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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.09.2006
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 28/05
Rechtsgebiete: GWB


Vorschriften:

GWB § 19 Abs. 2
GWB § 20
GWB § 20 Abs. 1
GWB § 33 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 31. August 2005 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf - 12 O 236/03 (Kart) - wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Wert des Berufungsverfahrens: 50.000 €.

Gründe:

I.

Die vor einigen Jahren gegründete Klägerin wartet und repariert medizintechnische Geräte. Sie hat mit etwa 85 Krankenhäusern in der Bundesrepublik Deutschland Wartungsverträge geschlossen.

Die Beklagte ist Herstellerin von medizintechnischen Geräten für Krankenhäuser, insbesondere von Anästhesiegeräten und Brutkästen für Neugeborene, sog. Inkubatoren. Darüber hinaus bietet die Beklagte im Rahmen ihres "D.-Service" die Wartung und Reparatur der von ihnen hergestellten und gelieferten Geräte an. In Deutschland sind mehr als 400 Techniker für sie im Einsatz. Für die Abnehmer der Geräte führt die Beklagte Schulungen durch. Das Bedienungspersonal wird im Gebrauch der Geräte eingewiesen; die Techniker des Krankenhauses werden angeleitet, Fehler der Funktionsfähigkeit zu erkennen.

Bisher war die Klägerin in der Lage, die von der Beklagten hergestellten Narkosegeräte und Inkubatoren zu warten und einer sicherheitstechnischen Kontrolle zu unterziehen. Das technische know-how vermittelten ihr abgeworbene Mitarbeiter der Beklagten.

Die Klägerin hat behauptet:

Sie sei nicht in der Lage, die neuen, ihr bisher unbekannten Narkosegeräte "Primus" und "Zeus" und den Inkubator "Caleo" zu warten. Sie benötige hierfür die technischen Unterlagen der Geräte entsprechend der DIN EN 60601. Die Beklagte verfüge über die jeweiligen Prüfmittellisten, Prüfsoftware, Prüfanweisungen, Reparaturanleitungen, Ersatzteillisten und Listen über spezielle Prüfwerkzeuge. Darüber hinaus sei für die Durchführung der Wartungs- und Servicedienstleistungen zwingend erforderlich, dass ihre Techniker an Schulungen der Beklagten über den Service und die Wartung der Geräte "Primus", "Zeus" und "Caleo" teilnähmen. Alle Mitbewerber der Beklagten würden für selbständige Wartungsunternehmen wie die Klägerin entsprechende Schulungen anbieten und die technische Gerätedokumentation zur Verfügung stellen. Zur Wartung des Narkosegerätes "Primus" sei zudem erforderlich, Zugang zum Service-Mode des Gerätes zu erhalten. Einen direkten Zugriff auf den geräteeigenen Monitor habe die Beklagte - und dies ist unstreitig - durch ihr Software jedoch gesperrt.

Die Klägerin hat beantragt,

1. der Klägerin entsprechend DIN EN 60601 - 1 in der derzeit gültigen Fassung für die von der Beklagten hergestellten und vertriebenen Narkosegeräte "Primus", "Zeuss" und den Inkubator "Caleo" die Prüfmittellisten, Prüfsoftware, Prüfanweisungen, Reparaturanleitungen, Ersatzteillisten und die Liste über spezielle Prüfwerkzeuge gegen angemessenes Entgelt zur Verfügung zu stellen,

2. die Mitarbeiter der Klägerin gegen angemessenes Entgelt an den Schulungs- und Wartungskursen für die vorbezeichneten Geräte zu beteiligen,

3. der Beklagten aufzugeben, den Service-Technikern der Klägerin den Zugang zum Service-Mode hinsichtlich des Medizingeräts des Typs "Primus" durch Aufhebung der elektronischen Sperre zu ermöglichen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, sie stelle ihren Kunden eine Gebrauchsanweisung und auf Verlangen gegen Entgelt eine sog. technische Dokumentation zur Verfügung. Letztere gäbe es derzeit nur für die Geräte "Primus" und "Caleo" vor. Für das Gerät "Zeus" gäbe es nur eine Entwurfsfassung. In der technischen Dokumentation seien Anweisungen für empfohlene Wartungsmaßnahmen, bestimmte Reparaturanleitungen und eine Ersatzteilliste enthalten. Eine Liste über spezielle Prüfwerkzeuge gäbe es nicht.

Durch Urteil vom 31. August 2005 hat das Landgericht Düsseldorf die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Die Klägerin habe nicht dargetan, dass sie als selbständiges Wartungsunternehmen durch das beanstandete Verhalten der Beklagten unbillig behindert werde (§ 20 GWB). Die Beklagte habe weder hinsichtlich der zur Wartung und Reparatur erforderlichen technischen Kundendokumentationen noch hinsichtlich der begehrten Techniker-Schulung über die Wartung der Geräte einen Geschäftsverkehr eröffnet. Ein Anspruch auf Freischaltung des Service-Mode stehe der Klägerin gleichfalls nicht zu.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klageziel weiter verfolgt. Sie ist der Ansicht, das Landgericht habe die Voraussetzungen eines gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehrs verkannt.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihr Vorbringen erster Instanz.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Sie kann von der Beklagten weder verlangen, dass sie ihr für die Narkosegeräte "Primus" und "Zeus" sowie für den Inkubator "Caleo" entsprechend DIN EN 60601-1 Prüfmittellisten, Prüfsoftware, Prüfanweisungen, Reparaturanleitungen, Ersatzteillisten und die Liste über spezielle Prüfwerkzeuge gegen angemessenes Entgelt zu Verfügung stellt (Antrag zu 1.), noch dass sie Mitarbeiter der Klägerin gegen ein angemessenes Entgelt an Schulungs- und Wartungskursen für die genannten Geräte beteiligt (Antrag zu 2.). Die Klägerin hat ferner keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihren Service-Technikern Zugang zum Service-Mode des Gerätes "Primus" durch Aufhebung der elektronischen Sperre ermöglicht (Antrag zu 3.).

Antrag zu 1 und 2

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, der Klägerin die verlangten Unterlagen für die Geräte "Primus", "Zeus" und "Caleo" zur Verfügung zu stellen und Mitarbeiter der Klägerin an Schulungs- und Wartungskursen für diese Geräte zu beteiligen. Ein hierauf gerichteter Anspruch der Klägerin folgt nicht aus § 33 Abs. 1 Satz 1 GWB i.V.m. § 20 GWB. Die Weigerung der Beklagten, die in Rede stehenden Unterlagen an die Klägerin herauszugeben und Mitarbeiter der Klägerin an Schulungs- und Wartungskursen teilnehmen zu lassen, stellt keinen Verstoß gegen das Behinderungs- und Diskriminierungsverbot des § 20 GWB dar.

§ 20 GWB wendet sich u.a. an Unternehmen, die für eine bestimmte Art von Waren oder gewerblichen Leistungen, also auf dem Markt dieser bestimmten Waren oder Leistungen, ohne Wettbewerber sind oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt sind (marktbeherrschende Unternehmen). Ihnen ist verboten, auf diesem Markt ein anderes Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, (unmittelbar oder mittelbar) unbillig zu behindern. Sie dürfen auf diesem Markt auch nicht ein anderes Unternehmen gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund (unmittelbar oder mittelbar) unterschiedlich behandeln.

1.

Die Beklagte ist Normadressatin des § 20 Abs. 1 GWB.

Allerdings kommt es in diesem Zusammenhang nicht auf die zwischen den Parteien streitige Frage an, ob die Beklagte auf dem Markt für die Herstellung und den Vertrieb von medizintechnischen Geräten aus dem Fachbereich Anästhesie und Beatmung marktbeherrschend im Sinne von § 19 Abs. 2 GWB ist. Auf diesem Markt begegnen sich die Beklagte als Herstellerin der Geräte und die Krankenhäuser, in denen die Geräte zum Einsatz kommen sollen, als nachfragende Kunden. Auf diesem Markt ist die Klägerin weder als Anbieter noch als Nachfrager tätig. Sie stellt keine medizintechnischen Geräte her; auch fragt sie solche Geräte nicht nach. Sie bietet vielmehr für die Betreiber dieser Geräte Wartungs- und Serviceleistungen an.

Die Beklagte ist aber deshalb Normadressatin des § 20 Abs. 1 GWB, weil sie auf dem sachlich relevanten (Teil-)Markt für Techniker-Schulungen über die Wartung von D. Narkosegeräten und Inkubatoren einschließlich der für die Wartung erforderlichen gerätespezifischen Unterlagen marktbeherrschend ist. Auf diesem Markt begegnen sich das Angebot der Beklagten als Herstellerin der zu wartenden Geräte und die Nachfrage selbständiger medizintechnischer Wartungsunternehmen an Schulungen und Wartungsunterlagen für diese Geräte. Dass die Beklagte in der Vergangenheit bisher in dem betreffenden Geschäftsverkehr noch nicht tätig geworden ist und auch nicht tätig werden möchte, steht dem nicht entgegen. Ob ein Unternehmen in der Vergangenheit an einem bestimmten Geschäftsverkehr teilgenommenen hat, ist keine Frage, die sich im Rahmen der Marktabgrenzung stellt. Sie kann vielmehr erst im Rahmen des § 20 Abs. 1 GWB von Bedeutung sein (BGH DE-R 1726, 1728 m.w.Nachw. - Stadtwerke Dachau). Nach dem - von der Beklagten bestrittenen - Vortrag der Klägerin, erfordert die Durchführung von Inspektions- und Wartungsdienstleistungen an den D. Narkosegeräten "Primus" und "Zeus" sowie dem Inkubator "Caleo" eine Schulung der Techniker an diesen Geräten. Darüber hinaus kann die Wartung und Inspektion - so der Vortrag der Klägerin - nicht ohne die zu jedem Gerät gehörende Prüfmittelliste, Prüfsoftware, Prüfanweisung, Reparaturanleitung, Ersatzteilliste und die Liste über spezielle Prüfwerkzeuge vorgenommen werden. Der Bedarf der selbständigen medizintechnischen Wartungsunternehmen an den Schulungen und Wartungsunterlagen für die in Rede stehenden D.-Geräte aus dem Fachbereich Anästhesie und neonatale Wärmetherapie kann nicht durch die Schulung an Geräten anderer Hersteller und die Übergabe anderer Unterlagen befriedigt werden. Die Beklagte hat daher eine Alleinstellung und ist marktbeherrschend.

2.

Das von der Klägerin beanstandete Verhalten der Beklagten stellt kein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot dar. Auch wird die Klägerin auf dem relevanten (Teil-)Markt für Techniker-Schulungen über die Wartung von D. Narkosegeräten und Inkubatoren einschließlich der für die Wartung erforderlichen gerätespezifischen Unterlagen nicht unbillig behindert.

a.

Die Beklagte behandelt die Klägerin auf diesem Markt gegenüber gleichartigen Unternehmen, nämlich solchen, die Wartungs- und Inspektionsdienstleistungen an medizintechnischen Geräten aus dem Fachbereich Anästhesie und neonatale Wärmetherapie durchführen, nicht unterschiedlich. Die Beklagte bietet für solche Unternehmen keine Schulungen an und stellt ihnen auch keine Wartungsunterlagen zur Verfügung. Nichts Gegenteiliges ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin, die Beklagte habe für die V. GmbH B. nach Kauf mehrerer D. Geräte Servicetechnikerschulungen über Wartungsdienstleistungen durchgeführt (Bl. 74 GA) und dem St. W. S. E.-R. beim Kauf mehrerer Narkosegeräte des Typs "Primus" eine kostenlose Technikerschulung zugesagt (Bl. 74, 134, 145 GA). Bezüglich der V. GmbH B. hat die Klägerin schon nicht ausreichend substantiiert dargetan, dass es sich bei dieser Firma um ein selbständiges Wartungsunternehmen handelt. Die Klägerin hätte ihren Vortrag substantiieren müssen, weil Wartungsunternehmen üblicherweise nicht die von ihnen zu wartenden Geräte beim Hersteller kaufen und die Beklagte vorgetragen hat, die V. GmbH sei in der Projektentwicklung und Beratung, Planung und Einrichtung sowie im Facility-Management im Bereich des Gesundheitswesens tätig. Aber selbst wenn der Vortrag ausreichend substantiiert sein sollte, so ist die Klägerin beweisfällig geblieben. Sie hat keinen Beweis für ihr von der Beklagten bestrittenes Vorbringen (Bl. 106 GA) angeboten. Das St. W. S. E.-R. ist als Abnehmer der Geräte kein der Klägerin gleichartiges Unternehmen. Maßgebend hierfür ist die unternehmerische Tätigkeit und die wirtschaftliche Funktion der zu vergleichenden Unternehmen im Verhältnis zum marktbeherrschenden Unternehmen (BGH WuW/E BGH 1238, 1242 - Registrierkassen; BGH WuW/E BGH 2683, 2686 - Zuckerrübenanlieferungsrecht - m.w.Nachw.). Im Verhältnis zum Hersteller ist die wirtschaftliche Funktion des Verbrauchers, d.h. des Gerätebetreibers, eine völlig andere als die des selbständigen Wartungsunternehmens.

b.

Die Klägerin wird auf dem relevanten (Teil-)Markt für Techniker-Schulungen über die Wartung von D. Narkosegeräten und Inkubatoren einschließlich der für die Wartung erforderlichen gerätespezifischen Unterlagen nicht in einem Geschäftsverkehr unbillig behindert, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist. Der Klägerin gleichartig sind andere nicht herstellergebundene Unternehmen, die Wartungs- und Inspektionsdienstleistungen an medizintechnischen Geräten aus dem Fachbereich Anästhesie und neonatale Wärmetherapie durchführen. Wie bereits dargestellt, führt die Beklagte zwar für kein selbständiges Wartungsunternehmen Techniker-Schulungen über die Wartung ihrer Geräte durch und händigt ihnen auch nicht die für die Wartung erforderlichen Unterlagen aus. Anders als das Landgericht offenbar meint, kann die Beklagte mit ihrem Verhalten aber nicht bestimmen, was ein üblicherweise zugänglicher Geschäftsverkehr ist. Auf ihr Verhalten ist nicht maßgeblich abzustellen, sondern auf das, was sich innerhalb der in Betracht kommenden Kreise in natürlicher und wirtschaftlicher Entwicklung als allgemein üblich und als allgemein angemessen empfunden herausgebildet hat (BGH WuW/E BGH 1238, 1242 - Registrierkassen; BGH WuW/E BGH 1527, 1528 - Zeitschriften-Grossisten; OLG Düsseldorf WuW/E OLG 4901, 4905 - Dehnfolien-Verpackungsmaschinen; Markert in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 20 Rn. 109, 110). Die üblicherweise gegebene Zugänglichkeit eines Geschäftsverkehrs setzt nicht notwendig eine größere Verbreitung dieser Art von Geschäftsverkehr voraus. Es genügt, wenn der betreffende Geschäftsverkehr gleichartigen Unternehmen in der Regel freisteht, auch wenn davon nicht umfassend Gebrauch gemacht werden sollte (BGH WuW/E BGH 1238, 1243 - Registrierkassen).

Die für dieses Tatbestandmerkmal darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat nicht darzulegen vermocht, dass Hersteller von medizinischtechnischen Geräten aus dem Bereich der Anästhesie und der neonatalen Wärmetherapie aus einer natürlichen wirtschaftlichen Entwicklung heraus nicht herstellergebundene Wartungsunternehmen in der Wartung und Inspektion ihrer Geräte schulen und ihnen die für die Wartung erforderlichen Unterlagen aushändigen, und diese Entwicklung von den beteiligten Wirtschaftskreisen als allgemein üblich und als angemessen empfunden wird. Zwar behauptet die Klägerin, sämtliche fünf Marktwettbewerber der Beklagten würden Schulungen für externe Service-Techniker anbieten und die entsprechenden technischen Dokumentationen der Geräte zur Verfügung stellen (Bl. 72 f. GA). Dieser Vortrag ist aber zum Teil unschlüssig und zum Teil nicht ausreichend substantiiert, so dass es einer Beweisaufnahme durch Vernehmung des bei der Klägerin angestellten Servicetechnikers R. J. (Bl. 73 GA) nicht bedarf. Bei den Firmen F. & P. H. GmbH & Co. KG, W. und H. M. GmbH, D., handelt es sich nicht um Mitbewerber der Beklagten. Sie sind unstreitig keine Hersteller von Anästhesiegeräten und Inkubatoren. Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen veranstaltet die F. & P. H. GmbH & Co. KG lediglich Technikerschulungen für Atemgasbefeuchter. Hierbei handelt es sich nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten um ein Peripheriegerät im Bereich Beatmung. Es zählt nicht zu den Anästhesiegeräten oder Inkubatoren. Auch der von der Firma H. M. GmbH angebotene Service-Kurs betrifft lediglich Beatmungsgeräte (Bl. 79-81 GA). Die D.-O. GmbH ist hingegen unstreitig ein wesentlicher Wettbewerber der Beklagten als Herstellerin von Anästhesiegeräten. Jedoch ist dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen, dass die D. O. GmbH generell für selbständige Wartungsunternehmen Technikerschulungen über die Wartung der von ihr hergestellten Anästhesiegeräte veranstaltet und ihnen technische Wartungsunterlagen zur Verfügung stellt. Nach dem von der Beklagten vorgelegten Prospekt der D. O. (Bl. 114 GA) bietet sie lediglich technische Schulungen für ihre Kunden an, die dem Techniker vor Ort ermöglichen sollen, kleine Reparaturen selbst durchzuführen und qualifizierte Fehlermeldungen zur schnellen Eingrenzung des Problems zu geben. Nichts anderes ergibt sich aus dem an die Klägerin gerichteten Schulungsangebot der D. O. GmbH vom 11. September 2003 (Bl. 87 f. GA), das u.a. ein Professional Training für Anästhesiegeräte und Monitoring beinhaltet. Auch wenn das Schreiben direkt an die Klägerin gerichtet ist handelt es sich dennoch um eine technische Kundenschulung und nicht um eine Technikerschulung für selbständige Wartungsunternehmen. Auf Seite 2 des Schreibens heißt es: "Nach Abschluss dieser Schulungen erhalten die Teilnehmer ein Zertifikat, dessen Gültigkeit in ihrem Fall auf das St. V.-H. in D. beschränkt ist." Das St. V. H. ist offenbar ein Kunde der D. O. GmbH, für den entsprechend dem Firmenprospekt technische Kundenschulungen angeboten werden. Als Schulungsteilnehmer kommt der Techniker vor Ort in Betracht, bei dem es sich entweder um einen fest angestellten Mitarbeiter des Kunden oder - wie im Fall der Klägerin - um ein Wartungsunternehmen handeln kann, das von dem Kunden dauerhaft mit der Wartung der Geräte beauftragt worden ist.

Der Vortrag der Klägerin zur H. + L. GmbH, einem in B. E. ansässigen Medizingerätehändler, und zur E. E. GmbH, L. ist nicht ausreichend substantiiert. Der Grad der Substantiierung richtet sich nach der Einlassung des Gegners (Greger in Zöller, ZPO, 25. Aufl., § 138 Rn. 8a). Der Darlegungspflichtige muss bei Bestreiten des Gegners seinen Vortrag substantiieren und konkrete Umstände vortragen, die seinen Sachvortrag stützen. Diesen Anforderung genügt der Vortrag der Klägerin nicht. Zwar soll die H. + L. GmbH Schulungen für externe Servicetechniker an Inkubatoren durchführen. Jedoch ist dieser pauschale von der Beklagten bestrittene Vortrag durch keine konkreten Umstände belegt. Die Klägerin hat keine greifbaren Anhaltpunkte dafür vorgetragen, dass die H. + L. GmbH überhaupt Schulungen irgendeiner Art anbietet. Gleiches gilt für ihr Vorbringen bezüglich der E. E. GmbH. Irgendwelche Schulungsunterlagen oder -angebote hat sie nicht vorgelegt. Woher die Klägerin also Kenntnis von den behaupteten Schulungen hat, bleibt unklar.

Die Klägerin kann sich ferner nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie von G. E. sämtliche für die Wartung und Reparatur ihrer Anästhesiegeräte erforderlichen Prüfunterlagen, Prüfmittel, Informationen, Softwarekenntnisse und Schulungen sowie den Zugang zur Prüfsoftware erhält (Bl. 245 GA). Hierdurch ist kein allgemein zugänglicher Geschäftsverkehr eröffnet worden. Grundlage für das Verhalten von G. E. ist der zwischenzeitlich mit der Klägerin geschlossene Servicepartnervertrag (Bl. 248-256 GA), wonach die Klägerin im Namen und im Auftrag von G. E. tätig wird und gegenüber den Kunden nicht als selbständiges Wartungsunternehmen auftritt. Vorliegend geht es der Klägerin aber nicht darum, für die Beklagte als herstellerabhängiges Serviceunternehmen auf der Grundlage eines Servicepartnervertrages tätig zu werden und die in Rede stehenden Schulungen und Unterlagen zu erhalten. Sie möchte als selbständiges Wartungsunternehmen von der Beklagten in die Lage versetzt werden, die Narkosegeräte "Primus" und "Zeus" und den Inkubator "Caleo" zu warten, um dann anschließend in Wettbewerb zum Hersteller-Service der Beklagten zu treten. Aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 28.08.2006 ergibt sich nicht anderes. Die Klägerin behauptet nicht, dass G. E. unabhängig vom Abschluss eines Servicepartnervertrag Schulungen für selbständige Wartungsunternehmen veranstaltet und ihnen auf Verlangen gegen Entgelt sämtliche Informationen und Materialien für die Serviceleistungen an ihren Geräten zur Verfügung stellt. Sie macht lediglich geltend, sie habe auch schon vor Abschluss des Servicepartnervertrages Nutzer von G. E. Geräten betreut

Ist somit - wie hier - in einem Wirtschaftbereich ein Geschäftsverkehr mit gleichartigen Unternehmen überhaupt noch nicht oder nicht mehr eröffnet, kann sich die Frage stellen, ob im Einzelfall die Zugänglichkeit des Geschäftsverkehrs dennoch zu bejahen ist, weil der fehlende Zugang nicht von allen in Betracht kommenden Kreisen als angemessen empfunden wird (so Markert in Immenga/Mestmäcker, aaO. § 20 Rn. 112). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Einführung eines Systems, das zu einem Ausschluss des Geschäftsverkehrs für gleichartige Unternehmen führt, nicht als natürliche wirtschaftliche Entwicklung und als eine übliche, von den beteiligten Wirtschaftskreisen gebilligte Vertriebsregelung angesehen werden, wenn sie durch eine rechtswidrige Maßnahmen z.B. ein verbotene Kartellabsprache herbeigeführt worden ist (BGH WuW/E BGH 1527, 1529 - Zeitschriften-Grossisten). Ein tatsächlich noch nicht eröffneter Geschäftsverkehr ist ferner als üblicherweise zugänglich zu betrachten, wenn die Öffnung durch Gesetz vorgeschrieben ist oder einer gesetzlichen Wertung entspricht (so Markert in Immenga/Mestmäcker, aaO. § 20 Rn. 112).

Eine solche Fallgestaltung liegt hier aber nicht vor. Weder ist ein bisher für gleichartige Unternehmen zugänglicher Geschäftsverkehr nachträglich durch eine kartellrechtswidrige Maßnahme unterbunden worden, noch sieht das Gesetz eine Öffnung des Geschäftsverkehrs vor. Soweit die Entscheidung des Senates (WuW/E OLG 4901, 4905 - Dehnfolien-Verpackungsmaschinen) so verstanden werden könnte, dass es bei der Frage, ob ein Geschäftsverkehr für gleichartige Unternehmen überhaupt eröffnet ist, nicht auf die allgemeine Marktsituation und damit auf das Verhalten der unmittelbar betroffenen Wirtschaftskreis ankommt, sondern (allein) auf die Vorstellungen der nachgelagerten Wirtschaftsstufen, im konkreten Fall auf die Erwartung der Besitzer der Geräte, die die Wartungs- oder Reparaturdienstleistungen in Anspruch nehmen möchten, hält der Senat hieran nicht fest. Der Senat nimmt in der genannten Entscheidung auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs Bezug (BHG WuW/E BGH 1238, 1242 f. - Registrierkassen), der eine solche Aussage jedoch nicht entnommen werden kann. Vielmehr war es in dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall so, dass alle Hersteller von Registrierkassen außer der in Anspruch genommenen Beklagten selbständige Wartungs- und Reparaturunternehmen mit Ersatzteilen für die von ihnen hergestellten Registrierkassen belieferten. Ein üblicherweise gleichartigen Unternehmen zugänglicher Geschäftsverkehr war damit eröffnet. Nur ergänzend hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben dürfe, dass "es sich im Zuge des zunehmenden Gebrauchs von technischen Geräten, die einer laufenden fachkundigen Wartung bedürfen, um einen Geschäftsverkehr handele, der noch in der Entwicklung begriffen sei, und dass die Erwartung der wettbewerblichen Belange auch die Einbeziehung der Vorstellungen der Besitzer solcher Geräte gebiete, die die Dienstleistung in Anspruch nehmen und auf sie angewiesen sind".

Antrag zu 3

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, dass sie den Service-Technikern der Klägerin Zugang zum Service-Mode des Anästhesiergerätes "Primus" durch Aufhebung der elektronischen Sperre ermöglicht.

Ist die Beklagte - wie oben ausgeführt - schon nicht verpflichtet, die Klägerin durch Teilnahme an Techniker-Schulungen und durch Aushändigung technischer Wartungsunterlagen in die Lage zu versetzen, das von ihr hergestellte Narkosegerät "Primus" warten zu können, braucht sie den Wartungstechnikern der Klägerin auch nicht Zugang zum Service-Mode des Gerätes zu verschaffen. Die Klägerin trägt selbst vor, dass sie ohne Teilnahme an entsprechenden Schulungen und ohne die technische Gerätedokumentation sowieso keine Wartungs- und Inspektionsarbeiten durchführen kann. Schon allein deshalb liegt in dem gesperrten Zugang zum Service-Mode des Gerätes keine unbillige Behinderung im Sinne von § 20 GWB.

III.

Die Kostenentscheidung folgt auch § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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