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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 08.07.2005
Aktenzeichen: II-6 UF 180/04
Rechtsgebiete: LPartG


Vorschriften:

LPartG § 12
LPartG § 12 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengerichts - Mettmann vom 21.10.2004 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufungsinstanz.

Berufungsstreitwert: 11.462,36 €.

(13 x 881,72 €)

Gründe:

Der am 14.05.1981 geborene Kläger - polnischer Staatsangehöriger - und der am 19.04.1958 geborene Beklagte - deutscher Staatsangehöriger - begründeten am 28.11.2003 eine Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz ("LPartG"). Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt der Kläger mit seiner Stufenklage Trennungsunterhalt gemäß § 12 LPartG ab Juli 2004. Der Beklagte hält das Unterhaltsverlangen für unbillig.

Das Amtsgericht hat die Stufenklage insgesamt abgewiesen. Es hat offen gelassen, ob der Beklagte leistungsfähig und der Kläger unterhaltsberechtigt ist, weil es aufgrund einer umfangreichen Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Inanspruchnahme des Beklagten auf Trennungsunterhalt jedenfalls gemäß § 12 Abs. 2 LPartG "unbillig" sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt. Er beanstandet, dass das Amtsgericht die Stufenklage insgesamt abgewiesen hat, ohne zuvor über die der Zahlungsstufe vorausgehenden Anträge (Auskunftsbegehren und Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung) durch Teilentscheidungen zu befinden. In der Sache vertritt er den Standpunkt, dass sein Unterhaltsbegehren entgegen der Auffassung des Amtsgerichts allenfalls bei "grober" Unbilligkeit der Abweisung unterliegen könnte, derartige Umstände aber zu keinem Zeitpunkt vorgelegen hätten.

Das Amtsgericht hat inzwischen durch Urteil vom 22.04.2005 (AG Mettmann 46 F 1/05) auf Antrag des Beklagten die Lebenspartnerschaft der Parteien aufgehoben. Der Kläger hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt, über die der Senat noch zu befinden hat ( 6 UF 83/05).

II.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, weil die Entscheidung des Amtsgerichts im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.

1. Die Voraussetzungen für einen Anspruch des Klägers auf Trennungsunterhalt bestimmen sich nach § 12 LPartG in der bis 31.12.2004 geltenden Fassung, da der vorliegende Unterhaltsrechtsstreit bereits zu diesem Zeitpunkt rechtshängig war (vgl. Art. 1 Nr. 8 § 21 Abs. 5 Satz 1 des Gesetzes zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15.12.2004 (BGBl. I. S. 3396, 3398).

2. Leben die Lebenspartner getrennt, so kann gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 LPartG alter Fassung ( a.F. ) ein Lebenspartner von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen während der Lebenspartnerschaft angemessene Unterhalt verlangen.

Unstreitig leben die Parteien jedenfalls seit Beginn des streitbefangenen Zeitraums (Juli 2004) getrennt. Ein erfolgreiches Unterhaltsverlangen des Klägers setzt aber weiter voraus, dass er seinen Lebensbedarf nicht durch eigene Arbeitsleistung decken kann. Dieser für nachpartnerschaftlichen Unterhalt (vgl. § 16 Abs. 1 LPartG) geltende Grundsatz greift im Verhältnis zwischen Lebenspartnern - anders als zwischen getrennt lebenden Eheleuten - bereits dann ein, wenn die Lebenspartnerschaft noch besteht. Während der getrennt lebende Ehegatte im Regelfall Trennungsunterhalt beanspruchen und nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 1361 Abs. 2 BGB darauf verwiesen werden kann, seinen Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, geht § 12 Abs. 1 Satz 2 LPartG a.F. davon aus, dass im Falle einer sich auflösenden Lebenspartnerschaft jeder Lebenspartner in der Regel zur Sicherung des Unterhalts durch eigene Erwerbstätigkeit verpflichtet ist, es sei denn, dass dies von ihm nicht erwartet werden kann. Verlangt ein Lebenspartner Trennungsunterhalt, beruft er sich auf einen Ausnahmetatbestand. Der den Unterhalt begehrende Lebenspartner muss deshalb (schon) in der Trennungszeit darlegen und beweisen, dass er seinen Unterhalt nicht durch eigene Erwerbstätigkeit sichern kann (vgl. Schwab FamRZ 2001, 385, 392; Büttner FamRZ 2001, 1105, 1107).

3. Die Voraussetzungen dieses Ausnahmetatbestandes liegen hier nicht vor.

Der Senat hat bereits durch Beschluss vom 19.05.2005 seine dahingehenden Bedenken geäußert. Diese Bedenken hat der Kläger auch durch sein Vorbringen im Senatstermin nicht ausräumen können. Es ist davon auszugehen, dass er seit Beginn des streitbefangenen Zeitraums (Juli 2004) seinen Unterhaltsbedarf durch eigene Erwerbseinkünfte gedeckt hat.

Der Kläger, der seit Jahren als Call-Boy arbeitet, hat diese Tätigkeit auch nach Begründung der Lebenspartnerschaft mit dem Beklagten fortgesetzt. Er hat dies mehrfach schriftsätzlich in diesem Verfahren bestätigt sowie durch seine zeugenschaftlichen Äußerungen im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren (90 Js 6517/04 StA Wuppertal) und zuletzt bei seiner Anhörung im Senatstermin. Danach steht fest, dass der Kläger - bis sein Kontakt zum Beklagten völlig abbrach - in dem vom Beklagten und dem Zeugen Bl. gemieteten Haus entweder bei der Organisation der dort stattfindenden Call-Boy-Aktivitäten Dritter beteiligt war oder selbst dort und/oder - seit Februar 2004 - in seiner Wohnung in Wuppertal als Call-Boy gearbeitet hat. Substantiierte Angaben über die Höhe der dadurch verdienten Einkünfte hat sich der Kläger versagt. So hat er insbesondere für den streitbefangenen Zeitraum seit Juli 2004 nicht näher aufschlüsseln und konkretisieren können, welche Geldbeträge oder geldwerten Leistungen er im Einzelnen durch seine Tätigkeiten verdient hat. Im Rahmen des Prozesskostenhilfeprüfungsverfahrens hat der Kläger dem Senat an Eides Statt versichert, dass er als Call-Boy zu einem Stundensatz von 80 € gearbeitet hat. Weiterhin hat er versichert, dass er dies seit der Trennung vom Beklagten immer dann getan habe, wenn er Geld benötigte. In seiner im Februar 2004 bezogenen Wohnung lebt auch sein früherer Freund M. - den der Kläger jetzt als neuen Lebenspartner bezeichnet - der ihm monatlich zwischen 400 € und 500 € zahlt.

Diese gesamten Umstände erlauben zur Überzeugung des Senats den Schluss, dass der Kläger es - jedenfalls bis zum Senatstermin - geschafft hat, das zur Bedarfsdeckung benötigte Geld durch seine Tätigkeit als Call-Boy und ergänzende Zahlungen seines neuen Lebenspartners aufzubringen. Da der ihm dadurch zugeflossene Gesamtverdienst nicht bekannt ist, muss jedenfalls zu Lasten des Klägers davon ausgegangen werden, dass diese Gesamteinkünfte auskömmlich waren.

Dieser Annahme steht nicht entgegen, dass der Kläger bei seiner eidesstattlichen Versicherung auch erklärt hat, im Monat (nur) zwischen 200 € und 500 € aus Call-Boy-Tätigkeiten verdient zu haben. Zum einen ist diese Erklärung mit Blick auf seine weitere Aussage zu pauschal und völlig unsubstantiiert und steht vor allem im Widerspruch zu seiner protokollierten "Klarstellung", er habe immer dann, wenn er kein Geld gehabt habe, als Call-Boy gearbeitet.

Für den nach dem Senatstermin liegenden Unterhaltszeitraum ergibt sich im Ergebnis keine andere Beurteilung. Zwar kann der Kläger unterhaltsrechtlich nicht darauf verwiesen werden, auch zukünftig als Call-Boy zu arbeiten, jedoch muss er sich unterhaltsrechtlich so behandeln lassen, als verfügte er aufgrund einer zumutbaren Beschäftigung über laufende Erwerbseinkünfte.

Wie bereits im letzten Absatz des Senatsbeschlusses vom 19.05.2005 ausgeführt ist, war der Kläger verpflichtet, sich um eine angemessene Erwerbstätigkeit zu bemühen. Selbst wenn vom endgültigen Bruch in der Beziehung zwischen den Parteien erst seit Juni 2004 - wie der Kläger behauptet - auszugehen wäre, hätte er jedenfalls bis zum Senatstermin im Mai 2005 bei entsprechenden Bemühungen eine Erwerbstätigkeit finden können, insbesondere nachdem ihm eine Arbeitserlaubnis erteilt worden war. Dass der Kläger bei dem gebotenen Einsatz eine geeignete Stelle am Arbeitsmarkt nicht hätte finden können, lässt sich mit Sicherheit nicht ausschließen. Immerhin war es dem Kläger vor Jahr und Tag, als er erstmalig nach Deutschland eingereist war und über schlechtere deutsche Sprachkenntnisse verfügte als jetzt, möglich gewesen, seinen Unterhaltsbedarf durch Gelegenheitsarbeiten zu sichern. Zwar steht nicht fest, ob der Kläger bei angemessenen Bemühungen tatsächlich eine solche Stelle gefunden hätte. Die insoweit verbleibenden Zweifel gehen aber zu seinen Lasten, weil er seine Erwerbsobliegenheit verletzt hat. Die vorgelegten Standardschreiben an zahlreiche Zeitarbeitsfirmen sind jedenfalls kein ausreichender Beleg für die von der Rechtsprechung von einem Unterhaltsberechtigten verlangten konkreten Suchbemühungen.

Der Kläger muss sich deshalb unterhaltsrechtlich so behandeln lassen, als hätten die ihm obliegenden Suchbemühungen Erfolg gehabt. Ihm sind daher Einkünfte in der Höhe zuzurechnen, die ein ungelernter Arbeitnehmer durch eine vollschichtige Erwerbstätigkeit erzielen kann. Der Senat bemisst derartige Einkünfte aufgrund seiner Erfahrungen in vergleichbaren Fällen auf monatlich netto bereinigt rund 1.000 €.

d. Werden dem Kläger Einkünfte in dieser Höhe zugerechnet, bliebe allerdings mit Blick auf die auch im Verhältnis zwischen Lebenspartnern anzuwendende Differenzrechnung rechnerisch noch Raum für einen Unterhaltsanspruch, da der Beklagte - auch unter Berücksichtigung monatlicher Darlehensraten von 1.011 € und 511,50 € sowie nach Abzug seiner Versicherungsleistungen - auf der Grundlage seiner Jahreseinkommensbescheinigung für 2003 ( Bl.41 GA) über höhere Einkünfte verfügt als der Kläger. Gleichwohl steht dem Kläger - ungeachtet der genauen Erwerbseinkünfte des Beklagten - keinerlei Differenzunterhalt zu, weil jedwede Inanspruchnahme des Beklagten unbillig wäre (§ 12 Abs.2 S.1 LPartG a.F.).

e. Der Senat geht wie das Amtsgericht davon aus, dass unter "Unbilligkeit" nach der alten Gesetzesfassung einfache und nicht grobe Unbilligkeit zu verstehen ist, weil dies dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes und auch dem Willen des Gesetzgebers bei der Schaffung des LPartG entsprochen hat (vgl. OLG Bremen FamRZ 2003, 1280 und Roller FamRZ 2003,1424, 1426 mit weiteren Nachweisen in FN 20). Das wird von der Gegenauffassung ( vgl. die Nachweise bei Roller a.a.O. FN 19 ) übersehen. Deshalb ist kein Raum für eine analoge Anwendung der §§ 1361 Abs.3, 1579 BGB. Erst mit den am 1.1.2005 in Kraft getretenen Änderungen des LPartG durch das Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts ist der Gesetzgeber einen Schritt weiter gegangen und hat nunmehr die Rechtsbeziehungen der Lebenspartner den für Eheleuten geltenden Vorschriften weitergehend gleichgestellt, so auch hinsichtlich des Trennungsunterhalts durch Aufhebung des § 12 Abs. Satz 2 und Abs. 2 LPartG a. F unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den gesamten § 1361 BGB.

f. Bei Anlegung des Maßstabes einfacher Unbilligkeit ist für einen Unterhaltsanspruch des Klägers kein Raum, worauf der Senat bereits in seinem Beschluss vom 19.5.2005 hingewiesen hat. Die Anhörung der Partein - insbesondere des Klägers - gibt zu einer anderen Beurteilung keine Veranlassung.

Für den Senat ist entscheidend, dass es zwischen den Parteien, die sich bereits am Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft zerstritten haben, von Anfang an zu keiner wirtschaftlichen Verflechtung gekommen ist und der Kläger von Beginn an den einem Lebenspartner nach § 2 LPartG obliegenden Verpflichtungen nicht nachgekommen ist, insbesondere eine gemeinsame Lebensgestaltung mit dem Beklagten abgelehnt hat. Dies hat sich nicht nur darin gezeigt, dass der Kläger nach eigenem Vorbringen bereits seit dem 28.11.2003 - dem Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft - im Prinzip ausschließlich in Wuppertal übernachtet und sich bereits im Februar 2004 eine eigene Wohnung in Wuppertal angemietet hat. Er hat sich auch tagsüber zu keiner gemeinsamen Lebensgestaltung bereit finden können. Soweit er sich vor der endgültigen Trennung noch bis April 2004 zeitweise im Hause des Beklagten aufgehalten hat, verfolgte er dabei nur geschäftliche Interessen, um in den nach seinen Angaben als Bordell dienenden Räumlichkeiten des Beklagten entweder als Call-Boy zu arbeiten oder in Abwesenheit des Beklagten dort dessen Interessen wahrzunehmen. Dass der Kläger dieses partnerschaftsfeindliche Verhalten beibehalten hat, obwohl der Beklagte ihn mehrfach unterstützt hat, lässt sein Unterhaltsverlangen als unbillig erscheinen, zumal er alsbald den Kontakt zu seinem früheren Freund und jetzigen "Lebenspartner" M. wieder vertieft und diesen in seine Wohnung aufgenommen hat.

g. Steht somit fest, dass der Kläger vom Beklagten keinen Trennungsunterhalt beanspruchen kann, unterliegt die Stufenklage insgesamt der Abweisung, worauf das Amtsgericht bereits zutreffend erkannt hat.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Zur Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung, da die Rechtssache wegen der am 1.1.2005 eingetretenen Gesetzesänderung des vom Senat angewandten § 12 LPartG a.F. keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Rechtsfortbildung noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BGH erfordern ( § 543 Abs.2 S.1 ZPO ).

Ende der Entscheidung

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