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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 07.02.2007
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 35/06
Rechtsgebiete: GWB, BGB
Vorschriften:
GWB § 20 Abs. 1 | |
GWB § 33 | |
BGB § 541 |
Tenor:
I. Auf die Berufung der Klägerinnen wird das am 12. Juli 2006 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf - 34 O (Kart) 17/06 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, ihrer Streithelferin - der C. P. GbR - zu untersagen, in dem von dieser im Gebäude F.-E. P. .. in ... R. (Grundstück eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts R. von R., Blatt ..., Gemarkung R., Flur .., Flurstück ..., Gebäude- und Freifläche, öffentlich) betriebenen C. P. Werbetafeln für die "G. W. GmbH" aufzustellen sowie dergestalt mit der "G. W. GmbH" zu kooperieren, dass im Bereich des Geschäftslokals ihres Cafés ein Schilderbringdienst in der Weise unterhalten wird, dass Mitarbeiter oder Aushilfsmitarbeiter der "G. W. GmbH" oder sonstige in dieser Weise für die "G. W. GmbH" tätige Personen für die Besucher der im Gebäude F.-E. P. .. gelegenen Kfz-Zulassungsstelle die Kfz-Kennzeichen für die zuzulassenden Fahrzeuge bei der "G. W. GmbH" herstellen lassen und den jeweiligen Kunden zur Mitnahme ins Ladenlokal ihres Cafés bringen.
2. Die Klage gegen die Beklagte zu 2. wird abgewiesen.
II. Die Gerichtskosten der ersten Instanz haben die Klägerinnen und die Beklagte zu 1. jeweils zur Hälfte zu tragen. Die Klägerinnen tragen darüber hinaus die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. voll, die Beklagte zu 1. diejenigen der Klägerinnen zur Hälfte. Im Übrigen trägt jeder seine außergerichtliche Kosten selbst.
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerinnen und 25 % und die Beklagte zu 1. zu 75 % zu tragen. Die Klägerinnen tragen darüber hinaus die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. und die Beklagte zu 1. diejenigen der Klägerinnen. Im Übrigen trägt jeder seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerinnen können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zu 2. vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beklagte zu 1. kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000 € abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Die Beschwer der Beklagten zu 1. wird auf 10.000 € festgesetzt, der Streitwert für das Berufungsverfahren auf 20.000 €.
Gründe:
I.
Die Klägerinnen betreiben in unmittelbarer Nähe des kommunalen Dienstleistungszentrums "F.-E.-P. .. in R.", in welcher die Beklagte zu 2. (folgend: Stadt R.) ihre Kfz-Zulassungsstelle betreibt, jeweils ein Schilderprägegeschäft. Die Beklagte zu 1. - an der die Stadt R. einen Geschäftsanteil von 80 % hält - ist Eigentümerin des genannten Dienstleistungszentrums. Sie hat (u.a.) die Räumlichkeiten der Kfz-Zulassungsstelle und einen davor gelegenen ca. 200 qm großen Wartebereich an die Beklagte zu 2. sowie das an diesen Wartebereich unmittelbar angrenzende Ladenlokal zum Betrieb eines Cafés an die Streithelferin vermietet. Dieser letztgenannten Vermietung war ein Ausschreibungsverfahren vorausgegangen.
Die Streithelferin arbeitet mit der "G. W. GmbH" (folgend: "G. GmbH"), die als Wettbewerberin der Klägerinnen ebenfalls einen Schilderprägebetrieb in direkter Nähe zum Dienstleistungszentrum betreibt, dergestalt zusammen, dass sie für diese in den Räumen ihres Cafés einen kostenlosen Schilderbringdienst eingerichtet hat und unterhält. Auf einer Werbetafel im Thekenbereich weist sie auf diesen Bringdienst der "G. GmbH" hin. Außerdem nimmt sie die Schilderbestellung auf und leitet den Auftrag an die "G. GmbH" weiter. Während die Kfz-Kennzeichen dort gefertigt werden, erhält der Kunde im Café ein kostenloses Getränk auf Kosten der "G. GmbH". Ein Mitarbeiter der "G. GmbH" händigt dem Kunden sodann die bestellten Kennzeichen im Café aus.
Mit ihrer Klage wenden sich die Klägerinnen gegen diese Zusammenarbeit. Sie haben zunächst von beiden Beklagten verlangt, dass diese der "G. GmbH" die beschriebene Kooperation im Zusammenhang mit dem kostenlosen Schilderbringdienst untersagen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerinnen. Nach zwischenzeitlicher Rücknahme ihres Rechtsmittels gegen die Beklagte zu 2. nehmen die Klägerinnen nur noch die Beklagte zu 1. in Anspruch. Auf Hinweis des Senats haben sie ihr Klagebegehren dahin modifiziert, dass die Beklagte zu 1. der Streithelferin - und nicht der "G. GmbH" - eine Fortsetzung der beschriebenen Zusammenarbeit beim Vertrieb der Kfz-Kennzeichen untersagen soll.
Die Beklagte zu 1. beantragt die Zurückweisung der Berufung und verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung hat - soweit über sie noch zu entscheiden ist - Erfolg.
A. Bedenken gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels bestehen nicht. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1. hat auch die Klägerin zu 1. als Rechtsnachfolgerin der "A. GmbH" rechtzeitig Berufung gegen das landgerichtliche Urteil eingelegt. Zwar weist die Berufungsschrift vom 15. August 2006 (GA 140) als Rechtsnachfolgerin der "A. GmbH" fälschlicherweise nicht die Firma der Klägerin zu 1. ("A. A & W GmbH"), sondern eine "A. S. GmbH" aus. Indes ergibt sich aus der zum Nachweis der geltend gemachten Rechtsnachfolge beigefügten Ablichtung des notariellen Vertrages vom 12. Mai 2006 (Anlage K 1, GA 143 ff.) zweifelsfrei, dass der Geschäftsbetrieb der "A. GmbH" nicht von der im Rubrum irrtümlich angegebenen "A. S. GmbH", sondern von der "A. A & W GmbH" übernommen worden ist. Schon die Auslegung der Berufungsschrift vom 15. August 2006 führt deshalb zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Angabe "A. S. GmbH" in der Berufungsschrift um eine Falschbezeichnung handelt und das Rechtsmittel tatsächlich für die "A. A & W GmbH" eingelegt sein sollte (vgl. zur Auslegung einer Parteibezeichnung nur: Vollkommer in Zöller, ZPO, 25. Aufl., Vor § 50 Rdnr. 6-9 m.w.N.). Dies hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu 1. im Übrigen innerhalb der bis zum 16. August 2006 laufenden Rechtsmittelfrist auch klargestellt und eine insoweit berichtigte Berufungsschrift (GA 156 ff.) eingereicht.
B. Die Berufung ist auch in der Sache erfolgreich. Die Beklagten zu 1. ist den Klägerinnen gegenüber verpflichtet, von der Streithelferin die Beendigung ihrer Zusammenarbeit mit der "G. GmbH" im Zusammenhang mit dem kostenlosen Schilderbringdienst zu verlangen. Dieser Anspruch ergibt sich aus §§ 33, 20 Abs. 1 GWB.
1. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass derjenige, der als Eigentümer oder Berechtigter über Gewerbeflächen in der Verwaltungsstelle verfügt, in welcher die Kommune ihre Kfz-Zulassungsstelle betreibt, eine überragende Marktstellung auf dem Vermietungsmarkt für diejenigen Gewerbeflächen inne hat, die sich wegen der Nähe zur Zulassungsstelle besonders als Standort für einen Schilderprägerbetrieb eignen (vgl. nur: BGH, WuW/E DE-R 1724, 1725 - Hinweis auf konkurrierende Schilderpräger). Anerkannt ist überdies, dass der in diesem Sinne marktbeherrschende Vermieter im Rahmen des kartellrechtlichen Behinderungsverbots des § 20 Abs. 1 GWB gehalten ist, die nur in begrenzter Zahl zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten unter angemessenen und fairen Bedingungen an die interessierten Schilderpräger zu vergeben. Dazu gehört es insbesondere, den aktuellen Bedarf durch eine Ausschreibung zu ermitteln und sodann die Auswahl unter den Mietinteressenten diskriminierungsfrei zu treffen. In dem abzuschließenden Mietvertrag darf - damit der Marktzutritt für aktuelle oder potentielle Mieter nicht übermäßig blockiert wird - zudem eine Mietzeit von höchstens fünf Jahren vereinbart werden. Nach Ende der Mietzeit muss eine erneute Ausschreibung stattzufinden (vgl. zu allem: BGH, WuW/E DE-R 1099, 1100/1101 - Konkurrenzschutz für Schilderpräger).
2. Bei dieser Ausgangslage missbraucht die Beklagte zu 1. ihre marktbeherrschende Stellung als Eigentümerin des Dienstleistungszentrums in R., wenn sie duldet, dass die Streithelferin mit der "G. GmbH" beim Verkauf von Kfz-Kennzeichen an die Besucher der Kfz-Zulassungsstelle in der beanstandeten Art und Weise zusammenarbeitet. Durch die in Rede stehende Kooperation werden wesentliche Teile des Schilderprägergeschäfts der "G. GmbH" in das Ladenlokal der Streithelferin verlagert. Die Streithelferin weist nicht nur in ihrem Geschäftslokal mit einer Werbetafel auf den Schilderprägebetrieb der "G. GmbH" und den von dieser angebotenen kostenlosen Schilderbringdienst hin. Sie ist darüber hinaus auch maßgeblich in die Auftragsannahme und Auftragsabwicklung eingeschaltet, indem sie die Bestellung des Kunden entgegennimmt, den Kundenauftrag an die "G. GmbH" weiterleitet, dem wartenden Kunden auf Kosten der "G. GmbH" ein kostenloses Getränk reicht und es schließlich gestattet, dass dem Kunden in ihren Geschäftsräumen die bestellten Kennzeichen ausgehändigt und abgerechnet werden. Die Beklagte zu 1. ist verpflichtet, der Streithelferin diese Mitwirkung am Schilderprägegeschäft der "G. GmbH" zu untersagen. Andernfalls bewirkt sie nämlich eine kartellrechtswidrige Bevorzugung der "G. GmbH", indem ausschließlich dieser die Möglichkeit eingeräumt wird, unter Einschaltung eines Kooperationspartners wesentliche Teile ihrer Geschäftstätigkeit als Schilderpräger in den Räumen des Dienstleistungszentrums vorzunehmen.
Die Sachlage wäre möglicherweise dann anders zu beurteilen, wenn bereits die damalige Ausschreibung zur Vermietung der an die Streithelferin überlassenen Gewerbefläche die Möglichkeit vorgesehen hat, dass der Mieter die zum Betrieb eines Cafés überlassenen Räume auch zur Anbahnung und Abwicklung eines (eigenen oder fremden) Schilderprägegeschäfts nutzen darf. Das behauptet indes die Beklagte zu 1. selbst nicht und dazu ist auch sonst nichts ersichtlich. Die Beklagte zu 1. hat vielmehr bereits in erster Instanz vorgetragen, dass sich die Ausschreibung ausschließlich auf den Betrieb eines Cafés beschränkt habe (Seite 4 der Klageerwiderung, GA 62). Von daher erweist sich auch das Argument des Landgerichts als nicht tragfähig, dass eine Diskriminierung der Klägerinnen deshalb ausscheide, weil diese sich an dem Ausschreibungsverfahren hätten beteiligen können.
Dem Klageerfolg steht ebenso wenig der Inhalt des Mietvertrags entgegen, den die Beklagte zu 1. mit der Streithelferin geschlossen hat. Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der Streithelferin das Geschäftslokal zum Betrieb eines Cafés überlassen worden ist. Die darüber hinausgehende Nutzung der Mieträume zur Anbahnung und Abwicklung des Schilderprägegeschäfts der "G. GmbH" stellt - nicht zuletzt wegen des kartellrechtlichen Behinderungsverbots (§ 20 Abs. 1 GWB), dem die Beklagte zu 1. gegenüber den Schilderprägern unterliegt - eine vertragswidrige Nutzung der Mieträume dar, die der Streithelferin gemäß § 541 BGB untersagt werden kann.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 516 Abs. 3, 91 Abs. 1 ZPO. Dass die Klägerinnen ihren Klageantrag auf Anregung des Senats dahin modifiziert haben, dass die Beklagte zu 1. auf die Streithelferin und nicht auf die "G. GmbH" einwirken soll, um die beanstandete Zusammenarbeit zu beenden, stellt kein Teilunterliegen dar und führt deshalb auch nicht zu einer anteiligen Kostenbelastung der Klägerinnen. Denn in der Sache dringen die Klägerinnen mit ihrem Begehren gegen die Beklagte zu 1. durch, dass diese auf eine Beendigung der streitbefangenen Kooperation zwischen der Streithelferin und der "G. GmbH" hinwirkt.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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