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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 08.03.2006
Aktenzeichen: II-8 WF 3/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Oberhausen vom 13. Dezember 2005 abgeändert und den Beklagten ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H.,

O., bewilligt, soweit sie sich gegen eine Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Oberhausen vom 17.12.2003 auf eine Herabsetzung der monatlichen Unterhaltsrente auf weniger als 291 € bzw. 249 € verteidigen, sowie für den Widerklageantrag des Beklagten zu 2., soweit dieser in Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Oberhausen vom 17.12.2003 die Verurteilung des Klägers zur Zahlung einer monatlichen Unterhaltsrente in Höhe von 291 € geltend macht.

Das weitergehende Prozesskostenhilfegesuch wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

Gründe:

I. Der 1960 geborene Kläger ist der seit 1999 von der Kindesmutter geschiedene Vater der Beklagten, des am 5. November 1990 geborenen D. und des am 24. September 1992 geborenen J. B.

Mit Urteil vom 17. Dezember 2003 (Aktenzeichen 40 F 12/03) wurde er vom Amtsgericht Oberhausen zur Zahlung von Kindesunterhalt für den Beklagten zu 1) von zuletzt 304 € und für den Beklagten zu 2) von zuletzt 249 € ( 2. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle Stand 1.7.2003) verurteilt. In dem angefochtenen Urteil war der Kläger aufgrund seiner gesteigerten Unterhaltsverpflichtung gegenüber den Beklagten verpflichtet worden, durch Aufnahme einer Nebentätigkeit neben seiner vollschichtigen Erwerbspflicht einen Nebenverdienst in Höhe von 400 € zu erzielen. Der Kläger befand sich seinerzeit nach der Insolvenz seines Arbeitgebers in einer Umschulung und bezog Kurzarbeitergeld.

Im Wege der Abänderung macht der Kläger nunmehr geltend, er habe nach vielfachen vergeblichen Erwerbsbemühungen in Varel in Norddeutschland eine Stelle als ungelernter Lagerarbeiter gefunden, für die er bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden im Schichtdienst 1.800 € brutto verdiene. Dies erlaube ihm nicht die Zahlung der titulierten Unterhaltsbeträge. Eine Nebentätigkeit sei ihm nunmehr nicht mehr zumutbar, da er auch an Wochenenden arbeiten müsse und physisch durch die ausgeübte Tätigkeit ausgelastet sei. Er wohne zur Untermiete und zahle hierfür 180 € monatlich, habe dafür jedoch eine Entfernung von 35 km einfache Strecke zu seinem Arbeitsplatz zurückzulegen.

Die Beklagten begehren Klageabweisung sowie im Wege der Widerklage eine Erhöhung auf jeweils 312 € monatlichen Kindesunterhalt ab Rechtshängigkeit. Sie stützten dieses Begehren darauf, dass der Kläger seine Erwerbsobliegenheit nicht erfülle. Zudem sei die vom Kläger angegebene Anschrift lediglich eine Meldeadresse, tatsächlich lebe er gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und trage keinerlei Wohnkosten. Die Aufnahme einer Nebentätigkeit sei ihm durchaus zumutbar.

Das Amtsgericht hat das Prozesskostenhilfegesuch der Beklagten zurückgewiesen und die Entscheidung darauf gestützt, dass der Kläger im Hinblick auf seine Tätigkeit im Schichtdienst keine Nebentätigkeit aufzunehmen brauche. Eine Kürzung des Selbstbehalts im Hinblick auf die geringen Wohnkosten käme nicht in Betracht, da es dem Kläger frei stehe, wie er die ihm im Rahmen des Selbstbehalts verbleibenden Beträge einsetze. Auch das von den Beklagten behauptete Zusammenleben mit seiner Lebensgefährtin ändere hieran nichts, da die Lebensgefährtin den Beklagten nicht zum Unterhalt verpflichtet sei und Leistungen, die sie ggf. für den gemeinsamen Haushalt erbringe, nicht mit der Zweckrichtung erfolgten, die Unterhaltsansprüche der Kinder zu sichern.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten, mit der diese wiederum geltend machen, der Kläger könne sich nicht auf das von ihm tatsächlich erzielte Einkommen berufen, sondern sei zur Aufnahme einer Nebentätigkeit verpflichtet. Hierzu sei er auch in der Lage. In O. hätte der Kläger jederzeit als Trainer von Fußballamateurvereinen einen Nebenverdienst in Höhe von 400 € erzielen können. Die Notwendigkeit nach Norddeutschland zu ziehen, habe nicht bestanden. Der Selbstbehalt des Klägers sei im Hinblick auf das Zusammenleben mit seiner Lebensgefährtin zu kürzen. Wegen des Zusammenlebens fielen auch die vom Kläger behaupteten Fahrtkosten nicht an.

II.

Die Rechtsverteidigung der Beklagten gegen die beabsichtigte Abänderungsklage hat im tenorierten Umfang Aussicht auf Erfolg. Der Kläger kann sein weitergehendes Abänderungsbegehren nicht auf seine geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse stützen. Er ist vielmehr nach wie vor zur Zahlung des nach der derzeit gültigen Düsseldorfer Tabelle bei 291 € liegenden Regelbetrages für die nunmehr beide in die dritte Alterststufe einzugruppierenden Beklagten leistungsfähig. Zwar ist dem Amtsgericht darin beizupflichten, dass dem Kläger die Aufnahme der jetzt von ihm inne gehaltenen Erwerbstätigkeit als ungelernter Lagerarbeiter zu einem monatlichen Bruttolohn in Höhe von 1.800 € unterhaltsrechtlich nicht vorwerfbar ist. Dem Kläger ist jedoch trotz Tätigkeit im Schichtdienst zumutbar, zur Sicherung zumindest des Regelbetrages nach der Düsseldorfer Tabelle seine Einkünfte durch Aufnahme einer Nebentätigkeit aufzubessern. Ob ein Unterhaltsschuldner, der im Rahmen seiner vollschichtigen und seiner Ausbildung entsprechenden Tätigkeit erwerbstätig ist, zur Aufnahme einer Nebentätigkeit verpflichtet ist, hängt davon ab, ob ihm dies im Einzelfall zumutbar ist und ihn zeitlich und physisch nicht unverhältnismäßig belastet. Die Lebenssituation des Klägers lässt durchaus die Aufnahme einer wenn auch nur geringfügigen Nebenbeschäftigung zu. So beträgt die reguläre Arbeitszeit des 1960 geborenen Klägers lediglich 37,5 Stunden. Dass er in größerem Umfang zu Überstunden herangezogen wird - die dann jedoch auch durch Freizeitstunden ausgeglichen würden -, hat der Kläger nicht vorgetragen. Auch finden keine regelmäßigen Umgangskontakte mit den Beklagten statt, die die Aufnahme einer Nebentätigkeit unzumutbar erscheinen ließen. Dass unter diesen Voraussetzungen durch die Aufnahme einer auch nur geringfügigen Nebenbeschäftigung seine physische Belastbarkeitsgrenze überschritten würde, kann nicht festgestellt werden. Im Rahmen seiner gegenüber den minderjährigen Kindern gesteigerten Unterhaltspflicht ist es dem Kläger vielmehr zuzumuten, die zur Aufrechterhaltung seiner Leistungsfähigkeit erforderlichen 150 bis 200 € netto monatlich durch die Aufnahme einer Nebentätigkeit zu erwirtschaften. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach dem für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe maßgeblichen Vorbringen der Beklagten in V. mit seiner neuen Partnerin zusammen lebt, mit ihr einen gemeinsamen Haushalt führt und hierfür für ihn keine Wohnkosten anfallen. Inwieweit beim Zusammenleben mit einer neuen Partnerin aufgrund der erfahrungsgemäß bestehenden Ersparnisse gerade beim Unterhaltsanspruch Minderjähriger eine Kürzung des Selbstbehalts in Betracht kommt, wird zwar unterschiedlich bewertet. Der Senat hält jedoch vorliegend die Herabsetzung des Selbstbehalts in Höhe von 890 € seit dem 1. Juli 2005 (vgl. unterhaltsrechtliche Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Oldenburg Ziffer 21.2.1) um 150 € für angemessen berücksichtigt, zumal die Leitlinien des Oberlandesgerichts Oldenburg gemäß Ziffer 21.5 eine angemessene Absenkung der Selbstbehalte noch ausdrücklich vorsehen.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für eine über die Regelbeträge der Düsseldorfer Tabelle hinausgehende Inanspruchnahme des Klägers ist dagegen nicht dargetan.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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