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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 03.03.2005
Aktenzeichen: III-3 Ws 78/05
Rechtsgebiete: StGB, StPO
Vorschriften:
StGB § 63 | |
StPO § 81 | |
StPO § 81 Abs. 4 Satz 1 | |
StPO § 81 a | |
StPO § 305 Satz 1 | |
StPO § 305 Satz 2 |
III-3 Ws 76/05 III-3 Ws 77/05 III-3 Ws 78/05
Tenor:
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Wuppertal verurteilte den Angeklagten durch Urteil vom 21. April 2004 wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten. Nachdem der Angeklagte gegen dieses Urteil Berufung eingelegt hatte, kündigte der Verteidiger des Angeklagten noch vor Beginn der Berufungshauptverhandlung mit Schriftsatz vom 21. September 2004 einen Antrag auf Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens an, da aufgrund eines in der Kindheit des Angeklagten liegenden Unfalls mit Hirnbeteiligung sowie einer weiteren Kopfverletzung Bedenken bezüglich dessen Schuldfähigkeit bestünden. Im Hinblick hierauf beschloss die Strafkammer am ersten Hauptverhandlungstag am 22. September 2004 die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zur Frage der Schuldfähigkeit und erweiterte am zweiten Hauptverhandlungstag am 06. Oktober 2004, von dem ab der psychiatrische Sachverständige an der Hauptverhandlung teilnahm, den Gutachtenauftrag auf die Frage der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB. Nachdem der Angeklagte zu zwei durch den Sachverständigen bestimmten Explorationsterminen nicht erschienen war und in der Berufungshauptverhandlung am 15. Oktober 2004 eine Exploration durch den Sachverständigen ausdrücklich abgelehnt hatte, erklärte der Verteidiger in der Berufungshauptverhandlung vom 05. November 2004 erneut, dass der Angeklagte eine Exploration durch den Sachverständigen ablehne, jedoch etwaigen körperlichen Untersuchungen des Sachverständigen zur Verfügung stünde. Darüber hinaus wurden die Ärzte, die den Angeklagten anlässlich der erlittenen Kopfverletzungen behandelt hatten, gegenüber dem Sachverständigen von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbunden.
Durch den angefochtenen Beschluss vom 05. November 2004 hat die Strafkammer daraufhin in der Hauptverhandlung nach Anhörung des Sachverständigen die Unterbringung des Angeklagten im Rheinischen Landeskrankenhaus Langenfeld gem. § 81 StPO für die Dauer von sechs Wochen und außerdem "eine körperliche Untersuchung des Angeklagten gem. § 81 a StPO angeordnet, soweit diese zur Feststellung der Schuldfähigkeit des Angeklagten sowie seiner Gefährlichkeit für die Allgemeinheit i.S.d. § 63 StGB erforderlich ist". Mit Schreiben vom 24. November 2004 hat der Sachverständige auf Nachfrage der Vorsitzenden seine in der Berufungshauptverhandlung vom 05. November 2004 abgegebene mündliche Stellungnahme schriftlich zusammengefasst.
Die gegen den Beschluss der Strafkammer vom 05. November 2004 gerichteten Rechtsmittel des Angeklagten sind zulässig und begründet.
II.
1) Die sofortige Beschwerde gegen die durch das erkennende Gericht getroffene Anordnung der Unterbringung zur Beobachtung ist gem. §§ 81 Abs. 4 Satz 1, 305 Satz 2 StPO zulässig (Meyer-Goßner, StPO, 47. Auflage, § 81 a Rn. 28).
Die sofortige Beschwerde ist begründet, denn weder der angefochtene Beschluss der Strafkammer vom 05. November 2004 noch die Stellungnahme des Sachverständigen vom 24. November 2004 legen dar, dass das konkrete Untersuchungskonzept zur Erlangung von Erkenntnissen über die Frage der Schuldfähigkeit und der Gefährlichkeit des Angeklagten i.S.d. § 63 StGB überhaupt geeignet ist. Ob und inwieweit im Hinblick auf die Weigerung des Angeklagten zur Mitwirkung allein die stationäre Beobachtung ohne die Möglichkeit der explorativen Befragung eine Erfolgsaussicht bietet, brauchbare Befunde zur Beurteilung seines psychischen Zustandes zu erheben, ist vorliegend nicht ersichtlich. Die bloße Möglichkeit aus der Beobachtung des Angeklagten im Rahmen des Klinikaufenthalts Rückschlüsse auf dessen Schuldfähigkeit zu ziehen, reicht hierfür nicht aus (OLG Frankfurt StV 1986, 51). Zwar mag bei einem sechs Wochen dauernden stationären Aufenthalt des Angeklagten damit zu rechnen sein, dass er nicht nur schweigt, sondern mit Patienten, Pflegern und vielleicht auch Ärzten redet. Eine derartige Unterbringung des Angeklagten letztlich mit dem Ziel der Einwirkung auf seine Aussagefreiheit wäre jedoch nicht statthaft (OLG Frankfurt, a.a.O.; OLG Celle StV 1985, 224).
Die erfolgte Anordnung der Unterbringung verstößt darüber hinaus auch gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, denn es ist nicht sicher, dass die Schuldfähigkeit und die Gefährlichkeit des Angeklagten i.S.d. § 63 StGB anders nicht beurteilt werden kann. Die Strafkammer führt in dem angefochtenen Beschluss vom 05. November 2004 hierzu lediglich aus, dass insbesondere die Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt nicht in anderer Weise geklärt werden könne, ohne Gründe für diese Überzeugung zu nennen. Solche Gründe, die eine Unterbringung zur Beobachtung "unerlässlich" machen (Meyer-Goßner, StPO, 47. Auflage, § 80 Rn. 8) sind auch der Stellungnahme des Sachverständigen vom 24. November 2004 nicht zu entnehmen. Die "Unerlässlichkeit" ergibt sich vorliegend auch nicht von selbst. Denn nachdem der Angeklagte die Ärzte, die ihn anlässlich der erlittenen Kopfverletzungen behandelt hatten, von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbunden hatte, ist nicht ausgeschlossen, dass die hierdurch zugänglichen medizinischen Informationen eine Unterbringung entbehrlich machen.
2) Die Beschwerde gegen die durch das erkennende Gericht getroffene Anordnung der körperlichen Untersuchung ist zulässig. Sie ist nicht gem. § 305 Satz 1 StPO ausgeschlossen. Denn der Inhalt der getroffenen Anordnung kommt vorliegend einem der in § 305 Satz 2 StPO bezeichneten Zwangseingriffen gleich, da hierdurch auch körperliche Eingriffe ermöglicht werden (OLG Koblenz NStZ 1994, 355; Meyer-Goßner, StPO, 47. Auflage, § 81 a Rn. 30).
Die Beschwerde ist begründet. Die lediglich allgemein gehaltene Anordnung einer körperlichen Untersuchung "soweit diese zur Feststellung der Schuldfähigkeit des Angeklagten sowie seiner Gefährlichkeit für die Allgemeinheit i.S.d. § 63 StGB erforderlich ist", genügt nicht den zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen. Denn im Rahmen des § 81 a StPO dürfen nur genau angegebene und hinreichend bestimmt bezeichnete körperliche Eingriffe für zulässig erklärt werden, da der anordnende Richter und nicht der Sachverständige im Einzelfall zu prüfen hat, ob von einem körperlichen Eingriff ein Nachteil für die Gesundheit des Angeschuldigten zu besorgen ist (BayObLG NJW 1957, 272; OLG Hamm JMBlNW 1953, 117; Meyer-Goßner, StPO, 47. Auflage, § 81 a Rn 27).
Ende der Entscheidung
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