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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 16.09.2009
Aktenzeichen: VI-Kart 1/09 (V)
Rechtsgebiete: GWB, EG


Vorschriften:

GWB § 32
GWB § 63 Abs. 1
GWB § 71 Abs. 2 Satz 2
EG Art. 81
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Die Beschwerden der Beschwerdeführer zu 1 und 2 werden zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die dem Bundeskartellamt zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Auslagen werden den Beschwerdeführern zu 1 und 2 auferlegt.

III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 30 Mio. € festgesetzt (§ 50 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 39 Abs. 2 GKG).

Gründe:

A.

Der Beschwerdeführer zu 1 (nachfolgend: Ligaverband) ist der Zusammenschluss der lizenzierten Vereine und Kapitalgesellschaften der 1. und 2. Fußball-Bundesliga. Der Ligaverband betreibt die 1. und 2. Bundesliga. Pro Spielzeit werden an 34 Spieltagen in jeder Liga insgesamt jeweils 306 (Heim- und Auswärts-)Spiele ausgetragen. Ein Spieltag besteht aus neun Ligaspielen, die in der Regel freitags, samstags und sonntags stattfinden.

Die Beschwerdeführerin zu 2 (nachfolgend: DFL), deren einziger Gesellschafter der Ligaverband ist, führt das operative Geschäft des Ligaverbandes. Daneben vermarktet die DFL exklusiv die 1. und 2. Bundesliga, indem sie Rechte an den Spielen der Lizenzligen für Fernseh- und Hörfunkübertragungen sowie sonstige Bild- und Tonträger und technische Einrichtungen in jeder Programm- und Verwertungsform ("mediale Verwertungsrechte") an Medienunternehmen vergibt.

Die DFL beabsichtigte, die medialen Verwertungsrechte an den Bundesligaspielen für die Spielzeiten 2009/2010 bis 2011/2012 zentral nach einem neuen Vertragsmodell auszuschreiben, das wesentliche Veränderungen zur bisherigen Ausschreibungspraxis enthielt. So sollten die Rechtepakete nicht nur für die Übertragungswege Fernsehen, Internet und Mobilfunk sondern auch für Kabel, Satellit, DSL und Mobilfunk getrennt angeboten werden. Zudem sollte das Ausschreibungsverfahren nicht mehr wie bisher von DFL durchgeführt werden. Als zentrale Vermarktungsagentur sollte die Sirius SportMedia GmbH (nachfolgend: Sirius) eingeschaltet werden. Darüber hinaus war vorgesehen, dass DFL zusammen mit Sirius einen eigenen Bundesliga-TV-Sender (Bundesliga.TV) installiert und produziert. Die Pay-TV Anbieter sollten sodann durch den Erwerb von Sendereinspeisepaketen für verschiedene Übertragungswege (Satellit, Kabel/DSL, Kabel Netzebene 4) das Recht erwerben, den Bundesligakanal auszustrahlen. Lediglich die Free-TV-Anbieter hätten demgegenüber auf das Recht bieten können, die Bilder aus dem Stadion (Basissignal) bearbeiten und sodann ausstrahlen zu dürfen. Überdies waren für die sog. Highlight-(Erst- und Zweit-) Berichterstattung zwei unterschiedliche Verwertungsszenarien beabsichtigt. Das Szenario I (Samstagsszenario) sah eine Highlight-Erstberichterstattung im Free-TV über die Spiele am Freitag und Samstagnachmittag am Samstag ab 18.30 Uhr und für die Sonntagspiele und die (nur an acht Spieltagen stattfindenden) Spiele am Samstagabend eine solche sonntags ab 22 Uhr vor. Das Szenario II (Sonntagsszenario) gestattete dagegen eine Highlight-Erstberichterstattung im Free-TV über die Spiele am Freitag und Samstagnachmittag erst samstags ab 22 Uhr.

Im Herbst 2007 unterrichtete die DFL das Bundeskartellamt über die Grundzüge der geplanten Rechtevermarktung. Nachdem DFL mehreren Auskunftsersuchen des Amtes Folge geleistet hatte, stellte sie im April 2008 ihr konkretes Vermarktungsmodell vor. In einer Besprechung Anfang Juni 2008 teilte das Bundeskartellamt dem Ligaverband und DFL mit, dass die geplante zentrale Vermarktung der medialen Verwertungsrechte gegen Art. 81 Abs. 1 EG verstoße und eine Freistellung vom Kartellverbot nach Art. 81 Abs. 3 EG derzeit nicht in Betracht komme, weil die möglichen Effizienzgewinne sowie eine gerechtere Einnahmenverteilung zwischen den Clubs die wettbewerbsbeschränkenden Effekte der Zentralvermarktung nicht überwiegen würden. Im Wesentlichen beanstandete das Bundeskartellamt folgende vier Punkte: die gesellschaftsrechtliche Verflechtung von Rechteverwerter und Rechtevermarkter (1), die fehlende Möglichkeit der Pay-TV-Anbieter, das Programm von Bundesliga.TV beispielsweise durch eine eigene Kommentierung des Spiels selbst bearbeiten zu können (2), die Rechtevergabe entlang von Übertragungswegen (3) sowie die im Szenario II vorgesehene Highlight-Erstberichterstattung samstags erst ab 22 Uhr (4).

Den ersten drei Beanstandungen konnte DFL nach Verhandlungen mit dem Bundeskartellamt durch Änderung ihres Vermarktungskonzeptes abhelfen. Über Punkt 4 (Szenario II) konnte eine Einigung hingegen nicht erzielt werden, da das Bundeskartellamt die zur Lösung des Problems angebotenen Ausschreibungsvarianten nicht akzeptierte.

Am 24.07.2008 gab der Präsident des Bundeskartellamtes im Rahmen einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit bekannt, dass die bislang beabsichtigten Ausschreibungsmodalitäten nicht den Anforderungen einer angemessenen Verbraucherbeteiligung genügten und daher kartellrechtswidrig seien, weil sie erhebliche Monopolgewinne auf Kosten der Verbraucher ermöglichten. Eine ausreichende Verbraucherbeteiligung sei nach Ansicht des Amtes jedoch zum Beispiel dann gewährleistet, wenn die Highlight-Berichterstattung einen wesentlichen Teil des Spieltags umfasst, zeitnah und an einem weiten Bevölkerungskreisen zugänglichen Sendeplatz erfolgt. Sollte DFL daher an ihrem bisherigen Vermarktungsmodell festhalten, würde es förmlich untersagt.

Der Bitte der DFL, bereits in diesem Verfahrensstadium, d.h. vor der beabsichtigten Ausschreibung und Vergabe der Verwertungsrechte, eine gerichtlich überprüfbare Untersagungsverfügung zu erlassen, kam das Bundeskartellamt nicht nach. Vielmehr teilte der Vorsitzende der zuständigen Beschlussabteilung mit Schreiben vom 15.08.2008 mit, dass eine Abstellverfügung wegen der erforderlichen hinreichenden Erstbegehungsgefahr erst dann erlassen werden könne, wenn das Szenario II tatsachlich ausgeschrieben und auf diese Variante auch ein Zuschlag erteilt werde.

DFL nahm in der Folge von ihrem ursprünglich geplanten Ausschreibungsmodell Abstand und schrieb die Vergabe der medialen Verwertungsrechte für die Spielzeiten 2009/2010 bis 2012/2013 unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundeskartellamtes ohne das Szenario II aus. Die Vergabe der Rechtepakete erfolgte im November 2008.

Der Ligaverband und DFL beabsichtigen nun, bei der zukünftigen Vermarktung der Verwertungsrechte für die Spielzeiten ab 2013/2014 das ursprünglich geplante und vom Bundeskartellamt beanstandete Vermarktungsmodell unter Berücksichtigung der zukünftigen Marktgegebenheiten ganz oder in wesentlichen Teilen umzusetzen. Da sie jedoch befürchten, das Bundeskartellamt werde auch zukünftig vor der beabsichtigen Ausschreibung und Vergabe keinen gerichtlich überprüfbare Entscheidung erlassen, möchten sie bereits zum jetzigen Zeitpunkt gerichtlich geklärt wissen, ob das Bundeskartellamt zu Recht die beabsichtigten Ausschreibungsmodalitäten als kartellrechtwidrig beanstandet hat. Mit ihren Beschwerden begehren sie daher zum einen vorbeugenden Rechtsschutz gegen eine mögliche Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes in Bezug auf künftige Verfahren der zentralen Vermarktung von Verwertungsrechten (Anträge 1 - 4). Zum anderen geht es ihnen um die Feststellung, dass die Vorgehensweise des Amtes hinsichtlich des ursprünglich beabsichtigten Vermarktungsmodells für die Spielzeiten 2009/2010 bis 2012/2013 rechtswidrig war (Anträge 5 - 7).

Die Beschwerdeführer beantragen,

1. dem Bundeskartellamt aufzugeben, ihnen - den Beschwerdeführern - die zentrale Vermarktung (Ausschreibung und/oder die Vergabe) von medialen Verwertungsrechten für Spiele der Bundesliga und der 2. Bundesliga wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen das Kartellverbot nicht zu untersagen;

hilfsweise

2. festzustellen, dass das Bundeskartellamt nicht berechtigt ist, ihnen die zentrale Vermarktung (Ausschreibung und/oder die Vergabe) von medialen Verwertungsrechten für Spiele der Bundesliga und der 2. Bundesliga wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen das Kartellverbot zu untersagen;

weiter hilfsweise

3. dem Bundeskartellamt aufzugeben, ihnen - den Beschwerdeführern - die zentrale Vermarktung (Ausschreibung und/oder die Vergabe) von medialen Verwertungsrechten für Spiele der Bundesliga und der 2. Bundesliga wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen das Kartellverbot nicht zu untersagen, sofern die Untersagung ausschließlich oder in Verbindung mit anderen Gründen darauf gestützt wird, dass keine Rechte für eine Highlight-Erstberichterstattung über die Samstagsspiele der Bundesliga im (analog ausgestrahlten) Free-TV vor 20:00 Uhr ausgeschrieben oder vergeben werden;

weiter hilfsweise

4. festzustellen, dass das Bundeskartellamt nicht berechtigt ist, ihnen die zentrale Vermarktung (Ausschreibung und/oder die Vergabe) von medialen Verwertungsrechten für Spiele der Bundesliga und der 2. Bundesliga wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen das Kartellverbot zu untersagen, sofern die Untersagung ausschließlich oder in Verbindung mit anderen Gründen darauf gestützt wird, dass keine Rechte für eine Highlight-Erstberichterstattung über die Samstagsspiele der Bundesliga im (analog ausgestrahlten) Free-TV vor 20:00 Uhr ausgeschrieben oder vergeben werden;

weiter hilfsweise

5. festzustellen, dass die öffentliche Androhung des Bundeskartellamtes, die zentrale Vermarktung (Ausschreibung und/oder die Vergabe) von medialen Verwertungsrechten für Spiele der Bundesliga und der 2. Bundesliga durch sie - die Beschwerdeführer - förmlich zu untersagen, rechtswidrig war;

weiter hilfsweise für den Fall, dass der Senat das Schreiben des Bundeskartellamtes vom 15. Juli 2008 und/oder vom 23. Juli 2008 und/oder vom 15. August 2008 und/oder das Statement des Präsidenten des Bundeskartellamtes zur Pressekonferenz vom 24. Juli 2008 und/oder das Hintergrundpapier des Bundeskartellamtes zur Pressekonferenz vom 24. Juli 2008 und/oder die Pressemeldung des Bundeskartellamtes vom 24. Juli 2008 jeweils für sich oder zusammen als Untersagungsverfügung werten sollte,

6. festzustellen dass diese Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes (Gesch-Z-: B6 - 190/07) rechtswidrig war;

weiter hilfsweise

7. festzustellen, dass das Bundeskartellamt verpflichtet war, nach Vorlage des Modells der zentralen Vermarktung von Spielen der Bundesliga und 2. Bundesliga durch sie - die Beschwerdeführer -, welches in einem Szenario auch eine Highlight-Erstberichterstattung über die Samstagsspiele der Bundesliga im Free-TV nach 20:00 Uhr vorsah, verbunden mit ihrer Ankündigung, dieses Vermarktungsmodell umzusetzen, eine rechtsmittelfähige Entscheidung zu erlassen, soweit das Bundeskartellamt das Vermarktungsmodell für kartellrechtlich unzulässig erachtete.

Das Bundeskartellamt beantragt,

die Beschwerden zurückzuweisen.

Das Bundekartellamt hält die Beschwerden aus unterschiedlichen Gründen für unzulässig und führt dies im Einzelnen aus.

B.

Die Beschwerden sind nicht zulässig. Dies gilt sowohl für die Anträge zu 1-4, mit denen der Ligaverband und DFL vorbeugenden Rechtsschutz begehren (siehe unter I.), als auch für die auf nachträglichen Rechtsschutz gerichteten Anträge zu 5-7 (siehe unter II.).

I. Anträge zu 1- 4

Die als vorbeugende Unterlassungsbeschwerde formulierten Anträge zu 1 und 3 sind unzulässig. Gleiches gilt für die auf Feststellung gerichteten Anträge zu 2 und 4.

1.

Die den Anträgen zu 1 und 3 zugrunde liegende vorbeugende Unterlassungsbeschwerde ist nicht zulässig. Es fehlt dem Ligaverband und DFL an dem für die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes erforderlichen qualifizierten Rechtsschutzinteresse, denn sie können bei der zukünftigen Zentralvermarktung der medialen Verwertungsrechte für die Spielzeiten ab 2013/2014 effektiven Rechtsschutz durch eine nachträgliche gerichtliche Kontrolle der kartellbehördlichen Entscheidung erlangen.

In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass der kartellverwaltungsgerichtliche Rechtsschutz über die im Kartellgesetz normierte Anfechtungs- und Verpflichtungsbeschwerde (§ 63 Abs. 1 und 3 GWB) hinaus um eine allgemeine Leistungsbeschwerde ergänzt wird, wenn und soweit nur durch sie ein lückenloser Rechtsschutz gewährleistet ist. Hierbei kann die Leistungsbeschwerde auch in Form einer vorbeugenden - auf die Abwehr einer erst zukünftigen Rechtsverletzung gerichteten - Unterlassungsbeschwerde geltend gemacht werden (vgl. BGH WuW/E BGH 2760, 2761 - Unterlassungsbeschwerde; Senat WuW/E DE-R 1585 ff. Rn. 19; Schmidt in Immenga/Mestmäcker, Kartellgesetz, 4. Aufl., § 63 Rn. 9; Kollmorgen in Lange/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1 11. Aufl., § 63 Rn. 40). Diese ist nicht - so wie das Bundeskartellamt erwägt - auf die Abwehr eines schlichten Verwaltungshandelns beschränkt; sie kommt vielmehr auch zur Abwehr einer zu erwartenden kartellbehördlichen Verfügung in Betracht (Senat Senat WuW/E DE-R 1585 ff. Rn. 19). Voraussetzung für eine vorbeugende Unterlassungsbeschwerde ist jedoch stets ein qualifiziertes, gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Interesse der beschwerdeführenden Partei. An einem solchen Interesse fehlt es daher, wenn der Betroffene zumutbarerweise auf den nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann, er also zeitnahen und effektiven Rechtsschutz mit Hilfe der im Gesetz vorgesehenen nachträglichen Kontrolle der kartellbehördlichen Verfügung erlangen kann (BGH WuW/E BGH 2760, 2761 - Unterlassungsbeschwerde; Senat WuW/E DE-R 1585 ff. Rn. 19).

Der Ligaverband und DFL haben ein hinreichendes qualifiziertes Rechtsschutzinteresse für die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes nicht dargetan.

Es kann nicht festgestellt werden, dass ihnen bei der in einigen Jahren anstehenden Vermarktung der medialen Verwertungsrechte für die Bundesliga-Spielzeiten ab 2013/2014 über die Anfechtungsbeschwerde kein effektiver Rechtsschutz gewährt werden kann, wenn das Bundeskartellamt das beabsichtigte Vermarktungsmodell als kartellrechtswidrig einstufen sollte. Dem Ligaverband und DFL ist es möglich und zumutbar, bereits vor der Ausschreibung und Vergabe der medialen Verwertungsrechte für die Bundesliga-Spielzeiten ab 2013/2014 eine etwaige Untersagungsverfügung des Bundeskartellamtes gerichtlich überprüfen zu lassen.

a.

Der Erlangung effektiven nachträglichen Rechtsschutzes steht nicht entgegen, dass das Bundeskartellamt bei der Rechtevergabe für die Spielzeiten 2009/2010 bis 2012/2013 die Auffassung vertreten hat, es sei erst dann zu einem Einschreiten nach § 32 GWB i.V.m. Art. 81 EG berechtigt, wenn das beanstandete Szenario II ausgeschrieben und hierauf auch ein Zuschlag erteilt worden sei, mithin der Kartellverstoß bereits begangen sei. Die in seinem Schreiben vom 15.08.2008 (Anlage K19) zum Ausdruck gekommene Auffassung des Amtes ist nicht zutreffend. Die für eine kartellbehördliche Abstellverfügung erforderliche Begehungsgefahr liegt nicht erst dann vor, wenn der Kartellverstoß verwirklicht ist (Wiederholungsgefahr). Für eine Begehungsgefahr ist vielmehr erforderlich aber auch ausreichend, dass die ernste Besorgnis einer drohenden Verletzung besteht (Erstbegehungsgefahr). Die beteiligten Unternehmen müssen mit dem kartellrechtlich verbotenen Verhalten daher noch nicht begonnen haben; ausreichend ist vielmehr, wenn unter Abschätzung des voraussichtlichen Verlaufs die ernste Sorge einer drohenden Zuwiderhandlung begründet ist (Bornkamm in Langen/Bunte, aaO., § 32 Rn. 18; BGH WuW/E DE-R 711, 718 - Ost-Fleisch).

Ausgehend von diesen Grundsätzen liegt im konkreten Fall die zum Erlass einer Abstellverfügung nach § 32 GWB erforderliche Begehungsgefahr nicht erst dann vor, wenn ein Bieter auf das als kartellrechtswidrig beanstandete Rechtepaket den Zuschlag erhält. Die ernste Besorgnis einer drohenden Gesetzesverletzung besteht vielmehr bereits in dem Zeitpunkt, in dem DFL dem Bundeskartellamt mitteilt oder auf andere Weise zu erkennen gibt, das Vermarktungskonzept trotz der kartellrechtlichen Beanstandungen bezüglich des Szenarios II auszuschreiben. Insofern besteht aus Sicht des Amtes die ernste Sorge, dass die Ausschreibung so wie beabsichtigt erfolgt und auch ein Zuschlag erteilt wird, mithin der Gesetzesverstoß aller Voraussicht nach verwirklicht werden wird. Überdies darf das Bundeskartellamt im vorliegenden Fall sein Aufgreifermessen nach § 32 GWB nicht dahingehend ausüben, dass es gleichwohl erst nach Eintritt der Gesetzesverletzung (Ausschreibung und Zuschlag) eine Abstellverfügung erlässt. Es ist vielmehr verpflichtet, bereits bei Vorliegen einer Erstbegehungsgefahr durch Erlass einer Untersagungsverfügung einzuschreiten, weil dem Ligaverband und DFL nur dann eine effektive nachträgliche gerichtliche Kontrolle der Untersagungsverfügung möglich ist. Es tritt insoweit eine Ermessensreduzierung auf Null ein. Bei einem späteren Einschreiten des Amtes kann effektiver nachträglicher Rechtsschutz hingegen nicht gewährleistet werden. Es besteht das Risiko, dass die medialen Verwertungsrechte - jedenfalls in den zuvor als kartellrechtlich beanstandeten Teilen - nicht mit Aussicht auf Erfolg ausgeschrieben und vergeben werden können und damit eine gerichtlich nachprüfbare Untersagungsverfügung des Amtes gar nicht erst ergeht. Wegen des Risikos einer Untersagungsverfügung und den Unsicherheiten einer anschließenden gerichtlichen Überprüfung ist davon auszugehen, dass entweder keine oder keine wirtschaftlich realistischen Angebote abgegeben werden. Die potentiellen Bieter benötigen Planungssicherheit zum Ablauf und Inhalt des Ausschreibungsverfahrens, um die ihnen zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel ermitteln, belastbare Angebote abgeben und ihre Programmplanung entsprechend ausrichten zu können. Darüber hinaus wären auch die dem Ligaverband angehörenden Bundesligaclubs erheblich belastet. Sie müssen jeweils einen Antrag auf Erteilung einer Lizenz für die jeweilige Spielzeit stellen. Für die Lizenzerteilung ist aber Höhe der Einnahmen aus der Rechteverwertung von entscheidender Bedeutung wie die Beschwerde auf Seite 29 ihrer Beschwerdeschrift unwidersprochen vorgetragen hat. Entgegenstehende Gesichtspunkte, die es für das Amt erforderlich machen oder zumindest rechtfertigen könnten, gegen die als kartellrechtswidrig beurteilte Ausschreibung erst nach dem Kartellverstoß bei Vorliegen der Wiederholungsgefahr vorzugehen, sind nicht ersichtlich und werden auch nicht geltend gemacht.

b.

In zeitlicher Hinsicht ist es nach Lage der Dinge auch möglich, dass der Ligaverband und DFL die mit den vorbeugenden Beschwerdeanträgen angesprochenen Rechtsfragen im Wege einer Anfechtungsbeschwerde gerichtlich überprüfen lassen können, bevor es zur Ausschreibung und Vergabe der Verwertungsrechte für die Spielzeiten ab 2013/2014 kommt.

Aus heutiger Sicht kann über das zukünftige Vermarktungsmodell für die Spielzeiten ab 2013/2014 innerhalb von etwa 12 Monaten eine gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden.

Das Bundeskartellamt kann die kartellrechtliche Prüfung des konkreten Vermarktungsmodells voraussichtlich in einem Zeitraum von wenigen Monaten abschließen, da es mit wesentlichen Punkten des zur Prüfung stehenden Sachverhalts bereits vorbefasst war. Es hat sich schon bei der letzten Ausschreibung mit den beiden zentralen und von den Beteiligten kontrovers diskutierten Rechtsfragen befasst, die auch bei der zukünftigen Ausschreibung von Bedeutung sein werden. So wird sich das Amt erneut damit zu befassen haben, ob die zentrale Vermarktung der Verwertungsrechte aller Bundesliga-Clubs eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 81 EG darstellt und eine Freistellung vom Kartellverstoß nach Art. 81 Abs. 3 EG in Betracht kommt bzw. ob eine solche insbesondere an einer Highlight-Erstberichterstattung im Free-TV samstags erst nach 20:00 Uhr (Szenario II) scheitert. Der Ligaverband und DFL beabsichtigen, in die Ausschreibung der medialen Verwertungsrechte für die Spielzeiten ab 2013/2014 Regelungen aufzunehmen, die vom Bundeskartellamt bereits bei der letzten Vergabe geprüft und beanstandet worden sind. So soll ein Verwertungsszenario eine Highlight-Berichterstattung im Free-TV am Samstag vor 20:00 Uhr und ein anderes Szenario eine Highlight-Berichterstattung im Free-TV am Samstag nach 20:00 Uhr beinhalten. Zudem soll die Ausschreibung unterschiedliche Verwertungspakte für Free-TV und Pay-TV sowie - entsprechend dem ursprünglich für die Spielzeiten 2009/2010 bis 2011/2012 geplanten Vermarktungsmodell - für unterschiedliche Übertragungswege vorsehen. Schließt das Bundeskartellamt seine Prüfung mit einer Untersagungsverfügung ab, können der Ligaverband und DFL die Entscheidung im Wege der Anfechtungsbeschwerde gerichtlich überprüfen lassen. Mit einer abschließenden Entscheidung des Senates kann aus heutiger Sicht in weniger als 10 Monaten gerechnet werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Beschwerdeführer ihr Rechtmittel innerhalb der gesetzlichen Fristen begründen und im eigenen Interesse zur Förderung des Verfahrens beitragen.

Zwar setzt ein effektiver nachträglicher Rechtsschutz danach im Hinblick auf die oben genannten Zeiträume voraus, dass der Ligaverband und DFL die konkreten Ausschreibungsinhalte mehr als ein Jahr vor der beabsichtigten Ausschreibung der Verwertungsrechte - diese soll nach dem Vorbringen der Beschwerde in ihrem Schriftsatz vom 10.08.2009 (dort Seite 27 f.) spätestens im Frühjahr 2012 erfolgen - festlegen und das Amt hierüber rechtzeitig unterrichten. Allerdings deutet nichts darauf hin und ist von den Beschwerdeführern trotz ausführlicher Erörterung in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht worden, dass eine solche frühzeitige Planung und Unterrichtung des Bundeskartellamtes nicht möglich oder zumutbar ist.

2.

Auch die Beschwerdeanträge zu 2 und 4 sind nicht zulässig. Es bedarf insofern keiner Entscheidung, ob vorbeugender Rechtsschutz überhaupt in Form einer vorbeugenden Feststellungsbeschwerde verfolgt werden kann. Jedenfalls ist ebenso wie bei einer vorbeugende Unterlassungsbeschwerde ein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse erforderlich. Ein solches ist vorliegend aber - wie bereits oben ausgeführt - nicht gegeben.

3.

Den Beschwerdeanträge zu 3 und 4 fehlt ungeachtet der obigen Ausführungen ein Rechtsschutzinteresse aber auch deshalb, weil zum jetzigen Zeitpunkt der konkrete Ausschreibungsinhalt des künftigen Vermarktungsmodells noch nicht feststeht und daher im Rahmen der nach Art. 81 Abs. 3 EG gebotenen Gesamtabwägung gar nicht beurteilt werden kann, ob eine Highlight-Erstberichterstattung über die Samstagsspiele der Bundesliga im Free-TV nach 20:00 Uhr verhindert, dass Verbraucher an den mit der Zentralvermarktung verbundenen Effizienzvorteilen angemessen beteiligt werden. Die Beschwerde selbst trägt in ihre Beschwerdeschrift (dort Seite 9, 33, 79) und in ihrem Schriftsatz vom 10.08.2009 (dort Seite 43) vor, dass das genaue Vermarktungsmodell für die Spielzeiten ab 2013/2014 noch nicht abschließend entwickelt worden ist.

II. Antrag zu 5

Auch der Beschwerdeantrag zu 5, mit dem die Beschwerdeführer festgestellt wissen möchten, dass "die öffentliche Androhung des Bundeskartellamtes, die zentrale Vermarktung von medialen Verwertungsrechten" für die Spielzeiten 2009/2010 bis 2011/2012 "förmlich zu untersagen, rechtswidrig war", ist nicht zulässig.

Die erhobene Feststellungsbeschwerde ist schon nicht statthaft. Darüber hinaus ist weder ein Feststellungsinteresse dargelegt, noch wäre der Antrag begründet.

1.

Das Kartellgesetz sieht eine allgemeine Feststellungsbeschwerde nicht vor. Ein Bedürfnis, sie neben dem gesetzlich geregelten nachträglichen Rechtsschutz und dem in der Rechtsprechung anerkannten Möglichkeiten der Leistungsbeschwerde und der vorbeugenden Unterlassungsbeschwerde anzuerkennen, besteht nicht (Senat WuW/E DE-R 1585 ff. Rn. 33.; Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GWB, 2. Aufl., § 63 Rn. 30 jeweils m.w.Nachw.).

2.

Dessen ungeachtet ist ein für die begehrte Feststellung erforderliches Rechtsschutzinteresse nicht dargelegt. Dies gilt jedenfalls, soweit es der Beschwerde darum geht, mit Blick auf künftige Ausschreibungen die materielle Rechtmäßigkeit der im Sommer 2008 angekündigten Untersagungsentscheidung überprüfen zu lassen. Ein Feststellungsinteresse scheitert daran, dass die zwischen den Beteiligten strittigen Punkte bei einer Untersagung des zukünftigen Vermarktungsmodells mit der Anfechtungsbeschwerde gerichtlich geklärt werden können. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen oben unter I. verwiesen.

3.

Auch soweit die Beschwerde - unabhängig von der inhaltlichen Richtigkeit der angekündigten Untersagung - festgestellt wissen möchte, dass die öffentliche Ankündigung einer Untersagung als solche rechtswidrig war, hätte der Beschwerdeantrag - seine Zulässigkeit unterstellt - keinen Erfolg. Es ist nicht im Ansatz zu erkennen und von den Beschwerdeführerinnen auch nicht aufgezeigt, gegen welche Grundsätze oder Vorschriften das Bundekartellamt durch ihre öffentliche Bekanntmachung verstoßen haben soll. Die Beschwerde macht lediglich geltend, das Bundeskartellamt habe gegen rechtsstaatliche Grundsätze verstoßen, ohne dies näher zu konkretisieren. Hierfür ist aber nichts ersichtlich. Das Vermarktungsmodell war seit Anfang des Jahres 2008 Gegenstand einer ausführlichen Berichterstattung in der Presse wie insbesondere die vom Bundeskartellamt als Anlagen B1 - B5 zur Beschwerdeerwiderung vorgelegten Artikel belegen. Bei dieser Sachlage bestand ein erhebliches Informationsinteresse eines großen Teils der Bevölkerung, dem das Bundeskartellamt dadurch Rechnung getragen hat, dass es seinen Standpunkt im Rahmen einer Pressekonferenz und einer Presseerklärung bekannt gegeben hat.

III. Antrag zu 6

Die mit dem Antrag zu 6 geltend gemachte Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde (§ 71 Abs. 2 Satz 2 GWB) hat gleichfalls keinen Erfolg.

Zwar ist nach der Rechtsprechung eine nachträgliche Anfechtungsbeschwerde mit einem Feststellungsantrag nach § 71 Abs. 2 Satz 2 GWB zulässig, wenn sich die Hauptsache bereits vor Einlegung der Beschwerde erledigt hat (Kollmorgen in Langen/Bunte, aaO., § 71 Rn. 33 m.w.Nachw.). Voraussetzung für die Zulässigkeit ist aber eine erledigte kartellbehördliche Verfügung, da mit der Beschwerde die Rechtswidrigkeit dieser Verfügung festgestellt werden soll.

Hieran fehlt es vorliegend. Das Bundeskartellamt hat im Sommer 2008 keine Untersagungsverfügung erlassen, deren Rechtswidrigkeit festgestellt werden könnte. Eine förmliche und mit einer Rechtmittelbelehrung versehene Untersagungsverfügung liegt nicht vor. Anders als die Beschwerde meint, können auch weder die Presseerklärungen des Bundeskartellamtes noch die Schreiben der zuständigen Beschlussabteilung einzeln oder in ihrer Gesamtheit als kartellbehördliche Verfügung im Sinne von § 63 Abs. 1 GWB qualifiziert werden. Zutreffend macht das Bundeskartellamt in diesem Zusammenhang geltend, dass das Statement des Präsidenten vom 24. Juli 2008 (Anlage K22), die Pressemitteilung vom gleichen Tag (Anlage K24) und das Hintergrundpapier zur Pressekonferenz (Anlage K23) ihrem Erscheinungsbild nach weit von der typischen Form einer Untersagungsverfügung entfernt sind, zumal Verfasser der Erklärungen und Schriftstücke der Präsident des Bundeskartellamtes bzw. die Pressestelle und nicht die für eine Entscheidung zuständige 6. Beschlussabteilung ist. Auch die Schreiben des Vorsitzenden der zuständigen Beschlussabteilung vom 15. Juli 2008 (Anlage K19), 23. Juli 2008 (Anlage K21) und 15.August 2008 (Anlage K25) erwecken weder der Form noch dem Inhalt nach den Eindruck einer Untersagungsverfügung. Die Schreiben enthalten keinen förmlichen Ausspruch. Sie sind nur von dem Vorsitzenden und nicht von den übrigen Mitgliedern der Beschlussabteilung unterzeichnet. Eine Rechtsmittelbelehrung ist nicht beigefügt. Auch der Inhalt der jeweiligen Schreiben, auf den in vollem Umfang Bezug genommen wird, lässt nicht im Ansatz den Eindruck entstehen, dass es sich hierbei um eine verfahrensabschließende Untersagungsverfügung handeln könnte.

IV. Antrag zu 7

Mit dem Beschwerdeantrag zu 7 begehren die Beschwerdeführer schließlich die Feststellung, dass das Bundeskartellamt nach Vorlage des abschließenden Vermarktungsmodells für die Spielzeiten 2009/2010 bis 2011/2012 und Annahme seiner Kartellrechtswidrigkeit verpflichtet war, eine rechtsmittelfähige Entscheidung zu erlassen. Dieser Antrag ist bereits deshalb unzulässig, weil eine allgemeine Feststellungsklage nicht statthaft ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen oben unter II. Bezug genommen. Zudem ist aber auch ein Rechtsschutzinteresse an der begehrten Feststellung nicht ersichtlich. Das Bundeskartellamt hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass es an seiner vom Vorsitzenden der zuständigen Beschlussabteilung geäußerten Rechtsansicht zur Begehungsgefahr nicht festhält, sondern sich den diesbezüglichen Ausführungen des Senates anschließt. Ferner hat das Amt zum Ausdruck gebracht, dass es bei dem zukünftig zur Prüfung anstehenden Vermarktungsmodell für die Spielzeiten ab 2013/2014 eine Abstellverfügung erlassen wird, sobald ihm ein konkretes, der abschließenden Prüfung zugängliches Vermarktungsmodell vorgelegt wird und die kartellrechtliche Prüfung die Kartellrechtswidrigkeit des Vermarktungsmodells zum Ergebnis hat.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 78 Satz 1 und 2 GWB.

D.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 74 Abs. 2 GWB) sind nicht erfüllt. Es ist höchstrichterlich geklärt, unter welchen Voraussetzungen vorbeugender Rechtsschutz vor den Kartellgerichten statthaft ist. Besonderheiten, die zur Rechtsfortbildung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordern, weist der Streitfall nicht auf.

Ende der Entscheidung

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