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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 06.09.2006
Aktenzeichen: VI-Kart 13/05 (V)
Rechtsgebiete: GWB, GKG, ZPO


Vorschriften:

GWB § 54 Abs. 2
GWB § 54 Abs. 2 Nr. 3
GWB § 63 Abs. 2
GWB § 74 Abs. 4
GWB § 78
GKG § 50 Abs. 1 S. 1
ZPO § 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I.

Die Beschwerde der Beigeladenen zu 3 gegen den Beschluss des Bundeskartellamts vom 27. Juni 2005 (B 4-67110-Fa-09/05) wird als unzulässig verworfen.

II.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der dem Bundeskartellamt und der Beteiligten zu 1 in diesem Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

III.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

IV.

Der Beschwerdewert wird auf 100.000 € festgelegt.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1 (D.) ist ebenso wie die Beteiligte zu 2 (L.) im Bereich der Organisation des Wertpapierhandels und damit verbundener Dienstleistungen tätig. Die Beteiligte zu 1 ist privater Träger der F. W. (F.). Zwischen der Geschäftsführung der F. und dem Vorstand der Beteiligten zu 1 besteht zum Teil Personenidentität.

Anfang des Jahres 2005 meldete die Beteiligte zu 1 beim Bundeskartellamt ihre Absicht an, sämtliche Anteile an der Beteiligten zu 2 zu erwerben. Nach Eintritt in das Hauptprüfungsverfahren und Beiladung der weiteren Verfahrensbeteiligten gab das Bundeskartellamt mit Beschluss vom 27. Juni 2005 das angemeldete Zusammenschlussvorhaben frei, weil von ihm weder die Begründung noch die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung auf den sachlich und räumlich betroffenen sieben Märkten (Börsennotierung, Organisierter Börsenhandel, Terminmarkt, Börseninformationsprodukte, IT-Lösungen für Wertpapiermärkte, Clearing und Settlement) zu erwarten sei.

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beigeladene 3, eine in Deutschland ansässige und an der F. und der L. notierte Aktiengesellschaft, mit der Beschwerde, mit der sie die Aufhebung der Freigabeentscheidung begehrt. Zur Zulässigkeit ihrer Beschwerde und insbesondere zum Rechtsschutzbedürfnis macht sie geltend, sie sei durch die Freigabeentscheidung in ihren wirtschaftlichen Interessen nachteilig berührt und damit materiell beschwert. Dies gelte zunächst für den Markt für die Börsennotierung. Sie sei als Emittentin von Aktien Teil der Marktgegenseite und auf die Notierung ihrer Aktien im amtlichen Handel angewiesen. Jedoch sei der Markt für die Börsennotierung entgegen den Ausführungen des Bundeskartellamts nur für die im Inland ansässigen Aktiengesellschaften bei einer angestrebten Primärzulassung national abzugrenzen. Für Aktiengesellschaften, die eine (primäre oder sekundäre) Börsennotierung im Ausland anstrebten, sei der Markt hingegen europaweit abzugrenzen. Sie selbst sei ein internationales Unternehmen, weshalb sie dem europaweit abzugrenzenden Markt zuzurechnen sei. Bei Verwirklichung des Zusammenschlusses werde der bisher von der Beteiligten zu 2 ausgehende Wettbewerbsdruck entfallen; dies werde sich negativ auf die Gebühren für das Listing und die jährlichen Börsennotierungsgebühren auswirken.

Auch auf dem Markt für die Organisation des Börsenhandels sei sie durch die Freigabe des angemeldeten Zusammenschlusses nachteilig betroffen. Zwar übe sie nicht die Funktion eines an der Börse zugelassenen Handelsteilnehmers aus. Dies sei aber auch nicht erforderlich. Negative Veränderungen der Wettbewerbsstrukturen auf dem Markt für die Organisation des Börsenhandels wirkten sich unmittelbar auch auf den Markt für die Börsennotierung aus und umgekehrt. Die Beteiligte zu 1 entscheide über die Emissions- und Investorenbedingungen und damit zugleich über die Nachfrage des Börsenhandels und die Kapitalmarktfähigkeit des Emittenten.

Überdies sei sie durch den Zusammenschluss auf dem Markt für Börseninformationsprodukte nachteilig betroffen. Es sei eine Vereinheitlichung der Börsenindizes zu erwarten, die sich wiederum nachteilig auf den Investorenmarkt auswirke.

Die Beigeladene zu 3 beantragt,

den Beschluss des Bundeskartellamts vom 27. Juni 2005 (B 4-67110-Fa-09/05) aufzuheben.

Das Bundeskartellamt und die Beteiligte zu 1 beantragen,

die Beschwerde kostenpflichtig zu verwerfen.

Das Bundeskartellamt hält die Beschwerde der Beigeladenen zu 3 mangels Rechtsschutzbedürfnis für unzulässig. Sie sei durch die Entscheidung nicht materiell beschwert. Im übrigen habe sich die angefochtene Verfügung zwischenzeitlich erledigt, weil die Beteiligte zu 1 von dem angemeldeten Vorhaben nach Abschluss des Kartellverwaltungsverfahrens im Laufe des Jahres 2005 endgültig Abstand genommen habe, wie sich aus verschiedenen Zeitungsmeldungen ergäbe.

Auch nach Auffassung der Beteiligten zu 1 ist die Beschwerde der Beigeladenen zu 3 unzulässig, weil sie durch die Freigabeentscheidung nicht in ihren wettbewerblichen Interessen nachteilig betroffen sei. Im übrigen tritt sie dem Vorbringen, die Verfügung habe sich zwischenzeitlich erledigt, entgegen.

II.

Die Anfechtungsbeschwerde der Beigeladenen zu 3 gegen die Freigabeverfügung des Bundeskartellamts vom 27. Juni 2005 hat keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist nicht zulässig. Der Beschwerdeführerin fehlt das für die Zulässigkeit erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Sie ist durch die Freigabe des angemeldeten Zusammenschlussvorhabens nicht materiell beschwert.

1.

Der Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses der Beigeladenen zu 3 an einer gerichtlichen Überprüfung der Freigabeentscheidung des Bundeskartellamts steht jedoch nicht entgegen, dass das angemeldete Vorhaben bisher nicht verwirklicht worden ist. Die angefochtene Verfügung hat sich - anders als das Bundeskartellamt meint - nicht zwischenzeitlich erledigt. Weder hat die Beteiligte zu 1 das angemeldete Vorhaben, sämtliche Anteile an der Beteiligten zu 2 zu erwerben, nach Abschluss des kartellbehördlichen Verwaltungsverfahrens im weiteren Verlauf des Jahres 2005 endgültig aufgegeben, noch ist die Freigabe des Zusammenschlusses durch Zeitablauf verbraucht.

a.

Die Beteiligte zu 1 hat nach Erlass der kartellbehördlichen Verfügung von der Verwirklichung des angemeldeten Vorhabens nicht durch eine verbindliche Erklärung Abstand genommen, so wie es nach der vom Bundeskartellamt selbst zitierten Entscheidung des Kammergerichts (WuW/E OLG 5364, 5369 f. - HaGE Kiel) Voraussetzung für eine endgültige Aufgabe des Zusammenschlussvorhabens ist. Die vom Bundeskartellamt in seiner Beschwerdeerwiderung angeführten Umstände lassen auch in einer Gesamtschau einen solchen Schluss nicht zu.

Den vorgelegten Zeitungsartikeln lässt sich nicht entnehmen, dass der Vorstand oder Aufsichtsrat der Beteiligten zu 1 eine abschließende Entscheidung des Inhalts getroffen hat, von einer Übernahme der Beteiligten zu 2 endgültig Abstand zu nehmen. Zwar haben sich der Vorstandsvorsitzende F. der Beteiligte zu 1 und auch der Vorsitzende des Aufsichtsrats V. laut einem Artikel in der F. T. D. vom 17.01.2006 zur Konsolidierung der europäischen Börsen in dem Sinne geäußert, dass eine solche eher in Form von Kooperationen und Partnerschaften läge als in sog. feindlichen Übernahmen. Diese Äußerungen bedeuten aber nicht, dass die Beteiligte zu 1 keinesfalls mehr von ihrer Option, ein mögliches Barangebot für die Beteiligte zu 2 für den Fall abzugeben, dass Euronext oder eine andere dritte Partei ein Angebot für die Beteiligte zu 2 abgibt, wie es in der Ad-hoc-Mitteilung vom 14. März 2005 heißt, Gebrauch machen will. Dies gilt um so mehr, als die Beteiligte zu 1 offenbar in einer weiteren Ad-hoc-Mitteilung vom 15. März 2006 an dieser Option weiter festgehalten hat, wie sich aus dem Schriftsatz der Beteiligten zu 1 vom 20. März 2006 ergibt. Aus diesem Grund kann auch das Interesse der Beteiligten zu 1 an einer - inzwischen wohl gescheiterten - Fusion mit der Vierländerbörse E. nicht dahingehend verstanden werden, dass von einer Übernahme der Beteiligten zu 2 endgültig Abstand genommen worden ist. Dass die Beteiligte zu 1 die Übernahme der Beteiligten zu 2 derzeit nicht aktiv betreibt, lässt allenfalls auf eine vorübergehende Abstandnahme nicht aber auf eine endgültige Aufgabe des Vorhabens schliessen.

b.

Die Wirksamkeit der Freigabeentscheidung ist auch nicht durch Zeitablauf zwischenzeitlich entfallen, so dass bereits aus diesem Grund keine belastenden Wirkungen mehr von der Freigabe des bisher nicht vollzogenen Vorhabens ausgehen können.

Der Freigabe eines Zusammenschlussvorhabens liegt in der Regel ein Prognosezeitraum des Amtes von etwa drei bis fünf Jahren zu Grunde, wenn nicht die Besonderheiten der betroffenen Märkte eine kürzere Zeitspanne nahelegen (KG Berlin WuW/E OLG 5495, 5496 - Vorratsanmeldung). Für die Dauer dieses Zeitraums ist die Freigabe des angemeldeten Vorhabens wirksam, es sei denn, die der Verfügung zu Grund gelegten Rahmenbedingungen haben sich insbesondere im Hinblick auf die Struktur der von der Fusion betroffenen Märkte während dieser Zeitspanne entscheidend geändert. In diesem Fall verliert die Freigabe ihre Wirksamkeit und der bisher nicht vollzogene Zusammenschluss muss erneut beim Bundeskartellamt angemeldet werden.

Eine solche Situation liegt hier aber nicht vor. Seit der Freigabeentscheidung am 27. Juni 2005 sind keine wesentlichen Strukturveränderungen auf den betroffenen Märkten eingetreten, worauf die Beteiligte zu 1 vom Bundeskartellamt unwidersprochen hingewiesen hat.

2.

Der Beigeladenen zu 3 fehlt jedoch das für die Zulässigkeit ihrer Beschwerde erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil sie durch die angefochtene Freigabe nicht materiell beschwert ist.

a.

Ohne Erfolg macht die Beschwerdeführerin geltend, für die Zulässigkeit der Beschwerde komme es nicht auf eine materielle Beschwer des Beschwerdeführers an, solange er nach §§ 63 Abs. 2, 54 Abs. 2 GWB am Verwaltungsverfahren beteiligt war.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Senates reicht die Beteiligteneigenschaft allein nicht aus, um die Beschwerdebefugnis zu begründen. Es müssen darüber hinaus auch die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sein, zu denen insbesondere die notwendige Beschwer des Rechtsmittelführers in formeller und materieller Hinsicht gehört (BGH WuW DE-R 1163, 1165 - HABET/Lekkerland; BGH WuW/E BGH 1562, 1564 - Air-Conditioning-Anlagen; BGH WuW/E BGH 2077, 2078 f. - Coop Supermagazin; OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 759, 762 - Net Cologne; Beschluss vom 16. November 2005, Az.: VI - Kart 11/05 (V), Beschlussumdruck Seite 6).

b.

Eine materielle Beschwer der Beigeladenen zu 3 kann auch nicht deshalb ohne weitere Prüfung bejaht werden, weil das Bundeskartellamt in seinem Beiladungsbeschluss vom 16. Februar 2005 eine erhebliche Interessenberührung der Beigeladenen zu 3 durch einen Zusammenschluss der Beteiligten zu 1 und 2 bejaht hat.

Die für die Beiladung nach § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB erforderliche erhebliche Interessenberührung des Antragstellers ist mit dem Erfordernis der materiellen Beschwer nicht inhaltsgleich. Dies ergibt sich schon allein daraus, dass nach der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch der nach § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB Beigeladene nur dann zulässigerweise Beschwerde einlegen kann, wenn er durch die angefochtene Verfügung formell und materiell beschwert ist. Wäre die erhebliche Interessenberührung aber mit der materiellen Beschwer gleichzusetzen, wäre es nicht erforderlich, die Zulässigkeit der Beschwerde auch von einer materiellen Beschwer abhängig zu machen. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 10. April 1984 (BGH WuW/E BGH 2077, 2081 - Coop-Supermagazin) überdies ausdrücklich den Unterschied zwischen den Beiladungsvoraussetzungen und dem Erfordernis der materiellen Beschwer herausgestellt und ausgeführt, für die Beiladung sei ausreichend, dass lediglich wirtschaftliche Interessen berührt werden, während die materielle Beschwer darüber hinaus erfordere, dass "dem materiellen Anliegen des Dritten durch den rechtskräftigen Inhalt der angefochtenen Entscheidung nicht entsprochen worden sei, der Entscheidungsinhalt also nachteilige Wirkungen für ihn habe". Nach ständiger Rechtsprechung des Senates folgt hieraus, dass die für die materielle Beschwer erforderliche Betroffenheit des Dritten aus der drohenden Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen auf dem relevanten Markt resultieren und der Dritte daher durch die Freigabe in seinem eigenen unternehmerischen und wettbewerblichen Betätigungsfeld und Gestaltungsspielraum auf dem relevanten Markt - durch drohende negative Veränderungen der Wettbewerbsbedingungen - nachteilig betroffen sein muss (OLG Düsseldorf WuW DE-R 759, 764 - Net Cologne; Beschluss vom 16. November 2005, Az.: VI - Kart 11/05 (V), Beschlussumdruck Seite 6). Ob die Beigeladene zu 3 durch die Freigabe in ihren wettbewerblichen Interessen nachteilig betroffen ist, ergibt sich aus dem Beiladungsbeschluss vom 16. Februar 2005 nicht. Er trifft hierüber keine Aussage.

c.

Die Beigeladene zu 3 ist durch die angefochtene Freigabeentscheidung nicht nachteilig in ihrem eigenen unternehmerischen und wettbewerblichen Betätigungsfeld und Gestaltungsspielraum auf den relevanten Märkten betroffen.

Das pauschale Vorbringen der Beigeladenen zu 3, die bei einer Verwirklichung des Zusammenschlussvorhabens eintretende Strukturveränderung auf dem "Markt für Börsenplatzbetreiber" berühre zwingend ihre wirtschaftlichen Interessen als Emmittentin von Aktien, weil die Beteiligte zu 1 über die Emmissions- und Investorenbedingungen entscheide und ein Zusammenschluss der Beteiligten zu 1 und 2 nachteilige Auswirkungen auf die Gebühren für das Listing, die jährlichen Börsennotierungsgebühren und die Aufnahme eines Unternehmens in bestimmte Handelssegmente und Indizes habe, rechtfertigt die Annahme einer materiellen Beschwer nicht. Wie bereits ausgeführt ist Voraussetzung einer materiellen Beschwer, dass der Beschwerdeführer durch die Freigabe in seinem eigenen unternehmerischen und wettbewerblichen Betätigungsfeld und Gestaltungsspielraum auf dem relevanten Markt - durch drohende negative Veränderungen der Wettbewerbsbedingungen - nachteilig betroffen wird. Dies erfordert aber, dass sich die Beigeladene zu 3 und die Zusammenschlussbeteiligten auf zumindest einem der vom Zusammenschlussvorhaben betroffenen sachlichen und räumlichen Märkte, sei es als Wettbewerber oder als Teil der Marktgegenseite, begegnen, da die Beigeladene zu 3 durch den Zusammenschluss ansonsten nicht nachteilig in ihren wettbewerblichen Interessen betroffen sein kann. Die Beeinträchtigung allein wirtschaftlicher Interessen reicht nicht aus.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend indes nicht erfüllt. Weder auf dem Markt für die Börsennotierung von Aktien noch auf dem Markt für den organisierten Börsenhandel sowie dem Markt für Börseninformationsprodukte ist die Beigeladene zu 3 durch drohende negative Veränderung der Wettbewerbsbedingungen in ihren wettbewerblichen Interessen nachteilig betroffen.

aa.

Die Beigeladene zu 3 ist durch den Zusammenschluss selbst dann nicht in ihren wettbewerblichen Interessen nachteilig betroffen, wenn der Markt für die Börsennotierung von Aktien abweichend von den Feststellungen des Bundeskartellamts abzugrenzen ist. Das Bundeskartellamt hat einen eigenständigen auf das Bundesgebiet beschränkten Markt für die Börsennotierung von Wertpapieren (mit Ausnahme von Schuldverschreibungen (Bonds)) angenommen, auf dem sich die um Zulassung zum Handel nachsuchenden Emittenten der Wertpapiere als Nachfrager und die Börsen als Anbieter der Zulassungsverfahren gegenüberstehen. Die Beigeladene zu 3 macht unter Hinweis auf den Report der C. C. (Anlage 36, Ziffer 4.14) geltend, dieser Markt sei in sachlicher Hinsicht weiter danach zu unterteilen, ob es um die Notierung inländischer Aktien oder Aktien ausländischer Aktiengesellschaften gehe (vgl. Seite 12 des SS v. 29.11.2005). Nur im zuerst genannten Fall sei der Markt national abzugrenzen, während der Markt für die Notierung von Aktien ausländischer Aktiengesellschaften, die entweder eine hauptsächliche (primäre) oder eine zusätzliche (sekundäre) Notierung außerhalb ihres Sitzlandes suchen, europaweit abzugrenzen sei. Soweit die Beigeladene zu 3 in ihrem Schriftsatz vom 29. Mai 2006 und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat abweichend zu ihrem bisherigen Vorbringen vorgetragen hat, für "internationale Unternehmen" wie die Beigeladene zu 3 sei der Markt für die Börsennotierung von Aktien für die Primär- und Sekundärnotierung europaweit abzugrenzen, vermag der Senat sich diesen Ausführungen schon deshalb nicht anzuschließen, weil eine solche Marktabgrenzung im Report der C. C. (Anlage 36, Ziffer 4.14) nicht vorgenommen worden ist. Dort wird nicht zwischen internationalen und nicht internationalen Unternehmen unterschieden. Vielmehr wird dort, wie die Beigeladene zu 3 in ihrem Schriftsatz vom 29.11.2005 zutreffend ausgeführt hat, zwischen Aktiengesellschaften, die eine Erstzulassung in dem Land anstreben, in dem sie ihren Sitz haben (Heimatmarktprinzip), und jenen unterschieden, die um eine Erst- oder Zweitzulassung außerhalb ihres Sitzlandes nachsuchen. Es bedarf vorliegend jedoch keiner Entscheidung, ob der Markt für Börsennotierung so zu unterteilen ist, wie in dem Report der C. C. (Anlage 36, Ziffer 4.14) ausgeführt. Selbst wenn man diese Marktabgrenzung zu Grunde legt, hat der in Rede stehende Zusammenschluss keine nachteiligen Auswirkungen auf die wettbewerblichen Interessen der Beigeladenen zu.

So ist bereits zweifelhaft, ob sich die Beigeladene zu 3 als inländisches Aktienunternehmen und die Beteiligte zu 1 auf dem deutschlandweit abzugrenzenden Markt für die Börsennotierung inländischer Aktien überhaupt als Anbieter und Nachfrager von Notierungsdienstleistungen gegenüberstehen. Nicht die Beteiligte zu 1 als privater Träger der Börse sondern die Geschäftsführung der F. W. (F.) entscheidet in eigener Verantwortung über die amtliche Notierung von Wertpapieren (Listing-Entscheidung) und über die Festlegung der Gebühren für die Zulassung und Notierung (vgl. Beschluss des Amtes, Seite 32). Die Beteiligte zu 1 und auch der Börsenrat haben bei diesen Entscheidungen kein Mitspracherecht. Aber selbst wenn man aufgrund der personellen Verflechtung zwischen dem Vorstand der Beteiligten zu 1 und der Geschäftsführung der F. die Beteiligte zu 1 als Anbieter von Börsennotierungsdienstleistungen ansehen wollte, führt ein Zusammenschluss der Beteiligten zu 1 und 2 dennoch nicht zu einer negativen Veränderung der Wettbewerbsstrukturen auf dem deutschlandweiten Markt für die Börsennotierung inländischer Aktien. Die Beteiligte zu 2 ist auf diesem Markt nicht als Anbieter tätig. Der Zusammenschluss führt daher nicht zum Wegfall eines weiteren Anbieters und damit zu einer Verschlechterung der Wettbewerbsstrukturen. Geht aber von der Beteiligten zu 2 auf dem relevanten nationalen Markt kein Wettbewerbsdruck aus, kann ein solcher durch den Zusammenschluss auch nicht entfallen und die von der Beigeladenen zu 3 prognostizierten Gebührenerhöhungen nicht nach sich ziehen.

Auf einem europaweiten Markt für die Notierung von Aktien ausländischer Aktiengesellschaften werden die wettbewerblichen Interessen der Beigeladene zu 3 gleichfalls durch den Zusammenschluss nicht nachteilig betroffen. Es ist nicht erkennbar, dass der Zusammenschluss für die Beigeladene zu 3 als Nachfragerin von Börsennotierungen an ausländischen Börsen zu einer negativen Veränderung der Wettbewerbsstruktur auf diesem Markt führen wird. Die Beteiligte zu 1 steht insoweit nicht in einem Wettbewerbsverhältnis zur Beteiligten zu 2, denn sie nimmt an diesem Markt für im Inland ansässige Aktiengesellschaften nicht als Anbieter von Notierungsdienstleistungen teil. Der Zusammenschluss führt daher nicht zum Wegfall eines Wettbewerbers. Dass sich die Listingbedingungen in London nach dem Zusammenschluss verschlechtern werden, so wie die Beigeladene zu 3 befürchtet, vermag der Senat nicht zu erkennen, da die Beteiligte zu 2 nach Maßgabe der in Großbritannien geltenden Vorschriften in eigener Verantwortung über die Bedingungen zu entscheiden hat. Im übrigen führt eine Verschlechterung der Listingbedingungen nicht zu einer Beeinträchtigung der Beigeladenen zu 3 in ihrem eigenen unternehmerischen und wetttbewerblichen Betätigungsfeld und Gestaltungsspielraum als Aktienemittentin, die außerhalb von Deutschland um eine Börsenzulassung nachsucht. Sie wäre insoweit lediglich in ihren wirtschaftlichen Interessen nachteilig betroffen.

bb.

Auch auf dem Markt für die Organisation des börslichen Handels mit Wertpapieren (organisierter Börsenhandel) ist die Beigeladene zu 3 durch die Freigabe des Zusammenschlusses nicht nachteilig in ihren wettbewerblichen Interessen betroffen. Die Organisation des börslichen Handels mit Wertpapieren wird von den Handelsteilnehmern nachgefragt. Hierbei handelt es sich um Kreditinstitute, Finanzunternehmen und Finanzdienstleistungsinstitute. Die Beigeladene zu 3 gehört als Aktienemittentin selbst nicht zu den Handelsteilnehmern. Sie macht auch nicht geltend, dass sie eine Zulassung zum Handel anstrebt. Es sind vielmehr Dritte die ihre Aktien dort handeln. Die Beigeladene zu 3 kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine mittelbare Beeinträchtigung ihrer wettbewerblichen Interessen durch den in Rede stehenden Zusammenschluss berufen. Sie macht insoweit geltend, der Zusammenschluss führe zu einer Verschlechterung der Wettbewerbsstrukturen auf dem - ihrer Meinung nach europaweit abzugrenzenden - Markt für die Organisation des börslichen Handels. Dies habe negative Auswirkungen auf die Nachfrage des Börsenhandels und damit auf die Kapitalmarktfähigkeit des Emittenten. Dies bedeutet aber, dass sie hierdurch allein in ihren wirtschaftlichen Belangen beeinträchtigt wird; ihr wettbewerblicher Gestaltungsspielraum auf dem Markt für die Börsennotierung ist nicht betroffen.

cc.

Die Beigeladene zu 3 ist durch den Zusammenschluss ferner nicht auf dem Markt für Börseninformationsprodukte - hier: die Erstellung und Vertrieb von Börsenindizes -materiell beschwert. Die Beigeladene zu 3 ist nicht Marktteilnehmer. Sie selbst erstellt und vertreibt keine Börsenindizes. Auch fragt sie solche als Aktienemittentin nicht nach. Nachfrager sind die Anleger und Handelsteilnehmer. Soweit die Beigeladene zu 3 geltend macht, der Zusammenschluss der Beteiligten zu 1 und 2 lasse eine negative Vereinheitlichung der Börseninformationsprodukte erwarten, die sich nachteilig auf den Markt für Investoren und damit auf den Wert ihrer Aktie auswirke, wird die Beteiligte zu 3 allenfalls in ihren wirtschaftlichen nicht aber in ihren wettbewerblichen Interessen nachteilig betroffen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 78 GWB. Die Beigeladene zu 3 hat als im Beschwerdeverfahren unterlegene Partei die Gerichtskosten zu tragen. Es hat darüber hinaus aus Gründen der Billigkeit dem obsiegenden Bundeskartellamt und der Beteiligten zu 1 die ihnen im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gemäß § 50 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO bemisst sich im Verfahren über Beschwerden gegen Verfügungen der Kartellbehörden der Gegenstandswert nach dem wirtschaftlichen Interesse, welches die beschwerdeführenden Parteien mit ihrem Rechtsmittel verfolgen. Dieses Interesse hat der Senat nach Befragung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung mit 100.000 € beziffert.

IV.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Anlass. Der Streitfall wirft keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf (§ 74 Abs. 2 Nr. 1 GWB). Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 74 Abs. 2 Nr. 2 GWB).

Ende der Entscheidung

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