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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 28.09.2005
Aktenzeichen: VI-2 U (Kart) 2/05
Rechtsgebiete: GWB, EnWG, BGB


Vorschriften:

GWB § 2
GWB § 3
GWB § 5 Abs. 1
GWB § 6 Abs. 1
GWB § 9 a. F.
GWB § 9 Abs. 1 S. 1 a. F.
GWB § 9 Abs. 2 a. F.
GWB § 9 Abs. 2 Satz 1
GWB § 103 a.F.
GWB § 103 Abs. 1 Nr. 2
GWB § 103 Abs. 3
GWB § 106 Abs. 2 Nr. 1
GWB § 131 Abs. 1
GWB § 131 Abs. 8
EnWG § 3
EnWG § 3 Abs. 1 S. 1
BGB § 1004
BGB § 1027
BGB § 1090 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 30. Januar 2004 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

III. Die Beschwer der Klägerin und der Streitwert für das Berufungsverfahren werden auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

A) Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin der Gewerkschaft C..., Ü..., (nachfolgend: die C...), die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der W...A... GmbH, W.... Bis 1962 betrieb die C... ein Steinkohlebergwerk in Ü.... Auf dem Bergwerksgelände befanden sich der C... gehörende Wohnsiedlungen. Dort legte die C... Straßen mit Kanalisation, Wasser- und Stromversorgungsanlagen an und nahm die Versorgungsaufgaben - teilweise unter Einschaltung Dritter - selbst wahr. Durch Notarvertrag vom 19.11.1965 (UR-Nr. 2151/1965 des Notars Dr. K..., G.) übertrug die C... die Straßengrundstücke und Kanalisationsanlagen kostenlos auf die Stadt Ü..., behielt sich aber vor, die Straßengrundstücke weiterhin zum Verlegen, Betreiben und Erhalten von Versorgungsleitungen zu nutzen. Zur Sicherung dieses Nutzungsrechts wurden ihr beschränkte persönliche Dienstbarkeiten mit dem Inhalt im Grundbuch eingetragen, dass sie ausschließlich berechtigt blieb, die Grundstücke zum Verlegen, Betreiben und Unterhalten von Versorgungsleistungen für Strom, Wasser und Gas zu nutzen. Die W...A... GmbH nutzte bzw. die Beklagte nutzt heute aufgrund der zwischen der Stadt Ü... und der W...A... GmbH am 17.3.1972 und 21.4.1994 geschlossenen Konzessionsverträge einige der von der Dienstbarkeit erfassten Straßen für die Gasversorgung. Die Beklagte will auch mit den Anliegern der übrigen Straßen Gasversorgungsverträge abschließen. Die Klägerin sieht hierin eine Verletzung ihrer Dienstbarkeiten. Bereits die C... und die W...A... GmbH führten hierüber Anfang der 1980er Jahre einen Rechtsstreit vor dem Landgericht Aachen (12 O 409/80) und in der Berufungsinstanz vor dem OLG Köln (3 U 19/81). Die C... verlangte in erster Instanz die Feststellung, dass die W...A... GmbH verpflichtet ist, ihr, der C..., den Tag der jeweiligen Versorgungsaufnahme im Gemeindegebiet Ü... mitzuteilen, ihr, der C..., ein Entgelt für die Nutzung des Straßennetzes zu zahlen, ihr Auskunft über die Einnahmen aus dem Versorgungsgebiet zu erteilen. Das Landgericht Aachen wies die Klage durch Urteil vom 16.12.1980 ab mit der Begründung, die Vereinbarungen im Vertrag vom 19.11.1965 zwischen der Gewerkschaft C... und der Stadt Ü... seien unwirksam, weil das Geschäft entgegen §§ 103, 9 GWB a. F. nicht bei der Kartellbehörde angemeldet worden sei. In zweiter Instanz setzte das OLG Köln den Rechtsstreit mit Beschluss vom 24.7.1981 bis zur Entscheidung der zuständigen Kartellgerichte über die kartellrechtlichen Einwendungen der Beklagten aus. Seither ist dieser Prozess nicht weiterbetrieben worden. Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Gewerkschaft C... von der Beklagten als Rechtsnachfolgerin der W...A... GmbH 1. die Unterlassung der Nutzung des Straßennetzes für den Betrieb von Versorgungsleitungen, hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie, die Klägerin, für die Nutzung des von der Dienstbarkeit erfassten Straßennetzes eine Nutzungsgebühr zu zahlen. 2. die Beklagte zu verurteilen, a) ihr, der Klägerin, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über die von ihr, der Beklagten, an die Anlieger der von der Dienstbarkeit erfassten Straßen seit ihrem Anschluss an die Gasversorgung und bis zum 31.12.2002 gelieferten und berechneten Gasmengen, b) an sie, die Klägerin, nach erteilter Auskunft ein noch zu bezifferndes Nutzungsentgelt nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Der Klägerin stünden gegen die Beklagte eine Unterlassungs- und Auskunftsansprüche nicht zu. Der Vertrag vom 19.11.1965 sei nach Maßgabe der §§ 103, 9 Abs. 2 Satz 1 GWB i.d.F. vom 20.2.1990 unwirksam. Die Anmeldepflicht bestehe trotz der Änderung des GWB durch § 131 Abs. 1 GWB fort. Für Altverträge, soweit sie die öffentliche Versorgung mit Wasser betreffen, gelte nach Maßgabe des § 131 Abs. 8 GWB n. F. die Bestimmung des § 103 GWB a.F. weiter. Mithin sei die durch § 9 Abs. 2 GWB a. F. begründete Anmeldepflicht für den Vertrag vom 19.11.1965, der unter anderem auch die Versorgung mit Wasser zum Gegenstand hatte, nicht entfallen. Da nach wie vor keinerlei Anhaltspunkte für ein Durchlaufen des gesetzlich vorgeschriebenen Anmeldeverfahrens bestünden, müsse es bei der Annahme der Unwirksamkeit des Vertrages bleiben. Die Unwirksamkeit des Vertrages folge im Übrigen auch aus Art. 1 § 3 Abs. 1 S. 1 EnWG. Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin. Sie trägt i.W. vor: Es habe im freien Belieben der C... gestanden, das Eigentum an den Straßengrundstücken auf die Stadt Ü... zu übertragen und dies gegen Einräumung einer Dienstbarkeit zu tun. Der Vertrag vom 19.11.1965 sei kein Vertrag zwischen einem Versorgungsunternehmen und einer Gebietskörperschaft im Sinne von §§ 103, 9 Abs. 1 S. 1 GWB a. F. gewesen und auch kein Vertrag, in dem sich die C... zur Aufnahme der Versorgung von Verbrauchern mit Gas und Elektrizität verpflichtet habe. Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils gemäß den dort wiedergegebenen Schlussanträgen zu erkennen, jedoch mit der Maßgabe, dass beim Klageantrag zu 1 im Anschluss an die Grundbuchbezeichnungen und vor dem Wort "bezieht" einzufügen sei: "eingetragene beschränkte persönliche Dienstbarkeit." Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die Beklagte hält die Klage für unzulässig und unschlüssig, weil die Klageanträge sich auf veraltete Grundbuchblattbezeichnungen bezögen. Dem vorliegenden Verfahren stehe die anderweitige Rechtshängigkeit entgegen. Das OLG Köln habe das Verfahren 3 U 19/81 (12 O 409/80 LG Aachen) ausgesetzt. Der Vorprozess sei nach wie vor unterbrochen. Zu Recht sei das Landgericht von einer Anmeldepflicht gemäß § 9 GWB ausgegangen. Daher seien der notarielle Vertrag zwischen der C... und der Stadt Ü... vom 19.11.1965 sowie die auf ihm beruhenden Dienstbarkeiten unwirksam. Ebenfalls zu Recht habe das Landgericht ausgeführt, dass der notarielle Vertrag vom 19.11.1965 gegen § 3 EnWG verstoßen habe. Die Klägerin und bereits die Gewerkschaft C... hätten etwaige Rechte verwirkt. Die Restakten der Verfahren 12 O 409/80 LG Aachen und 3 U 19/81 OLG Köln lagen zu Informationszwecken vor und waren Gegenstand der Verhandlung. B) Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. I. Der Senat hat davon abgesehen, die vorliegende Sache mit dem Verfahren 3 U 19/81 OLG Köln zu verbinden. Eine Verbindung wäre nur in Betracht gekommen, wenn beide Verfahren beim Oberlandesgericht Düsseldorf anhängig gewesen wären (§ 147 ZPO), was nicht der Fall ist. Darauf hat der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. II. 1. Klageantrag zu 1 a) Unterlassung aa) Der Unterlassungsantrag ist zulässig. Die von den Dienstbarkeiten betroffenen Grundstücke stehen objektiv fest und sind anhand der für sie früher angelegten Grundbuchakten bestimmbar, mögen sich deren Bezeichnungen auch geändert haben. bb) Die Beklagte wendet zu Unrecht ein, dass die Verfahren 12 O 409/80 LG Aachen bzw. 3 U 19/81 OLG Köln einer Ausurteilung im vorliegenden Prozess entgegenstünden. Das Unterlassungsbegehren war dort nur als Feststellungsantrag anhängig gemacht worden (vgl. GA 190, 188). Davon unterscheidet sich der vorliegende Streitgegenstand schon deshalb, weil die Klägerin hier einen Unterlassungsantrag stellt. Dieser ist zudem weiter gefasst, nämlich auf die Untersagung jedweder Nutzung gerichtet. Der erstrebte Unterlassungstitel würde der Klägerin zudem die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung eröffnen. Dieses Mehr an Rechtsschutz kann ihr nicht mit Verweis auf die Feststellungsklage des Vorprozesses versagt werden. cc) Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte jedoch in der Sache nicht zu. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus dem Übertragungsvertrag vom 19.11.1965. Weder die Beklagte noch deren Rechtsvorgängerin, die W...A... GmbH, waren Partei dieses Vertrages. Einen vertraglichen Anspruch macht die Klägerin auch nicht geltend, vielmehr stützt sie ihr Begehren auf die beschränkte persönliche Dienstbarkeit. Ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 i.V.m. §§ 1090 Abs. 2, 1027 BGB steht ihr jedoch ebenfalls nicht zu, weil die Dienstbarkeit unwirksam ist. (1) Eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit entsteht im Normalfall durch Einigung und Eintragung im Grundbuch (§ 873 Abs. 1 BGB), darüber hinaus als Eigentümerdienstbarkeit durch eine einseitige Erklärung des Eigentümers. Vorliegend steht eine Eigentümerdienstbarkeit in Rede. Anders als im zweiten Vertrag aus dem Jahre 1969, mit dem weitere Parzellen von der C... auf die Stadt Ü... übertragen wurden und der eine dingliche Einigung über die Dienstbarkeit enthielt, ist die Bestellung der Dienstbarkeit im Jahre 1965 vor der Beurkundung des Vertrages von der C... einseitig erklärt worden. Entsprechend heißt es in der Vertragsurkunde vom 19.11.1965 auf Seite 5: "Die Gewerkschaft C... hat an den der Gemeinde zu übereignenden Grundstücken ein Nutzungsrecht zum Verlegen, Betrieben und Unerhalten von Versorgungsleitungen. Eine entsprechende Dienstbarkeit zur Eintragung in das Grundbuch ist bestellt." Die Eigentümerdienstbarkeit wurde am 8.3.1966 in das Grundbuch eingetragen. (2) Die Dienstbarkeit ist wegen Verstoßes gegen kartellrechtliche Bestimmungen jedoch unwirksam. Gemäß § 9 Abs. 1 S. 1 GWB i.d.F. der Bekanntmachung vom 27.7.1957 bedurften Verträge der in den §§ 2, 3, 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 GWB bezeichneten Art zu ihrer Wirksamkeit der Anmeldung bei der Kartellbehörde. Dies galt gemäß § 103 Abs. 3 i.V.m. § 103 Abs. 1 Nr. 2 GWB auch für Verträge von Versorgungsunternehmen mit Gebietskörperschaften, soweit sich durch sie eine Gebietskörperschaft verpflichtete, die Verlegung und den Betrieb von Leitungen auf oder unter öffentlichen Wegen für eine bestehende oder beabsichtigte unmittelbare öffentliche Versorgung von Letztverbrauchern im Gebiet der Gebietskörperschaft mit Elektrizität, Gas oder Wasser ausschließlich einem Versorgungsunternehmen zu gestatten. Um einen solchen anmeldepflichtigen Verpflichtungsvertrag zur Gestattung handelt es sich hier. Die Nutzungsgestattung zugunsten der Gewerkschaft C... ist in Ziffer 2 des Vertrages vom 19.11.1965 geregelt. Die Ausschließlichkeit des Nutzungsrechts ergibt sich aus Seite 5 der Vertragsurkunde, wo sich die Stadt Ü... mit der ihr bekannten Eintragungsbewilligung einverstanden erklärt. Die dem Vertrag beigefügte Eintragungsbewilligung (Anlage 3 zur Vertragsurkunde) sieht die Ausschließlichkeit des Nutzungsrechts ausdrücklich vor. Die C... war auch ein "Versorgungsunternehmen" i. S. d. § 103 Abs. 1 Nr. 2 GWB. Der Begriff "Versorgungsunternehmen" ist funktional auszulegen. Die C... hat zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Tätigkeit eines Versorgungsunternehmens ausgeübt. Ob dies zu ihrem Hauptgeschäftsfeld gehörte, ist nicht von Wichtigkeit. Die Funktion der C... als Versorgungsunternehmen ist im Übrigen auf S. 3 der Vertragsurkunde vom 19.11.1965 nochmals ausdrücklich angesprochen. In den Vertrag eingebunden war auch die Eintragungsbewilligung der Dienstbarkeit, die das Merkmal der Ausschließlichkeit des Nutzungsrechts enthielt. Die C... hatte die Eintragungsbewilligung auf den Vertrag vom 19.11.1965 abgestimmt und vorbereitet. Auf Seite 5 des Vertrages hatte die Stadt Ü... ihr Einverständnis mit der Dienstbarkeit erklärt und sich ihr unterworfen. Damit wurde das Entstehen der Dienstbarkeit in den Geschäftswillen der Vertragsschließenden aufgenommen. Zur Absicherung wurde auf Seite 5 des Vertrages geregelt, was geschehen sollte, falls die Dienstbarkeit vom Grundbuchamt nicht eingetragen würde. Dann sollte die Dienstbarkeit "hiermit", also mit dem Vertrag vom 19.11.1965, bewilligt werden. Dem Willen des Gesetzgebers war nur Genüge getan, wenn auch die Eintragungsbewilligung der C... dem Verdikt der Unwirksamkeit unterfiel. Umgehungen der Anmeldepflicht wären bei anderer Betrachtungsweise leicht möglich gewesen. Der Hinweis der Klägerin, die Bestellung der Dienstbarkeit sei gesondert vom Vertrag zu beurteilen, übergeht, dass die Vorgänge wirtschaftlich und rechtlich miteinander verknüpft waren und zeitlich ineinander griffen: zunächst erfolgte die Bestellung der Dienstbarkeit, dann der Übertragungsvertrag, dann erst die Umschreibung des Eigentums und die Eintragung der Dienstbarkeit. Schließlich fügt sich ein, dass der zweite Übertragungsvertrag über weitere Parzellen die Bestellung der Dienstbarkeit - wie im Normalfall - als zweiseitige Einigung enthielt. (3) Die C... hat den Vertrag nicht bei der Kartellbehörde angemeldet. Damit war die Dienstbarkeit zunächst schwebend unwirksam. Inzwischen ist Nichtigkeit eingetreten. Verzichten die Vertragsparteien endgültig auf die notwendige Anmeldung eines Vertrages, schlägt die schwebende Unwirksamkeit in eine (endgültige) Nichtigkeit um (vgl. Jestaedt in: Langen/Bunte, 7. Aufl., § 103 Rdn. 21). So verhält es sich hier. Hier ist von einem endgültigen Verzicht auf die Anmeldung auszugehen. Schon das Landgericht Aachen hatte die C... im Vorprozess auf das Fehlen der Anmeldung hingewiesen. Gleiches hatte das OLG Köln getan und im Hinblick darauf den Vorprozess ausgesetzt. Mit Blick auf die gerichtlichen Hinweise und die Pflicht der Vertragsparteien, Anmeldungen gemäß § 9 GWB innerhalb angemessener Frist vorzunehmen, um der Kartellbehörde eine zeitnahe Prüfung zu ermöglichen, kann das jahrelange Unterbleiben der Anmeldung bei verständiger Würdigung nur dahin ausgelegt werden, dass die C... in zeitlicher Nähe zum Vorprozess definitiv von der Anmeldung Abstand genommen hat. Anderenfalls hätte innerhalb angemessener Frist spätestens nach der Zustellung des Beschlusses des OLG Köln vom 24.07.1981 eine Anmeldung gegenüber der zuständigen Kartellbehörde erfolgen müssen. Diese Frist hat die Klägerin untätig verstreichen lassen. Die Untätigkeit ist als ein Verzicht auf die Anmeldung zu werten. Hierzu fügt sich die Mitteilung des Geschäftsführers der Klägerin im Senatstermin ein, wonach die C... bereits vor Jahren die Dienstbarkeit für den Bereich der Stromversorgung auf die R... AG übertragen hat. In Anbetracht der genannten Umstände kommt es für die Würdigung nicht mehr darauf an, ob, wie der Beklagtenvertreter in der Senatssitzung vorgetragen hat, die Klägerin mit der Gasversorgung durch die Beklagte ursprünglich einverstanden war. Fehl geht das Argument der Klägerin, es könne für das rechtliche Ergebnis keinen Unterschied machen, ob der Vertrag vor (dann: keine Nichtigkeit) oder nach Inkrafttreten des GWB (dann: Nichtigkeit) geschlossen worden ist. Für Altverträge aus der Zeit vor Inkrafttreten des GWB galt die Bestimmung des § 106 Abs. 2 Nr. 1 GWB, wonach bei fehlender Anmeldung der Vertrag mit Ablauf von 6 Monaten nach Inkrafttreten des GWB unwirksam wurde. Auch ein Altvertrag wäre also unwirksam geworden, und zwar kraft Gesetzes sogar ohne einen endgültigen Verzicht auf die Anmeldung bei der Kartellbehörde. (4) Da die Dienstbarkeit bereits in den 1980er Jahren nichtig wurde, kann nicht mehr von Bedeutung sein, dass später die Bereiche Strom und Gas dem Anwendungsbereich des § 103 GWB gesetzlich entzogen worden sind (vgl. § 103 b GWB i .d. F. des Gesetzes zur Neuregelung des Energiewirtschaftsrechts vom 24.4.1998 - BGBl I 1998, 730, 734, sowie § 131 Abs. 8 GWB i. d. F. der Bekanntmachung vom 28.8.1998, BGBl. I S. 2546). Hierdurch konnte die eingetretene Nichtigkeit der Dienstbarkeit nicht nachträglich geheilt werden. b) Hilfsweise: Antrag auf Feststellung Die Klägerin begehrt hilfsweise die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, an sie für die Nutzung des von der Dienstbarkeit erfassten Straßennetzes für die Gasversorgung der Anlieger eine übliche und angemessene Nutzungsgebühr zu zahlen. In der Senatssitzung hat sie klargestellt, dass das Begehren auf die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage beschränkt ist. Indes ist auch der Hilfsfeststellungsantrag unbegründet, weil die Dienstbarkeit unwirksam ist und daher keine taugliche Anspruchsgrundlage bietet. 2. Klageantrag zu 2 - Auskunft Die Klägerin kann die begehrte Auskunft nicht verlangen. Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags bestehen zwar nicht; denn wie dem Schriftsatz der C... vom 6.4.1981 (GA 190) in Verbindung mit dem Sitzungsprotokoll vom 16.6.1981 (GA 188) zu entnehmen ist, hat die C... ihr Auskunftsbegehren im Vorprozess 3 U 19/81 OLG Köln in ein Feststellungsbegehren geändert. Jedoch steht der Klägerin nach dem oben Ausgeführten ein Auskunftsanspruch nicht zu, weil die Dienstbarkeit nichtig ist. III. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. C) Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 22.7.2005 (GA 223 ff) gibt dem Senat keine Veranlassung, die Verhandlung wiederzueröffnen. Die Annahme, die C... habe in zeitlicher Nähe zum Vorprozess, der durch Beschluss des OLG Köln vom 24.7.1981 ausgesetzt und dann nicht mehr weiterbetrieben worden ist, auf die kartellrechtliche Anmeldung des Vertrages endgültig verzichtet, wird durch den Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 22.7.2005 nicht erschüttert. Die Klägerin hatte sich über Vorgänge aus ihrer Sphäre vollständig zu erklären. Dazu gehörte auch die kartellrechtliche Anmeldung des Vertrages vom 19.11.1965 durch ihre Rechtsvorgängerin. Ihre Behauptung, der damalige Prozessbevollmächtigte der C... (Rechtsanwalt Dr. Dr. K.) habe "noch im Jahre 1981" die Anmeldung gegenüber der Kartellbehörde vorgenommen, ist unzureichend. Ihre diesbezüglichen Angaben sind unvollständig und pauschal geblieben. Ihr Antrag auf Einholung einer Auskunft bei "der Kartellbehörde" (welcher?) kann den erforderlichen Vortrag nicht ersetzen. Schriftverkehr oder sonstige Tatsachen über den Gang des Anmeldeverfahrens hat die Klägerin nicht vorgelegt. Unstreitig hat die Stadt Ü... als zweite Vertragspartnerin den Vertrag ebenfalls nicht angemeldet. Somit ist nach wie vor davon auszugehen, dass keine der Vertragsparteien der kartellrechtlichen Anmeldepflicht seinerzeit genügt hat. Soweit die Klägerin meint, dass ein Verzicht eine Verzichtsvereinbarung zwischen der C... und der Stadt Ü... vorausgesetzt hätte, verkennt sie, dass es nicht um einen Verzicht der C... auf ihre Vertragsrechte geht, sondern um einen Verzicht der Vertragsparteien auf die kartellrechtlich vorgeschriebene Anmeldung. Der Verzicht auf die kartellrechtliche Anmeldung ist keine empfangsbedürftige Willenserklärung, sondern eine einseitige Willensbetätigung, die sich im Streitfall für die C... und die Stadt Ü... aus ihrem diesbezüglichen langjährigen Untätigbleiben ergibt. An dieser Beurteilung vermögen die mit Schriftsatz der Klägerin vom 22.7.2005 vorgetragenen (späteren) Verhandlungen der Rechtsvorgänger der Parteien (am 16.8.1985 und 29.1.1986 sowie im Jahre 1998) nichts zu ändern. Bis zu diesen Zeitpunkten war die Dienstbarkeit bereits endgültig unwirksam geworden. Soweit sich die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 22.7.2005 erstmals auf Ansprüche aus Eigentum beruft, ist eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ebenfalls nicht veranlasst. Die Klägerin hat ihre Klage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nur auf Rechte aus der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit gestützt. Mithin liefe die Zulassung des neuen Angriffsmittels nach dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff auf eine Klageänderung hinaus. Die Voraussetzung für eine Klageänderung gemäß § 533 Nr. 1 und 2 ZPO sind indes nicht erfüllt. Schon deshalb ist eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach §§ 525, 156 Abs. 1 ZPO nicht angezeigt.

Ende der Entscheidung

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