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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 12.03.2009
Aktenzeichen: II-8 WF 210/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
Zur Bewertung von Einkünften eines unterhaltspflichtigen Rentenbeziehers im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren (§§ 114 ZPO, 1578 BGB).
Tenor:

wird auf die Beschwerde der Beklagten unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beschluss des Amtsgerichts Mülheim an der Ruhr vom 11.11.2008 teilweise abgeändert;

der Beklagten wird unter Beiordnung von Rechtsanwältin G. in M. ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie sich mit ihrem Klageabweisungsantrag gegen die Abänderungsklage des Klägers betreffend einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 200 € seit dem 01.07.2008 wendet.

Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf 1/2 ermäßigt.

Gründe:

I.

Der am 22.12.1942 geborene Kläger und die am 14.08.1940 geborene Beklagte haben am 28.08.1968 geheiratet. Die Trennung der Parteien erfolgte im März 1996; seit April 2002 sind die Parteien rechtskräftig geschieden.

Durch Vergleich vom 22.04.2002 verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung eines monatlichen Nachscheidungsunterhalts von 1.175,72 €. Zur damaligen Zeit erzielte er Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit; die Beklagte verfügte über keine Einkünfte. Der Kläger ist im Übrigen seit 2006 wieder verheiratet; seine jetzige Ehefrau erzielt - allenfalls - geringfügige Einkünfte aus einer selbständigen Tätigkeit.

Der Kläger hat - hinreichend belegt und mittlerweile unbestritten - in den Jahren 1992 bis 2000 Verbindlichkeiten in der Größenordnung von rund 100.000 € zurückgeführt; diese waren in zwischen 1984 bis 1988 übernommenen Bürgschaftserklärungen begründet, die er für Verbindlichkeiten übernommen hatte, die im Rahmen einer seinerzeitigen selbständigen Tätigkeit der Beklagten entstanden waren.

Die Beklagte bezieht im streitbefangenen Unterhaltszeitraum ab Juli 2008 eine gesetzliche Rente in Höhe von rund 578 €, der Kläger eine solche von rund 672 €; die Rente der Beklagten beruht im Übrigen zu rund 350 € auf der Durchführung des Versorgungsausgleichs zwischen den Parteien. Der Kläger arbeitet auch über das Erreichen der Altersgrenze hinaus selbständig als Grafik-Designer weiter. Er hat im Jahre 2008 Umsatzerlöse von rund 148.000 € erzielt, die knapp über denen der Vorjahre lagen. In den Vorjahren 2005 bis 2007 hat der Kläger nach den vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnungen Überschüsse zwischen rund 43.000 € und rund 50.000 € aus seiner selbständigen Tätigkeit erzielt.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Abänderung des Unterhaltsvergleichs vom 22.04.2002 ab 01.07.2008 auf Null. Die Beklagte hat in vollem Umfang Klageabweisungsantrag angekündigt und dafür um Prozesskostenhilfe nachgesucht. Das Amtsgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen, da maßgebend für eine Unterhaltsberechnung allein das Renteneinkommen des Klägers sei. Der dagegen gerichteten Beschwerde der Beklagten hat das Amtsgericht nicht abgeholfen.

II.

Die Beschwerde hat teilweise Erfolg.

Betreffend einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 200 € ist das Klageabweisungsbegehren der Beklagten nicht ohne die gemäß § 114 ZPO für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche Erfolgsaussicht.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist die Unterhaltsbemessung nicht völlig unabhängig von den Einkünften des Klägers aus selbständiger Tätigkeit über den Rentenbeginn hinaus vorzunehmen; es bedarf vielmehr einer an den Umständen des Einzelfalles orientierten Abwägung, ob bzw. in welcher Höhe das vom Kläger aus überobligatorischer Tätigkeit erzielte Einkommen - er könnte seine Tätigkeit unterhaltsrechtlich unbedenklich jederzeit beenden - zu berücksichtigen ist (BGH in FamRZ 2005, 442 ff., 1154 ff.; Gerhardt in Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 7. Aufl., § 1, Rn 557 c). Die Vornahme dieser Abwägung im Einzelnen ist dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten, erforderlichenfalls nach weiterer Sachaufklärung. Die vorliegende vom Senat getroffene (und wegen Abweichungen im Sachverhalt nicht im Widerspruch zu seinem Urteil vom 20.12.2006 - FamRZ 2007, 1817 f - stehende) Entscheidung ist an folgenden Überlegungen orientiert:

Das Renteneinkommen der Beklagten ist in vollem Umfang als bedarfsdeckend heranzuziehen, so dass, da ein höherer Unterhaltsbedarf als der titulierte nicht behauptet wird, das Klageabweisungsbegehren jedenfalls in dieser Höhe ohne Aussicht auf Erfolg ist und eine Erfolgsaussicht allenfalls noch in Höhe von (tituliert 1.175,72 € - Rente 577,67 € =) 598,08 € bestehen kann.

Bei überschlägiger Bewertung der übrigen für die o. g. Abwägung maßgeblichen Kriterien erscheint es nicht ausgeschlossen, dass der Kläger im Hauptsacheverfahren verpflichtet werden wird, unter Einsatz seiner Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit den Mindestbedarf der Beklagten, der sich nach der Düsseldorfer Tabelle auf monatlich 770 € bemisst, über den 01.07.2008 hinaus - bis zur Aufgabe seiner selbständigen Tätigkeit oder wesentliche Reduzierung seiner Einkünfte daraus - sicherzustellen. Angesichts der Bedarfsdeckung durch die Rente verbleibt danach ein monatlicher Betrag von rund 200 €, den der Kläger zu zahlen hätte, so dass eine entsprechende Erfolgsaussicht für das Klageabweisungsbegehren der Beklagten zu bejahen ist.

Ende der Entscheidung

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