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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.06.2007
Aktenzeichen: VI-2 U (Kart) 17/05
Rechtsgebiete: GWB, AktG, TKG, ZPO, BGB, UrhG


Vorschriften:

GWB § 19 Abs. 1
GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1
GWB § 19 Abs. 2 Nr. 2
GWB § 19 Abs. 4 Nr. 1
GWB § 20 Abs. 1
GWB § 36
AktG § 17
AktG § 18
TKG § 12
TKG § 12 Abs. 1 a.F.
TKG § 12 Abs. 2 a.F.
TKG § 21
TKG § 47 n.F.
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 138 Abs. 4
BGB § 134
UrhG § 87 b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 31. August 2005 verkündete Urteil der 11. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.

Gründe:

A) Die Klägerin ist Deutschlands führendes Telefonkommunikationsunternehmen. Sie bot Sprachtelefondienste auf der Basis selbst betriebener Telekommunikationsnetze an und betrieb außerdem einen Telefonauskunftsdienst. Ende 2005 verfügte sie über mindestens 36 Millionen Teilnehmeranschlüsse. Die Tochtergesellschaft der Klägerin, die D.... GmbH (D.... GmbH), unterhielt einen eigenen telefonischen Auskunftsdienst unter einer 0190-Nummer und gab in Zusammenarbeit mit Telefonbuchverlagen Telefonverzeichnisse in Print- und CD-ROM-Form heraus.

Die Beklagte ist ein am 9. Dezember 1999 gegründetes 100 %-iges Tochterunternehmen der T... AG. Sie betrieb einen telefonischen Auskunftsdienst unter der Rufnummer 11... und verwaltete den Datenpool von Teilnehmerdaten, der die Basis für den Auskunftsdienst der T... AG bildet. Sie bezog ausweislich der Rechnungen vom 29. Juni 2001 bis einschließlich 18. Januar 2002 für den von ihr unterhaltenen Telefonauskunftsdienst Informationen über Inhaber von Telefonanschlüssen (Teilnehmerdaten, das heißt z.B. Angaben über Namen, Anschriften und Telefonnummern) von der Beklagten. Mit der Klage erstrebt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung noch ausstehender Beträge für den oben genannten Rechnungszeitraum.

Die Klägerin errichtete und unterhielt Datenbanken. Die Kundendatenbank ANDI beinhaltete die Basisdaten, die die Klägerin im Rahmen der Vertragsschließung über einen Telefonanschluss von Kunden erlangte, also den Namen des Anschlussinhabers, die Anschrift, Wohnort und Postleitzahl sowie die zugeteilte Telefonnummer. Darüber hinaus enthielt sie zusätzliche Kundendaten wie die Teilnehmerart, Titel sowie Vertragsdaten (Geburtsdatum, Rechnungsadresse, Rückrufnummer, Abbuchungsangaben, wie z. B. Konto, Kontoinhaber, Bankleitzahl, Buchungskonto). Die später in DaRed (Datenredaktion) umbenannte Datenbank BUDI beruhte auf der Kundendatenbank der Beklagten ANDI. Sie diente der Klägerin dazu, Teilnehmerdaten für Verzeichnisse und Auskunftsdienste bereit zu stellen. Die Klägerin nutzte die Datenbank auch für ihren eigenen Telefonauskunftsdienst und stellte die Daten ihrer Tochtergesellschaft, der D.... GmbH, unter anderem zum Zwecke des Betriebs des eigenen Auskunftsdienstes und der Herausgabe von Telefonbüchern zur Verfügung. Auf Antrag bezogen Telefonnetzbetreiber (Lizenznehmer) und Dritte die Teilnehmerdaten von der Beklagten. Die Datenbank war eine Offline-Datenbank (die Daten werden auf einem Datenträger zur Verfügung gestellt, einschließlich der Möglichkeit, Daten im Internet online herunterzuladen). Sie enthielt sogenannte Grunddaten aber auch Zusatzdaten über die Teilnehmer. Die Grunddaten (5 Datenfelder) stellte die Beklagte nur gemeinsam mit den Zusatzdaten (70 Datenfeldern) zur Verfügung. Zusätzlich enthielt die Datenbank Exklusivdaten, die ausschließlich der Tochtergesellschaft der Beklagten zur Verfügung gestellt wurden. Ferner wurden in die Datenbank DaRed von Mobilfunkdienstleistern und anderen Teilnehmernetzbetreibern der Beklagten kostenlos zur Verfügung gestellten Daten aufgenommen.

Gegenstand des Vertrags vom 11./31. Oktober 2000 zwischen der Klägerin und der Beklagten war die Offline-Nutzung der Datenbank DaRed durch die Beklagte. Die Klägerin unterschied in § 4 des Vertrages zwei Nutzungskategorien, nämlich die telefonische Auskunftserteilung - die allein im vorliegenden Rechtsstreit relevant ist - und die Herausgabe von Teilnehmerverzeichnissen (Telefonbücher). Die im DaRed-Vertrag verabredeten Entgelte waren abhängig von der Anzahl der vorkommenden Nutzungen, insbesondere bei der Telefonauskunft von der Anzahl der Zugriffe auf die einzelnen Datensätze. Auf den Inhalt des Vertrages wird Bezug genommen.

Das Bundeskartellamt betrieb unter anderem wegen überhöhter Entgelte bei der Teilnehmerdatenüberlassung gegen die Klägerin ein Missbrauchsverfahren (Az. B 7 - 76/98. Das Amt stellte das Verfahren durch Verfügung vom 13. Januar 1999 ein, nachdem die Klägerin sich bei teilweiser Abänderung - durch Schreiben vom 22. Dezember 1998 - der Abmahnung vom 2. November 1998 unterworfen hatte. Auf den Inhalt der Unterwerfungserklärung der Klägerin vom 22. Dezember 1998, wie sie sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11. Juli 2006 (KZR 29/05, Umdruck S. 5 = WuW/E DE-R 1829, 1830) ergibt, wird Bezug genommen. Dies führte zu einer Ermäßigung der für das Zurverfügungstellen von Teilnehmerdaten zu leistenden Entgelte. Bis zum Jahre 2002 legte die Klägerin auf Grund der Einstellungsverfügung des Bundeskartellamts vom 13. Januar 1999 in Verbindung mit der Unterwerfungserklärung jährlich Kosten in Höhe von 176 Mio. DM (89,9 Mio. €) für die Überlassung von Standardteilnehmerdaten um.

Diese Summe beinhaltete die jährlichen Kosten für die DaRed-Datenbank einschließlich Abschreibungen, Zinsen, Betriebs-, Wartungs- und Datenbankentwicklungskosten abzüglich der Kosten für die Exklusivdaten, die allein den Tochterunternehmen der Klägerin zur Verfügung gestellt werden, die Pflegekosten für den Datenbestand in der DaRed-Datenbank gekürzt um die Pflegekosten für die Exklusivdaten und die Überlassungskosten in Form von Kosten für die Auftragsabwicklung, die Datenbereitstellung und Fakturierung sowie die Kosten für das Management, die Kundenbetreuung und die Auftragsannahme.

In der Zeit von Juni 2001 bis Januar 2002 kürzte die Beklagte die ihr von der Klägerin in Rechnung gestellten Beträge um 20 % bzw. 30%. Die Klageforderung setzt sich wie folgt zusammen:

 Rechnung v. 29.06.2001 über 1.635.212,88 € Gekürzt um 20%: 327.042,58 €
Rechnung v. 18.07.2001 über 1.356.267,43 € Gekürzt um 30%: 406.880,22 €
Rechnung v. 22.08.2001 über 1.359.044,06 € Gekürzt um 30%: 407.713,22 €
Rechnung v. 26.09.2001 über 1.311.061,34 € Gekürzt um 30%: 393.318,40 €
Rechnung v. 24.10.2001 über 1.205.569,02 € Gekürzt um 30%: 361.670,70 €
Rechnung v. 16.11.2001 über 1.338.983,44 € Gekürzt um 30%: 401.695,03 €
Rechnung v. 19.12.2001 über 1.338.572,30 € Gekürzt um 30%: 401.571,69 €
Rechnung v. 18.01.2002 über 1.232.992,45 € Gekürzt um 20%: 246.598,49 €
Klageforderung: 2.946.490,33 €

Durch Urteil vom 25. November 2004 entschied der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH, Rs. C -109/03) unter anderem, dass nach Maßgabe des einschlägigen Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 98/10/EG vom 26. Februar 1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs der Universaldienstanbieter für die Überlassung von Teilnehmerdaten (ONP-Richtlinie) nur die Kosten für das tatsächliche Zurverfügungstellen dieser Daten an Dritte in Rechnung gestellt werden können.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Zahlung der von der Beklagten gekürzten Beträge nebst Zinsen.

Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, die Beklagte sei als Dritte im Sinne von § 12 Abs. 2 TKG a.F. anzusehen, der für die Überlassung von Teilnehmerdaten ein angemessenes und nicht nur ein an den Kosten orientiertes Entgelt berechnet werden dürfe. Abgesehen davon sei die Entgeltregelung, die in den Verfahren vor dem Bundeskartellamt ermittelt worden sei, auch für die Klägerin verbindlich. Die von ihr umgelegten Kosten seien nicht überhöht, sondern untersetzt. Die tatsächlichen Kosten einer effizienten Bereitstellung hätten in den Jahren 2002 bis 2004 ca. 92.268.819,00 € betragen. Die von der Beklagten vertretene Auslegung des § 12 TKG a.F. messe der Richtlinie 98/10/EG überdies eine Bedeutung zu, die auf eine unzulässige Richtliniengeltung zwischen Privaten hinauslaufe. Davon abgesehen würden dadurch ihre, der Klägerin, Urheberrechte an der Datenbank verletzt.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.946.490,33 € nebst Zinsen in Höhe von 8% über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus 327.042,58 € seit dem 01.08.2001,

aus 406.880,22 € seit dem 20.08.2001,

aus 407.713,22 € seit dem 24.09.2001,

aus 393.318,40 € seit dem 28.10.2001,

aus 361.670,70 € seit dem 26.11.2001,

aus 401.695,03 € seit dem 18.12.2001,

aus 401.571,69 € seit dem 21.01.2002 und

aus 246.598,49 € seit dem 20.02.2002

zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist den Rechtsansichten der Klägerin entgegengetreten. Sie hat sich im Wesentlichen wie folgt verteidigt: Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 12 TKG a.F. über das Entgelt beim Zurverfügungstellen von Teilnehmerdaten habe die Klägerin, ungeachtet dessen, ob sie, die Beklagte, als Lizenznehmerin oder als Dritte anzusehen sei, bei der Überlassung von Teilnehmerdaten nur die bloßen, für das Zurverfügungstellen der Daten entstehenden Kosten in Rechnung stellen dürfen. Insbesondere habe die Klägerin für die Nutzung der überlassenen Daten nur ein Entgelt berechnen dürfen, das sich an den Kosten der effizienten Bereitstellung im Sinne von § 12 TKG a.F. orientiere. Anderslautende Entgeltabreden seien wegen Verstoßes gegen ein bei richtlinienkonformer Auslegung in § 12 TKG a.F. zu erkennendes gesetzliches Verbot nichtig.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 31. August 2005 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Entgeltbestimmung sei wegen Verstoßes gegen § 12 TKG a.F. gemäß § 134 BGB nichtig. Die Beklagte sei als Lizenznehmerin im Sinne des § 12 Abs. 1 TKG anzusehen, da ihre Muttergesellschaft, die T... AG, unstreitig seit dem 1. Januar 2000 im Call-By-Call-Verfahren Telefonverbindungen zwischen Teilnehmern über das Telefonnetz der Beklagten anbiete. Dabei sei ohne Belang, dass die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 TKG a. F. nicht unmittelbar in der Person der Beklagten, sondern in der Person ihrer Muttergesellschaft vorlägen. Es könne keinen Unterschied machen, ob die T... AG selbst die zur Auskunftserteilung erforderlichen Daten verwalte oder bereit halte oder ob sie diese Tätigkeit auf eine konzerneigene Untergesellschaft übertrage, die zu 100% ihrer Kontrolle unterstehe und einzig zum Zwecke der Übernahme der Datenverwaltung für diese gegründet worden sei.

§ 12 Abs. 1 TKG sei ein Verbotsgesetz. Die Vorschrift sei richtlinienkonform auszulegen. Nach Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie ONP II 98/10/EG sei der Entgeltmaßstab insoweit vorgegeben, als nur die Kosten der effizienten Bereitstellung berechnet werden dürften. Auf die tatsächlichen Feststellungen und die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts wird Bezug genommen.

Die Klägerin verfolgt mit der Berufung das Klageziel weiter.

Sie vertritt die Auffassung, ihr stehe ein vertraglicher Anspruch auf Zahlung der gekürzten Beträge zu. Die Entgeltabrede sei nicht nach § 134 BGB nichtig.

Die Klägerin verteidigt die von ihr erhobenen Entgelte, die Maßstäbe und die in Ansatz gebrachten Bemessungsfaktoren. Die Entgeltbestimmung entspreche in Bestandskraft erwachsenen Vorgaben des Bundeskartellamts und der Bundesnetzagentur. Sie habe auf Grund dieser Vorgaben über keinen Entscheidungsspielraum bei der Entgeltbemessung verfügt. In das Entgelt müssten auch die Kosten für Errichtung und Pflege der Datenbank sowie die Kosten der Beschaffung der Daten einfließen. Zudem spreche der Wortlaut des § 47 Abs. 4 TKG n.F. (2004) dafür, dass sie, die Klägerin, nicht nur einen Aufwendungsersatz für die Übergabekosten verlangen könne, sondern ein Entgelt als Gegenleistung für die Nutzungen berechnen dürfe, die der Datenabnehmer aus den Teilnehmerdaten ziehen könne. Dies sei auch die Auffassung des Bundeskartellamts zu § 12 TKG a.F. gewesen. Sie, die Klägerin, habe im Übrigen darauf vertrauen können, dass sie von Dritten ein angemessenes und marktübliches Entgelt verlangen dürfe. Dafür spreche bereits der Wortlaut des § 12 Abs. 2 TKG a.F. Die Vorschrift könne nicht richtlinienkonform ausgelegt werden, denn eine solche Auslegung erfolge contra legem. Im Übrigen beruft sich die Klägerin auch auf einen Grundrechtsschutz.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.946.490,33 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus 327.042,58 € seit dem 01.08.200

aus 406.880,22 € seit dem 20.08.200

aus 407.713,22 € seit dem 24.09.200

aus 393.318,40 € seit dem 28.10.200

aus 361.670,70 € seit dem 26.11.200

aus 401.695,03 € seit dem 18.12.200

aus 401.571,69 € seit dem 21.01.2002 und

aus 246.598,49 € seit dem 20.02.20

zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte ergänzt unter Aufrechterhaltung des erstinstanzlichen Vortrags ihr Vorbringen im Wesentlichen wie folgt: Es komme nicht darauf an, ob sie, die Beklagte, Lizenznehmerin nach § 12 Abs. 1 TKG a.F. oder Dritte sei. Selbst wenn § 12 Abs. 2 TKG a.F. einschlägig sein sollte, was sie weiterhin in tatsächlicher Hinsicht bestreite, habe dies keinen Einfluss auf den gesetzlich zulässigen Kostenmaßstab.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 20. Dezember 2006 und vom 25. April 2007 Bezug genommen.

B) Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.

I. Die Klage ist unbegründet.

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der in der Zeit vom Juni 2001 bis Januar 2002 durch Kürzung der Rechnungssummen entstandenen Differenzbeträge für die Überlassung von Teilnehmerdaten.

a) Die Entgeltabrede im Vertrag vom 11/.31.Oktober 2000 zwischen der Beklagten und der Klägerin war wegen missbräuchlicher Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung nach § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB in der Fassung der 6. GWB-Novelle nichtig (§ 134 BGB).

Für den streitgegenständlichen Anspruchszeitraum von Juni 2001 bis Januar 2002 sind die dazu erforderlichen Tatsachenfeststellungen im Verwaltungsverfahren B 7 - 76/98 vom Bundeskartellamt und in der Abmahnung vom 2. November 1998 zusammengefasst worden, soweit sie für den Klagezeitraum noch relevant sind. Die Beklagte hat sich darauf ausdrücklich berufen.

(1.) Die Klägerin war auf dem Markt für die Überlassung von Teilnehmerdaten im Jahre 1998 marktbeherrschend im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 1, 2 GWB. Das geht aus den Feststellungen des Bundeskartellamts hervor (Abmahnung S. 9, 38 ff, 42 f., 50). Beim sachlich relevanten Markt handelt es um den Markt für die Bereitstellung von Teilnehmerdaten für Zwecke der Auskunftserteilung. Der Markt ist bundesweit abzugrenzen. Wie außer Streit steht, verfügte die Klägerin aufgrund dessen, dass sie Sprachtelefondienstleistungen für die Öffentlichkeit in einem seit langem bestehenden Festnetz, bis zum 31. Dezember 1999 gestützt auf ein gesetzliches Monopol, vertrieb, um die Jahreswende 1997/1998 über etwa 40 Mio. Teilnehmerdatensätze. Dies entsprach einem Marktanteil von deutlich mehr als 90 %. Die Beklagte war beim Betrieb eines Telefonauskunftdienstes infolgedessen davon abhängig, von der Klägerin mit Teilnehmerdaten beliefert zu werden (vgl. Abmahnung S. 17/40). Auf diesem Markt war die Klägerin keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt, mindestens aber nahm sie eine überragende Marktstellung ein. Dass sich infolge der Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte die Marktverhältnisse auf dem Markt Überlassung der Teilnehmerdaten in den Jahren 2000 bis 2001 entscheidend veränderten, macht die Klägerin nicht geltend. Andere Unternehmen (Netzbetreiber im Fest- und Mobilfunknetz) verfügten nicht über eine vergleichbare Zahl an Datensätzen (von über 40 Mio.) wie die Klägerin noch über Daten einer entsprechenden Aktualität. Damit korrespondiert im Sinne einer Kontrollüberlegung auch, dass auf dem (nachgelagerten) Markt der Versorgung der Öffentlichkeit mit Sprachtelefoniedienstleistungen (Telekommunikationsmarkt) der Marktanteil der Klägerin in den Jahren 2000 bis 2001 strukturbedingt noch deutlich über 90 % lag, denn sie hatte und hat das größte Festnetz und stellte mit ca. 36 Mio. die meisten Teilnehmeranschlüsse (vgl. XIV. Hauptgutachten der Monopolkommission 2000/2001, S. 49 unter Ziffer 2.). Die Klägerin gelangte damit an die meisten Teilnehmerdaten. Dabei war und ist die Klägerin - ebenso wie ihre Tochtergesellschaft, die D.... GmbH, deren Marktanteile sie sich über § 36 GWB, §§ 17, 18 AktG zurechnen lassen muss, - selbst auch auf dem Markt für telefonische Auskunftsdienste tätig und hat auf diesem ebenfalls eine marktbeherrschende Stellung. Ihr Marktanteil bei den Auskunftsdiensten lag 1997 bei mehr als 90 %. Auch insoweit beruft sich die Klägerin nicht auf eine namhafte Veränderung der tatsächlichen Marktverhältnisse für den hier maßgeblichen Zeitraum von 2000 bis 2001.

(2.) Die Klägerin missbrauchte ihre marktbeherrschende Stellung auf dem bundesweit abzugrenzenden Markt der Teilnehmerdaten durch die Gestaltung des Entgelts. Insbesondere wurden die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen - zu denen auch die Beklagte zu zählen ist - in einer für den Wettbewerb erheblichen Weise auf dem bundesweit abzugrenzenden nachgelagerten Markt für Auskunftsdienste ohne sachlich gerechtfertigten Grund beeinträchtigt (§ 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 1 GWB).

Die wettbewerbliche Beeinträchtigung erfolgt auf dem Markt für die Bereitstellung von Teilnehmerdaten zum Zweck des Betriebs von Telefonauskunftsdiensten. Sie wirkt sich auf dem nachgelagerten Markt für die Erbringung solcher Auskunftsdienste aus, auf dem die Klägerin mit der Beklagten in einem aktuellen Wettbewerbsverhältnis steht. Für die Beantwortung der Frage, ob der Wettbewerb im Sinne des § 19 Abs. 4 Nr. 1 GWB beeinträchtigt wird, kommt es nicht auf die individuelle Wettbewerbssituation desjenigen Marktteilnehmers an, der den Anspruch geltend macht. Sie ist nur insofern von Bedeutung, als sie die allgemeinen Wettbewerbsmöglichkeiten auf dem betreffenden Markt beeinflusst. Ist danach eine sachlich nicht gerechtfertigte Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten zu bejahen, steht der sich daraus ergebende Unterlassungs- oder Schadensersatzanspruch auch demjenigen Wettbewerber zu, der seinerseits den Markt für Telefonauskunftsdienstleistungen beherrscht (vgl. BGH, Urt. v. 4.11.2003 - KZR 38/02, Umdruck 9, WuW/E DE-R 1210-1213 - Strom und Telefon II) und erst recht demjenigen, der sich auf dem Markt für Auskunftsleistungen - wie die Beklagte - mit einem geringeren Marktanteil betätigt.

Die erhebliche wettbewerbliche Beeinträchtigung ist darin zu sehen, dass die Klägerin für die Teilnehmerdaten ein Entgelt erhoben hat, das sich nicht an den Kosten einer effizienten Bereitstellung der Teilnehmerdaten orientiert hat, sondern weit darüber hinaus gegangen ist. Die Offline-Bereitstellung der Daten war aufgrund der Preisvorgaben der Klägerin unwirtschaftlich und nicht durch § 12 TKG gerechtfertigt. Nach eigener Darstellung der Klägerin sind u.a. die Kosten der Errichtung, Unterhaltung und Pflege der Teilnehmerdatenbank zur Grundlage der Entgeltberechnung gemacht worden. Zudem war das Entgelt nutzungsfallabhängig. Von der Klägerin sind nach dem ersten Missbrauchsverfahren bis zum Jahre 2002 jährliche Gesamtaufwendungen von 176 Mio. DM für das Zurverfügungstellen von Teilnehmerdaten auf sämtliche Abnehmer umgelegt worden, wohingegen nach den unbestrittenen Feststellungen des Amts in Jahren 1997/1998 Gesamtkosten von lediglich 100 Mio. DM angefallen sind (vgl. Abmahnung S. 69 bis 80, 85). Die Klägerin berechnete der Beklagten für das Überlassen der Teilnehmerdaten (Grund- und Ergänzungsdaten ohne Exklusivdaten) auf der Grundlage des DaRed-Vertrages vom 31.10.2000 je Auskunftsersuchen (Nutzungsfall) 0,2818 DM (0,1441 €) zzgl. Umsatzsteuer. Nach den Vorgaben des Bundeskartellamts für das Jahr 1999 sollten lediglich 0,2550 DM netto pro Auskunftsanfrage berechnet werden. Diese Entgeltberechnung der Klägerin bildete für dritte Unternehmen eine ernstzunehmende Marktzutrittsschranke. Für die Beklagte wirkte die Entgeltgestaltung sich dahin aus, dass ein telefonischer Auskunftsdienst im Wettbewerb mit der Klägerin unter erschwerenden wirtschaftlichen Bedingungen aufgenommen und betrieben werden musste. Ebenso wenig ist das Tatbestandsmerkmal der erheblichen wettbewerblichen Beeinträchtigung deshalb zu verneinen, weil die Beklagte die Kosten für die Datenbeschaffung bei der Klägerin durch eine spätere Weitergabe an die Telefonteilnehmer amortisiert hat. Die Beklagte ist aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen gewesen, ihre Auskunftsdienste zu kostendeckenden Preisen anzubieten. Die Beklagte ist infolgedessen auch auf dem nachgelagerten Markt erheblich beeinträchtigt worden.

(3.) Die Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen ist sachlich nicht gerechtfertigt. Die Klägerin kann sich zur Rechtfertigung ihrer Preisbildung nicht mit Erfolg auf § 12 Abs. 1, 2 TKG a.F. (1996) berufen. Danach ist ein Lizenznehmer, der, wie die Klägerin, Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbietet, verpflichtet, auf Anforderung anderen Lizenznehmern, die Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbieten, oder Dritten u.a. zum Zweck der Aufnahme eines Auskunftsdienstes Teilnehmerdaten in kundengerechter Form zugänglich zu machen. Dafür kann ein Entgelt erhoben werden, das sich an den Kosten der effizienten Bereitstellung orientiert. Die Norm soll sicherstellen, dass Lizenznehmern, die Sprachkommunikationsdienstleistungen für die Öffentlichkeit anbieten, und Dritten im Sinn der angestrebten Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes die Daten von Telefonanschlussinhabern von denjenigen Sprachtelefondienstleistern auf Ersuchen zugänglich gemacht werden (vgl. BT-Drs. 13/3609, S. 40).

§ 12 TKG a.F. bezweckt, auch soweit er sich über das Entgelt für die Überlassung von Teilnehmerdaten an Dritte verhält (zum Charakter der Vorschrift als Verbotsgesetz und der Nichtigkeit der Entgeltabrede: vgl. Senat, Urt. v. 16.5.2007, VI-2U (Kart) 10/05, Umdruck S. 13 m.w.N.), eine Marktöffnung und die Entwicklung eines chancengleichen Wettbewerbs auf den angesprochenen Märkten.

aa) Es kann dahinstehen, ob die am 9. Dezember 1999 gegründete Beklagte zum Kreis der durch § 12 Abs. 1 TKG a.F. geschützten Anbieter von Sprachkommunikationsdienstleistungen gehört, wie die Klägerin unter Hinweis darauf, dass die Beklagte weder über selbst betriebene Telekommunikationsnetze der Lizenzklasse 4 verfügt, noch selbst Call-by-call-Verbindungen anbietet, in Abrede stellt. Das Landgericht hat in entsprechender Anwendung der §§ 36 GWB, 17, 18 AktG angenommen, die Beklagte sei als Lizenznehmerin im Sinne des Abs. 1 TKG anzusehen, weil es ohne Belang sei, ob ihr selbst oder ihrer Muttergesellschaft eine Lizenz erteilt worden sei. Es könne keinen Unterschied machen, ob die T... AG als Lizenznehmerin selbst die zur Auskunftserteilung erforderlichen Daten verwalte und bereithalte oder ob sie diese Tätigkeit auf eine konzerneigene Untergesellschaft übertrage, die zu 100 % ihrer Kontrolle unterliege. Ob kartellrechtliche Grundsätze bei Beurteilung der Lizenznehmereigenschaft entsprechende Anwendung finden können, kann offen bleiben. Zugunsten der Klägerin kann davon ausgegangen werden, dass die Beklagte über keine Lizenz verfügt, keine call-by-call Gespräche vermittelt und mithin im telekommunikationsrechtlichen Sinne Dritte nach § 12 Abs. 2 TKG a.F. ist. Als Unternehmen, dem eine solche Lizenz erteilt worden sein soll, hätte es nach den Grundsätzen des § 138 Abs. 3, 4 ZPO im übrigen der Beklagten oblegen, vorzutragen, dass und wann ihr eine solche Lizenz tatsächlich erteilt worden ist. Da dies unterblieben ist, ist die Beklagte als Dritte im Sinne von § 12 Abs. 2 TKG a.F. zu behandeln.

bb) § 12 Abs. 2 TKG a.F. ist - ebenso wie § 12 Abs. 1 TKG a.F. - richtlinienkonform auszulegen. Als angemessenes Entgelt sind nur die bloßen Aufwendungen für das Zurverfügungstellen der Daten anzusehen. Bei einer Offline-Überlassung sind davon lediglich die Kosten für den Datenträger, für das Markieren der Daten und deren Übertragung auf den Datenträger sowie die Kosten für das Übermitteln des Datenträgers (Versandkosten) erfasst.

Im Lichte des Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 98/10/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26.2.1998 über die Anwendung des offenen Netzzugangs (ONP), wonach die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass die zum Betrieb eines Telefonauskunftsdienstes erforderlichen Informationen vom Pflichtigen zu kostenorientierten Bedingungen zur Verfügung gestellt werden, ist auch § 12 Abs. 2 TKG einschränkend dahin auszulegen, dass Dritten für die Bereitstellung von Teilnehmerdaten nur die Kosten des bloßen Zurverfügungstellens der Daten in Rechnung gestellt werden dürfen (s. dazu im Einzelnen Urteil des 1. Kartellsenats des OLG Düsseldorf v. 15.11.2006 -VI -U (Kart) 1/06, UA 11 f., worauf Bezug genommen wird). Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie differenziert nicht danach, ob die Teilnehmerdaten einem Lizenznehmer oder einem Dritten zur Verfügung gestellt werden. Auch der EuGH hat eine solche Differenzierung in seiner Entscheidung nicht vorgenommen. Soweit die Klägerin geltend macht, eine solche richtlinienkonforme Auslegung des § 12 Abs. 2 TKG erfolge gegen den Wortlaut der Norm und den Willen des Gesetzes, Dritte und Lizenznehmer ungleich zu behandeln, was zu einer unmittelbaren Wirkung der Richtlinie zwischen Privaten führe, ist dem nicht zuzustimmen. Es geht nicht um eine Auslegung contra legem, wie die Klägerin rügt, sondern ausschließlich um eine richtlinienkonforme Auslegung der durch den unbestimmten Rechtsbegriff des "angemessenen Entgelts" einen Auslegungsspielraum eröffnenden Vorschrift. Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie schließt nach seinem Wortlaut und Zweck aus, dass Dritten im Unterschied zu Lizenznehmern für die Bereitstellung von Teilnehmerdaten mehr als die Kosten des bloßen Zurverfügungstellens berechnet werden dürfen.

Deshalb müssen die Kosten der Datenerhebung sowie der Errichtung und Unterhaltung der Teilnehmerdatenbank außer Ansatz bleiben. Dabei handelt es sich begrifflich nicht um Kosten für das Bereitstellen der Daten, sondern um Ohnehinkosten, d.h. um Kosten, die vom Verpflichteten, der wie die Beklagte Sprachtelefondienste anbietet, sowieso zu tragen sind. Die genannten Aufwendungen sind dem Zurverfügungstellen der Daten nicht zurechenbar, denn sie werden nicht dadurch, sondern unmittelbar durch den eigenen Sprachtelefondienst der Beklagten verursacht. Sie sind Gemeinkosten und sind nach der Rechtsprechung des EuGH in den Kosten des eigenen Sprachtelefondienstes enthalten. Die dadurch entstehenden Kosten werden von den beim Betrieb des Sprachtelefondienstes erwirtschafteten Erlösen - dies hat die Klägerin auch nicht in Abrede gestellt - abgedeckt. Eine Doppeltberechnung gegenüber dem um die Bereitstellung von Teilnehmerdaten Nachsuchenden scheidet aus. Genauso wenig ist zur Bemessung des Entgelts die Häufigkeit der Nutzung durch Suchanfragen heranzuziehen. Zu erstatten sind nur die Kosten der Bereitstellung, die dadurch anfallen, dass die Daten dem anfordernden Unternehmen zugänglich gemacht werden. Wie oft vom zugänglich gemachten Datenbestand durch Suchanfragen später Gebrauch gemacht wird, steht mit der Datenbereitstellung und dem dadurch veranlassten Aufwand in keinem Zusammenhang (vgl. auch OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urt. v. 15.11.2006 - VI-U (Kart) 1/06, UA 17). Sähe man dies anders, so liefe dies im Ergebnis auf die Zuerkennung eines Lizenzanspruches hinaus, der nach der Zielsetzung der Richtlinie nicht gewollt ist.

Zwar sind durch die Missbrauchsverfahren des Bundeskartellamts die umzulegenden Kosten der Datenbank DaRed vom Bundeskartellamt ab 1999 auf 176 Mio. DM bzw. ab 2003 auf 49 Mio. € von der Beklagten gesenkt worden, weshalb die Feststellungen des Bundeskartellamts zu den Verhältnissen in den Jahren 1998 und 1999 nicht ohne Weiteres auf den Streitfall übertragen werden können. Im Streitfall ist aber entscheidend, dass die Senkung der umlagefähigen Kosten auch in den Jahren 2001 bis 2002 nicht zu einer dem Maßstab des § 12 TKG in seiner richtlinienkonformen Auslegung entsprechenden Entgeltanpassung für die Offline-Bereitstellung geführt hat und infolgedessen die Marktzutrittsschranken und die Wettbewerbsbeschränkung bestehen blieben. Erst die Bundesnetzagentur hat deshalb die nach § 47 TKG n.F. umlagefähigen Kosten mit Beschluss vom 17. August 2005 um weitere 98 % auf 770.000 € gesenkt.

Der Offline-Bezug ließ auch in der Zeit ab August 2001 einen höheren Kostendruck entstehen als der Online-Bezug, denn bei einem Online-Bezug wurden nur die überhöhten DaRed-Preise als zwingend zu bezahlende und gesondert berechnete Vorleistungskosten neben den Kosten für die Suchmaschine NDIS erhoben. Zu dem Mindestentgelt für die Beschaffung der DaRed-Daten (§ 4 Satz 3 des Vertrages) und dem Entgelt für die Nutzung der DaRed-Daten pro Auskunftsfall in Höhe von 0,1441 € (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages) traten noch die Kosten der Errichtung, des Unterhalts und der Pflege einer eigenen Datenbank, die für eine unabhängige Nutzung der DaRed-Daten erforderlich war, sowie der (einmaligen) Anschaffung des mehrere Mio. DM teuren Suchprogramms NDIS hinzu. Dieser Kostenaufwand - im Vergleich zu den Aufwendungen für das bloße Zurverfügungstellen der Daten - bildete auch in den Jahren 2001 bis 2002 eine wirtschaftliche Marktzutrittsschranke gegenüber potentiellen Wettbewerbern. Dies gilt insbesondere für solche Wettbewerber, die als Anbieter von Sprachtelefondienstleistungen im Festnetz auftreten wollten und auf das Angebot einer telefonischen Auskunft unter Serviceaspekten dringend angewiesen waren. Diese wurden durch die Preisgestaltung der Beklagten an einem vorstoßenden Wettbewerb gehindert. Aber auch für aktuelle Wettbewerber mit kleineren Marktanteilen kam eine Offline-Nutzung der Daten aus wirtschaftlichen Gründen zunächst nicht in Betracht. Der enorme Kostenaufwand für den Markzutritt potentieller Wettbewerber erklärt letztlich auch, weshalb es der Klägerin möglich war, ihre Preise für die Telefonauskunft auch nach der Senkung der umlagefähigen Kosten der Datenbank DaRed auf insgesamt 176 Mio. DM bzw. auf 49 Mio. € weiterhin am Markt zur Versorgung der Telefonteilnehmer mit Auskunftsdienstleistungen durchzusetzen. Sie war auf dem Auskunftsmarkt keinem wesentlichen Wettbewerb - weder durch die Beklagte, die ihre Kosten für den Offline-Bezug der Daten amortisieren musste und deshalb ihre Telefonauskunftspreise nicht (wesentlich) senken konnte, noch durch Dritte - ausgesetzt.

Sofern - so der Bundesgerichtshof im Urteil vom 11. Juli 2006 (KZR 29/05, UA 11) - ein faktischer Zwang bei der Online-Nutzung zu bleiben, davon ausgeht, dass eine Datenbereitstellung Offline wegen nicht zeitnaher Veränderungsdaten unpraktikabel ist, hat dies erst recht in dem Fall eines wirtschaftlichen Zwangs durch eine kartellrechtlich unangemessene Entgeltgestaltung zu gelten, durch die ein Offline-Bezug um mehrere Millionen DM bzw. € teurer als der Online-Bezug wird.

Selbst wenn, wie die Klägerin meint, gegenüber einer richtlinienkonformen (einschränkenden) Auslegung des § 12 Abs. 2 TKG in Anbetracht des Wortlauts und der Entstehungsgeschichte wegen der Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) Bedenken bestehen sollten (vgl. BGH, Urt. v. 16.8.2006, VIII ZR 200/05, Umdruck S. 9), so folgt jedenfalls im Streitfall die Verpflichtung der Klägerin, Dritten nur die Kosten des bloßen Zurverfügungstellens zu berechnen, aus der Unterwerfungserklärung der Beklagten vom 22. Dezember 1998 (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.2006, KZR 29/05, WuW/E DE-R 1829, 1832 - Suchmaschine). Auf diese Erklärung hat die Beklagte sich ausdrücklich berufen. Die Erklärung der Klägerin differenziert nicht nach Lizenznehmern und Dritten. Vielmehr hat sich die Klägerin darin gebunden, Entgelte ausschließlich nach einem einheitlichen, kostenorientierten Maßstab zu verlangen.

cc) Allerdings ist nicht feststellbar, dass die Klägerin als marktbeherrschendes Unternehmen der gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 20 Abs. 1 GWB, Dritte (§ 12 Abs. 2 TKG a.F.) im Verhältnis zu Lizenznehmern im Sinne des § 12 Abs. 2 TKG a.F. gleich zu behandeln, zuwidergehandelt hat. Die Vorschrift verlangt von einem marktbeherrschenden Unternehmen, Wettbewerber nicht ohne sachlichen Grund ungleich zu behandeln (§ 20 GWB). Dass die Klägerin auf dem Markt der Auskunftsdaten marktbeherrschend war, ist bereits oben dargelegt worden. Die Klägerin darf zwar als marktbeherrschendes Unternehmen auf dem Markt der Auskunftsdaten und damit als Normadressat des § 20 Abs. 1 GWB einen Auskunftsdienstbetreiber im Verhältnis zu einem Sprachtelefondienstunternehmen, das ebenfalls einen Auskunftsdienst unterhält und zu diesem Zweck Daten von Teilnehmern bei ihr nachfragt, nicht ungleich behandeln. Eine Ungleichbehandlung der Beklagten im Sinne der Norm kann vorliegen, wenn die Klägerin als marktbeherrschendes Unternehmen der Beklagten ohne rechtfertigenden Grund höhere Kosten in Rechnung gestellt hätte als den Lizenznehmern. Eine Ungleichbehandlung der Beklagten im Vergleich zu Lizenznehmern ist im Streitfall aber nicht festzustellen. Aus dem in der mündlichen Verhandlung am 20. Dezember 2006 überreichten Protokoll vom 11. Februar 1998 aus dem Hause der Klägerin (Anlage 3) ergibt sich, dass die Klägerin Lizenznehmer und Dritte jedenfalls im Jahre 1998, soweit es die Entgeltforderungen betrifft, tatsächlich gleich behandelt hat. Die Klägerin wollte auf diese Weise vermeiden, dass Dritte eine Kooperation mit einem Lizenznehmer im Sinne des § 12 Abs. 1 TKG a.F. aufbauten, um die Daten von diesem (kostengünstiger) beziehen zu können. Es bestehen auch keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt von der Beklagten im Verhältnis zu ihrer Muttergesellschaft oder Lizenznehmern im Sinne des § 12 Abs. 1 TKG ein höheres Entgelt verlangt hätte. Ferner ist nicht festzustellen, dass die Klägerin ihrer Tochtergesellschaft, der D.... GmbH, im Klagezeitraum bessere Konditionen als ihren Wettbewerbern eingeräumt hätte.

dd) Die im Vertrag vorgesehene Entgeltabrede ist wegen eines Verstoßes gegen § 12 TKG a.F. - aber auch gegen § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB - gemäß § 134 BGB in vollem Umfang nichtig. Eine geltungserhaltende Reduktion der Entgeltabrede auf das telekommunikationsrechtlich zulässige Maß kommt nicht in Betracht (vgl. BGH, Urt. v. 10.2.2004, KZR 39/02, WuW/E DE-R 1305, 1306), denn anderenfalls würde die Klägerin dadurch belohnt, dass die Preisgestaltung in dem nach § 12 TKG a.F. zulässigen Umfang aufrechterhalten bliebe. Eine geltungserhaltende Reduktion der Entgeltabrede ist im Streitfall auch deshalb nicht erforderlich, weil die Kosten der Übermittlung ohnehin nicht Gegenstand des streitgegenständlichen Verfahrens sind (vgl. ferner § 4 Satz 2 des Vertrags). Der Verstoß gegen § 12 TKG qualifiziert gleichzeitig die von der Preisgestaltung der Beklagten ausgehende Beeinträchtigung als sachlich nicht gerechtfertigt im Sinne des § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1 GWB. Daneben sind schutzwürdige Interessen der Beklagten an einer über einen Kostenausgleich hinausgehenden Entgeltberechnung nicht zu erkennen. Zwar ist auch von einem Marktbeherrscher grundsätzlich nicht zu verlangen, dass er durch seine Preisgestaltung fremden Wettbewerb fördert (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2005, KVR 13/05, Umdruck S. 8 - Stadtwerke Dachau). Jedoch schreibt § 12 Abs. 2 TKG a.F. - in richtlinienkonformer Auslegung, wie er sie durch die Rechtsprechung des EuGH mit Urteil vom 24. November 2005 gefunden hat - Anbietern von Sprachkommunikationsdienstleistungen eine fremden Wettbewerb begünstigende Entgeltgestaltung ausdrücklich vor. Dagegen setzt sich das Interesse der Klägerin deswegen nicht durch, da ihre Preisbildung die Wirkung einer Marktzugangssperre entfaltete und geeignet war, die Aufnahme eines Wettbewerbs schon im Ansatz zu verhindern.

ee) Dadurch wird nicht rechtswidrig in eine schutzwürdige Eigentumsposition der Klägerin eingegriffen (Art. 14 GG). § 12 Abs. 2 TKG a.F. stellt eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentumsrechts im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG dar. Der Vorschrift kommt keine enteignende Wirkung zu. Die gesetzliche Verpflichtung, Teilnehmerdaten dritten Unternehmen zur Verfügung zu stellen, ist aus Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Denn die Regelung in § 12 Abs. 1 TKG a.F. hat zum Ziel, die weitgehend monopolistisch strukturierten Telekommunikationsmärkte aufzubrechen und diese für einen chancengleichen Wettbewerb zu öffnen. Dadurch wird die Beklagte als Marktbeherrscherin nicht unverhältnismäßig belastet. Sie hat Teilnehmerdaten nicht kostenlos zur Verfügung zu stellen, sondern kann dafür ein kostenorientiertes Entgelt berechnen, das einen angemessenen Ausgleich gewährt (so auch OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urt. v. 15.11.2006, VI-U (Kart) 1/06, UA 16). Was die Klägerin mit der Verteidigung ihrer Entgeltstruktur angestrebt hat, ist in Wahrheit ein Mehrfachausgleich eigener Kosten bei der Vorhaltung von Teilnehmerdaten, der unter keinen Umständen zu rechtfertigen ist. Die Klägerin kann auch nicht mit Erfolg einwenden, sie werde in doppelter Hinsicht belastet, da sie für die Veröffentlichung der Daten der Telefonteilnehmer in öffentlichen Verzeichnissen nach § 21 TKG von diesen ebenfalls kein Entgelt verlangen dürfe. Dabei übersieht die Klägerin, dass sie aus Anlass von Sprachtelefondienstleistungen ohnehin an die Daten der Teilnehmer gelangt und sie die Veröffentlichungskosten in die Gemeinkosten der Sprachtelefonieleistungen einbeziehen kann. Die Klägerin hat nicht in Abrede gestellt, dass sie in dieser Weise vorgegangen ist.

Auch der von der Klägerin behauptete Verstoß gegen die Freiheit der Berufsausübung ist nicht gegeben (Art. 12 GG). Die unternehmerische Freiheit der Klägerin, die ihr verfügbaren Teilnehmerdaten nach eigenen Vorstellungen, und zwar auch hinsichtlich des Preises, zu verwerten, hat in § 12 Abs. 2 TKG a.F. eine gesetzliche Regelung gefunden, die durch Gründe des Gemeinwohl, nämlich die Öffnung des Teilnehmerdatenmarktes, gerechtfertigt ist (so auch OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urt. v. 15.11.2006, VI-U (Kart) 1/06, UA 16 f).

Die Klägerin beruft sich bei der von ihr angelegten Datenbank DaRed - was auch auf die Vorläuferdatei BUDI auszudehnen ist - ebenfalls zu Unrecht auf einen Sonderrechtsschutz nach dem Urheberrechtsgesetz. Ungeachtet dessen, ob die Datenbank BUDI (und ihr nachfolgend die Datenbank DaRed) einem Urheberrechtsschutz nach § 87 b UrhG (eingefügt durch Gesetz vom 22.7.1997, BGBl. I 1870) unterliegt, ist die Klägerin jedenfalls daran gehindert, für das Bereitstellen der Daten im Rahmen des DaRed-Vertrages Zahlung einer über den in § 12 Abs. 1 TKG a.F. normierten Entgeltmaßstab hinausgehenden Lizenz zu verlangen. § 12 Abs. 1 TKG a.F. geht nach dem Willen des Gesetzgebers den urheberrechtlichen Bestimmungen vor. Anderenfalls könnte die Vorschrift die ihr zugedachte ordnungspolitische Funktion nicht erfüllen (ebenso: OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urteil vom 15.11.2006 - VI-U (Kart) 1/06, UA 19). Unabhängig davon ist es der Klägerin verwehrt, den Entgeltmaßstab in § 12 Abs. 1 TKG a.F. dadurch außer Kraft zu setzen, indem sie Teilnehmerdaten - über die Verpflichtung nach dem Gesetz hinaus - ausschließlich in der Form einer an sich urheberrechtlich geschützten Datenbank zugänglich macht (BGH, Urteil vom 11.7.2006 - KZR 29/05, UA 11).

Im Übrigen hat die Klägerin sich aber aufgrund ihrer Unterwerfungserklärung vom 18. Dezember 1998 verpflichtet, Lizenznehmern und Dritten gleichermaßen die

Daten gegen ein kostenorientiertes Entgelt zu überlassen (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.2006 - KZR 29/05, WuW/E DE-R 1829, 1832).

ff) Die Beklagte ist an die Ergebnisse der Verwaltungsverfahren vor dem Bundeskartellamt nicht gebunden. Weder durch die Abmahnung vom 2. November 1998 noch durch die Unterwerfungserklärung der Klägerin vom 22. Dezember 1998 ist die Höhe des Entgelts beim Bereitstellen von Teilnehmerdaten mit bindender Wirkung festgesetzt oder erst recht genehmigt worden. Das Amt hat in dem auf die Abmahnung von 1998 folgenden Schreiben vom 13. Januar 1999 lediglich eine Höchstgrenze festgestellt, bei deren Überschreiten ein Preismissbrauch anzunehmen ist. Dadurch wurde lediglich die Klägerin gebunden, nicht höhere Beträge als 176 Mio. DM umzulegen, wollte sie ein Wiederaufgreifen der Verfahren durch das Bundeskartellamt vermeiden. Die Klägerin wäre aber nicht gehindert gewesen, den ihr unter der Aufgreifschwelle von 176 Mio. DM bzw. 49 Mio. € verbliebenen Preisfestsetzungsspielraum auch zu Gunsten der Beklagten zu nutzen. Nicht aber ist die Beklagte daran gehindert geltend zu machen, die Klägerin sei aus kartellrechtlichen Gründen zu einer weitergehenden Herabsetzung der Entgelte verpflichtet (ebenso OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat, Urt. v. 15.11.2006 - VI-U (Kart) 1/06, UA 9 f). Die Einstellungsverfügungen des Bundeskartellamts entfalteten keine Tatbestandswirkung bzw. Bindungswirkung für die Zivilgerichte, denn sie erwuchsen nicht in Bestandskraft. Dies entspricht auch der nunmehr geltende Rechtslage nach der 7. GWB-Novelle (vgl. § 33 Abs. 4 GWB n.F.). Das Amt konnte jederzeit ein neues Missbrauchsverfahren einleiten.

b) § 12 Abs. 2 TKG a. F. gewährt der Klägerin keinen weitergehenden gesetzlichen Anspruch gegen die Beklagte als denjenigen auf Zahlung der Kosten, die durch das Zurverfügungstellen der Daten tatsächlich entstanden sind. Der Ausgleich dieser Kosten, soweit sie von der Klägerin gesondert in Rechnung gestellt wurden, ist durch die Beklagte jedoch erfolgt. Weitere Kosten hat die Beklagte - trotzdem sie darauf in anderem Zusammenhang hingewiesen wurde - nicht dargelegt (vgl. Senatsurt. v. 27.6.2007, VI-2 U (Kart) 9/05, Umdruck S. 22 unter I.1. c).

2. Die Revision (der Klägerin) wird nicht zugelassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer der Klägerin: 2.946.400,33 €

Ende der Entscheidung

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