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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 17.09.2008
Aktenzeichen: VI-Kart 8/08 (V)
Rechtsgebiete: GWB


Vorschriften:

GWB § 42
GWB § 54 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) vom 29. April 2008 - I B 1 - 22 1410/03 - wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendigen Kosten des BMWi sowie der Beteiligten zu 1, 3 und 5 zu tragen.

III. Wert des Beschwerdeverfahrens: 50.000 €.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1 (nachfolgend: Universitätsklinikum G.) ist als Anstalt öffentlichen Rechts Teil der Beteiligten zu 2 (nachfolgend: Universität G.). Der Beteiligte zu 3 (nachfolgend: Land M.-V.) ist Träger der Universität G..

Das Universitätsklinikum G. beabsichtigte, von dem Beteiligten zu 5 (Landkreis O.) ...% der Anteile an der Beteiligten zu 4, dem Kreiskrankenhaus (KKH) W., zu erwerben und meldete mit Schreiben vom 27. Juli 2006 das Zusammenschlussvorhaben beim Bundeskartellamt an. Nach Einleitung des Hauptprüfverfahrens untersagte das Bundeskartellamt das Zusammenschlussvorhaben mit Beschluss vom 11. Dezember 2006. Daraufhin beantragte das Universitätsklinikum die Erteilung einer Ministererlaubnis für das untersagte Zusammenschlussvorhaben, die ihm der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie am 17. April 2008 erteilte.

Mit Schriftsatz vom 15. April 2008 - eingegangen im BMWi am 18. April 2008 - beantragte die Antragstellerin ihre Beiladung zu dem Erlaubnisverfahren. Mit Verfügung vom 29. April 2008 lehnte das BMWi den Antrag ab. Es könne dahin stehen, ob der Antrag bereits unzulässig sei, weil er erst am 18. April 2008 und damit einen Tag nach Abschluss des Verfahrens durch Erlass der Ministererlaubnis am 17. April 2008 beim BMWi eingegangen sei. Jedenfalls sei der Antrag nach umfassender Interessenabwägung aus verfahrenökonomischen Gründen abzulehnen.

Gegen diese Verfügung wendet sich die Antragstellerin mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerde. Ihrer Meinung nach ist der Beiladungsantrag nicht verspätet, da er bereits am 16. April 2008 - und damit vor Erlass der Ministererlaubnis - auf den Postweg gebracht worden sei. Ihre Beiladung zu dem Verfahren sei nach wie vor möglich und geboten, da das dem BMWi eingeräumte Ermessen auf Null reduziert sei. Jedenfalls müsse das Ministerium aber erneut über ihren Antrag entscheiden, da es sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt habe.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom 29.04.2008 aufzuheben und das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zu verpflichten, die Beiladung der Antragstellerin vorzunehmen,

hilfsweise,

das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie unter Aufhebung der Verfügung vom 29.04.2008 zu verpflichten, über ihren Beiladungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden,

hilfsweise,

festzustellen, dass die mit der angefochtenen Verfügung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom 29.04.2008 ausgesprochene Ablehnung des Beiladungsantrages zu dem Verfahren rechtswidrig war.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und die Beteiligten zu 1, 3 und 5 beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat ihren Antrag auf Beiladung zu dem Ministererlaubnisverfahren nach § 42 GWB im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Der Antrag ist bereits unzulässig. Er ist nicht rechtzeitig vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens gestellt worden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Senates kann ein Beiladungsantrag rechtzeitig nur bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens gestellt werden. Wird die Beiladung erst nach Abschluss des Verfahrens beantragt, ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen (Senat Beschluss v. 23. Dezember 2002, Az. Kart 37/02 (V), Umdruck Seite 4 - ares; Beschluss v. 11. September 2003, Az. VI - Kart 23/03 (V), Umdruck Seite 3 f. - Haas; Beschluss v. 21. Juni 2004, Az. VI - Kart 6/04 (V), Umdruck Seite 3 - Schencking; ebenso wohl: Kiecker in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. 1, 10. Aufl., § 54 Rn. 33; Kollmorgen in Langen/Bunte, aaO., § 67 Rn. 5 allerdings unter Berufung auf die Entscheidung des KG WuW/E OLG 4363, 4364 f. - Wieland-Langenberg -, wonach aber der Antrag bis zum Beginn des gerichtlichen Verfahrens zulässigerweise gestellt werden kann). Diese Rechtsprechung hat der Senat, wie der Antragstellerin und den übrigen Verfahrensbeteiligten bekannt ist, in seiner Entscheidung aus März 2008 bestätigt und ausführlich begründet, so dass zur Vermeidung von Wiederholungen auf die dortigen Ausführungen in vollem Umfang Bezug genommen wird (WuW/E DE-R 2283, 2285 - Wirtschaftsprüferhaftpflicht).

Die Antragstellerin hat hiernach ihre Beiladung zu dem Ministererlaubnisverfahren nicht rechtzeitig beantragt. Ihr Antrag ist erst am 18. April 2008 beim BMWi eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war das Erlaubnisverfahren aber bereits beendet. Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie hatte einen Tag vorher, am 17. April 2008, die Erlaubnis zu dem vom Bundeskartellamt untersagten Zusammenschlussvorhaben des Universitätsklinikums erteilt. Dass die Antragstellerin den Beiladungsantrag bereits am 16. April 2008 zur Post gegeben hatte, führt zu keinem anderen Ergebnis. Entscheidend für die Frage, ob ein Antrag auf Beiladung rechtzeitig während des laufenden Verfahrens gestellt worden ist, ist nach allgemeinen Grundsätzen der Zugang beim Empfänger. Eine Willenserklärung muss danach so in den Bereich des Empfängers gelangt sein, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Dementsprechend geht das an eine Behörde gerichtete Schreiben mit Eingang bei der hierfür eingerichteten Stelle zu (vgl. BGH ZIP 00, 1481). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist somit nicht darauf abzustellen, wann die Antragstellerin ihr Beiladungsgesuch zur Post gegeben hat, sondern auf den Eingang ihres Antrages beim BMWi am 18. April 2008. Erst ab diesem Zeitpunkt hatte die Kartellbehörde überhaupt die Möglichkeit, von der nach § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB begehrten Beiladung Kenntnis zu nehmen und darüber zu entscheiden, ob die Voraussetzungen einer Beiladung erfüllt und sie zur weiteren Sachaufklärung erforderlich ist. Geht der Beiladungsantrag daher - so wie hier - erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens bei der Kartellbehörde ein, hat der Beiladungspetent - anders als die Antragstellerin offenbar meint -gerade nicht alles Erforderliche getan, um vor Abschluss des Verfahrens an diesem Verfahren beteiligt zu werden, da er nicht für einen rechtzeitigen Eingang seines Antrages bei der Kartellbehörde gesorgt hat. Dies gilt um so mehr, als die Antragstellerin bereits vor der mündlichen Verhandlung am 3. April 2008 umfassend mündlich und schriftlich angehört worden war und sie jederzeit mit einer verfahrensabschließenden Entscheidung rechnen musste. Dies folgt aus den Feststellungen des BMWi in Rn. 9 der angefochtenen Verfügung, auf die im einzelnen Bezug genommen wird.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 78 GWB.

IV.

Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 74 Abs. 2 Nr. 1 GWB zugelassen, weil es sich bei der Frage, ob der Beiladungsantrag gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 3 GWB nur rechtzeitig bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens gestellt werden kann, um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung handelt.

Ende der Entscheidung

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