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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 16.11.2009
Aktenzeichen: VI-Kart 9/09 (V)
Rechtsgebiete: GWB
Vorschriften:
GWB § 1 | |
GWB § 59 Abs. 1 Nr. 1 | |
GWB § 59 Abs. 6 Satz 1 | |
GWB § 74 Abs. 2 | |
GWB § 74 Abs. 4 | |
GWB § 78 |
Tenor:
I. Die Beteiligte hat die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen sowie dem Bundeskartellamt seine in der Beschwerdeinstanz entstandenen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
III. Der Beschwerdewert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligte (nachfolgend: M.) beliefert Augenoptiker mit Brillengläsern. Diesen stellt sie Unverbindliche Preisempfehlungen (UVP) für ihre Abgabepreise an den Endkunden zur Verfügung.
Das Bundeskartellamt geht dem Verdacht nach, dass diese UVP von einem Großteil der Empfehlungsempfänger befolgt werden und deshalb im Markt wie Fest- oder Mindestpreise wirken.
Mit dem angefochtenen Auskunftsbeschluss hat das Bundeskartellamt M. gemäß § 59 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 6 Satz 1 GWB um die Überlassung einer elektronischen Aufstellung ihrer sämtlichen Brillenglas-Kunden und der mit ihnen im Geschäftsjahr 2008 getätigten Umsätze (Netto-Umsätze abzüglich Skonti, Rabatten und sonstigen Erlösschmälerungen) gebeten. Zur Begründung hat es ausgeführt: Um zu überprüfen, ob ein Verstoß gegen § 1 GWB vorliege, müssten die Marktwirkungen der UVP festgestellt werden. In diesem Zusammenhang sei entscheidend, welcher Teil des Umsatzes aus dem Verkauf von Brillengläsern an Endkunden auf Glasverkäufe entfalle, bei denen die UVP eingehalten oder überschritten worden seien.
M. hat ihre gegen den Auskunftsbeschluss eingelegte Beschwerde - ohne sie begründet zu haben - zurückgenommen.
II.
A. Nachdem M. ihre Beschwerde zurückgenommen hat, ist lediglich noch über die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens und die Frage einer Erstattung außergerichtlicher Auslagen zu befinden. Die Entscheidung war dahin zu treffen, dass der M. sowohl die Gerichtskosten als auch die außergerichtlichen Auslagen des Bundeskartellamtes zur Last fallen.
1. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sind im Falle der Rücknahme der Beschwerde die Gerichtskosten demjenigen aufzuerlegen, der in der Hauptsache unterlegen ist oder ohne die Rücknahme der Beschwerde unterlegen wäre. Dies hat grundsätzlich auch dann zu gelten, wenn das Rechtsmittel zurückgenommen wird, ohne dass eine Sachprüfung erfolgt ist (BGH, WuW/E DE-R 1982 - Kostenverteilung nach Rechtsbeschwerderücknahme). Da sich der Rechtsmittelführer mit der Rücknahme in die Rolle des Unterlegenen begeben hat, sind indessen bei offenem Verfahrensausgang - insbesondere wenn eine Sachprüfung bisher nicht erfolgt ist - die Gerichtskosten anders als im Falle der übereinstimmenden Erledigungserklärung (dazu BGH, WuW/E DE-R 420, 421 - Erledigte Beschwerde; NJW 2006, 1340 - Call-Option) regelmäßig nicht hälftig zu teilen, sondern dem Rechtsmittelführer aufzuerlegen (BGH, WuW/E DE-R 1982 - Kostenverteilung nach Rechtsbeschwerderücknahme).
2. Ob außergerichtliche Kosten zu erstatten sind, beurteilt sich gemäß § 78 GWB nach Billigkeitserwägungen, wobei die Umstände des konkreten Falles einschließlich des Verfahrensausgangs abzuwägen sind. Danach sind die außergerichtlichen Auslagen des Gegners jedenfalls dann zu erstatten, wenn sich der Rechtsmittelführer durch die Rücknahme des Rechtsmittels selbst in die Rolle des Unterlegenen begeben hat, durch das Gericht noch keine Sachprüfung erfolgt ist und keine sonstigen Gesichtspunkte hervortreten, die im Rahmen von Billigkeitserwägungen eine abweichende Kostenverteilung rechtfertigen könnten (BGH, WuW/E DE-R 1982 - Kostenverteilung nach Rechtsbeschwerderücknahme). Denn die Entscheidung über die Kostenerstattung dient im Kartellverwaltungsverfahren ebenso wenig der abschließenden Klärung von Rechtsfragen wie im Zivilprozess; sie soll lediglich zu einer dem jeweiligen Sach- und Streitstand entsprechenden Kostenverteilung führen (BGH, WuW/E DE-R 1982 - Kostenverteilung nach Rechtsbeschwerderücknahme; WuW/E DE-R 420, 421 - Erledigte Beschwerde; zu Allem auch: Senat, Beschl. v. 12.2.2009, VI - Kart 20/06 (V); Beschl. v. 13.7.2009, VI-Kart 15/07 (V)).
B. Die Anwendung dieser Rechtsgrundsätze führt vorliegend zur Kostenlast der M.. Sie hat ihr Rechtsmittel zurückgenommen, ohne es zuvor begründet zu haben und ohne dass dementsprechend eine Sachprüfung durch den Senat stattfinden konnte.
Billigkeitsgesichtspunkte, die ausnahmsweise eine Kostenbeteiligung des Bundeskartellamts rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Dass sich das Bundeskartellamt mit M. zunächst darauf verständigt hat, an Stelle der erbetenen Aufstellung über alle Brillenglas-Kunden und die mit Ihnen im Geschäftsjahr 2008 getätigten Umsätze lediglich eine Umsatzaufstellung nach Umsatzklassen ohne konkreten Umsatzausweis zu erhalten, führt nicht zu einer Kostenquotelung. Wie das Bundeskartellamt unwidersprochen vorgetragen hat, handelte es sich nicht um eine teilweise Abhilfe des Beschwerdebegehrens, sondern lediglich um ein behördliches Entgegenkommen mit dem Ziel der Verfahrensvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung, von dem im weiteren Verlauf überdies wieder Abstand genommen werden musste, weil sich die übermittelten Daten als unzureichend erwiesen und nachträglich ergänzt werden mussten. Ob - wie M. behauptet - diese nachgereichten Daten von dem ursprünglichen Auskunftsverlangen deutlich abwichen, kann für die Kostenentscheidung auf sich beruhen. Denn die Beschwerde macht dazu selbst nicht geltend, dass das Amt auf diesem Weg rechtlich durchgreifenden Bedenken gegen den angefochtenen Beschluss Rechnung getragen und einem andernfalls zu erwartenden (teilweisen) Beschwerdeerfolg zuvorgekommen ist.
C. Beim Beschwerdewert hat der Senat das Interesse von M. berücksichtigt, die erbetenen Auskünfte nicht erteilen und somit den mit der Auskunftserteilung verbundenen (sachlichen und personellen) Aufwand nicht auf sich nehmen zu müssen, und jenes Interesse auf 5.000 € veranschlagt. Das von M. darüber hinaus reklamierte Ziel, die Ermittlungen des Bundeskartellamtes nicht unterstützen zu müssen und auf diesem Wege möglicherweise den Erlass einer behördlichen Untersagungs- oder Abstellungsverfügung (§ 32 Abs. 1 und 2 GWB) verhindern zu können, hat als eine bloß mittelbare Auswirkung außer Betracht zu bleiben.
III.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 74 Abs. 2 GWB liegen nicht vor. Der Senat hat die Kostenentscheidung auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung getroffen.
Ende der Entscheidung
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