift weder im Postlauf befunden habe noch sonst in der Praxis liegengeblieben sei. Die so von dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten wiedergegebene Übung entspricht den Anforderungen an eine wirksame Ausgangskontrolle nicht. Allein aus der Tatsache, dass sich der fragliche Schriftsatz aus Sicht des Prozessbevollmächtigten nicht mehr in der Praxis befand, lässt sich nicht auf dessen Absendung schließen. Eine wirksame Ausgangskontrolle ist nur dann gewährleistet, wenn am Ende eines jeden Arbeitstages von einer dazu beauftragten Kraft geprüft wird, welche fristwahrende Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder - wie hier durch Einlegen in das dafür vorgesehene Kuvert - zumindest versandfertig gemacht worden sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen übereinstimmen. Derartige Kontrollmaßnahmen fehlen hier.

Die Wiedereinsetzung in der versäumte Berufungsfrist kommt nach alledem nicht in Betracht.

Ende der Entscheidung

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