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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.07.2005
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 17/05
Rechtsgebiete: BGB, GWB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 134
GWB § 1
GWB § 16
ZPO § 520 Abs. 3 Nr. 4
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 28. September 2004 verkündete Urteil der II. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Kostenbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

III. Die Beschwer des Klägers und der Streitwert für das Berufungsverfahren werden auf jeweils 25.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Gemeinschuldner, die G. R. GmbH, war Anbieterin von Systemgerüsten. Durch "Fertigungs- und Vertriebsvereinbarung" vom 1. Oktober 1985 (Anlage K 1, GA 7-22) hatte sie die Beklagte und die "A. J. GmbH" mit der Produktion von Bauteilen ihrer Gerüstsysteme "R. S. 65" und "R. S. 100" beauftragt. Die vom Vertrag umfassten Bauteile sind in Vertragsanlage II im Einzelnen aufgelistet. Zu den Vertragspflichten der Beklagten enthält die - durch außerordentliche Kündigung am 29. November 2002 beendete - Vereinbarung (u.a.) folgende Regelungen:

" 3. Rechtstellung von M. und J.

..... Mit Ausnahme evtl. vorkommender Direkt-Auslieferungen aufgrund individueller Weisungen von R., die prinzipiell neutral bzw. im Namen von R. zu erfolgen haben, verzichten die PARTNER auf jedwede Kontaktaufnahme und Bedienung von R.-Kunden, die die R.-Systeme S. und/oder V. im Einsatz haben, es sei denn, daß R. dies ausdrücklich gewünscht hat. Die PARTNER verhalten sich selbst dann neutral und bezeichnen sich als "der Firma R. angegliederter Fertigungsbetrieb."

4. Wettbewerbsverbot während der Dauer des Vertrages

Die PARTNER verpflichten sich, jeden unmittelbaren und mittelbaren Wettbewerb, der im Sinne einer Kundenbeeinflussung über den normalen Konditionenrahmen hinausgeht, sowohl innerhalb der Bundesrepublik und West-B. als auch im Ausland zu unterlassen, ....

Für den Fall, dass R. sich durch das Wettbewerbsverhalten der PARTNER, ... , nachhaltig in seinem Erfolg beeinträchtigt sieht, ist ... der Sachverhalt eingetreten, der R. zu einer Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund berechtigt, ...

6. Vertriebsweg

Einziger Vertragspartner für den Vertragsgegenstand ist R.; die PARTNER verpflichten sich, den Vertragsgegenstand weder im Inland noch im Ausland anderweitig anzubieten."

Die Beklagte hat in der Vergangenheit ohne Wissen der Gemeinschuldnerin Bauteile der Gerüstsysteme "R. S. 65" und "R. S. 100" an Dritte veräußert. Außerdem hat sie in einem Rundschreiben aus November 2002 (Anlage K 2, GA 23) zahlreichen Kunden der Gemeinschuldnerin sowie anderen Gerüstbaubetrieben die Lieferung von Bauteilen der Gerüstsysteme "R. S. 65" und "R. S. 100" angeboten.

Der Kläger hält das Verhalten der Beklagten für vertragswidrig. Er nimmt die Beklagte deshalb im Wege der Stufenklage auf Auskunft und Zahlung von Schadensersatz in Anspruch.

Das Landgericht hat die gesamte Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die zitierten Vertragsbestimmungen gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen das kartellrechtliche Verbot des § 1 GWB nichtig seien.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen zu § 1 GWB und führt insbesondere näher zu der Frage aus, ob das der Beklagten vertraglich auferlegte Wettbewerbsverbot durch den Zweck der "Fertigungs- und Vertriebsvereinbarung" gerechtfertigt sei.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte im Wege der Stufenklage zu verurteilen, dem Kläger durch die Vorlage eines durch einen Wirtschaftsprüfer und/oder Steuerberater oder einen sonstigen zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Dritten zu erstellenden Buchauszugs Auskunft darüber zu erteilen, welche im Schriftsatz vom 27.05.2004 dort auf Blatt 5 bis 8 aufgelisteten, von ihr (der Beklagten) für G. R. GmbH gefertigten Gerüstzubehörteile im Zeitraum vom 1.10.1985 bis 29.11.2002 sie (die Beklagte) an Dritte lieferte.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und tritt dem Vorbringen der Berufung im Einzelnen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil sowie auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Der Kläger kann die Beklagte wegen der durchgeführten Direktverkäufe nicht auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch nehmen. Dementsprechend steht ihm auch ein Anspruch auf Auskunftserteilung über vertragsverletzend durchgeführte Verkäufe nicht zu. Denn die wiedergegebenen Vertragsregelungen, die der Beklagten den eigenen Vertrieb von Bauteilen der Gerüstsysteme "R. S. 65" und "R. S. 100" untersagen, sind gemäß § 134 BGB deshalb nichtig, weil sie gegen das kartellrechtliche Verbot des § 1 GWB verstoßen. Dabei spielt es keine Rolle, dass § 1 GWB während der zur Beurteilung stehenden Vertragslaufzeit zwischen 1985 und 2002 unterschiedliche Fassungen hatte. Nach § 1 GWB in seiner bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Formulierung waren (u.a.) Verträge, die Unternehmen zu einem gemeinsamen Zweck schließen, unwirksam, soweit sie geeignet waren, die Erzeugung und die Marktverhältnisse für den Verkehr mit Waren oder gewerblichen Leistungen durch Beschränkung des Wettbewerbs zu beeinflussen. § 1 GWB n.F. verbietet (u.a.) Vereinbarungen zwischen miteinander in Wettbewerb stehenden Unternehmen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken. Soweit vorliegend von Interesse, sind nämlich die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 GWB in der Sache unverändert geblieben.

1. § 1 GWB erfasst - in Abgrenzung zu den lediglich unter Missbrauchsaufsicht der Kartellbehörde stehenden vertikalen Wettbewerbsbeschränkungen des § 16 GWB (= § 18 GWB a.F.) - wettbewerbsbeschränkende Absprachen im Horizontalverhältnis. Bereits nach § 1 GWB a.F. war erforderlich, dass die an der wettbewerbseinschränkenden Abrede beteiligten Unternehmen miteinander im Wettbewerb stehen und die zur Beurteilung stehende Vereinbarung gerade eine Reglementierung dieses Wettbewerbsverhältnisses bezweckt oder bewirkt (vgl. nur: Zimmer in Immenga/Mestmäcker, Kartellgesetz, 3. Aufl., § 1 Rdnr. 164; Bunte in Langen/Bunte, Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Band 1, 9. Aufl., § 1 Rdnr. 88). Die Neufassung der Vorschrift bringt dies nunmehr - ohne dass vom Gesetzgeber insoweit eine sachliche Änderung der Norm beabsichtigt war (vgl. Begr. RegEntw. in WuW-Sonderheft 1998, Seite 65 unter Ziffer bb) - durch die Formulierung "zwischen miteinander im Wettbewerb stehenden Unternehmen" zum Ausdruck.

Die "Fertigungs- und Vertriebsvereinbarung" ist zwischen Unternehmen geschlossen worden, die auf dem relevanten Angebotsmarkt für fabrikneue Gerüst- systeme der Gemeinschuldnerin miteinander im Wettbewerb standen.

a) Die Gemeinschuldnerin war bei Vertragsabschluss auf jenem Markt bereits aktuell tätig, wie in der mündlichen Verhandlung nochmals ausdrücklich unstreitig gestellt worden ist.

b) Die Beklagte war - was für die Geltung von § 1 GWB genügt (vgl. nur: Zimmer, a.a.O. Rdnr. 174; Bunte, a.a.O. Rdnr. 96) - bei Abschluss der "Fertigungs- und Vertriebsvereinbarung" zumindest potentielle Anbieterin fabrikneuer Bauteile von Gerüstsystemen der Gemeinschuldnerin. Das entspricht - wie das vertraglich vereinbarte Verbot der Beklagten belegt, ohne Zustimmung der Gemeinschuldnerin Bauteile der Gerüstsysteme "R. S. 65" und "R. S. 100" an Dritte zu liefern - schon der eigenen Einschätzung der Vertragsparteien. Diese kommt überdies in der Vertragspräambel zum Ausdruck, in der es heißt:

"... in Anbetracht dessen, daß

- ...

- die PARTNER trotz bzw. gerade wegen der gleichzeitig bestehenden Konkurrenzsituation ..... "

Schließlich belegen auch die seit dem Jahre 2000 durchgeführten Direktverkäufe, dass die Beklagte ohne weiteres zur Aufnahme einer Vertriebstätigkeit in der Lage ist.

2. Die "Fertigungs- und Vertriebsvereinbarung" enthält in den zitierten Passagen wettbewerbsbeschränkende Abreden im Sinne von § 1 GWB.

a) Enthält - wie dies vorliegend der Fall ist - ein zwischen (aktuellen oder potentiellen) Konkurrenten geschlossener Austauschvertrag wettbewerbsbeschränkende Klauseln, ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der Schutzbereich des § 1 GWB nur betroffen, wenn und soweit die Wettbewerbsbeschränkung über die Sicherstellung des kartellrechtsneutralen Leistungsaustauschs hinausgeht und sie bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Kartellgesetzes nicht durch ein anzuerkennendes Inter-esse der begünstigten Vertragspartei gedeckt ist (BGH, WuW/E BGH, 3115, 3118 - Druckgußteile; WuW/E BGH, 3121, 3125 - Bedside-Testkarten; WuW/E BGH, 3137, 3138 - Sole; WuW/E DE-R 115, 116 f. - Carpartner; WuW/E DE-R 131, 133 - Subunternehmer).

b) Mit Recht hat das Landgericht diese Voraussetzung bejaht und angenommen, dass das in der "Fertigungs- und Vertriebsvereinbarung" enthaltene Wettbewerbsverbot zur Gewährleistung des vertraglich vereinbarten Leistungsaustausches nicht erforderlich ist.

aa) Die Beklagte hat sich in der "Fertigungs- und Vertriebsvereinbarung" einem umfassenden und weltweiten Wettbewerbsverbot unterworfen. In Ziffer 3 des genannten Vertrages hat sie sich verpflichtet, während der Vertragslaufzeit nicht ohne die Zustimmung der Gemeinschuldnerin deren Kunden mit den in Anlage II näher aufgeführten Bauteilen der Gerüstsysteme "R. S. 65" und "R. S. 100" zu beliefern oder zu jenen Kunden auch nur einen Geschäftskontakt herzustellen. Ohne Einwilligung war der Beklagten sogar eine Auslieferung der Vertragsware an den Kunden der Gemeinschuldnerin verboten. In den Ziffern 4 und 6 der Vereinbarung hat die Beklagte darüber hinaus versprochen, während der Vertragslaufzeit jedweden Wettbewerb zu unterlassen und weder im Inland noch im Ausland Drittunternehmen zu beliefern. Ziel des Wettbewerbsverbots war es, die Beklagte für die Vertragsdauer vom Angebotsmarkt für die in Rede stehenden (fabrikneuen) Bauteile vollständig fernzuhalten und sie weltweit als Konkurrentin der Gemeinschuldnerin auszuschalten.

bb) Mit diesem weitreichenden Inhalt verstößt das vereinbarte Konkurrenzverbot gegen § 1 GWB. Weder für die in Ziffer 3 der "Fertigungs- und Vertriebsvereinbarung" vorgesehene Kundenschutzklausel noch für das in den Ziffer 4 und 6 des Vertrages vereinbarte weltweite Wettbewerbsverbot standen der Gemeinschuldnerin rechtfertigende Gründe zur Seite. Auch nach dem Prozessvorbringen des Klägers lässt sich nicht nachvollziehbar erkennen, dass das in den Vertragsziffern 3, 4 und 6 vereinbarte Konkurrenzverbot zur Sicherstellung des - kartellrechtsneutralen - Leistungsaustauschs sachlich geboten war.

(1) Der Kläger kann sich zur Rechtfertigung der Kundenschutzklausel - und Gleiches gilt erst recht für das umfassende Wettbewerbsverbot in den Ziffern 4 und 6 der Vereinbarung - nicht darauf berufen, dass die Beklagte bei einer Belieferung von R.-Kunden die Akquisitionsbemühungen der Gemeinschuldnerin zum Aufbau ihres Kundenstammes in illoyaler Weise ausnutzen würde (vgl. dazu: BGH, WuW/E DE-R 131, 133 - Subunternehmer; Huber/Baums in Frankfurter Kommentar, § 1 GWB a.F. Rdnr. 581; Köhler, WuW 1999, 445, 450 f. m.w.N.). Der Vorwurf, sich durch Kundenabwerbung fremde Aufwendungen und Anstrengungen für die Schaffung eines Kundenstamms unredlich zunutze zu machen, kommt allenfalls in Bezug auf diejenigen Kunden in Betracht, die die Gemeinschuldnerin der Beklagten selbst dadurch bekannt gemacht hat, dass sie gemäß Ziffer 3 des Vertrages um eine Direktbelieferung jener Kunden gebeten hat. In allen anderen Fällen, in denen die Gemeinschuldnerin der Beklagten ihren Kundenkreis nicht offen gelegt hat, kann demgegenüber schon im Ansatz nicht von einem beanstandungswürdigen Verhalten der Beklagten gesprochen werden. In jenen Konstellationen nutzt die Beklagte weder eine ihr aufgrund der "Fertigungs- und Vertriebsvereinbarung" vermittelte Kenntnis über den Kundenkreis der Gemeinschuldnerin noch irgendwelche Bemühungen der Gemeinschuldnerin zum Aufbau ihres Kundenstamms unlauter aus. Die Beklagte tritt bei der Kundenabwerbung vielmehr wie ein beliebiger Dritter in einen "normalen" Wettbewerb mit der Gemeinschuldnerin.

Ob der Gemeinschuldnerin ein kartellrechtlich schutzwürdiges Interesse zuzubilligen ist, der Beklagten zumindest in den Fällen der erbetenen Direktauslieferung eine Kundenabwerbung vertraglich zu untersagen, kann für die Entscheidung des Rechtsstreits auf sich beruhen. Selbst wenn eine derart eingeschränkte Kundenschutzklausel nicht nach § 1 GWB zu beanstanden wäre, ist das in Ziffer 4 des Vertrages vereinbarte Konkurrenzverbot in vollem Umfang rechtsunwirksam. Denn eine Rückführung der Kundenschutzklausel auf das kartellrechtlich zulässige Maß scheidet bei einer gegenständlich überschießenden Abrede, wie sie hier vorliegt, aus (vgl. BGH, WuW/E BGH 2593, 2595 - Gebäudereinigung; NJW 1997, 3089, 3090 - Tierarztpraxis; Bunte, a.a.O. Rdnr. 231). Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg auf die salvatorische Klausel in Ziffer 19 der "Fertigungs- und Vertriebsvereinbarung" berufen. Denn sie sieht nicht eine automatische Vertragsanpassung, sondern lediglich die Verpflichtung der Vertragsparteien vor, die unwirksamen Vertragsregelungen mit Wirkung für die Zukunft durch rechtlich zulässige Bestimmungen zu ersetzen. Damit kann der Kläger jedenfalls für den streitbefangenen Zeitraum bis Ende November 2002 aus der salvatorischen Klausel bereits aus rein zeitlichen Gründen nicht die teilweise Aufrechterhaltung der Kundenschutzklausel erreichen.

(2) Das Wettbewerbsverbot rechtfertigt sich ebenso wenig aus der Behauptung des Klägers, der Beklagten sei im Rahmen der vertraglichen Lieferbeziehung Knowhow in Gestalt der Konzeption der Gerüstsysteme "R. S. 65" und "R. S. 100" überlassen sowie gestattet worden, bei der Herstellung der Vertragsware Patente der Gemeinschuldnerin zu verwenden.

(a) Mit Recht hat das Landgericht den diesbezüglichen Sachvortrag des Klägers bereits mangels hinreichender Substanz bei der Entscheidungsfindung unberücksichtigt gelassen. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot sachlich geboten war, um Betriebsgeheimnisse und Patentrechte der Gemeinschuldnerin vor einer unredlichen Ausbeutung durch die Beklagte zu schützen, lässt sich nur an Hand der konkreten Umstände des Einzelfalles beantworten. Es bedarf deshalb eines substantiierten und nachvollziehbaren Sachvortrags des Klägers, welche Betriebsgeheimnisse und gewerblichen Schutzrechte der Beklagten im Rahmen der Lieferbeziehung zugänglich gemacht worden sind und in welchem gegenständlichen Umfang zu deren Schutz das vertraglich vereinbarte Konkurrenzverbot erforderlich gewesen sein soll. An einem solchen Sachvortrag des Klägers fehlt es.

Die Behauptung, der Beklagten sei die Konzeption der Gerüstsysteme "R. S. 65" und "R. S. 100" offen gelegt worden, ist ohne jede Substanz und offensichtlich unzureichend. Dem Sachvortrag ist weder nachvollziehbar zu entnehmen, um welches betriebliche Wissen der Gemeinschuldner es sich konkret handeln soll, noch gibt das Vorbringen irgendeinen Aufschluss darüber, dass und aus welchen Gründen die Konzeption der beiden Gerüstsysteme überhaupt geheimhaltungsbedürftiges Wissen sein soll. Hierüber ist auch dem Privatgutachten des Sachverständigen S. vom 8. März 2004 (Anlage K 5, GA 211-241), auf das der Kläger Bezug nimmt, nichts zu entnehmen. Die Feststellung des Privatgutachters, die wesentlichen Bauteile der Gerüstsysteme "R. S. 65" und "R. S. 100" wiesen system-spezifische und unverwechselbare Merkmale auf, ist für die vorliegend alleine interessierende Frage, ob es sich bei der Konzeption der Gerüstsysteme um geheimes betriebliches Wissen der Gemeinschuldnerin handelt, ohne jeden Aussagewert. Ohne hinreichende Substanz ist ebenso der ergänzende - und von der Beklagten bestrittene - Sachvortrag des Klägers im Verhandlungstermin des Senats, im Rahmen der Vertragsbeziehung sei der Beklagten Produktionswissen überlassen worden. Mit dieser erstmals im Senatstermin vorgetragenen Behauptung ist der Kläger überdies gemäß §§ 531 Abs. 2 Nr. 3, 520 Abs. 3 Nr. 4 ZPO präkludiert.

Unzureichend ist gleichermaßen der Sachvortrag des Klägers, soweit er sich zur Rechtfertigung des Wettbewerbsverbots auf den Schutz von Patentrechten der Gemeinschuldnerin beruft. Wie der Kläger erstinstanzlich selbst vorgetragen hat (Seite 2 des Schriftsatzes vom 2.5.2003, GA 59), unterfallen nicht die streitgegenständlichen Gerüstsysteme als Ganzes, sondern lediglich einzelne Bauteile der Gerüstsysteme dem Patentschutz. Das macht die Darlegung erforderlich, welche der zahlreichen vertragsgegenständlichen Bauteile patentrechtlichen Schutz genießen. Ausschließlich für sie kann geltend gemacht werden, der Beklagten im Interesse eines effektiven Patentrechtsschutzes ein Wettbewerbsverbot auferlegen zu dürfen. Das Vorbringen des Klägers wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Der Kläger begnügt sich mit der Vorlage einer Aufstellung der der Gemeinschuldnerin zustehenden Patentrechte (Anlage K 3, GA 62), ohne anzugeben, für welche Bauteile der "Fertigungs- und Vertriebsvereinbarung" die Gemeinschuldnerin einen patentrechtlichen Schutz beanspruchen kann. Mit Recht hat das Landgericht diesen Sachvortrag für unsubstantiiert gehalten und den Aspekt des Patentschutzes bei der rechtlichen Beurteilung des Falles außer Betracht gelassen. Eines erneuten gerichtlichen Hinweises auf die mangelnde Substantiierung des klägerischen Vorbringens (§ 139 ZPO) bedurfte es - entgegen der Ansicht der Berufung - nicht. Denn es lag auf der Hand, dass das Argument des patentrechtlichen Schutzes nur dann schlüssig vorgetragen ist, wenn zugleich die betroffenen Bauteile benannt werden. Im Übrigen hat der Kläger ungeachtet der Tatsache, dass das angefochtene Urteil auf die mangelnde Substantiierung hinweist, seinen Sachvortrag zum Patentrechtsschutz auch in zweiter Instanz nicht ergänzt. Das Vorbringen ist deshalb - ohne dass es eines erneuten gerichtlichen Hinweises bedarf - weiterhin unschlüssig.

(b) Im Hinblick auf den Gesichtspunkt des Patentrechtsschutzes kommt hinzu, dass er zugestandenermaßen nur für einen Teil der vertragsbefangenen Bauteile beansprucht werden kann. Die Kundenschutzklausel in Ziffer 3 des Vertrages und das Wettbewerbsverbot in den Ziffern 4 und 6 der "Fertigungs- und Vertriebsvereinbarung" überschreiten deshalb gegenständlich den kartellrechtlich zulässigen Rahmen. Das zieht - wie vorstehend in anderem Zusammenhang bereits ausgeführt - die Gesamtnichtigkeit der betreffenden Vertragsklauseln nach sich.

3. Die Kundenschutz- und Wettbewerbsklausel ist schließlich geeignet, die Verhältnisse auf dem relevanten Markt spürbar, d.h. mehr als nur in unbedeutendem Umfang (vgl. nur: BGH, WuW/E DE-R 115, 119 f. - Carpartner), zu beeinflussen. Denn die Kundenschutz- und Wettbewerbsklauseln haben zur Konsequenz, dass die Beklagte während der Vertragslaufzeit weltweit als Anbieterin von Bauteilen der Gerüstsysteme "R. S. 65" und "R. S. 100" vom Markt ferngehalten und die Alleinstellung der Gemeinschuldnerin auf jenem Markt gefestigt wird.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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