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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 24.05.2006
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 25/05
Rechtsgebiete: VerpackungsVO, ZPO, GWB, BGB, BDSG


Vorschriften:

VerpackungsVO § 6 Abs. 3
ZPO § 531 Abs. 2
GWB § 19
GWB § 20
BGB § 139
BDSG § 1
BDSG § 1 Abs. 1
BDSG § 3
BDSG § 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 24. 2. 2005 verkündete Teilurteil des Landgerichts Köln wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 27.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Beschwer der Beklagten und Streitwert für das Berufungsverfahren: 21.003, 17 Euro.

Tatbestand:

Die Beklagte ist eine Personengesellschaft (S.A.S.) mit Sitz in I.. Sie stellt verschiedene Lebensmittel her und vertreibt diese u.a. auch in Deutschland. Für den Vertrieb benutzt sie Verpackungen, die der Entsorgungspflicht der VerpackungsVO unterliegen.

Die Klägerin organisiert und betreibt ein Entsorgungssystem nach § 6 Abs. 3 VerpackungsVO. Die Teilnahme an einem solchen Entsorgungssystem entbindet die Vertragspartner von ihren Rücknahme- und Verwertungsverpflichtungen nach der VerpackungsVO. Hierfür schließen die Teilnehmer mit der Klägerin den sog. "Zeichennutzungsvertrag" ab. In diesem gewährt die Klägerin den Teilnehmern die Verwendung des für sie (die Klägerin) eingetragenen und geschützten Zeichens "D. G. P." und sichert die Entsorgung der sich aus der VerpackungsVO ergebenden Quote für die Teilnehmer zu. Als Gegenleistung zahlen die Teilnehmer eine Lizenzgebühr, die sich (u.a.) nach der Menge der in Verkehr gebrachten Verpackungen bemisst. Zur Berechnung haben die Teilnehmer nach dem Zeichennutzungsvertrag der Klägerin quartals- und jahresweise Bericht über die Menge der in Verkehr gebrachten Verpackungen zu erstatten. Nach Ablauf eines Geschäftsjahres haben die Teilnehmer zudem ihre Angaben durch einen Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer oder Steuerberater nachprüfen und bescheinigen zu lassen. Für weitere Einzelheiten wird auf die Kopie des Zeichennutzungsvertrages (GA 14-25) verwiesen.

Am 28.09.2000 schloss die Beklagte einen "Zeichennutzungsvertrag" mit der Klägerin ab (PA 14 ff. d.A.).

Am 20.04.2001 traf die Kommission der Europäischen Gemeinschaft auf Grundlage des Art. 3 der damalig geltenden Verordnung 17/62 eine Entscheidung, in der sie die Ausgestaltung des Zeichennutzungsvertrages beanstandete. Sie stellte zusammenfassend fest, dass die Klägerin eine marktbeherrschende Stellung ausnutze, wenn der Teilnehmer zwar auf allen vertriebenen Verpackungen das Zeichen "D. G. P." verwende, aber nur teilweise für diese Menge die Entsorgungsleistungen der Klägerin in Anspruch nehme und nachweise, dass er seinen Entsorgungspflichten anderweitig nachkomme. Die Kommission gab der Klägerin auf, ihre Vertragspartner innerhalb einer näher bezeichneten Frist über die Entscheidung und der ihr auferlegten Pflichten zu unterrichten. Für weitere Einzelheiten wird auf die Entscheidung der Kommission 2001/463/EG, veröffentlicht im Amtsblatt Nr. L 166 vom 21.06.2001, S. 1-24, sowie auf die in der Akte befindliche Kopie der Entscheidung (Bl. 181 ff. d. A.) verwiesen.

Am 3. 9. 2002 (vgl. Anlage K 8) teilte die Beklagte der deutsch-italienischen Außenhandelskammer mit, dass sich ihre Gesellschaftsform von einer S.A.S. in eine S.R.L. verändert habe. Zu dieser Änderung kam es tatsächlich aber nicht, da sich die Beklagte letztlich entschied, die S.R.L. zusätzlich zu gründen. Die Istzahlmeldung für das 3. Quartal 2002 wurde unter Beibehaltung der Kundennummer der Beklagte von der A. S.R.L. erstattet.

Für die Quartale I/ 2001, III/2001, IV/2001, I/2002 sowie II/2002 blieben Zahlungen der Beklagten in Höhe von insgesamt 14.559, 86 Euro unbeglichen. Im März 2003 erfolgte eine nicht zuzuordnende Zahlung der Beklagten in Höhe von 1556, 74 Euro. Für das Quartal III/2002 gab die Beklagte in ihrer Quartalsmeldung an, keine Verpackung mit dem Zeichen "D. G. P." in Verkehr gebracht zu haben. Für die Quartale IV/2002 und I/2003 gab die Beklagte keine Meldungen ab. Mehrere diesbezügliche Mahnungen der Klägerin blieben ohne Erfolg.

Am 02.06.2003 ging eine Klageschrift der Klägerin gegen die Beklagte beim LG Köln ein. Diese konnte aber nicht zugestellt werden, da die Beklagte innerhalb I. verzogen war, ohne dies der Klägerin mitzuteilen. Vor dem erneuten - und letztlich erfolgreichen - Zustellversuch berichtigte die Klägerin die Klageschrift, indem sie die A. S.R.L. als beklagte Partei angab, da sie diese für die Rechtsnachfolgerin der Beklagten hielt. Beide Gesellschaften haben die gleiche Adresse. Die Klage wurde in I. der Beklagten (A. S.A.S.) zugestellt (GA 108 rück).

In der 1. Instanz hat die Klägerin in Form einer Stufenklage beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1.) an sie 14.003, 17 € nebst 3 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz pro Jahr auf 13.003,11 € ab dem 11.04.2003 zu zahlen,

2a.) ihr durch Abgabe der Quartals-Istzahl-Meldungen IV/2001 und I/2003 Auskunft darüber zu erteilen, wie viele mit dem Zeichen "D. G. P." versehene und von der Beklagten vertriebene Verpackungen in der Zeit vom 01.10.2002 bis zum 31.03.2003 auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland abgesetzt worden sind,

3a.) ihr durch die Abgabe der Jahresabschlussmeldungen 2002 auf dem dazu vorgesehenen Formblatt Auskunft darüber zu erteilen, wie viele mit dem Zeichen "D. G. P." versehene und von der Beklagten vertriebene Verkaufsverpackungen in dem Geschäftsjahr der Beklagten 2002 auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland abgesetzt worden sind,

4a.) die Richtigkeit der in der bereits eingereichten Jahresabschlussmeldungen 2000 und 2001 gemachten Angaben auf Kosten der Beklagten von einem Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer auf der Grundlage der von ihr herausgegebenen Richtlinien und unter Verwendung der von ihr herausgegebenen Formulare oder per von ihr zugelassenen Datenträger ihr gegenüber bescheinigen zu lassen (Testate 2000 und 2001).

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, sie sei nicht passiv legitimiert. Darüber hinaus sei aufgrund der Kommissionsentscheidung davon auszugehen, dass die Klägerin ihre marktbeherrschende Stellung durch den "Zeichennutzungsvertrag" ausnutze. Der Zeichennutzungsvertrag der Parteien sei daher unwirksam und Ansprüche aus ihm könne die Klägerin nicht geltend machen. Zudem habe die Klägerin die ihr von der Kommission auferlegte Informationspflicht nicht erfüllt. Die Ansprüche auf Auskunftserteilung seien schließlich auch deshalb unbegründet, da nach ihnen ungerechtfertigter Weise Geschäftsdaten offen gelegt werden müssten und deshalb datenschutzrechtliche Vorgaben missachtet würden.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Es sei von einer ordnungsgemäßen Zustellung der Klagesschrift auszugehen, weil der Beklagten die Klageschrift zugestellt worden sei. Der Zeichennutzungsvertrag sei nicht nichtig, da die Beklagte nicht dargelegt habe, dass sie ein anderes Entsorgungssystem in Anspruch genommen habe. Auch datenschutzrechtlich sei der Zeichennutzungsvertrag nicht zu beanstanden, da sich Sinn und Zweck der Informationspflichten aus dem Vertragszweck ergäben.

Dagegen wendet sich die Beklagte in ihrer Berufung.

Sie ist der Ansicht, dass die Klage nicht rechtshängig geworden sei, weil in der Klageschrift die beklagte Partei falsch bezeichnet worden sei. Das Landgericht missachte ferner die europarechtliche Wirkung der Kommissionsentscheidung. Es habe den Zeichennutzungsvertrag nicht als Anspruchsgrundlage heranziehen dürfen, da die Missachtung der Informationspflicht den Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung kausal herbeigeführt habe. Sie behauptet insofern, dass sie mangels ordnungsgemäßer Information nicht habe erkennen können, auch zur Nutzung eines alternativen Entsorgungssystems berechtigt gewesen zu sein. Des Weiteren ist sie der Ansicht, dass der Zeichennutzungsvertrag in die unternehmerische Privatsphäre eingreife, weil seine Geheimhaltungsvorgaben mit Hinblick auf das deutsche Datenschutzrecht nicht ausreichend seien.

Sie beantragt,

das Teilurteil des Landgerichts Köln aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen ihr eine Aufbrauchs- und Umstellungsfrist von 12 Monaten, beginnend ab Rechtskraft des Urteils, über die in Ziffer 2a), 3a) aufgeführten Angaben zu den Quartals-Istzahl-Meldungen IV/2002 und I/2003 sowie zur Jahresschlussmeldung 2002 zuzubilligen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass die Kommissionsentscheidung nicht die allgemeine Nichtigkeit des "Zeichennutzungsvertrags" nach sich ziehe, sondern eine Einzelfallprüfung geboten sei. Die Ausführungen der Beklagte zum deutschen Datenschutzrecht seien nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie in der ersten Instanz ihre diesbezüglichen Vorwürfe nur auf das italienische Datenschutzrecht bezogen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe:

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

I.

Die von der Klägerin erhobene Klage richtet sich von Anfang an gegen die Beklagte und nicht gegen die A. S.R.L. Bei der Bezeichnung des Prozessgegners handelt es sich um eine prozessuale Willenserklärung, die nach den allgemeinen Regeln ausgelegt werden muss (Greger in: Zöller, ZPO, 25. Aufl., 2005, vor § 128, Rn. 25 mit Nachweis). Entscheidend ist, welchen Sinn der Parteibezeichnung aus der Sicht der Empfänger - d.h. des Gerichts und der verklagten Partei - beizulegen ist. Bei äußerlich unrichtiger und unvollständiger Bezeichnung ist die Partei anzusprechen, die durch die fehlerhafte Parteibezeichnung nach deren objektiven Sinn betroffen werden soll (vgl. nur BGH, NJW-RR 2004, 501 m.w.N.). Das war vorliegend die Beklagte. Ausweislich der Klagebegründung richtete sich das Klagebegehren von Anfang an gegen die Beklagte als Partei des Zeichennutzungsvertrages. Dass die Klägerin im Verlaufe des Rechtsstreits eine Rubrumsberichtigung dahin erbeten hatte, dass nunmehr die "A. SRL" beklagt sein soll, ändert daran nichts. Denn dies beruhte ausschließlich auf der - sachlich unzutreffenden - Mitteilung der Beklagten an die italienischen Aussenhandelskammer vom 3. 9. 2002, dass sie (die Beklagte) ihre Gesellschaftsform geändert habe und nunmehr unter der Bezeichnung "A. SRL" firmiere.

Die Klage ist gegen die Beklagte auch wirksam erhoben worden. Denn ihr ist die - an die A. SAS adressierte - Klageschrift zugestellt worden.

II.

Die Berufung ist nicht begründet, denn das erstinstanzliche Teilurteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 I ZPO).

1.

Das Landgericht hat den Zahlungsanspruch zu Recht aus §§ 4 I und II und 5 I des Zeichennutzungsvertrages angenommen. Nach den genannten Vertragsbestimmungen hat die Beklagte die vereinbarte Lizenzgebühr jedenfalls für alle mit dem Zeichen "D. G. P." versehenen und im Inland vertriebenen Verkaufsverpackungen zu zahlen. Diese Vergütungsabrede ist jedenfalls für die in Rede stehenden Fälle, in denen die Beklagte die Dienstleistungen der Klägerin in Anspruch genommen und dieser keine anderweitige Entsorgung der betreffenden Verpackungsmengen nachgewiesen hat, rechtswirksam. Der Zeichennutzungsvertrag der Parteien ist nicht wegen Verstoßes gegen Art. 82 I EG, §§ 19, 20 GWB nichtig.

Ein Verstoß gegen Art. 82 I EG bzw. gegen §§ 19, 20 GWB liegt nicht vor. Die Klägerin hat sich gegenüber der Beklagten nicht so verhalten, wie es ihr in der Entscheidung der Kommission vom 20. 4. 2001 untersagt worden ist.

Die Kommissionsentscheidung stellt Konstellationen heraus, in denen mit Verwendung des Vertrages eine marktbeherrschende Stellung ausgenutzt wird. Dass die Klägerin eine marktbeherrschende Stellung einnimmt, führt dabei nicht allein zur Nichtigkeit des Vertrages (Rn. 98 der Kommissionsentscheidung). Auch der Vertrag als solcher wird nicht beanstandet. Einen Missbrauchstatbestand nimmt die Kommission erst bei bestimmten Konstellationen an (Rn. 101 der Kommissionsentscheidung: "ein Missbrauchstatbestand ergibt sich immer dann, wenn die verpflichteten Unternehmen...."). Eine vergleichbare Situation wie die von der Kommission beschriebenen stellt dieser Fall nicht dar. Die Kommission stellt explizit darauf ab, dass die Vertragspartner der Klägerin ein anderes Entsorgungssystem in Anspruch nehmen (Kommissions-Entscheidung, Rn. 101) und dies der Klägerin nachweisen (Kommissions-Entscheidung, Rn. 167). Der Entscheidungstenor fordert entsprechend, dass die Vertragspartner der Klägerin die Entsorgungsalternative nachweisen (Art. 3, 4). Der Nachweis kann entweder vor der Inanspruchnahme eines alternativen Systems (Art. 5, Absatz 1) oder nach der Durchführung einer Selbstentsorgerlösung (Art. 5, Absatz 2) beigebracht werden. Die Beklagte hat aber zu keinem Zeitpunkt behauptet, eine alternative Entsorgungslösung gewählt zu haben, weshalb schon von daher ein Verstoß gegen die Vorgaben der Kommissionsentscheidung ausscheidet.

Soweit im Zeichennutzungsvertrag ein Entgelt auch für solche gekennzeichneten Verpackungen vorgesehen ist, für die Befreiungsleistungen der Klägerin nicht in Anspruch genommen werden und für die der Lizenznehmer nachweist, dass die Entsorgung der betreffenden Verpackungen durch Teilnahme an einem anderen Befreiungssystem durch eine Selbstentsorgungslösung sichergestellt ist, kommt zwar ein Verstoß gegen Art. 82 Abs. 1 EG bzw. §§ 19, 20 GWB in Betracht. Das hat allerdings nicht die Gesamtnichtigkeit des Zeichennutzungsvertrages oder der gesamten Vergütungsabrede zur Folge. Ein Verstoß gegen Art. 82 Abs. 1 EG führt nur zur Unwirksamkeit derjenigen Teile der Vereinbarung, die von dem Verstoß gegen das Missbrauchsverbot des Art. 82 Abs. 1 erfasst werden. Darüber hinaus gehende Teile oder gar die gesamte Vereinbarung sind nur dann gleichfalls nach Art. 82 Abs. 1 EG nichtig, wenn sich die verbotswidrige Regelung nicht von den anderen Teilen der Vereinbarkeit trennen lassen. Maßgeblich ist dabei die objektive Trennbarkeit der betreffenden Bestimmungen. Auf die Vorstellung und den Willen der Vertragsparteien kommt es nicht an. Es ist deshalb nur zu prüfen, ob der übrige Vertragsinhalt auch ohne die unwirksamen Abreden einer selbständigen Geltung fähigen Regelungsgehalt behält. Ist dies der Fall, so beurteilt sich die Auswirkung der nach Art. 82 Abs. 1 EG unvereinbaren vertraglichen Bestimmung auf die Rechtsgültigkeit des Vertrages im Übrigen nicht nach Gemeinschaftsrecht, sondern ausschließlich nach nationalem Recht (vgl. Senatsurteil vom 16.5.2005 - VI - U(Kart) 39/03; Senatsurteil vom 13.4.2006 - VI - U (Kart) 23/05). Ist - wie vorliegend - deutsches Recht anwendbar, richtet sich die Teil- oder Gesamtnichtigkeit des Vertrages mithin nach § 139 BGB. Im Streitfall ist die im Zeichennutzungsvertrag enthaltene Vergütungsabrede in Bezug auf die von der EG-Kommission beanstandeten Fallkonstellationen einerseits und den anderen - kartellrechtlich unbedenklichen - Vergütungsfällen objektiv trennbar. Auch nach § 139 BGB ist nur von einer Teilnichtigkeit auszugehen, denn die Vergütungsabrede wäre von den Parteien wegen des kartellrechtswidrigen Teils der Gesamtvereinbarung nicht insgesamt verworfen worden. Dem hat auch die Beklagte im Verhandlungstermin des Senats nicht widersprochen.

2.

Die Beklagte dringt auch nicht mit ihrer Auffassung durch, dass ein Missbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung dadurch gegeben sei, dass die Klägerin ihre Unterrichtungspflicht aus Art. 6 der Kommissions-Entscheidung nicht oder nicht fristgerecht erfüllt habe und sie den Eindruck erweckt habe, dass sie als staatliches Unternehmen die einzige Option für die Entsorgung darstelle. Es kann hier dahinstehen, ob die Informationspflicht aus der Kommissions-Entscheidung ordnungsgemäß erfüllt wurde, denn ein etwaiger Verstoß würde nicht die Nichtigkeit der Vergütungsabrede der Parteien nach sich ziehen. Ob der Beklagten insoweit andere Rechte (z.B. Ersatzansprüchen) zustehen können, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, denn die Beklagte macht derartige Rechte im Prozess nicht geltend.

Auch der Vorwurf der Intransparenz der Vergütungsregelung, die nicht zwischen den nach der Entscheidung der EG-Kommission kartellrechtswidrigen und den kartellrechtlich unbedenklichen Vergütungsfällen unterscheidet, ist unbegründet, denn die Entgeltklausel ist in einem umfassenden Sinne eindeutig, weil die Klägerin nach dem eindeutigen Wortlaut des Zeichennutzungsvertrages für alle gekennzeichneten Verpackungen eine Lizenzgebührt verlangt.

2.

Die Beklagte greift zu Unrecht die Entscheidung der 1. Instanz zu den Auskunftsansprüchen an. Das Landgericht hat vielmehr rechtsfehlerfrei den Auskunftsansprüchen stattgegeben.

a)

Die Auskunftsansprüche der Klägerin gem. § 5 Abs. 2 und Abs. 3 des Zeichennutzungsvertrages hinsichtlich der Stückzahl der Verpackung, der Materialart, des Gewichts der Verpackung und des Volumens und der Fläche der Verpackung verstoßen nicht gegen das Bundesdatenschutzgesetz. Ein Verstoß gegen das BDSG scheitert schon daran, dass dessen Zweck im Schutz natürlicher Personen vor Beeinträchtigungen ihrer Persönlichkeitsrechte besteht. Dies ergibt sich aus § 1, Absatz 1 und § 3, Absatz 1 BDSG. Daher findet das BDSG nur auf personenbezogene Daten Anwendung. Bei dem Gegenstand, auf den sich der Auskunftsanspruch der Klägerin stützt, handelt es sich aber um geschäftliche Daten, so dass das Datenschutzgesetz somit keine Anwendung findet. Auch eine Analogie der bundesdatenschutzrechtlichen Regelungen kommt nicht in Betracht, denn es fehlt insoweit bereits an einer planwidrigen Regelungslücke.

b)

Die vertraglichen Auskunftsansprüche der Klägerin aus dem Zeichennutzungsvertrag verletzen auch darüber hinaus nicht die behaupteten Rechte der Beklagten, weil die Geheimhaltungsklausel keine unangemessene Benachteiligung der Klägerin darstellt (§ 9 Abs. 1 AGBG).

Gem. § 13 Abs. 1 des Zeichennutzungsvertrages ist die Klägerin zur Vertraulichkeit verpflichtet. Nur aus rechtlichen Gründen darf danach eine Offenlegung Dritten gegenüber vorgenommen werden. Die Auskunftsformulare verlangen keine Angaben, die die Rechte der Beklagten beeinträchtigen. Die Auskunft über die Verpackungsmenge, die in Verkehr gebracht wurde, ist erforderlich, um die Menge herauszufinden, für die die Entsorgungsdienstleistung der Klägerin in Anspruch genommen wird. Es wird lediglich nach der Menge der abgesetzten Verkaufsverpackungen, nach dem Verpackungsmaterial und dem Gewicht, sowie nach dem Volumen bzw. der Fläche der jeweiligen Verpackung gefragt. Hieraus lassen sich zum einen keine geschäftsinternen und -sensiblen Daten ableiten. Zum anderen sind diese notwendig um herauszufinden, in welchem Umfang die Entsorgungsdienstleistung der Klägerin in Anspruch genommen wird und um das Lizenzentgelt zu ermitteln (vgl. Nr. B 2 der Richtlinie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Errichtung der Lizenzentgelte, GA 305 ff. d.A.). Damit liegt eine genau bezeichnete Auskunftspflicht auch im Interesse der Beklagten. Auch die Kontrolle durch einen unabhängigen Prüfer steht im Zusammenhang mit der vertraglichen Entgeltungspflicht. Nur so kann die Klägerin die Angaben ihrer Vertragspartner kontrollieren. Die Beklagte hat dagegen nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Daten gleichwohl derart geheimhaltungsbedürftig sind, dass die Regelung der Vertraulichkeit in § 13 des Zeichennutzungsvertrags nicht ausreichten.

Die in § 13 Abs. 2 des Zeichennutzungsvertrages geregelte Berechtigung der Klägerin, Dritten mitzuteilen, dass ein Zeichennutzungsvertrag abgeschlossen wurde, welcher Verpackungen entsorgt wurden und ab welchem Zeitpunkt die Beklagte dem System angeschlossen ist, stellt ebenfalls keine gegen Treu und Glauben verstoßende Benachteiligung dar. Die Mitteilung an Dritte umfasst nämlich Umstände, die durch den Aufdruck des Zeichens "D. G. P." ohnehin bekannt sind. Worin in der etwaigen Mitteilung an Dritte gleichwohl eine Ausforschung liegen soll, ist nicht ersichtlich. Darüber hinaus stellen die in § 13 Abs. 2 des Zeichennutzungsvertrages erfassten Tatsachen keine geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen dar. Unabhängig hiervon dürfte die Klägerin bei verständiger Vertragsauslegung zur Weitergabe der in Rede stehenden Informationen an einen Dritten nur dann berechtigt sein, wenn dieser ein berechtigtes Interesse geltend machen kann. Dieses kann beispielsweise bestehen, um den Schutz vor unberechtigter Zeichennutzung zu gewährleisten und die Umgehung der Verpflichtung aus der VerpackungsVO zu Lasten der Zeichennehmer zu verhindern.

3.

Die Zinsansprüche sind rechtsfehlerfrei angenommen worden.

4.

Der Beklagten ist keine Aufbrauchs- und Umstellungsfrist von 12 Monaten beginnend ab der Rechtskraft des Urteils über bestimmte Angaben zu den Quartals-Istzahl-Meldungen IV 2002 und I 2003 sowie zur Jahresschlussmeldung 2002 zuzubilligen. Eine Rechtsgrundlage für dieses Begehren ist weder ersichtlich, noch von der Beklagten aufgezeigt worden.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO

IV.

Das Urteil ist nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO vorläufig vollstreckbar. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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