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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 16.09.2003
Aktenzeichen: III - 2 Ws 176/03
Rechtsgebiete: IdentitätsfeststellungsG, StPO
Vorschriften:
IdentitätsfeststellungsG § 1 | |
IdentitätsfeststellungsG § 2 | |
StPO § 81 g |
Wechselt während eines Verfahrens (wegen eingetretener Rechtskraft) die Zuständigkeit zum Erlass der Anordnung, so führt dies auch zum Wechsel der zugeordneten Rechtsmittelinstanz.
OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF BESCHLUSS
In der Strafsache
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
hat der 2. Strafsenat durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht S..., den Richter am Oberlandesgericht B... und die Richterin am Oberlandesgericht H... am
16. September 2003
auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss der 1. großen Jugendkammer des Landgerichts Mönchengladbach vom 10. Februar 2003 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft und des Verurteilten
beschlossen:
Tenor:
Eine Entscheidung des Senats ist nicht veranlasst.
Gründe:
1.
Gegen den früheren Angeklagten war vor der Jugendkammer des Landgerichts Mönchengladbach ein Strafverfahren wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und vergleichbarer Delikte anhängig. In der Hauptverhandlung vom 10. Februar 2003 beantragte die Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussvortrag u.a. eine auf § 81 g StPO gestützte Anordnung der Entnahme und molekulargenetischen Untersuchung von Körperzellen zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren. Der Angeklagte wurde wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Am Schluss der Hauptverhandlung lehnte die Jugendkammer den auf § 81 g StPO gestützten Antrag der Staatsanwaltschaft durch gesonderten Beschluss ab, weil nach ihrer Auffassung die Voraussetzungen für die Anordnung nicht vorlagen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 13. Februar 2003 eingegangene Beschwerde der Staatsanwaltschaft, der die Generalstaatsanwaltschaft beigetreten ist. Das Urteil des Landgerichts vom 10. Februar 2003 ist seit dem 18. Februar 2003 rechtskräftig.
2.
Das zulässige Rechtsmittel ist durch den Eintritt der Rechtskraft des Verfahrensabschlusses prozessual überholt.
Die beantragte richterliche Untersuchungshandlung fällt in den sachlichen Zuständigkeitsbereich der Strafgerichte, nicht in den der Verwaltungsgerichte oder des nach dem FGG zuständigen Richters (BGH StV 1999, 302, 303 = BGHR StPO § 81 g "Zuständigkeit" 1, Ermittlungsrichter; OLG Zweibrücken NJW 1999, 300, 301 = StV 1999, 9, 10). Hinsichtlich der Zuständigkeiten innerhalb der Strafgerichtsbarkeit hat der Gesetzgeber für Anordnungen nach dem DNA-IdentitätsfeststellungsG Lücken gelassen, die die Rechtsprechung unter Heranziehung der Systematik der Regelungen strafrichterlicher Zuständigkeiten im Ermittlungs-, Haupt- und Nachverfahren geschlossen hat. Nach der nunmehr herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur, der der Senat folgt, ist für Anordnungen nach §§ 1 und 2 DNA-IdentitätsfeststellungsG, § 81 g StPO der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts sachlich zuständig, und zwar für die Anordnung nach § 1 DNA-IdentitätsfeststellungsG (§ 81 g StPO), wenn ein Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen läuft, und nach § 2 DNA-IdentitätsfeststellungsG, wenn ein Verfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen ist. In den Fällen, in denen - wie vorliegend - ein Antrag nach § 81 g SPO nach Anklagerhebung gestellt wird, ist hingegen das erkennende Gericht bis zum rechtskräftigen Abschluss der Strafsache zuständig (vgl. BGH a.a.O.; OLG Celle NStZ-RR 2001, 145, 146; NStZ-RR 2000, 374; NStZ 1999, 210, 211; OLG Hamm StV 2000, 606, 607; Meyer-Goßner, StPO, 46. Aufl., § 81 g Rdnr. 16; KMR-Bosch, StPO, § 81 g Rdnr. 18; a.A. KK-Senge, SPO, 5. Aufl., § 81 g Rdnr. 10 m.w.Nachw.).
Die Erhebung der Anklage einerseits und der Eintritt der Rechtskraft andererseits bilden demnach für die nach §§ 1, 2 DNA-IdentitätsfeststellungsG beantragten Anordnungen Verfahrenseinschnitte, die jeweils einen Wechsel der richterlichen Zuständigkeit zur Folge haben. Der Wechsel der richterlichen Zuständigkeit zum Erlass der Anordnung führt darüber hinaus auch zum Wechsel der zugeordneten Rechtsmittelinstanzen; dies ist für haftrichterliche Maßnahmen, für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111 a StPO sowie für die Beschlagnahme und Anträge auf richterliche Untersuchungshandlungen im Ermittlungsverfahren anerkannt. Ein Grund, die Zuständigkeitsfrage hier anders als bei sonstigen Untersuchungsanträgen im Ermittlungsverfahren zu entscheiden, ist nicht ersichtlich (vgl. OLG Celle NStZ-RR 2001, 145, 146).
Mit dem Eintritt des rechtskräftigen Verfahrensabschlusses am 18. Februar 2003 ist somit die Befugnis des Senats entfallen, über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen einen vor dem Zuständigkeitswechsel ergangenen Beschluss der Jugendkammer zu entscheiden. Das durch den Verfahrensabschluss überholte Rechtsmittel gegen die Ablehnung der Anordnung nach § 81 g StPO ist wegen der fortbestehenden Beschwer in einen Antrag nach § 2 DNA-IdentitätsfeststellungsG umzudeuten, über den der Ermittlungsrichter des zuständigen Amtsgerichts zu entscheiden hat (vgl. OLG Celle a.a.O.; LR-Krause, StPO, 25. Aufl., § 81 g Rdnr. 60).
Ende der Entscheidung
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