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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 14.03.2007
Aktenzeichen: VI-3 Kart 408/06 (V)
Rechtsgebiete: StromNZV, EnWG, VwVfG


Vorschriften:

StromNZV § 22
StromNZV § 27 Abs. 1
StromNZV § 27 Abs. 1 Nr. 11
EnWG § 1
EnWG § 1 Abs. 1
EnWG § 1 Abs. 2
EnWG § 1 Abs. 3
EnWG § 3 Nr. 38
EnWG §§ 7 ff
EnWG §§ 20 ff
EnWG § 20 Abs. 1
EnWG § 21 Abs. 1
EnWG § 24
EnWG § 24 Satz 1
EnWG § 24 Satz 1 Nr. 1
EnWG § 24 Satz 1 Nr. 2
EnWG § 24 Satz 2 Nr. 1
EnWG § 24 Satz 2 Nr. 2
EnWG § 29
EnWG § 29 Abs. 1
EnWG § 30 Abs. 1 Satz 1
EnWG § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
EnWG § 30 Abs. 2
EnWG § 38
VwVfG § 35 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die gegen den Beschluss der Beschwerdegegnerin vom 11.07.2006 (BK6 - 06-009, Amtsblatt BNA 14/2006, S. 1911 ff, Vfg. Nr. 33/2006) gerichtete sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin vom 31.08.2006 wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen außergerichtlichen Auslagen der Beschwerdegegnerin zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 50.000 EURO.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin ist ein wirtschaftlich eigenständiges Energie- und Wasserversorgungsunternehmen und gibt an ihre ca. 560.000 Kunden ca. 7.300 Millionen kWh Strom im Jahr ab. Sie ist Grundversorger im Netzgebiet der allgemeinen Versorgung und sichert die Ersatzversorgung gegenüber den Haushaltskunden in ihrem Netzgebiet.

Am 22.2.2006 veröffentlichte die Bundesnetzagentur den Entwurf einer Festlegung zur Vorgabe einheitlicher Geschäftsprozesse und Datenformate bei der Belieferung von Kunden mit Elektrizität (Amtsblatt BNA 4/2006 Seite 711).

Mit Beschluss vom 11.7.2006 hat die Bundesnetzagentur die streitgegenständliche Festlegung erlassen (BK6 - 06-009, Amtsblatt BNA 14/2006 vom 19.7.2006, S. 1911 ff, Vfg. Nr. 33/2006). Darin bestimmte sie in Ziffer 1 i.V.m. der Anlage einheitliche Geschäftsprozesse (Lieferantenwechsel, Lieferende, Lieferbeginn, Ersatzversorgung, Zählerstand-/Zählwertermittlung, Netznutzungsabrechnung, Stammdatenänderung, Geschäftsdatenanfrage) zur Anbahnung und zur Abwicklung der Netznutzung bei der Belieferung von Letztverbrauchern mit Elektrizität. In Ziffer 2 und 3 werden die entsprechenden Datenformate einheitlich für alle Netzbetreiber bestimmt. Ziffer 4 enthält Übergangsfristen. Ziffer 5 sieht eine Ausnahme von der zwingenden Verwendung des festgelegten Datenformats und der festgelegten Nachrichtenformate vor. Ziffer 6 enthält eine zweite Ausnahme für eine mit dem Betreiber eines Elektrizitätsversorgungsnetzes verbundene Vertriebsorganisation. Zu den Einzelheiten der Festlegung wird auf den Inhalt des Beschlusses einschließlich der zugehörigen Anlagen Bezug genommen.

Gegen diese Festlegung wendet sich die Beschwerdeführerin mit dem Antrag,

den Beschluss der Beschwerdegegnerin vom 11.07.2006 (BK6 - 06-009, Amtsblatt BNA 14/2006, S. 1911 ff, Vfg. Nr. 33/2006) aufzuheben.

Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, nach § 27 Abs. 1 StromNZV könne die Regulierungsbehörde Festlegungen nur zur Verwirklichung eines effektiven Netzzugangs und zur Verwirklichung der in § 1 Abs. 1 EnWG genannten Zwecke erlassen. Die Beschwerdegegnerin stütze sich indessen auf Erwägungen, die der Verwirklichung der Ziele des § 1 Abs. 2 EnWG dienten. Im einzelnen:

1.

Die Festlegung zu dem Geschäftsprozess "Ersatzversorgung" sehe gemäß Ziff. 1 i.V.m. der Anlage II. 4 (S. 64, lfd. Nr. 7) vor, dass der Grundversorger innerhalb von fünf Werktagen auf die Meldung des Netzbetreibers über eine Abmeldung des Kunden antworte. Zum einen hätte die Beschwerdegegnerin darlegen müssen, weshalb die Frist für einen effizienten Netzzugang und zur Verwirklichung der Ziele des § 1 Abs. 1 EnWG erforderlich sei. Zum anderen sei die Frist nicht ausreichend bemessen.

2.

Abwägungsfehlerhaft seien auch die Festlegung des Datenformats EDIFACT (Ziff. 2) sowie die Umsetzungsfrist für die EDIFACT-Nachrichtentypen. Die Festlegung erfasse sowohl externe als auch (bei vertikal integrierten Unternehmen) interne Geschäftsprozesse. Die Ausnahmeregelung in Ziff. 6 sei aufgrund ihrer engen Voraussetzungen und der Befristung nicht ausreichend, um die Nachteile für die betroffenen Unternehmen in einer den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrenden Weise zu kompensieren.

Die Festlegung schreibe das Datenformat EDIFACT vor, obwohl das CSV-Format bislang die größte Verbreitung gefunden habe. Auch habe die Beschwerdegegnerin in anderem Zusammenhang festgestellt, dass andere Datenformate offenbar noch effizienter seien.

Eine ordnungsgemäße Abwägung fehle auch bei der Festlegung der Umsetzungsfrist, nämlich zu der Frage, welcher Zeitraum für die Umsetzung der erforderlichen Schritte notwendig sei.

Die Festlegung des EDIFACT-Datenformats ohne dauerhafte Ausnahmebestimmung für die internen Prozesse vertikal integrierter Unternehmen führe zu erheblichen finanziellen Belastungen dieser Unternehmen. Die Beschwerdeführerin nutze bislang das 1-Mandantensystem mit einer gemeinsamen Datenhaltung für die Abrechnung sowohl der Netznutzung als auch des Energieverbrauchs. Die Implementierung eines 2-Vertragssystems mit gesonderter Datenhaltung für den Netzbereich und den Vertrieb sei nahezu abgeschlossen. Dadurch entstünden der Beschwerdeführerin bereits erhebliche Mehraufwendungen.

Die Einführung dieses Datenformats zum 02.10.2009 auch für den internen Datenaustausch erfordere einschneidende Systemumstellungen. Namentlich die Einführung des 2-Mandantensystems würde immense Zusatzkosten erfordern. Dabei hätte die Auflage an die Unternehmen ausgereicht, das bislang genutzte System diskriminierungsfrei gegenüber allen Zugangspetenten zu verwenden. Die unter Ziff. 6 vorgesehene Option, andere als die in Ziff. 2 und 3 vorgesehenen Datenformate zu verwenden, könne den unzulässigen Grundrechtseingriff nicht kompensieren, da diese Sonderlösung nur für die interne Kommunikation möglich sei und den vertikal integrierten Unternehmen auch nur befristet eingeräumt werde.

Außerdem sei die unter Ziff. 6 S. 5 angeordnete Nachweispflicht nicht mehr von der Ermächtigungsgrundlage des § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV gedeckt. Es handele sich um ein eigenständiges genehmigungsähnliches Verwaltungsverfahren, das nicht als materielle Vorgabe zu Fristen, Formaten oder Geschäftsprozessen eingeordnet werden könne. Die Festlegung sei auch nur zur Verwirklichung der Ziele des § 1 Abs. 1 EnWG möglich, nicht als Instrument zur Sicherung eines diskriminierungsfreien Netzzugangs.

Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, ihre Festlegungsbefugnis werde durch die Formulierung der Vorschrift des § 27 Abs. 1 StromNZV nicht in der Weise begrenzt, dass die Regelungen unter § 1 Abs. 2 und 3 EnWG nicht beachtet werden dürften. Diese Vorschriften ständen nicht in Konkurrenz zu der Vorschrift des § 1 Abs. 1 EnWG.

1.

Die Antwortfrist von fünf Werktagen bei dem Geschäftsprozess "Ersatzversorgung" sei ausreichend. Diese Frist sei bereits in der von VDEW und VDN gemeinsam entwickelten DuM - Richtlinie Kapitel 5 im November 2005 vorgesehen. Alle anderen Marktteilnehmer betrachteten die Frist als angemessen. Grund hierfür sei, dass ein von der Beschwerdeführerin entworfenes Prüfprogramm mit Recherchen bei dem Grundeigentümer weder rechtlich erforderlich noch praxisrelevant sei.

2.

In der Beschlussbegründung sei ausführlich dargestellt, weshalb das Datenformat EDIFACT gegenüber den CSV- und XML-Formaten vorzugswürdig sei. Dies gelte auch für die Angemessenheit der Umsetzungsfrist.

3.

Die Regelung unter Ziff. 6 beruhe auf einem umfangreichen Konsultationsprozess zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft, der Beschwerdegegnerin und verschiedenen Verbänden der Energiewirtschaft. Die Regelung berücksichtige die widerstreitenden Interessen hinreichend.

Die von der Beschwerdeführerin erbetene Möglichkeit, die bislang genutzten Systeme diskriminierungsfrei allen Zugangspetenten gegenüber zu verwenden, sei ausdrücklich unter Ziff. 5 vorgesehen. Ein Wechsel der IT-Systeme sei damit nicht notwendig verbunden. Dritten könne ein Zugriffsrecht an dem gemeinsamen Datenpool gewährt werden. Die Beibehaltung struktureller Effizienzvorteile vertikal integrierter Versorgungsunternehmen könne indessen nicht dauerhaft hingenommen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Schriftsätze der Parteien einschließlich Anlagen und die zur Information beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist aus den mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung im einzelnen erörterten Gründen unbegründet. Die Bundesnetzagentur stützt die Regelungen unter den Ziffern 1 bis 6 der Festlegung zu Recht auf die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV.

1. Gestützt u. a. auf § 24 Satz 1 Nrn. 1 und 2 i.V.m. Satz 2 Nrn. 1, 2 und 3 sowie auf Satz 3 Nr. 1 EnWG hat die Bundesregierung die Stromnetzzugangsverordnung (StromNZV) erlassen.

§ 24 S. 1 und Satz 2 Nr. 2 EnWG ermächtigt die Bundesregierung, die Rechte und Pflichten der Beteiligten, insbesondere die Zusammenarbeit und Pflichten der Betreiber von Energieversorgungsnetzen, einschließlich des Austauschs der erforderlichen Daten und der für den Netzzugang erforderlichen Informationen, einheitlich festzulegen.

Dass sich § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV im Rahmen dieser Ermächtigung verhält, unterliegt keinem Zweifel. Mit dem Erlass der Ziffern 1, 2, 3 und 6 der Festlegung hat die Bundesnetzagentur auch die Ermächtigung des § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV eingehalten.

a) Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV kann die Regulierungsbehörde Festlegungen treffen zu bundeseinheitlichen Regelungen zum Datenaustausch zwischen den betroffenen Marktteilnehmern, insbesondere zu Fristen, Formaten sowie Prozessen, die eine größtmögliche Automatisierung ermöglichen.

Solche Regelungen enthalten die Ziffern 1, 2, 3 und 6 der Festlegung. Diese Regelungen der Festlegung verstoßen weder gegen Vorschriften des EnWG noch gegen die Grundrechte.

Dem Gesetzgeber standen bei der Normgebung verschiedene normative Mittel zu Gebote, um die in § 1 EnWG aufgezählten Ziele zu verwirklichen. Davon hat er umfassend Gebrauch gemacht.

Der Gesetzgeber hat in §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 EnWG im Rahmen von Generalklauseln angeordnet, dass die Bedingungen und Entgelte für den Netzzugang angemessen, diskriminierungsfrei, transparent und nicht ungünstiger sein dürfen, als sie von den Betreibern der Energieversorgungsnetze in vergleichbaren Fällen für Leistungen innerhalb des Unternehmens oder gegenüber verbundenen oder assoziierten Unternehmen angewendet oder in Rechnung gestellt werden.

Ferner hat er vertikal integrierte Energieversorgungsunternehmen und Netzbetreiber, die im Sinne von § 3 Nr. 38 EnWG mit einem vertikal integrierten Energieversorgungsunternehmen verbunden sind, zur Gewährleistung von Transparenz und diskriminierungsfreier Ausgestaltung und Abwicklung des Netzbetriebs verpflichtet (§ 6 Abs. 1 Satz 1 EnWG), und, um "dies" sicherzustellen, zur Entflechtung gemäß den §§ 7 ff EnWG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 EnWG).

Der Gesetzgeber hat weiterhin in § 30 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 EnWG den Betreibern von Energieversorgungsnetzen verboten, ihre Marktstellung zu missbrauchen insbesondere dadurch, dass sie Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unterschiedlich behandeln (= Unternehmen diskriminieren), und in § 30 Abs. 2 EnWG die Regulierungsbehörden ermächtigt, eine Zuwiderhandlung abzustellen und überdies den betroffenen Unternehmen ein Antragsrecht auf Überprüfung durch die Regulierungsbehörde eingeräumt (§ 31 EnWG).

Der Gesetzgeber hat außerdem die Bundesregierung in § 24 EnWG ermächtigt, Rechtsverordnungen zur einheitlichen Regelung der Netzzugangsbedingungen zu erlassen, und die Regulierungsbehörden in § 29 EnWG ermächtigt, durch Festlegungen gegenüber den Netzbetreibern Entscheidungen über die Bedingungen und Methoden für den Netzanschluss oder den Netzzugang nach den u.a. in § 24 EnWG genannten Rechtsverordnungen zu treffen.

Schließlich hat der Gesetzgeber flankierend Bußgeldbewehrungen eingeführt.

Generalverbot - Entflechtung - Missbrauchskontrolle - Delegation der konkretisierenden Regelungen auf die Bundesregierung und die Regulierungsbehörden - repressive Bußgeldbewehrung: alle diese Maßnahmen verfolgen dasselbe Ziel, nämlich die Zwecke - und zwar sämtliche Zwecke - des § 1 EnWG zu verwirklichen. Deswegen stehen sie rechtlich unabhängig nebeneinander und schließen sich gerade nicht aus, sondern ergänzen und unterstützen sich.

Mithin ist die Ansicht der Beschwerdeführerin schon im Ansatz unzutreffend, wonach die Regelungen der Festlegung rechtswidrig sein sollen, weil dies auch der Verwirklichung der in § 1 Abs. 2 EnWG genannten Ziele diene.

b) Bei der streitgegenständlichen Festlegung auf der Grundlage des § 29 Abs. 1 EnWG handelt es sich um eine Allgemeinverfügung im Sinne des § 35 S. 2 VwVfG. Danach ist eine Allgemeinverfügung ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft. Die Festlegung richtet sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmbaren Personenkreis, nämlich die Netzbetreiber. Die Netzbetreiber als Mitglieder dieses Personenkreises stehen zum Zeitpunkt der Entscheidung fest. Deren Kreis ist überschaubarer als etwa der Kreis derjenigen, die von einem Planfeststellungsbeschluss betroffen sein können. Die Vorschrift des § 35 S. 2 VwVfG zeigt auch, dass eine Regelung zur "Benutzung von Sachen" durch Allgemeinverfügung grundsätzlich möglich ist, auch wenn es sich bei den Versorgungsnetzen nicht um öffentliche Sachen handelt (so auch Burgi, Das subjektive Recht im Energie-Verwaltungsrecht, DVBl. 2006, 269, 273 ff).

Gegenüber der Einordnung der Festlegung als Allgemeinverfügung lässt sich nicht einwenden, auch die Allgemeinverfügung bleibe eine Einzelfallregelung, weil sie nicht abstrakt, sondern nur für einen konkreten Sachverhalt gelte, ansonsten handele es sich um eine Rechtsverordnung, zu deren Erlass es im EnWG an einer Ermächtigung fehle (Britz, Behördliche Befugnisse und Handlungsformen für die Netzregulierung nach neuem EnWG, RdE 2006, 1, 4 ff). Die streitgegenständliche Festlegung hat nicht abstrakten Charakter in dem Sinne, dass eine unbestimmte Vielzahl an Sachverhalten allgemein geregelt wird. Der von der Festlegung erfasste Lebenssachverhalt ist vielmehr konkret erfasst, nämlich die Belieferung der Kunden mit Elektrizität. Dieser Sachverhalt mag in einer großen Zahl auftreten. Die Regelungsmaterie ist aber beschränkt auf die Belieferung mit Elektrizität, nicht etwa auf eine abstrakte Vielzahl von Lieferfällen. Damit ist den Anforderungen an eine Allgemeinverfügung als einer konkret-generellen Regelung genügt.

c) Dieses Delegieren der Konkretisierungsbefugnis vom Gesetzgeber auf die Verwaltung (Bundesregierung, Bundesnetzagentur) wird auch der sogenannten Wesentlichkeitstheorie gerecht, wonach der Gesetzgeber - nur - alle Grundentscheidungen selbst in einem Gesetz regeln muss. Die Grundentscheidung zu dem Verbot der Diskriminierung hat der Gesetzgeber im EnWG umfangreich und an verschiedenen Stellen mit der Installation verschiedener sich ergänzender Instrumente getroffen, deren Konkretisierung und Realisierung u. a. durch die Rechtsverordnungen nach § 24 EnWG und durch Festlegungen nach § 29 EnWG erfolgt und auch erfolgen muss.

2. Im einzelnen:

a) Zu Ziffer 1 der Festlegung

Der Senat kann nicht feststellen, dass die Bundesnetzagentur ihr Festlegungsermessen fehlerhaft ausgeübt hätte; insbesondere beruht die Festlegung nicht auf einem Abwägungsdefizit.

Die Antwortfrist von fünf Werktagen bei dem Geschäftsprozess "Ersatzversorgung" ist ausreichend. Diese Frist ist nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beschwerdegegnerin bereits in der von VDEW und VDN gemeinsam entwickelten DuM - Richtlinie Kapitel 5 aus November 2005 vorgesehen. Alle anderen Marktteilnehmer, so die Beschwerdegegnerin, betrachteten die Frist als angemessen. Grund hierfür sei, dass ein von der Beschwerdeführerin entworfenes Prüfprogramm mit Recherchen bei dem Grundeigentümer weder rechtlich erforderlich noch praxisrelevant sei.

Das ist einleuchtend, denn die Ersatzversorgung nach § 38 EnWG kommt - worauf die Beschwerdegegnerin zu Recht hinweist - als gesetzliches Schuldverhältnis zustande und bedarf einer Bestätigung oder Prüfung durch den Grundversorger nicht. Zu dem Zeitpunkt, in dem der Grundversorger die Anfrage erhält, hat der Netzbetreiber bereits festgestellt, dass ein Letztverbraucher Energie bezieht, ohne dass dies einer bestimmten Lieferung oder einem Liefervertrag zugeordnet werden könnte. Der Grundversorger hat deshalb nicht umfangreich zu recherchieren, sondern nur zu klären, ob er den Energiebezug zuordnen kann oder ob ihm die Ersatzversorgung unzumutbar ist. Das ist in fünf Werktagen möglich.

b) Zu Ziffer 2

Auch diese Festlegung ist nach einer umfassenden Abwägung der Vor- und Nachteile der verschiedenen Datenformate zustande gekommen. Ein Abwägungsdefizit kann die Beschwerdeführerin auch in diesem Fall nicht aufzeigen. Die Beschwerdegegnerin weist zu Recht auf die umfangreiche Beschlussbegründung , S. 40 ff hin mit der ausführlichen und überzeugenden Darstellung, weshalb das Datenformat EDIFACT gegenüber den CSV- und XML-Formaten vorzugswürdig ist. Sämtliche dieser Gründe dienen den Zielen der effektiven Netznutzung und denen des § 1 Abs. 1 EnWG.

aa) Nach der unwidersprochen gebliebenen Begründung ist das Datenformat EDIFACT ein branchenübergreifender internationaler Standard. Das CSV-Format mag weiter verbreitet sein, ist aber nach der Begründung der Festlegung für Fehler anfälliger. Das Datenformat EDIFACT ist unbestritten im Automatisierungsgrad und in der Massengeschäftstauglichkeit überlegen. Für eine dauerhafte Beibehaltung des CSV-Formats hat sich zudem kein Marktteilnehmer ausgesprochen. Gegen das XML-Format spricht, dass es im Markt derzeit keine nennenswerte Anwendung findet, was einer zeitnahen Einführung entgegensteht. Insbesondere die Berücksichtigung des möglichen Automatisierungsgrades und der Massenmarkttauglichkeit bei einem internationalen Standard ist eine stichhaltige Begründung für die Auswahl des Datenformats EDIFACT gegenüber dem CSV-Format, für dessen dauerhafte Beibehaltung sich außerdem keiner der Marktteilnehmer ausgesprochen hat.

Auf eine nähere Begründung der von der Beschlusskammer angeführten größeren Fehleranfälligkeit des CSV-Formats kommt es danach nicht mehr an.

bb) Auch der Einwand der Beschwerdeführerin, die in Ziffer 4 der Festlegung enthaltenen Umsetzungsfristen seien zu kurz, die Bundesnetzagentur habe bei der Bemessung fehlerhafte Erwägungen angestellt, ist nicht begründet.

Gemäß Ziffer 4 a hat die Abwicklung des Datenaustauschs nach Ziffer 1 und Ziffer 2 für die Nachrichtentypen in Ziffer 3 Nr. (1) bis (5) ab dem 1.8.2007 zu erfolgen, nach Ziffer 4 b sind die Nachrichtentypen nach Ziffer 3 Nr. (6) und (7) ab dem 1.10.2007 umzusetzen. Diese Fristen erscheinen nicht unangemessen. Für ihren gegenteiligen Standpunkt legt die Beschwerdeführerin nichts Konkretes dar. Sie behauptet nur pauschal hohe Kosten und einen hohen zeitlichen Aufwand. Nähere Ausführungen macht sie hierzu jedoch nicht, insbesondere weist sie nicht nach, welche eigenen Bemühungen sie zur Umsetzung bereits unternommen hat.

c) Ziffer 6 der Festlegung betrifft den "Datenaustausch" im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV.

aa) Zur Klarstellung: Mit dem "Datenaustausch" ist nicht nur die Konstellation gemeint, bei der ein Marktteilnehmer eigene Informationen an den Netzbetreiber übermittelt und dieser umgekehrt eigene Informationen zurücksendet, es also zu einem Austausch von Informationen kommt. Nach dem Zweck der Vorschrift ist der Begriff "Datenaustausch" weiter. Er erfasst auch den Austausch von Informationen zwischen verbundenen Unternehmen, bei denen es nicht zu einem Datenaustausch, sondern nur zu einer gemeinsamen Nutzung von Informationen kommt.

Dem liegt die Erfahrung zugrunde, dass (auch) auf dem Gebiet des Datenaustauschs unterschiedliche Bedingungen herrschen, welche die Wettbewerbsverhältnisse spürbar beeinflussen, und dass sich daran ohne eine Regulierung nichts ändern würde, weil ein mit dem Dateninhaber (hier: Netzbetreiber) assoziiertes Unternehmen grundsätzlich besser behandelt wird als ein fremdes Unternehmen, dessen Konkurrenz dem Dateninhaber wettbewerblich unerwünscht ist.

bb) Ohne Erfolg moniert die Beschwerdeführerin, die Regulierungsbehörde stütze die Festlegung auf die Notwendigkeit der Verhinderung der Diskriminierung anderer Stromlieferanten, die Gefahrenabwehr sei nicht mehr durch die Zwecke des § 1 Abs. 1 EnWG gedeckt.

Abgesehen davon, dass es sich bei dem aus Ziffer 6 S. 3 - 11 der Festlegung zu entnehmenden "administrativen Diskriminierungsverbot" nur um einen Rechtsreflex aus der Vereinheitlichung des Datenaustauschs und der Befristung der Ausnahme handelt, ist dieser Rechtsreflex als ein das allgemeine Diskriminierungsverbot bestätigendes und konkretisierendes Element vom Gesetzgeber gerade gewollt. Der Gesetzgeber wollte gerade, dass auf der Ebene der Rechtsverordnungen des § 24 EnWG und der Festlegungen nach § 29 EnWG in Verbindung mit der auf § 24 EnWG gestützten StromNZV das allgemeine Diskriminierungsverbot der §§ 20 ff EnWG von den staatlichen Stellen (Bundesregierung, Regulierungsbehörde) näher ausgestaltet und effizient durchgesetzt wird.

Es kann deshalb nicht angenommen werden, die Bundesnetzagentur sei nur befugt, die Netzzugangsregelungen in §§ 20 ff EnWG über ex-post-Missbrauchsverfügungen durchzusetzen. Wie oben dargestellt, ist die ex-post-Missbrauchskontrolle nur ein Werkzeug unter vielen, um das für alle Netzbetreiber geltende allgemeine Diskriminierungsverbot zum Tragen zu bringen. Präventiv wirkende Festlegungen gehören nach dem Willen des Gesetzgebers ebenfalls dazu wie repressive Maßnahmen.

Die Bundesnetzagentur ist deshalb entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin im Rahmen der Rechtsgrundlage der §§ 22 und 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV auch befugt, wenn nicht sogar gehalten, ein (ohnehin nur als Rechtsreflex wirkendes) mittelbares "präventives Diskriminierungsverbot" gegenüber der Beschwerdeführerin und allen nach § 3 Nr. 38 EnWG verbundenen Netzbetreibern anzuordnen, indem sie Abweichungen von den vorgegebenen Datenformaten und Prozessen für verbundene Unternehmen nur bis zum 1.10.2009 gestattet. Soweit die Bundesnetzagentur dabei voraussetzt, die drohende Diskriminierung liege darin, dass die Netzbetreiber und die mit ihnen gemäß § 3 Nr. 38 EnWG verbundenen Unternehmen intern ihre Daten anders verarbeiten als sie es extern gegenüber Lieferanten tun würden, entspricht dies durchaus der Lebenserfahrung. Ob und inwieweit dies konkret bei der Beschwerdeführerin der Fall wäre, ist im Rahmen der Festlegung, die gegenüber einer Vielzahl von Netzbetreibern ergeht, nicht relevant. Die Befugnis gemäß § 29 Abs. 1 EnWG, in einer Festlegung auch gegenüber einer Gruppe von oder gegenüber allen Netzbetreibern zu entscheiden, impliziert, dass die Regulierungsbehörde von einem solchen Nachweis der Gefahr grundsätzlich entbunden ist.

cc) Auch die unter Ziff. 6 S. 5 angeordnete Nachweispflicht ist von der Ermächtigungsgrundlage des § 27 Abs. 1 Nr. 11 StromNZV gedeckt. Es handelt sich nicht um ein eigenständiges Verwaltungsverfahren. Die Auflage steht in engem Zusammenhang mit der Ausnahmeregelung nach Ziff. 6 S. 1. Es ist von dem Ermessen der Beschwerdegegnerin gedeckt, die zugunsten der Beschwerdeführerin zulässige Ausnahme bei dem Datenaustausch von dem Nachweis abhängig zu machen, dass die diskriminierungsfreie Handhabung sichergestellt ist.

3. Die Regelungen in Ziffer 6 S. 3 - 11 halten auch einer grundrechtlichen Prüfung stand. Sie greifen zwar mit ihrer eine Abweichung nur bis zum 1.10.2009 zulassenden Anordnung in die unternehmerische Betätigungsfreiheit der nach § 3 Nr. 38 EnWG verbundenen Unternehmen ein (Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 GG). Jedoch ist dies im Ergebnis von den verbundenen Unternehmen hinzunehmen. Dabei mag die Vereinheitlichung des Datenaustauschs durchaus beachtliche Kosten verursachen und auch eine Optimierung der Synergien in den verbundenen Unternehmen in gewisser Weise behindern.

Die Beschwerdeführerin rügt, ein milderes, aber gleich geeignetes Mittel bestehe darin, den Unternehmen aufzugeben, die bislang genutzten Systeme diskriminierungsfrei allen Zugangspetenten gegenüber zu verwenden und eine eingehende Beschreibung der von ihnen verwendeten Nachrichtentypen zu erstellen, um die Interoperabilität der einzelnen EDV-Systeme zu ermöglichen. Gerade solche Abweichungen von der Festlegung sind gemäß Ziffer 5 auch nach dem 1.10.2009 zulässig, worauf die Bundesnetzagentur in ihrer Erwiderung zu Recht hinweist. Voraussetzungen hierfür sind (lediglich): die Ausnahme dient der Abwicklung der Geschäftsprozesse nach Ziffer 1; Dritten muss die Ausnahme auf Anfrage ebenfalls angeboten werden; der Wortlaut einer entsprechenden Vereinbarung ist auf der Homepage des Netzbetreibers zu veröffentlichen; Netznutzern ist auf Nachfrage ein ausformuliertes Angebot über den Abschluss einer solchen Vereinbarung vorzulegen; das Angebot muss ohne weitere Verhandlungen angenommen werden können. Zudem treten die von der Beschwerdeführerin durch Ziffer 6 hervorgerufenen Beeinträchtigungen nicht sofort ein, sondern erst ab dem 1.10.2009. Insgesamt ist der in Rede stehende Eingriff in die Grundrechte der Beschwerdeführerin daher nicht unverhältnismäßig. Er dient den schutzwürdigen Zwecken, die in § 1 EnWG genannt sind und die ihrerseits einen sehr hohen Stellenwert haben, weil sie dem Allgemeininteresse entsprechen. In der Abwägung gegenüber den Beschränkungen der Netzbetreiber und verbundenen Unternehmen genießen sie Vorrang. Insbesondere steht der Beschwerdegegnerin nicht eine ebenso wirksame und dennoch mildere Maßnahme zur Verfügung, indem den verbundenen Unternehmen die eigene IT-Struktur belassen und ihnen nur im Verhältnis zu dritten Marktteilnehmern die in Ziffer 1 - 4 vorgesehene einheitliche Datenkommunikation auferlegt würde. Denn dies übergeht die Erfahrung, wonach sich verbundene Unternehmen gegenüber Dritten bevorteilen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 S. 1 EnWG.

IV.

Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständliche Frage grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG hat.

Ende der Entscheidung

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