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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 19.06.2006
Aktenzeichen: VI-Kart 4/06 (OWi)
Rechtsgebiete: GWB, OWiG


Vorschriften:

GWB § 1
GWB § 38 Abs. 1
GWB § 38 Abs. 1 Nr. 1
GWB § 38 Abs. 4
GWB § 38 Abs. 5
GWB § 81 Abs. 1
GWB § 81 Abs. 1 Nr. 1
GWB § 81 Abs. 2
GWB § 81 Abs. 2 Satz 1 1. Alt.
GWB § 81 Abs. 3 Satz 1
GWB § 81 Abs. 3 Satz 2
GWB § 81 Abs. 8 Satz 1
OWiG § 4 Abs. 1
OWiG § 4 Abs. 2
OWiG § 4 Abs. 3
OWiG § 14 Abs. 1 Satz 1
OWiG § 17 Abs. 1
OWiG § 17 Abs. 2
OWiG § 31 Abs. 2 Nr. 1
OWiG § 78 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Gegen den Betroffenen W. wird wegen vorsätzlichen Sich-Hinwegsetzens über die Unwirksamkeit eines nach § 1 GWB i.d.F. vom 20.02.1990 unwirksamen Vertrages eine Geldbuße in Höhe von 25.000 (fünfundzwanzigtausend) Euro festgesetzt.

II. Gegen den Betroffenen S. wird wegen vorsätzlichen Sich-Hinwegsetzens über die Unwirksamkeit eines nach § 1 GWB i.d.F. vom 20.02.1990 unwirksamen Vertrages und vorsätzlichen Zuwiderhandelns gegen das Verbot des § 1 GWB i.d.F. vom 26.08.1998 eine Geldbuße in Höhe von 150.000 (einhundertfünfzigtausend) Euro festgesetzt.

III. Die Betroffenen haben die Kosten des Verfahrens und ihre notwendigen Auslagen zu tragen.

Angewandte Vorschriften: §§ 38 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 und 1 GWB i.d.F. vom 20.02.1990, §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 und 1 GWB i.d.F. vom 26. 08.1998.

Gründe:

I.

Der Betroffene zu 1. war vom 28. Februar 1991 bis zum 21. Juni 1999 Prokurist der "P. U. GmbH & Co. KG" (nachfolgend: "P. U. KG") und anschließend bis zum Jahr 2005 Prokurist der "P. U. GmbH", welche die Geschäfte der "P. U. KG" übernommen und fortgeführt hat. Als Leiter des Hauses S. war der Betroffene zu 1. in beiden Unternehmen für den Vertrieb (u.a.) im Raum H. verantwortlich und in dieser Position Vorgesetzter des für das Verkaufsgebiet H. zuständigen (kommissarischen) Niederlassungsleiters G.. Dieser hatte bei der Führung der Niederlassung und dem Agieren am Markt freie Hand, stimmte allerdings seine Marktstrategie mit dem Betroffenen zu 1. ab.

Der Betroffene zu 2. war zwischen Januar 1987 und Dezember 1995 als Prokurist der "D. & Co. P. GmbH & Co. KG" (nachfolgend: "D. KG") tätig. Seit dem 19. Dezember 1995 ist er einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft der "D. KG" und als solcher für den Vertrieb des Unternehmens zuständig.

II.

A. Spätestens beginnend im Jahre 1996 kamen die im Vertriebsraum H. tätigen Papiergroßhändler überein, Mindestverkaufspreise für holzfreies Bilderdruckpapier im Lagergeschäft abzustimmen, wobei zwischen den Kartellmitgliedern von vornherein klar war, dass die Preisabsprache einer fortlaufenden Anpassung bedurfte. Anlass für die Preisabsprachen war, dass die aufgrund eines verschärften Wettbewerbs entstandenen Preise als ruinös empfunden wurden. An den Kartellabsprachen beteiligten sich die "G. S. & S. GmbH & Co. KG" (nachfolgend: "S. KG") und die "D. KG" als Marktführer in H., ferner die "P. U. KG" und die - aus einer Verschmelzung der Unternehmen "H. & F." und "S." hervorgegangene - "D. P." sowie die - inzwischen insolvent gewordene - "C.-Gruppe" einschließlich der selbständig geführten "R.-M.-GmbH". Die genannten Papiergroßhändler gehörten dem Preiskartell unterschiedlich lange an. Die "P. U. KG" war jedenfalls über das gesamte Jahr 1996 im Kartellkreis durch ihren Niederlassungsleiter G. vertreten. Dieser erweckte im Kartellkreis zumindest den Eindruck, sich an den Preisabsprachen zu beteiligen. Insgesamt nahm G. an 3 bis 5 Kartelltreffen teil. Über Gegenstand und Ergebnis dieser Treffen unterrichtete er den Betroffenen zu 1. jeweils zeitnah im Rahmen der üblichen wöchentlichen Dienstbesprechungen. Der Betroffene zu 1. erhob dem Niederlassungsleiter G. gegenüber keinerlei Einwände gegen eine Beteiligung an dem Preiskartell. Dem Betroffenen zu 1. war dabei bewusst, dass sich G. durch die Preisabsprachen vorsätzlich über unwirksame wettbewerbsbeschränkende Verabredungen hinwegsetzte; ihm war darüber hinaus klar, durch seine Billigung die Begehung der Kartellordnungswidrigkeit des Niederlassungsleiters G. zu erleichtern und zu unterstützen. Die "D. KG" war zumindest zwischen Januar 1996 und April 2000 Teilnehmer des Preiskartells. Sie wurde dort ausschließlich durch den Betroffenen zu 2. vertreten. Der Betroffene zu 2. war sich darüber im Klaren, an verbotenen Kartellabsprachen mitzuwirken und sich durch die Teilnahme an den Treffen über unwirksame wettbewerbsbeschränkende Verabredungen hinwegzusetzen.

B. Räumlich umfasste das Kartellgebiet den Großraum F.. Es reichte bis D., M., W., L. und F.. Der Raum K. lag außerhalb des Kartellgebiets. Die Kartelltreffen fanden - im Allgemeinen initiiert durch den Betroffenen zu 2. und den örtlichen Niederlassungsleiter der "S. KG", den anderweitig verfolgten Betroffenen S. - in unregelmäßigen mehrmonatigen Abständen statt. Sie dienten sowohl der Festlegung von Mindestverkaufspreisen als auch dem Vorhalt von Preisunterbietungen zwecks Verbesserung der Kartelldisziplin. Die Kartelldisziplin war über den gesamten Zeitraum schlecht; die Preisvereinbarungen wurden weitgehend nicht eingehalten.

III.

Die vorstehenden Feststellungen beruhen auf den Einlassungen der Betroffenen, soweit ihnen gefolgt werden konnte, ferner auf Zeugenaussagen sowie auf Urkunden, die der Senat gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 OWiG in die Hauptverhandlung eingeführt hat.

A. Die Positionen, welche die Betroffenen zu 1. und zu 2. in ihren Unternehmen bekleidet haben, sind durch die Handelsregisterauszüge betreffend die "P. U. GmbH & Co. KG" - HRA 85147, Amtsgericht Hamburg - (Bl. 43 ff. der Unternehmensakte B 10-32/00-U 9), die "P. U. GmbH" - HRB 67853, Amtsgericht Hamburg - (GA 58 ff.), die "D. & Co. P. GmbH & Co. KG" vom 2. Mai 2002 - HRA 9337, Amtsgericht Offenbach a.M. - (Bl. 9 ff. der Unternehmensakte B 10-32/00-U 17) und die "D.-F. Gesellschaft mbH" vom 2. Mai 2002 - HRA 9749, Amtsgericht Offenbach a.M. - (Bl. 7 f. der Unternehmensakte B 10-32/00-U 17), nachgewiesen.

Die Vertriebsverantwortung der Betroffenen ist darüber hinaus durch Zeugenaussagen belegt. Der Zeuge G. hat glaubhaft bekundet, dass der Betroffene zu 1. als Leiter des Hauses S. für den Vertrieb und die Marktstrategie der "P. U. KG" (u.a.) im Raum H. zuständig und in dieser Funktion sein Vorgesetzter bei der Leitung der für das Verkaufsgebiet H. zuständigen Niederlassung in K. bzw. F. gewesen ist. Der Zeuge D. hat glaubhaft angegeben, dass der Betroffene zu 2. in der Geschäftsführung der Komplementärgesellschaft der "D. KG" von Beginn an für den Vertrieb des Unternehmens zuständig war.

B. Die Feststellungen zu den Preisabsprachen und einer Kartellbeteiligung des Betroffenen zu 1. beruhen auf den Aussagen der Zeugen T., G., S. und K..

1. Die Zeugen T., G., S. und K. haben übereinstimmend und glaubhaft bekundet, dass es spätestens beginnend im Jahre 1996 zu Preisabsprachen zwischen den im Großraum H. tätigen Papiergroßhändlern gekommen und jedenfalls ein Mindestverkaufspreis für holzfreies Bilderdruckpapier im Lagergeschäft festgelegt worden ist. Beteiligt an diesen Preisabsprachen waren dabei - so haben die erwähnten Zeugen gleichfalls übereinstimmend angegeben - neben der "S. KG", der D. KG", der "D. P.", der C. Gruppe" und der "R.-M.-P." auch die "P. U. KG". Diese hat zumindest über das gesamte Jahr 1996 in der Person ihres Niederlassungsleiters G. - der zwischen Januar 1996 und August 1998 kommissarisch die für den Verkaufsraum H. zuständige Niederlassung der "P. U. KG" in K. bzw. F. geführt hat - an den Kartelltreffen teilgenommen. Das hat der Zeuge G. bei seiner Vernehmung durch den Senat bestätigt. Er hat nicht nur eingeräumt, sich beginnend 1996 über einen Zeitraum von 1 bis 1 1/4 Jahren an insgesamt 3 bis 5 Treffen des h. Kartellkreises beteiligt zu haben, sondern darüber hinaus auch zugegeben, dass auf jenen Kartellzusammenkünften Mindestverkaufspreise für holzfreies Bilderdruckpapier im Lagergeschäft abgestimmt worden sind. Zwar habe er - so hat der Zeuge G. weiter bekundet - diese Preislinien nicht akzeptieren wollen, weil er von dem Betroffenen zu 1. die Vorgabe erhalten habe, "Markt zu machen" und den Marktanteil der "P. U. KG" in H. zu vergrößern. Das habe er - so der Zeuge G. weiter - den anderen Kartellteilnehmern auch mitgeteilt, woraufhin diese versucht hätten, ihn umzustimmen. An dieser Darstellung, wonach die "P. U. KG" eine Teilnahme an den Preisabsprachen erklärtermaßen verweigert haben soll, hat der Zeuge im weiteren Verlauf seiner Aussage allerdings nicht festgehalten. Auf erneutes Befragen hat er sinngemäß ausgesagt: "Ich selbst bin zu den Treffen hingegangen, um den Ball flach zu halten und die Wettbewerber zu beruhigen sowie die Preise zu kennen". Der Zeuge hat damit eingeräumt, auf den Treffen zumindest vorgetäuscht zu haben, dass die "P. U. KG" sich an die Preisabsprachen halte.

Bestätigt wird die Richtigkeit dieser Sachdarstellung durch die Bekundungen der Zeugen T., K. und S.. Sämtliche Zeugen haben die "P. U. KG" ohne irgendeine Einschränkung als Teilnehmerin des h. Kartellkreises benannt. Keiner dieser Zeugen hat bekundet, die "P. U. KG" habe auf den Kartelltreffen oder bei anderer Gelegenheit den Preisabsprachen widersprochen und erklärt, sich nicht am Preiskartell beteiligen zu wollen. Entsprechendes haben auch die anderen vom Senat gehörten Zeugen nicht berichtet.

2. Zur Überzeugung des Senats ist ferner nachgewiesen, dass der Niederlassungsleiter G. den Betroffenen zu 1. auf den wöchentlich stattfindenden Geschäftsbesprechungen jeweils zeitnah und wahrheitsgemäß über den Inhalt und das Ergebnis der Kartellzusammenkünfte informiert hat. Dies hat der Zeuge G. glaubhaft berichtet und in diesem Zusammenhang erläuternd ausgeführt, dass der Betroffene zu 1. als Leiter des Hauses S. in übergeordneter Stellung für den Vertrieb und die Marktstrategie im hessischen Verkaufsraum mitverantwortlich gewesen sei. Aus diesem Grund - so hat der Zeuge weiter bekundet - habe er dem Betroffenen zu 1. wahrheitsgemäß über alle Treffen des Kartellkreises Bericht erstattet und mit ihm das Marktverhalten der "P. U. KG" in H. abgestimmt. Der Betroffene zu 1. habe zu keinem Zeitpunkt Anweisungen und Vorgaben für die Kartelltreffen gegeben oder zu einer weiteren Kartellteilnahme aufgefordert, ihm (dem Zeugen G.) andererseits eine Teilnahme an den Kartelltreffen aber auch nicht untersagt. Ebenso wenig habe der Betroffene zu 1. Vorgaben erteilt, wie die Niederlassung zu führen sei und man am Markt agieren solle. Abgestimmt worden sei mit dem Betroffenen zu 1. lediglich die allgemeine Marktstrategie.

C. Die Feststellungen zum Preiskartell und zu einer Kartellbeteiligung des Betroffenen zu 2. beruhen auf dessen geständiger Einlassung - soweit ihr gefolgt werden konnte - sowie den Bekundungen der Zeugen T. und S..

1. Der Betroffene zu 2. hat in der Hauptverhandlung eingeräumt, in den Jahren 1996 und 1997 an Preisabsprachen für den Verkauf von holzfreiem Bilderdruckpapier im Lagergeschäft teilgenommen zu haben. Das Geständnis ist glaubhaft. Es wird durch zahlreiche Zeugenaussagen gestützt. Die Zeugen T. und S. haben den Betroffenen zu 2. als denjenigen identifiziert, der in den Jahren 1996 und 1997 für die "D. KG" an den in Rede stehenden Preisabsprachen teilgenommen hat. Der Zeuge G., der sich nach eigenen Angaben mit Gewissheit im Jahr 1996 und möglicherweise auch noch Anfang 1997 für die "P. U." an den Preisabsprachen beteiligte, hat den Betroffenen zu 2. ebenfalls als Teilnehmer des Kartellkreises benannt.

2. Nach seiner Einlassung will der Betroffene zu 2. zwischen August und Oktober 1997 aus dem h. Kartellkreis ausgeschieden sein. Dafür seien - so hat er angegeben - drei Gründe ausschlaggebend gewesen. Zum einen seien im Herbst 1997 drei Versuche fehlgeschlagen, den Markt durch Preisabsprachen neu zu ordnen. Zum anderen seien die Kartellgespräche aus seiner Sicht ohnehin auf einer falschen Ebene geführt worden, weil er der einzige Geschäftsführer im Kreis von Niederlassungsleitern gewesen sei. Schließlich sei für ihn eine Zusammenarbeit mit Herrn K. - der 1998 als Nachfolger des Herrn G. die Leitung der h. Niederlassung der "P. U." übernommen habe - aufgrund bestehender Differenzen aus einem früheren Arbeitsverhältnis ohnehin nicht in Frage gekommen. Angesichts dieser Umstände habe er sich nach Herbst 1997 weder selbst um eine weitere Teilnahme an den Preisabsprachen bemüht noch sei er von den Wettbewerbern zu Kartelltreffen eingeladen worden. Vor diesem Hintergrund - so hat die Verteidigung in ihrem Plädoyer geltend gemacht - sei es bereits fraglich, ob der Kartellkreis nach Oktober 1997 überhaupt fortbestanden habe.

Die Einlassung des Betroffenen zu 2. ist nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme durch die Bekundungen der Zeugen T. und S. widerlegt.

a) Aufgrund der Angaben des Zeugen T. steht fest, dass das h. Preiskartell erst im April 2000 anlässlich einer bundesweiten Durchsuchungsaktion, die das Bundeskartellamt bei nahezu allen namhaften Papiergroßhändlern durchgeführt hat, beendet worden ist.

aa) Der Zeuge T. hat nach eigenen Angaben als Abteilungsleiter und später als Hauptabteilungsleiter Verkauf der "C.-Gruppe" sowohl an den Preisabsprachen in H. als auch an Preiskartellen in N.-W. und O. teilgenommen. Zur Dauer des h. Kartells hat der Zeuge angegeben, dass er sich erstmals 1996 an Preisabsprachen beteiligt und das Kartell erst durch die Durchsuchungsaktion des Bundeskartellamtes Anfang April 2000 sein Ende gefunden habe, wobei das letzte Kartelltreffen zu diesem Zeitpunkt bereits einige Monate zurückgelegen habe. An den Kartellabsprachen im h. Raum seien alle wesentlichen Wettbewerber beteiligt gewesen, nämlich die beiden Marktführer "S. KG" und "D. KG", ferner die "P. U." und die "D. P." sowie schließlich die "R.-M.-P.". Vertreten worden sei die "S. KG" durch ihren Niederlassungsleiter S., die "D. KG" durch den Betroffenen zu 2., die "P. U." durch den Niederlassungsleiter G. und möglicherweise auch durch den Niederlassungsleiter G., die "D. P." durch die Herren S. und S. sowie die "R.-M.-P." durch ihren Niederlassungsleiter K., wobei die Herren G. und S. nach seiner Erinnerung dem Kreis aber nicht bis zum Kartellende angehörten haben. Er selbst habe - so hat der Zeuge T. weiter ausgesagt - bis April 2000 an insgesamt 5 bis 7 Treffen teilgenommen. Anlass der Zusammenkünfte seien zum einen Anpassungen des verabredeten Mindestverkaufspreises an Preiserhöhungen der Papierindustrie und zum anderen das Bestreben gewesen, durch den Vorhalt von Preisunterbietungen die schlechte Kartelldisziplin zu verbessern.

Der Senat ist von der Richtigkeit dieser Angaben überzeugt. Der Zeuge T. hat bei seiner Vernehmung einen uneingeschränkt glaubwürdigen Eindruck hinterlassen. Er war ernsthaft bemüht, sich die in Rede stehenden Vorgänge in Erinnerung zu rufen und wahrheitsgemäß auszusagen. Sofern er - was angesichts des zwischenzeitlich verstrichenen Zeitraums von bis zu 10 Jahren verständlich ist - Einzelheiten nicht mehr sicher erinnern konnte, hat der Zeuge dies in seiner Aussage kenntlich gemacht. So hat er beispielsweise eingeräumt, heute keine konkrete Erinnerung mehr an den Ablauf und das Ergebnis der in den Jahren 1998 oder 1999 durchgeführten Kartelltreffen zu besitzen. Er hat ferner klargestellt, den genauen Zeitraum, über den der Niederlassungsleiter G. die "P. U." im h. Kartellkreis vertreten habe, nicht mehr angeben sowie Herrn G. nur mit einer 70-80%igen Sicherheit als Kartellvertreter der "P. U." erinnern zu können. Der Zeuge hat auch zum Ausdruck gebracht, dass er zwar eine Kartellbeteiligung der "R.-M.-P." als solche mit Gewissheit bekunden könne, eine Teilnahme dieses Unternehmens über den gesamten Kartellzeitraum bis April 2000 allerdings nicht sicher erinnere und lediglich aus der Tatsache herleite, dass der Niederlassungsleiter Kraft bis zur Aufdeckung des Kartells für den Vertrieb der "R.-M.-P." verantwortlich gewesen sei. Der Zeuge hat schließlich Erinnerungsschwächen bei der Frage kenntlich gemacht, wie lange Herr S. an den Kartelltreffen in H. teilgenommen habe.

Die Angaben des Zeugen T. zur Dauer des h. Kartells sind auch glaubhaft. Es ist nach Überzeugung des Senats ausgeschlossen, dass der Zeuge insoweit einem Irrtum erlegen ist. Zwar spricht manches für die Annahme, dass der Zeuge einige Einzelheiten des hessischen Preiskartells nicht mehr exakt erinnern konnte. Dies betrifft etwa seine Annahme, auch der Niederlassungsleiter G. habe die "P. U." im h. Kartellkreis vertreten. Der Zeuge G. hat bei seiner Einvernahme angegeben, das h. Vertriebsgebiet lediglich bis 1995 betreut und in seiner Funktion als Niederlassungsleiter nur an einem einzigen Kartelltreffen im Jahr 1993 oder 1994 teilgenommen zu haben. Bereits im Jahre 1996 habe er - so hat der Zeuge weiter bekundet - die n.-w. Niederlassung der "P. U." übernommen. Dieser vom Zeugen G. geschilderte zeitliche Ablauf wird durch die Feststellungen, die das Bundeskartellamt zum n.-w. Preiskartell getroffen hat, gestützt. Danach soll der Zeuge G. von Juni 1996 an (ausschließlich) an den Preisabsprachen im n.-w. Kartellkreis teilgenommen haben. Es kann vor diesem Hintergrund nicht ausgeschlossen werden, dass der Zeuge T. bei seiner Annahme, der Niederlassungsleiter G. sei ab 1996 Teilnehmer des h. Kartellkreises gewesen, irrt. Nicht mehr sicher erinnern konnte der Zeuge T. überdies, wie lange die Niederlassungs- bzw. Verkaufsleiter G., K. und S. dem h. Kartellkreis angehört haben. Die dargestellten Erinnerungsschwächen stellen indes die Verlässlichkeit der Angaben des Zeugen T. zur Dauer des h. Preiskartells nicht in Frage. Es liegt nach der Lebenserfahrung nahe, dass Zeugen nach Ablauf von 10 Jahren Details zu Vorgängen nicht mehr oder nicht mehr vollständig richtig erinnern können. Aus diesem Grund wäre es auch verständlich, falls der Zeuge T. bei der Rekonstruktion der h. Kartellteilnehmer bezüglich des Niederlassungsleiters G. geirrt haben sollte. Nachvollziehbar ist ebenso, dass der Zeuge den Zeitraum einer Kartellbeteiligung der Herren G., K. und S. nicht mehr mit Gewissheit angeben konnte. Aus alledem lässt sich jedoch nicht schließen, dass auch die Angaben des Zeugen zum Kartellende unzuverlässig sind. Wie der Zeuge T. plausibel angegeben hat, sind die regionalen Preiskartelle durch die Durchsuchungsaktion des Bundeskartellamtes im April 2000 zerschlagen worden. Hätten auf diesem Wege lediglich die Kartellkreise in N.-W. und O. ihr Ende gefunden und wäre der h. Kartellkreis bereits Jahre zuvor im Herbst 1997 von den Kartellteilnehmern selbst aufgelöst worden, hätte der Zeuge T. diesen gravierenden und zugleich markanten Unterschied zwischen den drei von ihm unterstützten Kartellkreisen mit Sicherheit noch in Erinnerung gehabt. Der Senat hat angesichts dessen keinen Zweifel, dass die Aussage des Zeugen T., wonach (auch) der h. Kartellkreis erst im April 2000 beendet worden ist, den Tatsachen entspricht.

bb) Gestützt wird diese Bekundung des Zeugen T. durch die Aussage des Zeugen S.. Dieser hat bis August 1998 das F. Verkaufsbüro der Firma "S." geführt und war in dieser Funktion Teilnehmer des h. Kartellkreises. Der Zeuge S. hat für die Dauer seiner Zugehörigkeit zum Kartellkreis nicht nur die Angaben des Zeugen T. zu den im Preiskartell vertretenen Papiergroßhandlungen bestätigt, sondern auch bekundet, dass das Kartell jedenfalls bis zu seinem Ausscheiden bei der Firma "S." im August 1998 fortbestanden habe.

cc) Die Angaben der Zeugen G., G., K., D., S. und S. stehen dem gefundenen Beweisergebnis nicht entgegen. Sämtliche genannten Zeugen haben zu der Frage, ob das h. Preiskartell über Herbst 1997 hinaus fortgeführt worden ist, keine Angaben machen können. Der Zeuge G. hat nach seinen Angaben nur im Jahr 1996 und möglicherweise noch Anfang 1997 an den Kartelltreffen teilgenommen. Zu der Frage, ob und wie lange der Kartellkreis nach seinem Ausscheiden noch bestanden habe, hat der Zeuge nichts aussagen können. Der Zeuge G. will lediglich an einem Kartelltreffen im Jahre 1993 oder 1994 teilgenommen und von den späteren Zusammenkünften der Papiergroßhändler nichts mehr bemerkt haben. Dass der Kartellkreis im Herbst 1997 beendet worden ist, hat er nicht bestätigt. Unergiebig sind in diesem Zusammenhang ebenso die Aussagen der Zeugen K. und D.. Der Zeuge K. will nach seinen Angaben erstmals im April 2000 von Preisabsprachen der h. Papiergroßhändler erfahren haben. Der Zeuge D. will bis Ende 1999 weder von einem h. Preiskartell noch davon erfahren haben, dass der Betroffene zu 2. - wie er eingeräumt hat - bis Herbst 1997 an den Preisabsprachen beteiligt gewesen ist. Dazu, wie lange jener Kartellkreis bestanden hat, war dem Zeugen D. nach seiner Aussage nichts bekannt. Gleiches gilt für die Zeugen S. und S.. Der Zeuge S. will nach eigenem Bekunden für die Firma "B." lediglich an einem einzigen Kartelltreffen, das irgendwann nach Aufdeckung eines Preiskartells durch die n.-w. Landeskartellbehörde Anfang der 90er Jahre stattgefunden haben soll, teilgenommen haben; der Zeuge S. will nur von 1996 bis Anfang 1997 an insgesamt 2 oder 3 Kartelltreffen teilgenommen haben. Beide Zeugen haben ausgesagt, über den Fortbestand und die Dauer des Kartellkreises keine weiteren Angaben machen zu können.

dd) Dem festgestellten Kartellende stünde schließlich nicht entgegen, dass einige Wettbewerber dem Kartellkreis möglicherweise bereits vor der Durchsuchungsaktion des Bundeskartellamtes ferngeblieben sind. Selbst wenn man davon ausgeht, dass - wie die Aussagen der Zeugen S., G. und K. nahe legen können - die Firmen "P. U.", "D. P." und R.-M.-P." spätestens ab Anfang bzw. Sommer 1998 nicht mehr im Kartellkreis vertreten waren, streitet dies nicht gegen den Fortbestand des Preiskartells bis zum April 2000. Wie (u.a.) die Zeugen K. und S. betont haben, ist der h. Kartellkreis gegründet worden, um den damals stattfindenden ruinösen Preiswettbewerb der Papiergroßhändler in H. zu beenden oder zumindest einzudämmen. Der Zeuge S. hat in diesem Zusammenhang von einem regelrechten Preisdumping, katastrophalen Großhandelspreisen und einem weithin aggressiven Preiskampf gesprochen, der vor allem durch das Bestreben einiger Großhändler verschärft worden sei, ihren Marktanteil massiv zu erhöhen. Wie sich aus den Bekundungen der Zeugen K. und G. ergibt, handelte es sich bei jenen expandierenden Unternehmen insbesondere um die Firmen "P. U." und "R.-M.-P.", wobei der Zeuge G. ergänzend ausgesagt hat, dass die "P. U." zwischen 1996 und 1998 ihren Marktanteil in der Region H. von rund 5 % auf circa 20 % habe ausbauen können. Diese Expansionsbestrebungen mussten mehr oder weniger zwangsläufig mit einer Unterschreitung der verabredeten Kartellpreise einhergehen. Denn der Wettbewerb der Großhändler beim Verkauf von Bilderdruckpapier findet in erster Linie über den Preis statt. Indes wurde dem Preiskartell weder durch die schlechte Kartelldisziplin der expandierenden Unternehmen noch durch deren etwaiges Fernbleiben von den Kartelltreffen die Grundlage entzogen. Aus der Sicht der verbleibenden Wettbewerber blieben die Preisabsprachen vielmehr unverändert ein geeignetes Mittel, den beklagten Preiswettbewerb einzuschränken, indem der harte Preiskampf zumindest zwischen ihnen eingedämmt wurde. Vor allem für die beiden marktführenden Großhändler "S. KG" und "D. KG" waren die Kartellwirkungen in diesem Fall unvermindert von Bedeutung.

b) Durch die Aussage des Zeugen T. ist ferner bewiesen, dass der Betroffene zu 2. dem h. Kartellkreis bis zum Schluss - also bis April 2000 - angehört hat.

aa) Der Zeuge hat angegeben, dass er selbst dem h. Kartellkreis bis zur Durchsuchungsaktion des Amtes im April 2000 angehört und dass nach seiner Erinnerung auch die "D. KG" in der Person des Betroffenen zu 2. bis zu diesem Zeitpunkt an den Preisabsprachen teilgenommen habe. Auf Vorhalt der Einlassung des Betroffenen zu 2., wonach dieser den Kartelltreffen spätestens ab Oktober 1997 ferngeblieben sein will, hat der Zeuge seine Aussage bekräftigt. Er hat - nachdem er sich die Vorgänge nochmals in Erinnerung gerufen hatte - sinngemäß angegeben: "Ich erinnere mich nicht, dass die Firma D. vorzeitig, und zwar schon Ende 1997, aus dem Kartellkreis ausgeschieden ist. Nach meiner Erinnerung war D. bis zum Schluss am Kartell beteiligt. Wenn dies tatsächlich anders gewesen sein sollte und ich die Dinge in diesem Punkt völlig falsch in Erinnerung habe sollte, würde mich dies sehr wundern. Im Übrigen war D. zusammen mit S. & S. Marktführer in H.. Welchen Sinn hätten die Kartelltreffen noch gehabt, wenn D. Ende 1997 aus dem Kartellkreis ausgeschieden wäre?"

Der Senat ist aufgrund dieser Aussage überzeugt, dass sich der Betroffene zu 2. für die "D. KG" bis April 2000 an den Preisabsprachen beteiligt hat. Dass sich der Zeuge T. in diesem Punkt irrt, ist ausgeschlossen. Dem Zeugen wäre das Ausscheiden eines der beiden marktführenden Unternehmen mit Sicherheit auch heute noch in Erinnerung, weil hierdurch das gesamte h. Preiskartell in Frage gestellt worden wäre.

bb) Die vom Zeugen D. bekundeten Äußerungen des Betroffenen zu 2. ziehen dessen bis zum Jahr 2000 fortdauernde Kartellteilnahme nicht in Zweifel. Selbst wenn der Betroffene zu 2. Ende 1999 den Vorschlag des Zeugen D. zur Bildung eines Preiskartells mit dem Bemerken zurückgewiesen haben sollte, es gebe hierfür keine geeigneten Gesprächspartner, und er ferner aus Anlass der Durchsuchungsaktion des Bundeskartellamtes dem Zeugen D. sinngemäß erklärt haben sollte "Gut, dass wir uns nicht an Preisabsprachen beteiligt haben", lässt sich daraus kein stichhaltiges Argument gegen die festgestellte Dauer der Kartellbeteiligung des Betroffenen zu 2. herleiten. Das gilt bereits deshalb, weil der Betroffene zu 2. den Zeugen D. in diesem Falle nicht wahrheitsgemäß informiert hätte. Obschon der Betroffene zu 2. nämlich in den Jahren 1996 und 1997 dem h. Kartellkreis angehörte, hätte er dem Zeugen D. gegenüber den unzutreffenden Eindruck erweckt, zu keinem Zeitpunkt Kartellmitglied gewesen zu sein. Dies hat der Zeuge D. auf Nachfrage bestätigt und ausgesagt, dass ihm eine zumindest zeitweise Teilnahme des Betroffenen zu 2. am h. Preiskartell nicht bekannt sei. Hat aber der Betroffene zu 2. schon seine Beteiligung am Kartell verschwiegen, so besagt seine vom Zeugen D. bekundete Äußerung "Gut, dass wir uns nicht an Preisabsprachen beteiligt haben" auch nichts für eine vorzeitige Beendigung der Kartellteilnahme.

3. Die festgestellte räumliche Ausdehnung des h. Kartells ist durch die entsprechenden Angaben des Zeugen T. nachgewiesen. Dessen Aussage wird durch die Bekundung des Zeugen K. bestätigt. Dieser hat ebenfalls angegeben, dass sich die im h. Regionalkartell getroffenen Preisabsprachen auf den Großraum F. bezogen haben.

IV.

A. Der Betroffene zu 1. hat sich aufgrund des festgestellten Sachverhalts einer vorsätzlichen Kartellordnungswidrigkeit gemäß §§ 38 Abs. 1 Nr. 1, 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 20.02.90 schuldig gemacht, indem er die Kartellteilnahme des Niederlassungsleiters G. gebilligt und unterstützt hat.

1. Der Zeuge G. hat sich dadurch, dass er als Niederlassungsleiter der "P. U. KG" mit regionaler Vertriebsverantwortung für den Großraum F. an den Kartellabsprachen teilgenommen hat, im Sinne von § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 20.02.90 vorsätzlich über die Unwirksamkeit einer nach § 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 20.02.90 rechtsungültigen wettbewerbsbeschränkenden Absprache hinweggesetzt.

Die im h. Kartellkreis getroffenen Preisabsprachen waren nach § 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 20.02.90 unwirksam, weil sie zu einer spürbaren - d.h. mehr als nur völlig belanglosen, unbedeutenden (vgl. BGH, WuW/E DE-R 115 - Carpartner) - Beeinträchtigung der Markt- und Wettbewerbsverhältnisse im Papiergroßhandel geeignet waren.

Durch seine Teilnahme an den Kartelltreffen hat sich der Niederlassungsleiter G. über die Ungültigkeit der getroffenen Preisabsprachen hinweggesetzt. Unter den Begriff des Hinwegsetzens fällt alles, was der Durchführung einer unwirksamen Absprache dient, also jede Tätigkeit, die darauf abzielt, dem kraft Gesetzes unwirksamen Vertrag gleichwohl Geltung zu verschaffen (BGH WuW/E 2661, 2662; BGH, wistra 1996, 180, 181; BGH WuW 352, 353 - Nullpreis II; Hennig in Langen/ Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 8. Aufl., § 38 Rdnr. 30; Tiedemann in Immenga/Mestmäcker, Kommentar zum GWB, 2. Aufl., § 38 Rdnr. 6). Im Entscheidungsfall ist dieses Tatbestandsmerkmal verwirklicht worden, weil G. auf den Treffen eine Beteiligung der "P. U. KG" an den Preisabsprachen zumindest vorgetäuscht hat. Hierdurch hat er nicht nur die anderen Teilnehmer der Treffen in ihrem kartellrechtswidrigen Tun bestärkt und auf diesem Wege den Fortbestand des Preiskartells gefördert, sondern zugleich unterstützt, dass die anderen Kartellteilnehmer bei ihrer Preiskalkulation zumindest teilweise die verabredeten Mindestverkaufspreise berücksichtigten (vgl. dazu BGH, WuW/E DE-R 1567/1568 - Berliner Transportbeton I). Davon ist bei lebensnaher Betrachtung auszugehen. Wären die abgesprochenen Verkaufspreise am Markt überhaupt nicht umgesetzt worden, hätte der Kartellkreis mit Sicherheit nicht über einen Zeitraum von mehr als 4 Jahren (1996 bis April 2000) Bestand gehabt.

Dem Niederlassungsleiter G. fällt auch Vorsatz zur Last. Er hat die den Kartellrechtsverstoß begründenden Tatsachen gekannt und zumindest billigend in Kauf genommen, dass durch sein Verhalten die Umsetzung der unwirksamen Preisabsprachen am Markt gefördert wird. Er hat als erfahrener Kaufmann auch gewusst, dass der Abschluss einer Preisabsprache gegen das Kartellgesetz verstößt.

2. Indem der Betroffene zu 1. die Teilnahme des Niederlassungsleiters G. an den Kartelltreffen gebilligt und hierdurch dessen Kartellordnungswidrigkeit erleichtert und unterstützt hat, hat er sich an dessen vorsätzlichem Kartellverstoß beteiligt (vgl. BGH, WuW/E BGH 2394, 2396 - Zweigniederlassung). Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 OWiG hat er damit selbst ordnungswidrig gehandelt.

B. Der Betroffene zu 2. hat sich aufgrund des festgestellten Sachverhalts einer Kartellordnungswidrigkeit gemäß §§ 38 Abs. 1 Nr. 1, 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 20.02.90 und gemäß §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 26.08.98 schuldig gemacht.

1. Indem er als Vertriebsverantwortlicher der "D. KG" an den Kartellabsprachen mitwirkte und bei der Preiskalkulation zumindest teilweise die - kartellnichtig verabredeten - Mindestverkaufspreise berücksichtigte, hat sich der Betroffene zu 2. im Sinne von § 38 Abs. 1 Nr. 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 20.02.90 über die Unwirksamkeit einer nach § 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 20.02.90 rechtsungültigen wettbewerbsbeschränkenden Absprache hinweggesetzt.

Dem Betroffenen zu 2. fällt auch Vorsatz zur Last. Er hat die tatsächlichen Umstände, die zur Unwirksamkeit der Kartellabsprachen geführt haben, gekannt und gewusst, dass sein Verhalten dazu beiträgt, deren wettbewerbsbeschränkende Wirkungen durchzusetzen. Als erfahrener Kaufmann in wichtiger Führungsposition hat er auch erkannt, dass der Abschluss einer Preisabsprache gegen das Kartellgesetz verstößt.

2. Durch seine über den 31.12.1998 hinausgehende Mitwirkung am Kartell hat der Betroffene zu 2. darüber hinaus den Tatbestand der §§ 81 Abs. 1 Nr. 1, 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 26.08.98 erfüllt, nämlich dem Verbot wettbewerbsbeschränkender Absprachen zwischen miteinander in Wettbewerb stehenden Unternehmen zuwider gehandelt.

Die Preisabsprachen der Papiergroßhändler stellen wettbewerbsbeschränkende Absprachen dar, die nach § 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 26.08.98 verboten waren. Durch seine Beteiligung an diesen Kartellabsprachen hat der Betroffene zu 2. dem Kartellverbot zuwider gehandelt worden.

Der Betroffene zu 2. hat auch vorsätzlich gehandelt. Er hat die tatsächlichen Umstände, die den Verstoß gegen das Verbot des § 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 26.08.98 begründen, gekannt und gewusst, dass sein Verhalten jenem Kartellverbot widerspricht. Als erfahrener Kaufmann in wichtiger Führungsposition hat er auch erkannt, dass der Abschluss einer Preisabsprache gegen das Kartellgesetz verstößt.

C. Einer Sachentscheidung über die begangenen Kartellordnungswidrigkeiten steht weder ganz noch teilweise das Verfahrenshindernis der Verfolgungsverjährung entgegen.

1. Mit Recht hat das Bundeskartellamt angenommen, dass die Preisabsprachen, die während des in Rede stehenden Kartellzeitraums im h. Kartellkreis getroffen und umgesetzt worden sind, zu einer einheitlichen Tat verbunden sind. Nach den Bekundungen der Zeugen T. und S. bestand zwischen den Kartellmitgliedern vom Beginn bis zum Ende des Kartells im Sinne einer Grundabsprache Einvernehmen darüber, dass man die Preise für die in Rede stehende Papiersorte abstimmen wolle. Bei den in Befolgung dieser Grundabsprache verabredeten Preisveränderungen handelte es sich um lediglich konkretisierende Folgeabsprachen ohne einen gegenüber der Grundabsprache zusätzlichen Unrechtsgehalt. Diese auf einer unwirksamen Kartellvereinbarung beruhenden Ausführungshandlungen (Folgeabsprachen) werden mit der Grundabsprache zu einer Bewertungseinheit verbunden und verlieren dadurch ihre rechtliche Selbständigkeit. Dementsprechend liegt nur eine einheitliche Kartellordnungswidrigkeit vor, die sämtliche Teilakte umfasst, die auf die Durchsetzung der Kartellabsprache gerichtet sind (vgl. zu allem: BGH, WuW/E DE-R 1567/1568 - Berliner Transportbeton I; WuW/E DE-R 1233, 1234 - Frankfurter Kabelkartell).

2. Verjährungsrechtlich hat dies zur Konsequenz, dass der Lauf der Verfolgungsverjährung bezüglich des Betroffenen zu 1. mit dem Ausscheiden des Niederlassungsleiters aus dem Kartellkreis Ende 1996 und bezüglich des Betroffenen zu 2. mit der Beendigung des Preiskartells im April 2000 begonnen hat (§ 38 Abs. 5 Satz 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 20.02.90 i.V.m. § 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG bzw. § 81 Abs. 3 Satz 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 26.08.98 i.V.m. § 31 Abs. 3 Satz 1 OWiG).

a) Sowohl die Tat des Betroffenen zu 1. als auch diejenige des Betroffenen zu 2. unterliegt der 5-jährigen Verjährungsfrist des § 81 Abs. 3 Satz 2 GWB i.d.F. d.Bek.v. 26.08.98 (= § 81 Abs. 8 Satz 2 GWB n.F.). Rechtlich ohne Bedeutung ist, dass die Tatbeteiligung des Betroffenen zu 1. in die Zeit der Geltung der bloß 3-jährigen Verfolgungsverjährungsfrist des § 38 Abs. 5 GWB i.d.F. d.Bek.v. 20.2.1990, § 31 Abs. 2 Nr. 1 OWiG fällt. Die ursprünglich im Gesetz vorgesehene dreijährige Verjährungsfrist ist durch das am 20. August 1997 in Kraft getretene Korruptionsbekämpfungsgesetz (BGBl. I S. 2038) auf nunmehr 5 Jahre verlängert worden. Die zur Aburteilung anstehende Tat unterfällt dieser 5-jährigen Verjährungsfrist. Denn die Verlängerung der Verfolgungsverjährung gilt auch für bereits abgeschlossene Taten, sofern diese - wie vorliegend - am 20. August 1997 noch nicht verjährt waren (BGH, Beschl. v. 22.2.2005 - KRB 28/04 Umdruck Seite 8 ff).

b) Gegenüber beiden Betroffenen ist der Ablauf der 5-jährigen Verjährungsfrist rechtzeitig - d.h. vor Ende Dezember 2001 bzw. Anfang April 2005 - unterbrochen worden.

aa) Der Lauf der gegen den Betroffenen zu 1. in Gang gesetzten 5-jährigen Verjährungsfrist ist erstmals Anfang April 2000 aufgrund der Durchsuchungsanordnungen, die das Amtsgericht Bonn auf Antrag des Bundeskartellamtes am 3. April 2000 (50 Gs 223/00) und 6. April 2000 (50 Gs 240/00) zur Aufklärung des Verdachts von Preisabsprachen in der Papiergroßhandelsbranche erlassen hat, unterbrochen worden (§ 81 Abs. 3 Satz 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 26.08.98 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 4 OWiG). Durch jene Beschlüsse ist die Durchsuchung der Geschäftsräume der "P. U. GmbH" in H. (W.straße .., H.straße .. und M.straße ..) einschließlich sämtlicher Nebenräume sowie der dort befindlichen Privaträume der im Unternehmen für die Akquisition, Kalkulation, Angebotsbearbeitung und dem Verkauf Verantwortlichen sowie der Aufsichtspflichtigen über die in jenen Unternehmensbereichen zuständigen Personen einschließlich der vorgenannten Personen selbst und der ihnen gehörenden Sachen und Kraftfahrzeuge angeordnet worden. Diese Durchsuchungsanordnungen haben auch die Verfolgungsverjährung gegenüber dem Betroffenen zu 1. unterbrochen. Als eine Unterbrechungsmaßnahme, die auf eine umfassende Sachaufklärung angelegt war und demgemäß auch darauf abzielte, eine Tatbeteiligung solcher Personen aufzudecken, die dem ermittelnden Bundeskartellamt bislang noch nicht als Kartellteilnehmer bekannt waren, erstreckte sich die verjährungsunterbrechende Wirkung der Durchsuchungsbeschlüsse (u.a.) auf sämtliche Vertriebsverantwortlichen der "P. U. GmbH" (vgl. OLG Hamburg, wistra 1993, 272, 273; OLG Karlsruhe, NStZ 1987, 331, 332; Rebmann/Roth/Herrmann, Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, Band 1, § 33 Rdnr. 54; Göhler, Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 13. Aufl., § 33 Rdnr. 52; Weller in Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, 3. Aufl., § 33 Rdnr. 121). Zu jenem Personenkreis zählte auch der Betroffene zu 1. als Leiter des Hauses S..

Die aufgrund der Durchsuchungsanordnungen in Gang gesetzte neue 5-Jahres-Frist ist in der Folgezeit erneut rechtzeitig unterbrochen worden, (u.a.) durch den Erlass des angefochtenen Bußgeldbescheids am 28. April 2004 (§ 81 Abs. 3 Satz 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 26.08.98 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG), den Eingang der Gerichtsakten beim Senat im Jahre 2005 (§ 81 Abs. 3 Satz 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 26.08.98 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 10 OWiG) sowie ferner durch die Anberaumung der Hauptverhandlung im April 2006 (§ 81 Abs. 8 Satz 1 GWB n.F. i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 11 OWiG). Seither ist unabhängig von weiteren Unterbrechungshandlungen keine neue 5-Jahres-Frist abgelaufen. Ebenso wenig ist bislang die - mit Tatbeendigung Ende 1996 in Gang gesetzte - 10-jährige Frist der absoluten Verfolgungsverjährung (§ 81 Abs. 8 Satz 1 GWB n.F. i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 2 OWiG) verstrichen.

b) Die Verjährung der vom Betroffenen zu 2. begangenen Ordnungswidrigkeit ist vor April 2005 (u.a.) durch den Erlass des angefochtenen Bußgeldbescheids am 28. April 2004 (§ 81 Abs. 3 Satz 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 26.08.98 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG), den Eingang der Gerichtsakten beim Senat im Jahre 2005 (§ 81 Abs. 3 Satz 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 26.08.98 i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 10 OWiG) sowie ferner durch die Anberaumung der Hauptverhandlung im April 2006 (§ 81 Abs. 8 Satz 1 GWB n.F. i.V.m. § 33 Abs. 1 Nr. 11 OWiG) unterbrochen worden. Seither ist unabhängig von weiteren Unterbrechungshandlungen keine neue 5-Jahres-Frist abgelaufen. Ebenso wenig ist bislang die - mit Tatbeendigung im April 2000 in Gang gesetzte - 10-jährige Frist der absoluten Verfolgungsverjährung (§ 81 Abs. 8 Satz 1 GWB n.F. i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 2 OWiG) verstrichen.

V.

A. Bei der Ahndung der begangenen Ordnungswidrigkeiten hat sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten lassen:

1. Die zu verhängenden Geldbußen waren dem Bußgeldrahmen der §§ 17 Abs.1 OWiG, 81 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. GWB i.d.F.d.Bek.v. 26.8.1998 zu entnehmen. Gemäß § 4 Abs. 1 und 2 OWiG bestimmt sich die Geldbuße nach dem Gesetz, das bei Beendigung der abzuurteilenden Tat - vorliegend also Ende 1996 bzw. April 2000 - galt. Die genannten Vorschriften sehen eine Mindestbuße von 5 € und einen Höchstbetrag der Geldbuße von 500.000 € vor. Die zum 1. Juli 2005 in Kraft getretene Verdoppelung des Bußgeldrahmens auf 1.000.000 € (§ 81 Abs. 4 Satz 1 GWB) bleibt nach § 4 Abs. 3 OWiG außer Betracht. Eine Beschränkung des Bußgeldrahmens gemäß § 17 Abs. 2 OWiG greift nicht ein, weil die Betroffenen zu 1. und zu 2. vorsätzlich gehandelt haben.

2. Innerhalb des genannten Rahmens hat der Senat bei der Bemessung des Bußgeldes (§ 17 Abs. 3 OWiG), das gegen die Betroffenen zu verhängen war, Folgendes berücksichtigt:

Preisabsprachen beeinträchtigen den freien Wettbewerb in schwerwiegender Weise. Ihnen kommt deshalb - bezogen auf die Gesamtheit der von § 38 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 20.2.1990 und § 81 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 GWB i.d.F.d.Bek.v. 26.8.1998 erfassten wettbewerbsbeschränkenden Absprachen - ein überdurchschnittlicher Unrechtsgehalt zu. Zu Lasten der Betroffenen war in die Bußgeldbemessung zudem einzubeziehen, dass das Kartell auf eine dauerhafte und durch Einbindung möglichst aller auf dem h. Markt tätigen Papiergroßhändler überdies weitgehende Beschränkung des Wettbewerbs bei der abgesprochenen Papiersorte gerichtet war. Beim Betroffenen zu 2. war darüber hinaus zu berücksichtigen, dass er dem Preiskartell über mehr als 4 Jahre angehört hat, während beim Betroffenen zu 1. in die Bußgeldbemessung eingeflossen ist, dass er nicht selbst an den Preisabsprachen teilgenommen, sondern lediglich die Kartellbeteiligung des Niederlassungsleiters G. - die nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung nur für das Jahr 1996 nachgewiesen werden konnte - gebilligt und unterstützt hat.

Bußgeldmildernd hat der Senat in Rechnung gestellt, dass die Kartellabsprachen nicht auf die Erzielung übermäßiger Gewinne gerichtet waren, sondern sie lediglich die Durchsetzung auskömmlicher - d.h. die Kosten deckender und einen angemessenen Gewinn umfassender - Preise gewährleisten sollten, und dass das Ende der Tat beim Betroffenen zu 1. fast 10 Jahre und beim Betroffenen zu 2. nahezu 6 Jahre zurückliegt. Zu Gunsten des Betroffenen zu 2. ist außerdem in die Bußgeldbemessung eingeflossen, dass dieser keine führende Rolle im Kartell inne hatte. Der Senat hat dem Betroffenen zu 2. schließlich zugute gehalten, dass er im Anschluss an die Vernehmung der Zeugen T., G. und S. ein Teilgeständnis abgelegt und eingeräumt hat, bis zum Herbst 1997 an den Preisabsprachen teilgenommen zu haben. Dabei war allerdings zu berücksichtigen, dass dieses Eingeständnis zur Sachaufklärung nicht mehr nennenswert beitragen konnte, weil die zugestandene Kartellbeteiligung bereits durch die Aussagen der bis dahin vernommenen (vorgenannten) Zeugen nachgewiesen war.

Die Verfahrensdauer war nicht bußgeldmindernd zu berücksichtigen. Eine sachlich nicht zu rechtfertigende - und damit dem Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) zuwider laufende - Verfahrensverzögerung ist nicht eingetreten. Das Bußgeldverfahren ist sowohl bei der Generalstaatsanwaltschaft als auch beim Senat so gut wie möglich gefördert worden. Nicht zu beanstanden ist ebenso die Dauer des Ermittlungsverfahrens beim Bundeskartellamt. Die 4-jährige Verfahrensdauer von den Durchsuchungen des Amtes im April 2000 bis zum Erlass des angefochtenen Bußgeldbescheids im April 2004 erklärt sich aus dem Umfang und Gegenstand der zur Beurteilung stehenden Vorgänge. Das Bundeskartellamt hatte insgesamt 10 verschiedene Kartellkreise, die über mehrere Jahre und unter Beteiligung fast aller Papiergroßhändler betrieben worden waren, aufzuklären. Es handelte sich dabei um sehr komplexe Vorgänge, deren Aufklärung auch nicht durch geständige Einlassungen der Betroffenen erleichtert worden ist.

3. Da die Betroffenen keine Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht haben, ist der Senat von Einkommens- und Vermögensverhältnissen aus, wie sie Vertriebsverantwortliche in der Position der Betroffenen üblicherweise haben. Der Senat hat beim Betroffenen zu 1. ein Bruttojahresgehalt von mindestens 100.000 € und beim Betroffenen zu 2. ein solches von mindestens 150.000 € zugrunde gelegt.

Bei Abwägung aller tat- und täterbezogenen Umstände hält der Senat für den Betroffenen zu 1. eine Geldbuße von 25.000 € und für den Betroffenen zu 2. eine Geldbuße in Höhe von 150.000 € für angemessen.

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 Satz 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.

Ende der Entscheidung

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