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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.02.2008
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 16/07
Rechtsgebiete: GWB, BGB


Vorschriften:

GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1
GWB § 20
GWB § 20 Abs. 1
GWB § 20 Abs. 1, 2. Fall
GWB § 33 S. 1
BGB § 249
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11. Mai 2007 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgericht Köln abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger war bis Anfang 2002 in Hamburg als staatlich lizenzierter Buchmacher tätig. Er nimmt die Beklagte für den Zeitraum 01.01.2000 bis 31.12.2001 auf Erstattung zu viel gezahlter Gebühren für die Lieferung von Bild- und Tonübertragungen von in der Bundesrepublik Deutschland ausgerichteten Galopprennen in Anspruch (24 X 2.500 DM zzgl. 16 % MWst. = 69.600 DM = 35.585,91 €).

Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der D. S. T. Dienstleistung GmbH & Co. KG. Sie ist die Verwertungsgesellschaft des deutschen Galopprennsports. Ihr einziger Gesellschafter ist das D. für V. und R. e.V.. Hierbei handelt es sich um die Verbandsgesellschaft der deutschen Galopprennvereine, in der sämtliche Galopprennvereine vertreten sind.

Aufgrund einer mit den Galopprennvereinen getroffenen Vereinbarung besitzt die Beklagte das ausschließliche Recht, die Bild- und Tonübertragungen von den in der Bundesrepublik Deutschland ausgerichteten Galopprennen kommerziell zu verwerten. Sie bietet interessierten Buchmachern und Betreibern von Wettannahmestellen die Liveübertragung der Pferderennen in die Wettlokale an. Die Wettkunden sollen dadurch an Ort und Stelle den Verlauf der Rennen miterleben und sofort nach Abschluss der Veranstaltung Gewissheit über den Erfolg oder den Misserfolg ihrer Wetten erhalten.

Grundlage der Liveübertragungen waren Lizenzverträge, die die Rechtsvorgängerin der Beklagten (nachfolgend: Beklagte) mit sämtlichen im Inland tätigen Buchmachern - in den Jahren 2000 und 2001 waren es rund 100 - und mit sämtlichen Galopprennvereinen abgeschlossen hatte. Ein Teil der Buchmacher schließt ausschließlich Eigenwetten ab; die übrigen vermitteln daneben zusätzlich auch Totalisatorenwetten an die Rennvereine. Die Rennvereine selbst bieten in hierfür eingerichteten Wettannahmestellen den Abschluss von Totalisatorenwetten an. Weitere - zwischenzeitlich beendete - Lizenzverträge hatte die Beklagte Ende 1999 bzw. Anfang 2000 mit den Firmen A./C. und S. geschlossen. Beide Unternehmen beabsichtigten, in Gaststätten und Spielhallen über eine Franchisesystem Wettannahmestellen zu betreiben, die ausschließlich Totalisatorenwetten auf Provisionsbasis an die Rennvereine vermitteln sollten. Bis 2004 sollten auf diese Weise im gesamten Bundesgebiet insgesamt 2.500 neue Wettannahmestellen errichtet werden. Die Galopprennvereine und S. zahlten für die Liveübertragung der Rennen eine monatliche Lizenzgebühr von 200 DM. A./C. entrichtete bis April 2001 ebenfalls 200 DM und danach 1.500 DM. Für die Buchmacher betrug die Gebühr pro Annahmestelle, abhängig davon, ob sie ausschließlich Eigenwetten abschlossen oder zusätzlich auch Totalisatorenwetten vermittelten, zwischen 2.100 DM und 4.000 DM.

Der ursprünglich für 15 Jahre mit S. geschlossene Lizenzvertrag endete zum 30. September 2001. A./C. zog sich Ende 2002 aus dem deutschen Markt zurück. Das Geschäftskonzept ließ sich nicht wie geplant realisieren. Bis zur Beendigung der Geschäftsbeziehungen mit der Beklagten waren nach dem Sachstand in 1. Instanz über S. lediglich 40 und über A./C. nur 80 Wettannahmestellen errichten worden.

Der Kläger hat behauptet, er habe in der Zeit vom 01.01.2000 bis zum 31.12.2001 eine monatliche Lizenzgebühr von 2.835 DM und nicht lediglich 2.100 DM an die Beklagte gezahlt. Er hat die Ansicht vertreten, dass die von ihm verlangte Gebühr weit überhöht sei. Die Beklagte hätte allenfalls eine monatliche Gebühr von 400 DM und damit das Doppelte von dem Betrag verlangen können, den sie den Rennvereinen und S. bzw. A./C. berechnet habe. Die von der Beklagten praktizierte Gebührenspreizung stelle ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB dar, da es keine sachliche Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung gebe. Die Beklagte hätte die jährlichen Basiskosten für den Betrieb des Liveübertragungssystems, die - und dies ist unstreitig - ca. 3,5 Mio. DM betragen und im Jahr 1999 mit einer monatlichen Lizenzgebühr von 2.900 DM komplett von sämtlichen Buchmachern erbracht worden seien, neu verteilen und die Lizenzgebühren neu kalkulieren müssen, als sie mit S. und A./C. begonnen habe, ein neues Vertriebssystem für die Vermittlung von Totalisatorenwetten aufzubauen. Ihrer Kalkulation hätte sie die volle Anzahl der geplanten 2.500 Wettannahmestellen bei einer Laufzeit des Lizenzvertrages von 15 Jahren zugrunde legen müssen.

Darüber hinaus hat der Kläger behauptet, Ziel der Beklagten sei es gewesen, durch die von S. und A./C. im Franchisesystem betriebenen Wettannahmestellen die Buchmacher vom Markt zu verdrängen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 35.585,91 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2002 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat durch schriftliche Vernehmung der Zeugin H. Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftliche Zeugenaussage (Bl. 202 f.GA u. 216 GA) Bezug genommen.

Durch Urteil vom 11.05.2007 hat das Landgericht der Klage teilweise, und zwar in Höhe von 26.149,91 € nebst Zinsen, stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Die Klage sei in der ausgeurteilten Höhe aus §§ 33 S. 1, 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1, 2. Fall GWB, 249 BGB gerechtfertigt. Die vom Kläger beanstandete Preisgestaltung der Beklagten verstoße gegen § 20 Abs. 1 GWB, weil sie dazu gedient habe, die Buchmacher vom Wettbewerb auf dem relevanten Markt auszuschließen. Anders als bei dem der Entscheidung "Aktionsbeiträge" des Bundesgerichtshofs zugrunde liegenden Sachverhalt seien die von S. und A./C. verlangten viel niedrigern Lizenzgebühren keine befristete Unterstützung/Starthilfe für eine unternehmenseigene Gesellschaft und daher nicht gerechtfertigt gewesen. Allerdings sei der Anspruch des Klägers nur für den Zeitraum Januar 2000 bis Oktober 2001 und damit für 21 Monate in Höhe von monatlich 2.435 DM (2.835 DM - 400 DM) ohne Mehrwertsteuer gerechtfertigt (21 x 2.435 DM = 51.135 DM).

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Sie macht im wesentlichen geltend, dass die von S. und A./C. im streitgegenständlichen Zeitraum (Jan. 00 - Okt. 01) betriebenen Wettannahmestellen bei der Kalkulation der Lizenzgebühren keine Berücksichtigung hätten finden müssen. Es sei völlig unklar gewesen, wie viele Wettannahmestellen zu welchem Zeitpunkt eröffnet werden würden. Im übrigen hätten sie auch deshalb nicht in gleicher Weise wie die Buchmacher zur Kostendeckung herangezogen werden können, weil sie - und dies ist unstreitig - monatliche Provisionseinnahmen von lediglich 540 - 900 DM erzielt hätten. Ihr eigenes Interesse sei darauf gerichtet gewesen, durch den Ausbau des Vertriebsnetzes für die Vermittlung von Totalisatorenwetten eine Steigerung des Wettumsatzes der Galopprennvereine zu erreichen. Ein Verdrängungswettbewerb mit dem Ergebnis des wirtschaftlichen Ruins der freien Buchmacher sei nicht beabsichtigt gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 11. Mai 2007 (81 O (Kart) 143/02) abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft seinen Vortrag erster Instanz.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagte ist begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 26.149,91 € nicht zu.

Die Beklagte ist nicht aus §§ 33 S. 1, 20 Abs. 1, 2. Fall GWB i.V.m. § 249 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Die von dem Kläger beanstandete Gebührenspreizung stellt kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1, 2. Fall GWB dar.

1.

Die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin ist Normadressatin des Diskriminierungsverbots. Sie ist auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt für die Liveübertragung von Pferderennen auf deutschen Galopprennbahnen an Buchmacher und Wettannahmestellen marktbeherrschend im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB, da sie ohne Wettbewerber ist.

Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, in den relevanten Markt seien in sachlicher Hinsicht auch die Fernsehbilder von im Ausland abgehaltenen Rennen und in räumlicher Hinsicht das benachbarte europäische Ausland einzubeziehen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die höchstrichterlich bestätigte Entscheidung des Senates vom 10. April 2002 (U (Kart) 45/01) Bezug genommen (BGH WuW/E DE-R 1251 ff. - Galopprennübertragung), in dem die Einbeziehung der Bild- und Tonübertragungen von ausländischen Pferderennen in den relevanten Markt bereits abgelehnt worden ist. Die Beklagte hat im vorliegenden Verfahren keine neuen Tatsachen vorgetragen, die die bisherige Marktabgrenzung und damit die marktbeherrschende Stellung der Beklagten in Frage stellen könnten.

2.

Die Beklagte behandelte den Kläger ungleich im Sinne von § 20 Abs. 1, 2. Fall GWB.

a.

Die Beklagte forderte von den verschiedenen Abnehmern ihrer Direktübertragungen unterschiedlich hohe Entgelte. Während die Firmen S. und A./C. im hier noch zur Überprüfung stehenden Zeitraum (01.01.2000 - 31.10.2001) eine Lizenzgebühr von 200 DM monatlich zu zahlen hatten, war der Kläger zur Zahlung einer monatlichen Gebühr von 2.835 DM verpflichtet. Die von dem Kläger entrichtete Gebühr bestreitet die Beklagte der Höhe nach in zweiter Instanz nicht mehr.

b.

Diese Ungleichbehandlung erfolgte auch in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist.

Bei den Buchmachern und den ausschließlich als Vermittler von Totalisatorenwetten tätigen Wettannahmestellen handelt es sich um gleichartige Unternehmen im Sinne von § 20 GWB. Auch insoweit kann auf die höchstrichterlich bestätigte Entscheidung des Senates vom 10. April 2002 (U (Kart) 45/01) und die dortigen Ausführungen in vollem Umfang Bezug genommen werden (BGH WuW/E DE-R 1251 ff. - Galopprennübertragung).

3.

Die vom Kläger beanstandete Preisdifferenzierung der Beklagten war sachlich gerechtfertigt.

Ob gleichartige Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unterschiedlich behandelt werden, ist nach dem einheitlichen Maßstab der Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB zu beurteilen. Auf der Seite des unterschiedlich behandelnden Normadressaten können für die Interessenabwägung grundsätzlich alle Interessen berücksichtigt werden, soweit sie nicht auf einen gesetzwidrigen Zweck gerichtet sind oder gegen rechtliche Wertungen des GWB oder andere Rechtsvorschriften verstoßen und schon aus diesen Gründen von vornherein nicht berücksichtigungsfähig sind. Auf der Seite des unterschiedlich Behandelten ist das Interesse zu berücksichtigen, in seinen wettbewerblichen Betätigungsmöglichkeiten nicht durch machtbedingtes Verhalten des Normadressaten beeinträchtigt zu werden. Bei der Abwägung der Individualinteressen der Beteiligten ist zunächst eine Gesamtwürdigung aller zugunsten des unterschiedlich behandelnden Normadressaten sprechenden Gründe und Begleitumstände erforderlich, anschließend ist eine Gewichtung und gegenseitige Abwägung der beiderseitigen Rechtfertigungs- und Interessengesichtspunkten vorzunehmen (Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB. 4. Aufl., § 20 Rn. 131 f., 134 f.).

Eine Abwägung und Gewichtung der beiderseitigen Rechtfertigungs- und Interessengesichtspunkte führt zu dem Ergebnis, dass die von der Beklagten in der Zeit vom 01.01.2000 bis zum 31.10.2001 vorgenommene Preisdifferenzierung sachlich gerechtfertigt war.

a.

Die Beklagte war berechtigt, von S. und A./C. eine niedrigere Lizenzgebühr für die Liveübertragung der Galopprennen zu verlangen als von den Buchmachern.

Die sachliche Rechtfertigung für eine Preisdifferenzierung als solche lag darin begründet, dass die über S. und A./C. im Franchisesystem betriebenen Wettannahmestellen den Rennvereinen und damit auch der Beklagten näher standen als die Buchmacher und sich der in Rede stehende Preisvorteil als Förderung der eigenen wirtschaftlichen Betätigung der Beklagten darstellt.

Auch einem marktbeherrschenden Unternehmen steht ein unternehmerischer Freiraum zu. Es darf im Grundsatz seine geschäftliche Tätigkeit und sein Absatzsystem nach eigenem Ermessen so gestalten, wie es dies für wirtschaftlich sinnvoll und richtig hält. Auch die Normadressaten des § 20 Abs. 1 GWB sind daher grundsätzlich nicht verpflichtet, Wettbewerber zum eigenen Schaden ebenso zu fördern wie andere interessenmäßig mit ihnen verbundene Unternehmen (BGH WuW/E BGH 2755, 2758 f. m.w.Nachw. - Aktionsbeträge; Markert in Immenga/Mestmäcker, aaO., § 20 Rn. 141; Schultz in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, 10. Aufl., § 20 Rn. 153). Demzufolge hat der Senat in seiner vorangegangenen Entscheidung die Preisdifferenzierung für sachlich gerechtfertigt gehalten, soweit die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Rennvereinen mit monatlich 200 DM einen deutlich niedrigeren Lizenzbetrag für die Bild- und Tonübertragung berechnet hat als den Buchmachern, weil die Rennvereine mittelbar an der Beklagten beteiligt sind und ihr damit näher stehen als die Buchmacher (Senat, Urteil v. 10. April 2002 , Az.: U (Kart) 45/01, Umdruck Seite 23 f.). Der Bundesgerichtshof hat sich dieser rechtlichen Beurteilung angeschlossen (BGH WuW/E DE-R 1251 ff. - Galopprennübertragung) und hinsichtlich der von S. und A./C. betriebenen Wettannahmestellen ausgeführt, dass aus Sicht der Beklagten auch die ausschließlich Totalisatorenwetten vermittelnden Wettannahmestellen den Rennvereinen deutlich näher als die Buchmacher stehen, so dass der den Betreibern der Annahmestellen eingeräumte Preisvorteil - wie bei den Galopprennvereinen - nicht zwingend Ausdruck einer die Buchmacher diskriminierenden Preisgestaltung ist, sondern sich als Förderung der eigenen geschäftlichen Betätigung darstellen kann.

Ausgehend von diesen Grundsätzen hatte die Beklagte ein sachlich gerechtfertigtes Interesse daran, die über S. und A./C. betriebenen Wettannahmestellen im Vergleich zu den mit ihnen im Wettbewerb stehenden Buchmacher durch niedrigere Lizenzgebühren zu fördern. Nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien wollte die Beklagte das von den Galopprennvereinen betriebene Wettgeschäft durch ein bundesweites Vertriebsnetz für die Vermittlung von Totalisatorenwetten in Form der von S. und A./C. im Franchisesystem betriebenen Wettannahmestellen ausweiten und eine Steigerung der Wettumsätze der Galopprennvereine erreichen. Das von S. und A./C. verlangte niedrigere Entgelt diente somit im wesentlichen und vor allem dazu, den Wettannahmestellen einen Zutritt zum Wettmarkt zu eröffnen und hierdurch den Wettbewerb der Galopprennvereine auf dem Wettmarkt zu fördern. Hierdurch wollte sie also letztlich eine eigene geschäftliche Betätigung fördern. Die Galopprennvereine und die ausschließlich Totalisatorenwetten vermittelnden Wettannahmestellen befinden sich bei wirtschaftlicher Betrachtung im Lager der Beklagten und standen ihr daher näher als die Buchmacher. Zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und den Galopprennvereinen bestand eine gesellschaftsrechtliche Verbindung. Die Galopprennvereine waren an der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der D. S. T. Dienstleistungs GmbH & Co. KG (nachfolgend: D. S.) mittelbar beteiligt. Einzige Inhaberin der D. S. war die hiesige Beklagte. Sämtliche Geschäftsanteile der Beklagten hielt und hält das D. für V. und R. e.V., dem wiederum alle Galopprennvereine angehören. Da die ausschließlich Totalisatorenwetten vermittelnden Wettannahmestellen exklusiv den Wettumsatz der Galopprennvereine steigerten, standen auch sie den Rennvereinen und damit auch der Beklagten deutlich näher als die Buchmacher (BGH WuW/E DE-R 1251 ff. - Galopprennübertragung).

b.

Auch das Ausmaß der Preisdifferenzierung war sachlich gerechtfertigt. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte S. und A./C. in dem streitgegenständlichen Zeitraum für die Bild- und Tonübertragungen lediglich 200 DM monatlich abverlangte, während der Kläger 2.835 DM und damit mehr als den 14-fachen Betrag für die gleiche Leistung zu zahlen hatte.

Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 GWB beschränkt sich die Beurteilung der Preisdifferenzierung nicht allein darauf, ob für ein derartiges Verhalten eine sachgerechte Bezugsgrundlage besteht und die Gewährung von Preisvorteilen oder sonstigen Vergütungen nicht von sachfremden Bedingungen abhängig gemacht wird, sondern erstreckt sich auch darauf, ob das Ausmaß und damit die Höhe der gewährten Preisvorteile mit dem Maßstab des Abs. 1 vereinbar ist (BGH WuW/E BGH 1429, 1434 f. - Asbach-Fachgroßhändlervertrag; Markert in Immenga/Mestmäcker, aaO., § 20 Rn. 178). Hierbei ist dem Normadressaten im Rahmen der Interessenabwägung aber nicht nur ein tendenziell weiter Ermessensspielraum einzuräumen, sondern es ist ferner zu berücksichtigen, in welchem Maße die unterschiedliche Behandlung zu einer Beeinträchtigung des Wettbewerbs zwischen den unterschiedlich behandelten Abnehmern führt (BGH WuW/E BGH 1429, 1434 f. - Asbach-Fachgroßhändlervertrag; Markert in Immenga/Mestmäcker, aaO., § 20 Rn. 178 m.w.Nachw.; Loewenheim im Loewenheim/Meessen/Riesenkampf, Kartellrecht, Bd. 2, § 20 Rn. 99).

Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen war der den Wettannahmestellen gewährte Preisvorteil auch der Höhe nach sachlich gerechtfertigt. Zwar betrug der den Wettannahmestellen im streitgegenständlichen Zeitraum (01.01.2000 - 31.10.2001) eingeräumte Preisvorteil im Vergleich zur monatlichen Lizenzgebühr des Klägers rund 85 %. Dennoch hielt sich die Beklagte hierbei im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessenspielraums.

Der Beklagten ist nicht anzulasten, dass sie die kalkulierten jährlichen Gesamtkosten von unstreitig rund 3,5 Mio. DM für die Bilderstellung nahezu vollständig auf die rd. 100 Buchmacher umgelegt und die neu auf den Markt getretenen Wettannahmestellen - hierbei handelt es sich nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien in erster Instanz um maximal 120 - lediglich mit einem "Rumpf-Kostenpreis" belastet hat. Entgegen der Auffassung des Klägers war die Beklagte ab dem 01.01.2000 nicht zu einer Neukalkulation der Gebühren in der Weise verpflichtet, dass sie die kalkulierten jährlichen Gesamtkosten auf die Anzahl der Buchmacher und die Anzahl der bis zum Jahr 2005 geplanten ca. 2.500 neuen Wettannahmestellen verteilt. Die Kalkulation der Beklagten basierte auf dem Kostendeckungsprinzip. Dementsprechend haben im Jahr 1999 sämtliche Buchmacher die Kosten der Bilderstellung mit einer monatlichen Gebühr von durchschnittlich 2.900 DM getragen. Bei der vom Kläger für sachgemäß gehaltenen Kalkulation würde die Beklagte mit den erzielten Einnahmen indes aber frühestens in fünf Jahren eine Deckung ihrer Kosten erreichen und dies auch nur für den Fall, dass sich die geplante Anzahl an Wettannahmestellen realisieren lässt. Eine solche Kostenunterdeckung ist aber keinesfalls sachgemäß.

Die Beklagte hat die Grenzen des ihr eingeräumten Ermessens auch nicht dadurch überschritten, dass sie von den Wettannahmestellen lediglich 200 DM pro Monat und nicht einen höheren Preis verlangt hat. Wie bereits ausgeführt, ging es der Beklagten um den Aufbau eines neuen, bundesweiten Annahmestellennetzes für Pferdewetten. Nach den vorgelegten Zeitungsberichten (Anlage K7-K9) sollten im Jahr 2000 rund 400 und im Folgejahr rund 1000 neue Wettshops entstehen, die ausschließlich in Restaurants, Sport Cafés und Bars eingerichtet und mit maximal vier Bildschirmen ausgestattet werden. Um den Wettannahmestellen aber überhaupt den Zutritt zum Wettmarkt ermöglichen zu können, war es sachlich gerechtfertigt, sie in der Startphase nicht in vollem Umfang zur Deckung der Bilderstellungskosten heranzuziehen. Sie konnten sich nur dann auf dem Markt etablieren und ihr Geschäft in der Aufbauphase erfolgreich betreiben, wenn die für die Ton- und Bildübertragung verlangten Preise von den Einnahmen zu bezahlen waren und in einem angemessenen Verhältnis hierzu standen. Hiervon ist bei einem monatlichen Beitrag von 200 DM auszugehen, da die in den Jahren 2000 und 2001 eröffneten 120 Wettannahmestellen unstreitig lediglich Provisionseinnahmen von rund 540 DM bis 900 DM pro Monat erzielt haben (Bl. 39, 299). Die den Marktzutritt erleichternde Startphase war vor Ende Oktober 2001 auch noch nicht beendet. Es waren bis zu diesem Zeitpunkt maximal 120 neue Wettannahmestellen und damit weniger als 5 % der geplanten 2.500 neuen Wettshops eröffnet worden.

Überdies ist der Wettbewerb zwischen den Buchmachern und den Wettannahmestellen durch die unterschiedliche Preisgestaltung der Beklagten nur geringfügig beeinträchtigt worden. Hierfür spricht zunächst die im Vergleich zur Planung geringe Anzahl der bis Ende Oktober 2001 eröffneten Wettannahmestellen und die im Vergleich zu den Buchmachern geringen Wettumsätze. Hinzu kommt, dass sich die Wettannahmestellen an einen anderen Personenkreis wendeten als die Buchmacher. Der Buchmacher befriedigt die Nachfrage des fachkundigen und an Sportwetten jeglicher Art interessierten Spielers. Sie suchen den Buchmacher gezielt auf, um sich umfassend zu informieren und ihre Wetten abzuschließen. Die Wettannahmestellen befinden sich hingegen in Restaurants, Sport Cafés und Bars. Dem dort verkehrenden Publikum geht es vorrangig um den Verzehr von Getränken und Speisen sowie um die Geselligkeit und weniger um den Abschluss von Pferdewetten. Der Besuch in den Lokalen und Cafés bietet lediglich die Gelegenheit, daneben auch Pferdewetten abschließen zu können. Ein weiterer Gesichtpunkt ist die Tatsache, dass die neuen Wettannahmestellen - so jedenfalls die Planung - in Regionen eröffnet werden sollten, in denen es bisher keine Möglichkeit gab, seine Wetten zu platzieren. So heißt es in einem bei den Akten befindlichen Zeitungsartikel aus der Sportwelt vom 25. Januar 2000 (Anlage K9), dass diese sogenannten weißen Flecken auf der Landkarte durch die neuen Wettannahmestellen verschwinden sollen. Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers befinden sich von den neuen Wettannahmestellen auch insgesamt nur 33 in der Nähe von Buchmachergeschäften bei einer Wegentfernung von 30 Minuten.

Aus dem Vorstehenden ergibt sich zwanglos, dass die zur Prüfung stehende Preisdifferenzierung nicht die konkrete Gefahr begründet hat, dass die Buchmacher vom Wettmarkt verdrängt werden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht kein Anlass.

Die Rechtsfrage, ob die in Rede stehende Preisdifferenzierung an sich und nach ihrem Ausmaß sachlich gerechtfertigt ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht.

Wert des Berufungsverfahrens: 26.149,91 €.

Ende der Entscheidung

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