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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 01.12.2006
Aktenzeichen: VI-3 Kart 411/06 (V)
Rechtsgebiete: StromNZV, EnWG


Vorschriften:

StromNZV § 14
StromNZV § 14 Abs. 3
StromNZV § 14 Abs. 5
StromNZV § 27
StromNZV § 27 Abs. 1 Nr. 9
StromNZV § 27 Abs. 1 Nr. 17
EnWG § 1 Abs. 1
EnWG § 20 Abs. 1
EnWG § 21 Abs. 1
EnWG § 29
EnWG § 29 Abs. 1
EnWG § 38
EnWG § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3
EnWG § 72
EnWG § 75 Abs. 1
EnWG § 77 Abs. 3 Nr. 2
EnWG § 77 Abs. 3 Nr. 3
EnWG § 77 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
EnWG § 77 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3
EnWG § 77 Abs. 3 Satz 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Antrag der Beschwerdeführerin, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde anzuordnen, soweit diese sich gegen Ziffer 1 in Verbindung mit der Anlage zu Ziffer 3 sowie Anhang IV des Beschlusses der 6. Beschlusskammer der Beschwerdegegnerin vom 12. (gemeint ist offenbar der 11.) 07.2006 - BK06-06/09 - (Vfg. Nr. 33/2006, Amtsblatt 14/2006 vom 19.07.2006,1911) und die dort geregelte Rückwirkung einer Netznutzungsanmeldung richtet, wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin betreibt in B. ein Netz für die Elektrizitätsversorgung auf Verteilnetzebene. Sie ist als sogenanntes integriertes Unternehmen für den Vertrieb und auch für den Netzbetrieb zuständig, betreibt diese Geschäftsbereiche also nicht in rechtlich eigenständigen Gesellschaften.

Mit Beschluss vom 11.07.2006 (die Beschwerdeführerin schreibt offenbar versehentlich das Datum 12.07.2006) - BK06-06/09 - (Vfg. Nr. 33/2006, Amtsblatt 14/2006 vom 19.07.2006,1911) hat die Bundesnetzagentur Festlegungen zu einheitlichen Geschäftsprozessen und Datenformaten zur Abwicklung der Belieferung von Kunden mit Elektrizität getroffen. Zu den Einzelheiten der Festlegung wird auf den Inhalt des Beschlusses einschließlich der zugehörigen Anlage Bezug genommen.

Die Beschwerdeführerin hat Beschwerde erhoben mit dem Antrag,

die Entscheidung aufzuheben.

Die Beschwerdeführerin wendet sich mit der Beschwerde gegen die Festlegungen unter Ziffer 1 einschließlich der Festlegung in der Anlage zu Ziffer 3 "Geschäftsprozess Lieferbeginn" sowie Anhang IV. der Anlage, soweit eine rückwirkende "Zwangsabmeldung" festgelegt werde, und weiter gegen die Festlegung unter Ziffer 6.

Daneben beantragt die Beschwerdeführerin

die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde, soweit diese gegen Ziffer 1 in Verbindung mit der Anlage zu Ziffer 3 sowie Anhang IV des Beschlusses der 6. Beschlusskammer der Beschwerdegegnerin vom 11.07.2006 (die Beschwerdeführerin schreibt offenbar versehentlich das Datum 12.07.2006) - BK06-06/09 - (Vfg. Nr. 33/2006, Amtsblatt 14/2006 vom 19.07.2006,1911) und die dort geregelte Rückwirkung einer Netznutzungsanmeldung eingelegt wird.

Zur Begründung trägt die Beschwerdeführerin vor, der Inhalt der Ziffer 1 konkretisierenden Anlage zu der Festlegung sei unbestimmt und unklar. Ein Konsens zwischen neuen Netznutzern und Netzbetreibern hinsichtlich der weiteren Aufrechterhaltung der Möglichkeit für Lieferanten, Meldungen eines Ein- bzw. Auszugs von SLP-Entnahmestellen bei dem Verteilnetzbetreiber bis zu sechs Wochen rückwirkend vorzunehmen, wenn der Kunde eine rechtzeitige Meldung an seinen Lieferanten versäumt habe (Seite 27 unter Ziffer 4.5.3 der Festlegung, Anhang IV der Anlage), bestehe nicht. Die Möglichkeit der rückwirkenden Anmeldung könne in Einzelfällen dazu führen, dass die Beschwerdeführerin als Netzbetreiberin gezwungen sei, bereits dem Grundversorger zugeordnete Zählpunkte einem anderen Lieferanten zuzuordnen, um der Festlegung nachzukommen, und damit in vertragliche Rechte eines Dritten, nämlich des Grundversorgers, gegen dessen Willen unter Missachtung zustande gekommener Lieferverträge einzugreifen.

Aus den im Anhang zur Anlage unter V (die Beschwerdeführerin meint offenbar IV) getroffenen Regelungen - Anlage S. 107 - werde deutlich, dass die Beschwerdegegnerin selbst für die Phase zwischen Auszug des Altkunden und Einzug des Neukunden von einem Strombezug ausgehe, nämlich der Energielieferung durch den Grundversorger. Es handele sich deshalb weder tatsächlich noch rechtlich um einen Leerstand. Tatsächlich betreffe die Festlegung nicht nur das Verfahren für diesen Zeitraum, sondern auch für den Zeitraum ab Einzug bis zu einer Dauer von sechs Wochen, in denen die rückwirkende Anmeldung des Neukunden vorgenommen werden müsse.

Der Energiebezug nach Einzug eines Neukunden in eine leer stehende Abnahmestelle ohne Vertragsschluss mit einem Lieferanten erfolge regelmäßig jedenfalls dann, wenn der Kunde zum Zeitpunkt des Einzugs und der ersten Energieabnahme keinen Vertrag mit einem Lieferanten abgeschlossen habe, auf der Grundlage eines mit dem Grundversorger durch schlüssiges Verhalten abgeschlossenen Vertrages. Es könne sein, dass diese Grundsätze dann nicht gelten, wenn der Abnehmer zuvor mit einem Dritten einen Stromlieferungsvertrag geschlossen habe. Die Beschwerdegegnerin gehe allerdings selbst davon aus, dass in der Zeit des sogenannten Leerstandes die Belieferung mit Energie durch den Grundversorger erfolge, ohne zu differenzieren, ob ein Vertrag durch schlüssiges Verhalten zustande gekommen sei. Wäre die Beschwerdeführerin als Netzbetreiberin aufgrund der angefochtenen Festlegung in diesem Fall gezwungen, bei Anmeldung eines neuen Lieferanten innerhalb von sechs Wochen nach Einzug den Lieferbeginn auf das Einzugsdatum zu setzen, so wäre die Beschwerdeführerin als Netzbetreiberin gezwungen, in das durch schlüssiges Verhalten begründete Vertragsverhältnis mit dem Grundversorger einzugreifen. In diesem Fall läge eine Lieferantenkonkurrenz vor, die nicht nach der Festlegung, sondern nach der Regelung des § 14 Abs. 5 StromNZV zu lösen wäre.

Dem Vertragsrecht widersprechend berücksichtigten einzelne Festlegungen nicht die nach § 14 Abs. 5 StromNZV zu lösende Lieferantenkonkurrenz. Die Einschränkung auf S. 46 der Anlage (Tabelle 12 - Beschreibung des Geschäftsprozesses Lieferbeginn) unter lfd. Nr. 4 in der 6. Spalte der Tabelle sei mit dem Hinweis auf den Vertragsschluss mit dem Grundversorger so zu verstehen, dass einerseits ein Lieferantenwechsel bei der Anmeldung später als 6 Wochen nach Einzugsdatum, also nach Abschluss eines Liefervertrages mit dem Grundversorger durch schlüssiges Verhalten, nur dann möglich sei, wenn kein Grundversorgungsvertrag mit dem Grundversorger zustande gekommen sei. Demgegenüber solle dies bei einer innerhalb der 6-Wochen-Frist nach dem Einzugsdatum beim Netzbetreiber eingegangenen Anmeldung nicht der Fall sein.

Die Beschwerdeführerin habe als Netzbetreiberin in diesem Fall eine innerhalb der 6-Wochen-Frist eingegangene Anmeldung in der Weise verbindlich umzusetzen, dass sie in einen durch schlüssiges Verhalten zustande gekommenen Grundversorgungsvertrag rückwirkend in der Weise eingreifen soll, dass sie den Grundversorger als Lieferanten im Weg der "Zwangsabmeldung" abmelde. Dies wäre eine rückwirkende Aufhebung eines mit dem Grundversorger abgeschlossenen Versorgungsvertrages. Mit dieser Festlegung werde nicht nur die rückwirkende Anmeldung für die Zeit eines "Leerstandes" geregelt. Die Beschwerdegegnerin gehe selbst davon aus, dass die rückwirkende Anmeldung bis zu 6 Wochen nach dem Einzugsdatum vorgenommen werden müsse, unabhängig davon, ob ein Vertragsverhältnis mit dem Grundversorger zustande gekommen sei.

Dem entspreche die Aktivität unter Nr. 6 der Tabelle auf Seite 48 der Anlage. Danach werde der Lieferbeginn zum Einzugstermin, also rückwirkend bestätigt, wenn es um die Abwicklung eines innerhalb der 6-Wochen-Frist rückwirkend gemeldeten Kundeneinzugs gehe.

Unter Ziffer 3.3 auf S. 50 der Anlage seien weitere Kriterien für einen "Zwangsauszug" beschrieben. Der Vollständigkeit halber sei darauf hinzuweisen, dass es gesetzlich keinen "Zwangsauszug" gebe und ein Lieferant nicht im Weg einer "Zwangsabmeldung" gezwungen werden könne, die Erfüllung des Vertragsverhältnisses mit seinem Kunden zwangsweise zu beenden.

Der unter Ziffer 3.3 graphisch beschriebene Zeitraum für eine (Zwangs-) Abmeldung durch den VNB mit 4 Wochen vor dem Einzugstermin stimme auch nicht mit § 14 Abs. 3 StromNZV überein: Danach sei der neue Lieferant verpflichtet, dem Betreiber des Versorgungsnetzes spätestens 1 Monat vor dem beabsichtigten Lieferbeginn alle Entnahmestellen seiner neuen Kunden und alle hinzukommenden Entnahmestellen und den beabsichtigten Beginn der Netznutzung mitzuteilen.

Eine die Beschwerdeführerin belastende, zumindest unklare und unbestimmte Regelung sei auch unter Ziffer 4 (Prozess Ersatzversorgung) auf Seite 54 enthalten. Dort werde von einer gesetzlichen Ersatzversorgungspflicht gesprochen. § 38 EnWG, der allein für die Regelung einer Ersatzversorgung maßgeblich sei, kenne demgegenüber keine Ersatzversorgungspflicht. Es handele sich vielmehr um die gesetzliche Zuordnung von Lieferungen an den Grundversorger unter den in § 38 EnWG genannten Voraussetzungen.

Die Bundesnetzagentur beantragt, den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zurückzuweisen.

Der Antrag sei bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet.

Die Beschwerdeführerin ordne die tatsächlichen Geschehensabläufe fälschlich als Lieferantenwechsel ein. Die Vorgänge seien treffender als "Kundenwechsel" zu bezeichnen. Weder werde der Netzbetreiber verpflichtet, in das Vertragsverhältnis zwischen Kunden und Lieferanten noch in ein Grundversorgungsverhältnis einzugreifen. Die zugrunde liegende Konstellation verlange im Gegenteil, dass kein Grundversorgungsverhältnis mit dem Grundversorger bestehe. Die Regelungen erfassten nur solche Fälle, in denen beide Kunden bereits wirksame Verträge mit ihren Lieferanten hätten. Durch die Festlegung sollten die Probleme gelöst werden, die sich ergeben würden, wenn sowohl der einziehende als auch der ausziehende Kunde jeweils wirksame Verträge mit ihren Lieferanten haben, den Beteiligten allerdings erst im Nachhinein klar werde, wer wann und aufgrund welchen Vertrages von wem Strom bezogen habe. Daher bestehe nicht die Gefahr, dass in Verträge eingegriffen werde oder eine Lieferantenkonkurrenz auftrete.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Parteien mit Anlagen Bezug genommen.

II.

1.

Die Beschwerde ist statthaft. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen eine Festlegung der Beschwerdegegnerin zu den Netznutzungsbedingungen. Dabei handelt es sich um eine Entscheidung im Sinne des § 75 Abs.1 EnWG. Dazu gehören alle Gebote, die insbesondere das Netzbetreiberverhalten zu beeinflussen geeignet sind (vgl. Salje, § 75 RdNr. 13), also auch die Regelungen der Bedingungen über den Netzanschluss oder den Netzzugang gemäß §§ 29 EnWG, 27 StromNZV.

Die Beschwerdeführerin ist auch beschwerdebefugt, denn sie macht geltend, durch die Festlegung der Bundesnetzagentur werde sie widerrechtlich verpflichtet, in Vertragverhältnisse Dritter einzugreifen. Die Beschwerdeführerin trägt unter anderem vor, wenn sie als Netzbetreiberin aufgrund der angefochtenen Festlegung bei Anmeldung eines neuen Lieferanten innerhalb von sechs Wochen nach Einzug den Lieferbeginn auf das Einzugsdatum zu setzen habe, so sei sie gezwungen, in das durch schlüssiges Verhalten begründete Vertragsverhältnis mit dem Grundversorger einzugreifen. In diesem Fall läge eine Lieferantenkonkurrenz vor, die nicht nach der Festlegung, sondern nach der Regelung des § 14 Abs. 5 StromNZV zu lösen wäre.

2.

Der Antrag der Beschwerdeführerin, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde anzuordnen, soweit diese gegen Ziffer 1 in Verbindung mit der Anlage zu Ziffer 3 sowie Anhang IV des Beschlusses der 6. Beschlusskammer der Beschwerdegegnerin vom 11.07.2006 - BK06-06/09 - (Vfg. Nr. 33/2006, Amtsblatt 14/2006 vom 19.07.2006,1911) und die dort geregelte Rückwirkung einer Netznutzungsanmeldung eingelegt wird, ist unbegründet. Weder bestehen an der angefochtenen Festlegung ernstliche Zweifel im Sinne des § 77 Abs. 3 Nr. 2 EnWG, noch hätte die Vollziehung für die Beschwerdeführerin eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne des § 77 Abs. 3 Nr. 3 EnWG zur Folge.

a)

Gemäß § 77 Abs. 3 S. 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 2 EnWG ist die aufschiebende Wirkung der Beschwerde anzuordnen, wenn an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Festlegung ernstliche Zweifel bestehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Festlegung können tatsächlicher oder rechtlicher Art sein. Sie sind dann zu bejahen, wenn nach der Einschätzung des Gerichts die Aufhebung der angefochtenen Festlegung überwiegend wahrscheinlich ist. Nicht ausreichend ist es daher, wenn die Rechtslage lediglich offen ist (K. Schmidt in: Immenga/Mestmäcker, Rdnr. 13 zu § 65). Nach diesen Grundsätzen ist die angefochtene Festlegung nicht zu beanstanden.

aa)

Der von der Beschlusskammer herangezogene § 27 Abs. 1 Nr. 9 StromNZV räumt der Beschwerdegegnerin die Befugnis ein, zur Verwirklichung eines effektiven Netzzugangs und der in § 1 Abs. 1 EnWG genannten Zwecke Festlegungen nach § 29 Abs. 1 EnWG zur Abwicklung der Netznutzung bei Ein- und Auszügen zu treffen. Auf diese Weise soll die Regulierungsbehörde die Vorgaben der Stromnetzzugangsverordnung im Wege behördlicher Entscheidung inhaltlich ergänzen und konkretisieren können. Der Gesetz- und Verordnungsgeber hat so dem Umstand Rechnung getragen, dass ein funktionierendes Netzzugangssystem eine Vielzahl von einheitlichen Regelungen und Verfahren voraussetzt, die sehr detailliert sein können. Um die dabei erforderliche Flexibilität zu gewährleisten, sind diese Regelungen nicht sämtlich in einer Verordnung festgeschrieben worden, sondern ist der Regulierungsbehörde in bestimmten Bereichen - so auch zur Abwicklung der Netznutzung bei Ein- und Auszügen - die Möglichkeit eingeräumt worden, ergänzende und konkretisierende Entscheidungen im Wege der Festlegung nach § 29 EnWG zu treffen (vgl. nur: Begründung zum Entwurf der StromNZV vom 14. April 2005, BR-Drs. 244/05, S. 29 zu § 27).

Die Festlegungsbefugnis der Beschwerdegegnerin besteht nicht uneingeschränkt, sondern nur, soweit ergänzende oder konkretisierende Entscheidungen erforderlich sind, um einen effizienten Netzzugang i.S.d. §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 EnWG und die in § 1 Abs. 1 EnWG genannten Zwecke - eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität und Gas - zu verwirklichen. In diesem Rahmen kann sie auch vorläufige Anordnungen nach § 72 EnWG treffen. Diese können sowohl belastende als auch begünstigende Wirkungen aufweisen (vgl. nur: Salje, EnWG, Rdnr. 4 zu § 72). Einem effizienten Netzzugang i.S.d. §§ 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 EnWG dienen sie, wenn sie gewährleisten, dass Kosten und Nutzen in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen und dem Zugangspetenten nur die Netzleistungen angeboten werden, die dieser benötigt (Salje, EnWG, Rdnr. 18 zu § 20).

Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze ist nicht feststellbar, dass die Beschwerdegegnerin von der ihr zustehenden Festlegungsbefugnis fehlerhaft Gebrauch gemacht hätte.

bb)

Nach summarischer Prüfung teilt der Senat die Annahme der Beschwerdegegnerin, dass die Beschwerdeführerin die unter Ziffer 1 der Festlegung und den zugehörigen Anlagen in tatsächlicher Hinsicht und dadurch bedingt auch in rechtlicher Hinsicht unrichtig einordnet.

(1)

Es kann dahinstehen, ob zwischen neuen Netznutzern und Netzbetreibern Konsens darüber besteht, dass der Lieferant Meldungen eines Ein- oder Auszugs von SLP-Entnahmestellen bei dem Verteilnetzbetreiber bis zu sechs Wochen rückwirkend vornehmen kann, wenn der Kunde eine rechtzeitige Meldung an seinen Lieferanten versäumt hat (vgl. S. 27 der Festlegung, dort unter Punkt 4.5.3). Die Bundesnetzagentur hat von ihrer Festlegungsbefugnis in nicht zu rügender Weise Gebrauch gemacht, indem sie das Bedürfnis für eine Regelung dieses Sachverhalts annahm. Es entspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass gerade bei Umzügen mit einer verspäteten Meldung der neuen Adresse durch den Kunden bei seinem Lieferanten zu rechnen ist mit der Folge, dass der Lieferant die Meldung ebenfalls verspätet an seinen Netzbetreiber übermitteln kann. Nachträglich wird den beteiligten Lieferanten klar, dass sie ihre Kunden an den neuen Entnahmestellen beliefert haben. Das Bedürfnis, die Bearbeitung dieser alltäglich zu erwartenden Fallgestaltung durch die Gestaltung eines einheitlichen Geschäftsprozesses zu erleichtern, liegt auf der Hand. Es sollte möglich sein, die Entnahme durch den Kunden eines anderen Lieferanten auch noch nachträglich diesem Lieferanten zuzuordnen. Es ist deshalb sachgerecht, von dem für alle Wechselprozesse grundsätzlich vorgegebenen Prinzip der "Meldung in die Zukunft" für die Fälle des Ein- und Auszugs eine Ausnahmeregelung zu gestalten.

(2)

Mit der Möglichkeit der rückwirkenden Meldung von Ein- und Auszügen im Rahmen der Geschäftsprozesse "Lieferbeginn" und "Lieferende" ist kein Verstoß gegen die Vorschrift des § 14 StromNZV verbunden. Der Regelungsgehalt des § 14 StromNZV, der Vorschriften zu dem Lieferantenwechsel und zu der Lieferantenkonkurrenz enthält, wird von den rückwirkenden Meldungen von Ein- und Auszügen im Rahmen der Geschäftsprozesse "Lieferbeginn" und "Lieferende" nicht berührt. Ein Lieferantenwechsel ist dann anzunehmen, wenn ein und derselbe Kunde an einer Entnahmestelle den Lieferanten wechselt. Diese Fallgestaltung wäre Gegenstand einer gesonderten Festlegung nach § 27 Abs. 1 Nr. 17 StromNZV. Darum geht es bei der Festlegung zu den rückwirkenden Meldungen von Ein- und Auszügen nach § 27 Abs. 1 Nr. 17 StromNZV nicht. Die Beschwerdeführerin verkennt, dass mit der Festlegung nicht die Fälle des erstmaligen Einzugs ohne bestehenden Liefervertrag erfasst werden. Beide Kunden, sowohl der einziehende als auch der ausziehende Kunde haben bereits Lieferverträge, die auch an den neuen Entnahmestellen wirksam bleiben. Lediglich die verspätete Meldung dieser Kunden soll nachträglich einheitlich möglich sein und zur Berechnung entsprechend den tatsächlichen Lieferverhältnissen erfolgen.

(3)

Bei dieser Gestaltung wird der Netzbetreiber weder verpflichtet, in das Vertragsverhältnis zwischen Kunden und Lieferanten einzugreifen noch wird er in ein Grundversorgungsverhältnis eingreifen. Die Anwendung der festgelegten Verrechnung setzt gerade voraus, dass ein Grundversorgungsverhältnis nicht besteht. Ansonsten gäbe es keinen Lieferanten, der rückwirkend die Belieferung anmelden könnte. Durch die bestehenden Lieferverträge ist ein Grundversorgungsverhältnis ausgeschlossen.

(4)

Das unter Ziffer 3.3 auf Seite 50 der Anlage beschriebene Prozedere "Kriterien für einen Zwangsauszug" dient entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht dazu, einen Lieferanten im Wege der "Zwangsabmeldung" zu zwingen, die Erfüllung des Vertragsverhältnisses mit seinem Kunden zu beenden. Die Festlegung regelt den Fall, dass ein Lieferant den Einzug seines Kunden meldet, der Lieferant des ausgezogenen Kunden indessen den Auszug seines Kunden nicht gemeldet hat, wahrscheinlich weil dieser Kunde den Auszug bei seinem Lieferanten nicht gemeldet hat. In diesem Fall soll die Entnahmestelle auch nominell für den neuen Lieferanten freigemacht werden können. Auch dabei greift der Netzbetreiber nicht in ein bestehendes Vertragsverhältnis ein, denn der Kunde, der ausgezogen ist, hat lediglich die Entnahmestelle gewechselt. Auch in diesem Fall geht es lediglich um eine Klarstellung der tatsächlichen Bezugs- und Lieferverhältnisse.

(5)

Auch die Bedenken der Beschwerdeführerin gegen die Ausgestaltung des Mehr- oder Mindermengenmodells sind nicht begründet. Unter IV Ziffer 2 der Anlage wird die Zeit zwischen Aus- und Einzug zutreffend als Leerstand bezeichnet. Der in diese Zeit fallende Strombezug wird nicht ebenso dem Grundversorger zugerechnet wie der Strombezug ab dem Einzug. Die Beschwerdegegnerin stellt in ihre Festlegung zutreffend die Möglichkeit des Strombezugs zwischen Auszug und Einzug ein, ohne dass dies Einfluss auf die bestehenden Vertragsverhältnisse hätte. Geregelt werden soll der Fall der verspäteten Meldung. Die ab Einzug bezogene Liefermenge soll im Weg des Mehr- und Mindermengenmodells ausgeglichen werden. Das Modell wird durch die Abbildung Nr. 25 im Anhang unter IV ,S. 108 der Anlage, verdeutlicht. Ein Grundversorgungsvertrag wird auch in diesem Zusammenhang nicht geschlossen.

b)

Es ist auch nicht feststellbar, dass die Vollziehung der Festlegung mit einer die Beschwerdeführerin unbillig belastende Härte im Sinne des § 77 Abs. 3 Nr. 3 EnWG verbunden wäre.

Eine unbillige Härte i.S.d. § 77 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 EnWG, § 65 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB stellen nur schwerwiegende Nachteile - in der Regel wirtschaftlicher Natur - dar, die über den eigentlichen Zweck der Verfügung hinausgehen und nicht oder jedenfalls kaum wieder gut zu machen sind (K. Schmidt: in Immenga/Mestmäcker, Rdnr. 14 zu § 65; Quack/Birmanns in: FK, Rdnr. 32 zu § 65). Dazu ist von der Beschwerdeführerin nicht vorgetragen worden und dies ist auch sonst nicht ersichtlich.

III.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof kommt nur gegen in der Hauptsache erlassene Beschlüsse des Oberlandesgerichts in Betracht (§ 86 Abs. 1 EnWG).

IV.

Der Streitwert für das Eilverfahren beträgt 10.000 EURO.

Ende der Entscheidung

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