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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 15.06.2008
Aktenzeichen: IV-5 Ss (OWi) 109/08 - (OWi) 52/08 IV
Rechtsgebiete: FStrG, LBauO nw, OWiG


Vorschriften:

FStrG § 9 Abs. 1
FStrG § 9 Abs. 1 Nr. 1
FStrG § 9 Abs. 5
FStrG § 9 Abs. 6
FStrG § 9 Abs. 6 Satz 1
FStrG § 9 Abs. 8
FStrG § 23 Abs. 1 Nr. 8
LBauO nw § 65 Abs. 1 Nr. 33
OWiG § 17 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben. Insoweit wird die Sache an das Amtsgericht Krefeld zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsmittels - zurückverwiesen.

2. Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unbegründet verworfen.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das Fernstraßengesetz zu einer Geldbuße von 1000,- € verurteilt.

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts betraute der Betroffene, der als Franchisenehmer der McDonald`s Deutschland Inc. in Remscheid ein Fast-Food-Restaurant betreibt, die Fa. mit der Durchführung von Werbung für sein Lokal. Die schloss daraufhin mit den Eigentümern der Grundstücke und 240 Mietverträge ab, wodurch die Anbringung von Werbetafeln auf deren Grundstücken gestattet wurde. Im Auftrag des Betroffenen montierte das Werbeunternehmen an die Wand des Hauses sowie auf dem vor dem Haus befindlichen Zaun des Grundstücks jeweils eine Werbetafel mit einer Größe von 120 x 88 cm. Auf den Schildern ist das Emblem abgebildet sowie ein Richtungspfeil, der auf die Entfernung des Schnellimbisses des Betroffenen hinweist. Die Werbetafeln befinden sich gegenüber der Auf- bzw. Ausfahrten für beide Fahrtrichtungen der BAB A 1 in weniger als 40 Meter von den Haltelinien entfernt. Der von der Autobahn abfahrende Verkehr trifft an den Ausfahrten jeweils auf die Lenneper Straße und wird dort durch Lichtzeichenanlagen geregelt.

Der Betroffene überprüfte nicht, ob die Fa. bei der Montage der Werbetafeln die gesetzlichen Vorschriften beachtete. Durch Schreiben des Landesbetriebes Straßenbau NRW, Autobahnniederlassung Krefeld, wurde der Betroffene unter Fristsetzung zum 8. Juni 2007 erfolglos aufgefordert, die Schilder zu entfernen.

Gegen das Urteil des Amtsgerichts wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde. Er rügt die Verletzung materiellen Rechts.

II.

Das form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel hat nur teilweisen Erfolg.

1. Soweit der Schuldspruch betroffen ist, ist die Rechtsbeschwerde unbegründet, weil die Überprüfung des Urteils aufgrund der Rechtsbeschwerderechtfertigung insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 349 Abs. 2 und 3 StPO). Die Feststelllungen des angefochtenen Urteils zur äußeren und inneren Tatseite tragen den Schuldspruch wegen einer Ordnungswidrigkeit gemäß §§ 9 Abs. 1, 23 Abs. 1 Nr. 8 FStrG.

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 FStrG dürfen längs der Bundesfernstrafen Hochbauten jeder Art in einer Entfernung bis zu 40 Metern bei Bundesautobahnen gemessen vom äußeren Rand der befestigten Fahrbahn nicht errichtet werden. Anlagen der Außenwerbung außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten stehen dabei den Hochbauten des Absatzes 1 und den baulichen Anlagen des Absatzes 2 gleich, § 9 Abs. 6 Satz 1 FStrG.

a)

Bei den Werbetafeln handelt es sich um ortsfeste Anlagen der Wirtschaftswerbung (Werbeanlagen) und damit um Hochbauten im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 9 Abs. 6 Satz 1 FStrG, selbst wenn diese gem. § 65 Abs. 1 Nr. 33 LBauO nw - weil sie eine kleinere Fläche als einen Quadratmeter aufweisen - von der baurechtlichen Genehmigungspflicht ausgenommen sind. Der fernstraßenrechtlichen Begriff der baulichen Anlage ist im Hinblick auf Schutzbereich der Norm nicht identisch mit dem im Bauordnungsrecht. Das Anbauverbot zielt in erster Linie darauf hin, die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs dadurch zu schützen, dass die Gefahren der Ablenkung und Sichtbeeinträchtigung nach Möglichkeit vermindert werden (BVerwG VRS 38, 474). Demzufolge erstreckt sich nach § 9 Abs. 5 FStrG der Geltungsbereich der Vorschrift auch auf solche Anlagen, die einer besonderen (etwa baurechtlichen) Genehmigung nicht bedürfen. Bedenken gegen das Anbauverbot nach § 9 Abs. 1 FStrG, die sich aus der jeweiligen Situation des Einzelfalles ergeben, kann und muss bei der Handhabung der Ausnahmebewilligung nach § 9 Abs. 8 FStrG Rechnung getragen werden. Eine derartige Bewilligung liegt hier indes nicht vor.

b)

Die Schilder befinden sich innerhalb der Schutzzone des § 9 Abs. 1 Nr. 1 FStrG. Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Begriff "längs" der Autobahn nicht im Sinne einer strikten Parallelität zum Straßenkörper zu verstehen ist. Zu den Bundesfernstraßen gehören auch die Anschlussstellen. Die Schutzzone umfasst deshalb nicht nur das parallel zur Fahrbahn gelegene Gebiet, sondern auch solche Bauwerke, die gegenüber der Einmündung einer Autobahnzu- bzw. -abfahrt in eine andere Straße parallel zu deren Straßenkörper - und damit quer zur Autobahn - liegen (vgl. BGH, 3.Zivilsenat, NJW 1968, 2144 f).

c)

Die Ordnungswidrigkeit kann dem Betroffenen nach den allgemeinen Grundsätzen zu Täterschaft und Teilnahme, Tun und Unterlassen auch zugerechnet werden. Zwar durfte er zunächst davon ausgehen, dass die Firma als Fachfirma für Außenwerbung auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen achten werde. Nachdem er jedoch durch das Schreiben des Landesbetriebes Straßenbau NRW zur Entfernung der Schilder aufgefordert worden war, kann er sich nicht mehr auf fehlende Verantwortlichkeit berufen.

2.

Das Urteil unterliegt jedoch der Aufhebung im Rechtsfolgenausspruch. Da das Gericht einen fahrlässig begangenen Verstoß gegen § 9 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 6 FStrG angenommen hat, der gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 8 FStrG bußgeldbewehrt ist, ist unter Berücksichtigung des § 17 Abs. 2 OWiG ein Bußgeldrahmen von bis zu 2.500 € zugrunde zu legen statt eines solchen von bis zu 5.000 €.

Die Urteilsgründe lassen nicht erkennen, ob das Amtsgericht bei der Bestimmung des Bußgeldrahmens die Vorschrift des § 17 Abs. 2 OWiG und die damit verbundene Reduzierung der Bußgeldobergrenze erkannt und berücksichtigt hat.

Der Senat sieht keinen Anlass für eine Verweisung an ein anderes Amtsgericht oder eine andere Abteilung des Amtsgerichts.

Ende der Entscheidung

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