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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 20.03.2006
Aktenzeichen: VI-3 Kart 160/06 (V)
Rechtsgebiete: GasNEV, EnWG, VwVfG, GasNZV


Vorschriften:

GasNEV § 3 Abs. 2
GasNEV § 3 Abs. 2 S. 2 Nr. 1
GasNEV § 19
GasNEV § 26
EnWG § 3 Nr. 20
EnWG § 6
EnWG § 59 Abs. 1
EnWG § 59 Abs. 1 S. 1
EnWG § 59 Abs. 1 S. 2
EnWG §§ 65 ff
EnWG § 68
EnWG § 68 Abs. 1
EnWG § 69
EnWG § 69 Abs. 1 Nr. 1
EnWG § 69 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
EnWG § 69 Abs. 7 S. 1
EnWG § 69 Abs. 10 S. 3
EnWG § 71
EnWG § 73 Abs. 1 S. 1
EnWG § 77 Abs. 3 Nr. 2
EnWG § 77 Abs. 3 Nr. 3
EnWG § 77 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
EnWG § 77 Abs. 3 S. 4
EnWG § 112 a
EnWG § 112 a Abs. 1
EnWG § 112 a Abs. 1 S. 1
EnWG § 112 a Abs. 1 S. 2
EnWG § 112 a Abs. 1 S. 3
GWB § 59 Abs. 1
GWB § 69 Abs. 1 Nr. 1
VwVfG § 35 S. 2, 1. Fall
VwVfG § 41 Abs. 3 S. 1
VwVfG § 41 Abs. 3 S. 2
VwVfG § 41 Abs. 4
GasNZV § 22 Abs. 3 S. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Antrag der Beschwerdeführerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde gegen die Verfügung der Bundesnetzagentur vom 21. Dezember 2005 (Nr. 98/2005 82 Fe Zusatzabfrage Gas/601c14.12.05) anzuordnen, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin ist Kommanditistin (Anteil 23,1 %) der N... GmbH & Co. KG (nachfolgend: N... KG). Die N... KG ist Eigentümerin einer Erdgasfernleitung von D... (Niedersachsen) nach S... (Sachsen-Anhalt), die sie ihren Gesellschaftern aufgrund von Verträgen für die Erbringung von Gastransportdiensten an Kunden zur Nutzung überläßt. Für die Beschwerdeführerin stehen insoweit die Einspeisepunkte in D.. und E... sowie der Ausspeisepunkt in S... zur Verfügung (BF 1a).

Nachdem die Bundesnetzagentur mit Verfügung vom 21.9.2005 (Vfg Nr. 63/2005; Amtsblatt der BNetzA 2005 , S. 1337, Anlage Ast 7) zunächst von den Betreibern von Gasversorgungsnetzen mit Ausnahme der Betreiber überregionaler Fernleitungsnetze, die ihre Entgelte nach den §§ 3 Abs. 2, 19 GasNEV bilden wollen, Auskünfte zur Durchführung des ersten Vergleichsverfahrens sowie zur Fertigung des Berichtes zur Anreizregulierung verlangt hatte, gab sie durch Mitteilung vom 30.11.2005 (Nr. 302/2005; Amtsblatt 2005, S. 1901) ihre Absicht bekannt, zur Datenerhebung für die Anreizregulierung auch Kosteninformationen von den letztgenannten Fernleitungsnetzbetreibern zu fordern. Am 21.12.2005 veröffentlichte sie in ihrem Amtsblatt eine Verfügung zur Datenerhebung für die Berichterstellung zur Anreizregulierung Gas mit folgendem Tenor:

1. Allen Betreibern von Gasversorgungsnetzen im Sinne des § 3 Nr. 20 EnWG wird aufgegeben, die in Kapitel 1 der Datenliste in Anlage 1 angeforderten Angaben unter Berücksichtigung der Datendefinition in Anlage 2 zu diesem Auskunftsverlangen spätestens bis zum 6.2.2006 an die Bundesnetzagentur zu übermitteln.

Betreibern von überregionalen Gasfernleitungsnetzen, die Entgelte nach § 3 Abs. 2 der Verordnung über die Entgelte für den Zugang zu Gasversorgungsnetzen (GasNEV) bilden, wird zudem aufgegeben, die in Kapitel 2 der Datenliste in Anlage 1 angeforderten Angaben unter Berücksichtigung der Datendefinitionen in Anlage 2 zu diesem Auskunftsverlangen spätestens bis zum 6.2.2006 an die Bundesnetzagentur zu übermitteln.

Für die Erteilung der Auskünfte haben die unter Ziffer 1 und Ziffer 2 genannten Netzbetreiber das Datenerfassungsprogramm zu verwenden, das auf der Internetseite der Bundesnetzagentur...zum Download bereit gestellt wird

...

Diese Entscheidung gilt mit dem auf die Veröffentlichung im Amtsblatt der Bundesnetzagentur folgenden Tag als bekannt gegeben.

(Die genannten Anlagen 1 und 2 sind veröffentlicht und abrufbar auf der Internetseite der Bundesnetzagentur unter der Adresse....).

Im Anschluss an den Tenor folgte die Begründung der Verfügung. Zusätzlich gab die Netzagentur das gesamte Auskunftsverlangen einschließlich der Anlagen 1 und 2 auf ihrer Internetseite bekannt.

Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer am 23.1.2006 bei der Bundesnetzagentur eingegangenen sofortigen Beschwerde. Sie meint, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung bestünden und die Vollziehung eine unbillige Härte für sie bedeuten würde. Im Hinblick hierauf beantragt sie,

die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde anzuordnen.

Die Bundesnetzagentur beantragt,

den Antrag abzulehnen.

II.

Der Antrag der Beschwerdeführerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde gegen das Auskunftsverlangen der Bundesnetzagentur vom 21.12.2005 anzuordnen, ist unbegründet. Weder bestehen an der angefochtenen Verfügung ernstliche Zweifel im Sinne des § 77 Abs. 3 Nr. 2 EnWG, noch hätte die Vollziehung für die Beschwerdeführerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne des § 77 Abs. 3 Nr. 3 EnWG zur Folge.

1. Gemäß § 77 Abs. 3 S. 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 2 EnWG ist die aufschiebende Wirkung der Beschwerde anzuordnen, wenn an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung ernstliche Zweifel bestehen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin sind diese Voraussetzungen im Streitfall nicht erfüllt.

a) Das Auskunftsverlangen ist gegenüber der Beschwerdeführerin wirksam bekannt gegeben worden. Rechtsgrundlage der Auskunftsverfügung sind die §§ 112 a, 68, 69 Abs. 1 Nr. 1 EnWG. Die Auskünfte dienen zur Vorbereitung des Berichts der Bundesnetzagentur an die Bundesregierung für ein Konzept der Anreizregulierung (§ 112 a Abs. 1 S. 1 und 2, § 21 a EnWG). Gemäß § 112 a Abs. 1 S. 3 EnWG stehen der Bundesnetzagentur dabei die "Ermittlungsbefugnisse nach diesem Gesetz" zu. Die Bundesnetzagentur kann gemäß § 68 Abs. 1 EnWG alle erforderlichen Ermittlungen führen und Beweise erheben. Zu ihren Ermittlungsmöglichkeiten gehört auch, Auskünfte von Unternehmen der Energiewirtschaft über ihre technischen und wirtschaftlichen Verhältnisse einzuholen (vgl. § 69 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EnWG). Dabei unterliegt das Auskunftsverlangen nicht den besonderen formellen Anforderungen des in Abschnitt 1, Teil 8 EnWG geregelten behördlichen Verfahrens. Abweichend von § 69 Abs. 7 S. 1, § 59 Abs. 1 S. 1 EnWG bestimmt § 59 Abs. 1 S. 2 EnWG, dass Entscheidungen über die Datenerhebung zur Erfüllung von Berichtspflichten nicht durch einen Beschluss der Beschlusskammern getroffen werden müssen. Zu jenen Berichtspflichten gehört auch die Berichtspflicht der Bundesnetzagentur nach § 112 a EnWG. Dass es dabei um die Erfüllung eigener Berichtspflichten der Netzagentur geht, steht nicht entgegen. Für ein diesbezüglich eingeschränktes Verständnis gibt der Wortlaut des § 59 Abs. 1 EnWG nichts her. Mit den eingeschränkten formellen Anforderungen an das Auskunftsverlangen wollte der Gesetzgeber ersichtlich den Bedürfnissen der Praxis Rechnung tragen. In diesem Lichte ist auch § 112 a Abs. 1 S. 3 EnWG zu interpretieren, der der Netzagentur für die Zwecke des bis zum 1.7.2006 zu erstellenden Berichtes in umfassender Weise alle Ermittlungsbefugnisse nach dem EnWG einräumt, ohne eine Bindung an die besonders geregelten Förmlichkeiten des behördlichen Verfahrens nach §§ 65 ff EnWG auszusprechen. Insbesondere die nach § 73 Abs. 1 S. 1 EnWG vorgeschriebene Zustellung von Entscheidungen nach den Bestimmungen des Verwaltungszustellungsgesetzes gilt danach hier nicht. Das ergibt sich auch mit Blick auf die Gesetzesbegründung, wo es zu § 69 EnWG heißt (Bundestags-Drucks. 15/3917, Seite 71):

"Die Bestimmung entspricht § 59 Abs. 1 GWB-E. Außerhalb konkreter Verwaltungsverfahren hat die Regulierungsbehörde die Befugnisse nach Absatz 10."

(Hervorhebung durch den Senat)

In § 69 Abs. 10 S. 3 EnWG ist wiederum (nur) geregelt, dass die §§ 68, 71 und 69 entsprechend gelten; § 73 Abs. 1 S. 1 EnWG wird hingegen nicht für anwendbar erklärt. Danach soll also außerhalb konkreter Verwaltungsverfahren eine förmliche Zustellung nach dem Verwaltungszustellungsgesetz nicht erforderlich sein. Dass für das Auskunftsverlangen im Zusammenhang mit dem Berichtsauftrag nach § 112 a EnWG - einer allgemeinen Verwaltungsaufgabe - etwas anderes zu gelten hätte, ist nicht anzunehmen. Vielmehr gelten insoweit (lückenfüllend) die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG).

Bei dem angefochtenen Auskunftsverlangen handelt es sich um eine (personenbezogene) Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 S. 2, 1. Fall VwVfG. Nach § 41 Abs. 3 S. 1, 2 VwfG darf eine Allgemeinverfügung auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist. Letzteres war hier der Fall. Untunlich bedeutet, dass die individuelle Bekanntgabe an eine große Zahl Beteiligter bzw. Betroffener wegen der Natur des in Frage stehenden Verwaltungsaktes nicht möglich oder jedenfalls mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden wäre (vgl. VGH Mannheim NVwZ 1989, 978, 980; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. § 41 Rn. 48). Im Streitfall war das Auskunftsverlangen rund 750 Betreibern von Gasnetzen bekanntzugeben. Zwar soll allein der Umstand, dass die Bekanntgabe an eine große Zahl Beteiligter bzw. Betroffener einen erheblichen Verwaltungsaufwand verursachen würde, die öffentliche Bekanntgabe nicht rechtfertigen (vgl. hierzu Kopp/Ramsauer a.a.O.). Vorliegend kommen jedoch die Fristgebundenheit des gesetzlichen Berichtsauftrags nach § 112 a EnWG und die damit zusammenhängende Eilbedürftigkeit des Auskunftsverlangens sowie der Umstand hinzu, dass die Netzagentur bei Erlass der Auskunftsverfügung nicht wissen konnte, wie weit die nach dem EnWG zeitgleiche Entflechtung der vertikal integrierten Gasversorgungsunternehmen gemäß §§ 6 EnWG im Einzelfall vorangeschritten war. Der Rückgriff auf das Mittel der Allgemeinverfügung, die die Bestimmbarkeit der Adressaten genügen lässt und eine öffentliche Bekanntgabe erlaubt, war daher naheliegend, wenn nicht sogar geboten.

Gemäß § 41 Abs. 4 VwVfG wird die öffentliche Bekanntgabe eines schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsaktes dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. Zum verfügenden Teil gehören der Entscheidungssatz, die Angabe der Behörde, die entschieden hat, und die Bezeichnung der Adressaten bzw. der sonst Betroffenen. Sämtliche Elemente enthielt die angefochtene Verfügung. Das gilt auch für den Entscheidungssatz, der zum Gegenstand hat, die in Kapitel 1 bzw. 2 der Datenliste in Anlage 1 angeforderten Angaben unter Berücksichtigung der Datendefinitionen in Anlage 2 zu dem Auskunftsverlangen bis zum 6.2.2006 an die Bundesnetzagentur zu übermitteln. Damit waren der Kern des Gebots ausgesprochen und die Anstoßfunktion der Bekanntgabe erfüllt, um jedem Netzbetreiber die Möglichkeit seiner Betroffenheit vor Augen zu führen (vgl. hierzu BVerwGE 67, 206 f; 55, 369, 376), so dass im Übrigen auf die auf der Internetseite der Netzagentur veröffentlichten Anlagen verwiesen werden konnte (§ 41 Abs. 4 S. 2 VwVfG). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass das Energiewirtschaftsrecht sowohl für die Regulierungsbehörde als auch für die Netzbetreiber von einem umfassenden Einsatz des Internets ausgeht und dementsprechend die Existenz eigener Internetseiten als selbstverständlich voraussetzt (vgl. nur § 74 EnWG; § 20 Abs. 1, 2, § 21 Abs. 1, § 22 Abs. 1, 3 S. 4, § 43 Abs. 4 GasNZV; § 17, § 21 Abs. 1, § 27 Abs. 1 und 2 GasNEV; § 17 Abs. 1 StromNZV; § 27 Abs. 1 StromNEV). Im Hinblick hierauf dürfte die Veröffentlichung des vollständigen Auskunftsverlangens auf der Internetseite der Bundesnetzagentur überdies eine (zusätzliche) ortsübliche Bekanntmachung i.S.d. § 41 Abs. 4 VwVfG darstellen. Die Zulässigkeit dieser Form der Bekanntgabe wird bestätigt durch § 22 Abs. 3 S. 4 GasNZV, wonach für die dort geregelte Festlegung eine Bekanntgabe der Allgemeinverfügung auf der Internetseite der Bundesnetzagentur ausdrücklich vorgesehen ist.

b) Die Netzagentur hat das Auskunftsverlangen zu Recht auf § 69 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 112 a Abs. 1 S. 3 EnWG gestützt.

aa) Die Beschwerdeführerin hat der Netzagentur mit Schreiben vom 2.1.2006 mitgeteilt, dass sie nach ihrer Ansicht die Kriterien des § 3 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 GasNEV erfülle und beabsichtige, die Netzentgelte nach Maßgabe des § 19 GasNEV wettbewerbsorientiert zu bilden (BF 15). Im Hinblick hierauf macht sie geltend, dass die nach § 112 a Abs. 1 EnWG zu entwickelnde Anreizregulierung (§ 21 a EnWG) kostenorientiert sei und sie daher von dem Auskunftsverlangen nicht betroffen sein könne. Dem folgt der Senat nicht.

Gemäß § 112 a Abs. 1 S. 3 EnWG stehen der Netzagentur für die Berichterstellung zur Anreizregulierung die Ermittlungsbefugnisse nach dem EnWG zu, einschließlich der umfassenden Befugnis, gemäß § 69 Abs. 1 Nr. 1 EnWG von "Unternehmen und Vereinigungen von Unternehmen" Auskünfte zu verlangen. Der Wortlaut des § 69 Abs. 1 Nr. 1 GWB differenziert nicht nach dem Unternehmensgegenstand und ebenso wenig danach, nach welchem Prinzip die Entgeltregulierung bei den Unternehmen erfolgen wird. Zwar kann nach allgemeinen Grundsätzen der verfolgte Zweck einer Datenerhebung den Kreis der auskunftspflichtigen Personen beschränken; denn die Datenerhebung als eine die Netzbetreiber belastende Maßnahme darf kein reiner Selbstzweck sein. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist die Beschwerdeführerin indes nicht aus dem Kreis der auskunftspflichtigen Personen auszunehmen.

Die der Netzagentur nach § 112 a Abs. 1 EnWG für die Datenerhebung zur Verfügung stehenden Befugnisse werden maßgebend durch das Datenerhebungsziel und die daran zu messende Erforderlichkeit der - sowohl insgesamt als auch im Einzelnen - verlangten Auskünfte bestimmt. Insoweit ist ein großzügiger Maßstab anzulegen. Das Auskunftsverlangen ist ein wesentliches Hilfsmittel für die Berichtstätigkeit der Netzagentur nach § 112 a EnWG, an deren Ende nach dem Willen des Gesetzgebers ein tragfähiges und umsetzbares, das heißt in der Praxis einsatzfähiges Regulierungskonzept stehen muss. Grundsätzlich entscheidet daher die Netzagentur darüber, ob und welche Maßnahmen zur Erfüllung der Berichtspflicht in Betracht kommen und zu ergreifen sind. Der ihr hierbei einzuräumende Ermessensspielraum ist notwendigerweise weit gespannt. Die Netzagentur kann in diesem frühen Stadium nicht wissen, welchen Verlauf die Konzepterarbeitung nehmen und welche Ergebnisse sie hervorbringen wird. Allein die Aufgabenstellung - die Erarbeitung eines neuen Konzeptes zur kostenorientierten Regulierung für alle Betreiber von Gasversorgungsnetzen auf allen Netzebenen - bringt es mit sich, dass der Netzagentur eine sehr breite Datenbasis auswertbar zur Verfügung stehen muss, um möglichst alle relevanten Strukturmerkmale zu berücksichtigen und die Vergleichbarkeit der Unternehmen in einem sog. Benchmarking herstellen zu können. Für die Geltung einer Regulierungsperiode sollen den Netzbetreibern (erstmalig) Obergrenzen für ihre Netzzugangsentgelte gesetzt werden. Die Obergrenzen können sich auf die Höhe der Netzentgelte oder auf die Gesamterlöse aus den Netzentgelten beziehen (§ 21 a Abs. 2 S. 1 EnWG). Die Effizienzvorgaben werden als Effizienzziele festgelegt, die auf einem Effizienzvergleich beruhen. Hierfür müssen die bestehende Effizienz der konkreten Netzbetriebe, die strukturellen Unterschiede und weitere gesetzlich näher bestimmte Umstände berücksichtigt werden (vgl. § 21 a Abs. 5 S. 1 EnWG). Es leuchtet ein, dass der durch das EnWG vorgegebene komplexe Effizienzvergleich nur dann aussagekräftig durchgeführt werden kann, wenn die strukturellen Gegebenheiten der betroffenen Gasnetze erschöpfend ermittelt worden sind. Dazu sind, wie von der Netzagentur plausibel dargelegt, gerade auch die Faktoren festzustellen, die Kostenunterschiede verursachen und unterschiedliche strukturelle Gegebenheiten aufzeigen (Ermittlung der Kostentreiber im Einzelfall). Diesbezüglich relevante Strukturdaten und Kosteninformationen werden in der Anlage 1 zum Auskunftsverlangen abgefragt. Je lückenloser das diesbezügliche Datenmaterial erhoben wird, desto belastbarer wird am Ende das Regulierungskonzept sein. Je sorgfältiger und umfassender die Kostenstrukturen ausgeleuchtet werden, um so eher wird die Anreizregulierung dem einzelnen Netzbetreiber gerecht werden und um so eher wird das Regulierungskonzept im Sinne des § 112 a Abs. 1 S. 2 EnWG umsetzbar sein. Der Erstellung eines solchermaßen tragfähigen Regulierungskonzeptes liegen in hohem Maße planerische und prognostische Elemente zu Grunde. Das hierfür Notwendige abzuschätzen, gehört zu den originären Aufgaben der Bundesnetzagentur. Ähnlich wie bei der Ermittlungstätigkeit der Kartellbehörden (vgl. hierzu OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 1179, 1180; 677, 678) kann das Beschwerdegericht ein auf § 112 a Abs. 1 S. 3 EnWG gestütztes Auskunftsverlangen der Netzagentur daher nur daraufhin überprüfen, ob die Netzagentur die Erforderlichkeit der verlangten Auskünfte mit vertretbaren Erwägungen angenommen hat. Letzteres war vorliegend der Fall, auch in Bezug auf den durch die Verfügung vom 21.12.2005 gezogenen Kreis der auskunftspflichtigen Netzbetreiber. Nach den gut nachvollziehbaren Darlegungen der Bundesnetzagentur würde es die Basis des zu entwickelnden Regulierungskonzeptes unsachgemäß schmälern, wenn die Datenerhebung für die Unternehmen, die ihre Entgelte nach wettbewerblichen Maßstäben kalkulieren wollen, unterbleiben würde. Allein die fünf größten Netzbetreiber, die für sich in Anspruch nehmen, einem Leitungswettbewerb ausgesetzt zu sein, besitzen ca. 71 % der Gesamtleitungslänge aller Hochdruckleitungen. Insgesamt erscheint es daher angezeigt, den gesamten Gasdurchleitungsmarkt in Bezug auf die vorhandene Kostenstruktur auszuleuchten, unabhängig davon, ob es sich um Fernleitungsnetze, Gasverteilernetze oder sonstige Gasversorgungsnetze handelt oder die Betreiber sich für eine wettbewerbsorientierte Entgeltbildung entschieden haben. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass auch die Betreiber von Fernleitungsnetzen grundsätzlich der kostenorientierten Anreizregulierung unterliegen und das wettbewerbsorientierte Verfahren nach §§ 19, 26 GasNEV ihnen nur zur Verfügung steht, sofern sie die Voraussetzungen erfüllen. Das übersieht die Beschwerdeführerin, wenn sie zur Begründung ihres Standpunktes auf die mangelnde Vergleichbarkeit überregionaler Gasfernleitungsnetze mit anderen Gasversorgungsnetz verweist und darauf, dass lediglich die Kostendaten einer "sehr kleinen Zahl von Netzen" fehlen würde, wenn die in Deutschland vorhandenen Fernleitungsnetze außer Acht gelassen würden. Vielmehr dürfte es sogar geboten sein, das Auskunftsverlangen auf die im Wettbewerb stehenden Betreiber überregionaler Fernleitungsnetze zu erstrecken. Auch für diese Betreiber muss ein tragfähiges Konzept zur Durchführung der Anreizregulierung entwickelt und bereitgehalten werden. Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin führt all dies nicht zu einem unzulässigen "Enqueterecht" der Netzagentur. Das Auskunftsverlangen nach §§ 112 a Abs. 1 S. 3, 69 Abs. 1 Nr. 1 EnWG ist und bleibt zweckgebunden und eröffnet der Netzagentur nur die hierfür nach dem EnWG vorgesehenen Befugnisse.

bb) Die Beschwerdeführerin meint, dass die verlangten Daten teilweise nicht erforderlich seien: Die Netzagentur frage nur die physikalisch erbrachte Leistung ab, ohne die "vertraglich nominierten Mengen" zu berücksichtigen. Auch seien eine Reihe weiterer abgefragter Punkte (z. B. Leckagen, Speichernutzung) für die Vorbereitung der Anreizregulierung wenig aussagekräftig, weil sich die Unternehmen z. B. durch Fusionen verändert hätten. Mit ihrer Kritik kann die Beschwerdeführerin indes keinen Erfolg haben, weil sie lediglich ihr eigenes Ermessen an die Stelle des Entschließungsermessens der Netzagentur setzt, ohne die Unvertretbarkeit der Ermessensausübung durch die Netzagentur aufzuzeigen. Erneut ist an den auch gerichtlich zu respektierenden Ermessensspielraum der Netzagentur zu erinnern, den sie - soweit ersichtlich - nicht überschritten hat. Die von der Beschwerdeführerin gerügten Abfragen erscheinen für die Zwecke der Berichterstattung nach § 112 a EnWG jedenfalls nicht unsachgemäß.

cc) Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die Forderung nach Kostendaten gemäß den Kategorien der Gasnetzentgeltverordnung das Problem der Umrechnung bestehender Kostendaten aufwerfe; die Umrechnung werde einen erheblichen Aufwand erfordern. Dass die Umrechung indes objektiv unmöglich wäre, zeigt sie nicht auf. Sofern die Umrechnung tatsächlich sehr aufwendig sein sollte, ist dies von ihr im Ausgangspunkt grundsätzlich hinzunehmen (vgl. KG WuW/E OLG 2607 - "Haribo"; WuW/E OLG 3721, 3722 - "Coop-Wandmaker"; Klaue in Immenga/Mestmäcker, GWB , 3. Aufl., § 59 GWB Rn. 21). Im Einzelfall notwendige Erleichterungen können ihr noch im Zuge der Auskunftserteilung seitens der Netzagentur bewilligt werden.

Die von der Netzagentur gesetzte Erledigungsfrist begründet für sich gesehen keine Unzumutbarkeit. Die Beschwerdeführerin verweist darauf, dass die Netzagentur die Datenerhebung schon früher hätte ankündigen können. In ihrer ersten Auskunftsverfügung vom 21.9.2005 habe sie von einer Datenabfrage bei Betreibern von überregionalen Fernleitungsnetzen, die im Wettbewerb stehen und keiner kostenorientierte Entgeltregulierung unterliegen, abgesehen. All dies kann sie der Netzagentur jedoch nicht mit Erfolg entgegenhalten. Entscheidend ist, ob die Frist des angefochtenen Auskunftsverlangens für die Beschwerdeführerin nach objektiven Maßstäben unangemessen gewesen, nicht aber, ob die Netzagentur das Verfahren hätte effizienter durchführen können. Im Übrigen legt die Beschwerdeführerin nicht im Einzelnen vollständig und in sich geschlossen dar, aus welchen Gründen ihr eine Einhaltung der Frist unzumutbar war und auf welche Weise sie die schon verstrichene Zeit unter Anspannung ihrer personellen und finanziellen Kräfte genutzt hat.

2. Gemäß § 77 Abs. 3 S. 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 3 EnWG ist die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ebenfalls anzuordnen, wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Eine für die Beschwerdeführerin unbillige Härte ist mit der Vollziehung der Auskunftsverfügung jedoch nicht verbunden.

Ende der Entscheidung

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