Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 21.07.2004
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 38/03
Rechtsgebiete: AGB, GWB


Vorschriften:

AGB § 2 Abs. 1
GWB § 20
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 5. November 2003 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

I. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe: A.) Die Klägerin vertreibt Drucker, Faxgeräte, Kopiergeräte und andere Geräte der Bürotechnik nebst der Verbrauchsmaterialien verschiedener Hersteller, unter anderem auch der Beklagten. Die Beklagte ist ein Unternehmen der holländischen O.-Gruppe und vertreibt in Deutschland Kopier- und Druckersysteme nebst Ersatzeilen und Verbrauchsmaterialien. Beide Parteien stehen seit 1997 in Geschäftsbeziehungen gemäß einem "O.-Partnervertrag für Wiederverkäufer" vom 1./2.4.1997 (Anlage K 1 = GA 17 ff). Am 24.4. und 29.5.2002 bestellte die Klägerin bei der Beklagten Toner zum Nettowert von 772.750 EUR. Die Beklagte lehnte die Bestellungen ab, weil die Klägerin die Waren in das außereuropäische Ausland liefern wollte. An dieser Absicht hält die Klägerin auch heute noch fest. Die Klägerin hat geltend gemacht, dass die Beklagte ihr gegenüber zur Lieferung der Toner verpflichtet sei. Die Verpflichtung ergebe sich aus dem "Partner-Vertrag" vom 1./2.4.1997 und stehe nicht unter dem Vorbehalt, dass die Klägerin die Ware nicht in das außereuropäische Ausland vertreibe. Zumindest sei die Beklagte - solange der Vertrag wirksam sei - zur Annahme etwaiger klägerischen Angebote und nachfolgend zur Lieferung verpflichtet. Jedenfalls die Bestellung vom 24.4.2002 habe die Beklagte durch Schreiben vom 2.5.2002 angenommen. Der Lieferzwang der Beklagten folge auch aus Art. 81 Abs. 1 EGV. Ferner sei die Beklagte wegen getätigter Deckungsgeschäfte zum Schadensersatz in Höhe von 219.228,25 EUR verpflichtet. Die Klägerin hat beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, bestimmte, im einzelnen aufgelistete Toner gemäß Bestellungen vom 24.4.2002 und 29.5.2002 gegen Zahlung binnen 8 Tagen mit 3 % Skonto oder 30 Tagen netto frei Haus zu liefern, 2. hilfsweise, soweit der Antrag zu 1 abgewiesen wird, die Beklagte zu verurteilen, hinsichtlich der Angebote vom 24.4.2002 und 29.5.2002 zum Abschluss eines Kaufvertrages die Annahme zu erklären, und die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin die betreffenden Toner gegen Zahlung binnen 8 Tagen mit 3 % Skonto oder 30 Tagen netto frei Haus zu liefern, 3. die Beklagte zu verurteilen, an sie, die Klägerin, 219.228,25 EUR nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 18.5.2002 zu zahlen. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat sich darauf berufen, dass der Vertrag nur ein Rahmenvertrag sei, der keinen Anspruch der Klägerin auf Belieferung begründe. Eine Lieferverpflichtung ergebe sich erst aufgrund der einzelnen Kaufverträge, die bezüglich der Bestellungen vom 24.4.2002 und 29.5.2002 nicht zustande gekommen seien. Die Voraussetzungen für das Bestehen kartellrechtlicher Ansprüche seien ebenfalls nicht erfüllt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Aus dem Partnervertrag ergäben sich keine unmittelbaren Lieferansprüche; dies zeigten schon die Regelungen unter I. 4.1. und § 2 Abs. 1 der AGB. Eine Lieferverpflichtung sei auch nicht durch den Abschluss einzelner Kaufverträge festzustellen. Das Schreiben der Beklagten vom 2.5.2002 habe das Angebot der Klägerin nicht angenommen. Die Voraussetzungen kartellrechtlicher Ansprüche seien trotz gerichtlichen Hinweises nicht dargetan. Da ein Belieferungsanspruch nicht ersichtlich sei, scheide auch ein Schadensersatzanspruch aus. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren Hilfsklageantrag weiter. Sie trägt im Wesentlichen vor: Das Landgericht habe den Hilfsantrag nicht beschieden, es habe nur die mit dem Klageantrag zu 1 geltend gemachte unmittelbare Lieferverpflichtung geprüft. In der Sache selbst verpflichte der Partnervertrag die Beklagte zur Abgabe von Annahmeerklärungen, sofern sie, die Klägerin, Bestellungen aufgebe. Die Beklagte habe die Zusammenarbeit mit der Klägerin bis Ende des Jahres 2001 gelobt und sie zu Umsatzsteigerungen angespornt. Nach dem Vertrag sei ein Vertrieb in das Ausland erlaubt, so dass sich die Beklagte nicht darauf berufen könne, dass sie, die Klägerin, beabsichtige, die Tonerprodukte in das außereuropäische Ausland zu liefern. Ohnehin habe die Beklagte seit 1997 - unbeanstandet - gewusst, dass sie, die Klägerin, die Waren außerhalb Europas vertreibe. Die Klägerin beantragt, auf ihre Berufung das angefochtene Urteil abzuändern und ihrem Hilfsklageantrag stattzugeben. Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf das Urteil des Landgerichts und die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. B.) Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. I. Der Vorwurf der Klägerin, das Landgericht habe den Hilfsantrag nicht beschieden und sich sachlich nicht damit auseinandergesetzt, geht fehl. Zwar hat das Landgericht die Frage der Verpflichtung der Beklagten zur Annahme von Vertragsangeboten der Klägerin nicht ausdrücklich angesprochen, sondern nur den unmittelbaren Lieferanspruch behandelt. Dennoch ergibt sich die Rechtsauffassung des Landgerichts auch bezüglich des vermeintlichen Anspruchs der Klägerin auf Annahme von Vertragsangeboten aus dem Zusammenhang des Urteils. Wenn das Landgericht ausführt, der Partnervertrag vom 1./2.4.1997 enthalte nur die Rahmenkonditionen für noch abzuschließende Einzelverträge, mehr sei jenem Vertragswerk nicht zu entnehmen, so bedeutet dies bei verständiger Würdigung nichts anderes, als dass der Klägerin nach Auffassung des Landgerichts schlechthin kein unmittelbarer vertraglicher Anspruch und damit auch kein Anspruch auf Annahme von Vertragsangeboten zustehen soll. II. In der Sache selbst hat das Landgericht zutreffend entschieden. Verträge sind unter Erforschung des wirklichen Parteiwillens so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (§§ 133, 157 BGB). Voraussetzung für eine Auslegung ist die Auslegungsbedürftigkeit. Hat die Erklärung nach dem Wortlaut und Zwecke einen eindeutigen Inhalt, ist für eine Auslegung kein Raum. Vorliegend gibt schon der Wortlaut des Partnervertrages vom 1./2.4.1997 keinen Hinweis auf eine Abschlusspflicht der Beklagten. Vielmehr heißt es eingangs des Partnervertrages (GA 18) unmissverständlich: "Die Parteien vereinbaren die folgenden Bedingungen für den Verkauf von Geräten, Verbrauchsmaterial und die damit verbunden Gewährung von Rabatten und von Wartungsverträgen in der Bundesrepublik Deutschland." (Unterstreichung durch den Senat) Damit ist die Bedeutung des Vertrages klar umrissen. Nur für die Konditionen der noch abzuschließender Einzelverträge hat er Bedeutung, lediglich das "Wie" künftiger Verträge, nicht aber auch das "Ob" wird in Teilen vorweg festgelegt. Das "Ob" jeder einzelnen Bestellung bleibt den Parteien frei vorbehalten, mithin auch der Beklagten, die ihre Geschäftspolitik und ihre eigene Produktionslage berücksichtigt wissen will. Zwar ist mit der Klägerin anzunehmen, dass der Partnervertrag über eine Übereinkunft allgemeiner Geschäftsbedingungen der Beklagten hinausgegangen ist. Anderes hat aber auch das Landgericht nicht festgestellt, wenn es den Partnervertrag als Rahmenvertrag und einer Vorwegvereinbarung von AGB in gewissem Sinne "ähnlich" bezeichnet hat. Von einer Verpflichtung der Beklagten zur Annahme von Bestellungen ist auch im sonstigen Vertragswerk keine Rede.

Ein Anspruch der Klägerin auf Angebotsannahme ergibt sich insbesondere nicht aus der Ziffer III. "Ausführungsbestimmungen". Dort ist nur der Hinweis enthalten, dass die von der Beklagten gelieferten Geräte zur Benutzung und zum Vertrieb in der Bundesrepublik Deutschland bestimmt sind, und die Ausfuhr aus Deutschland der Genehmigung der deutschen Behörden und bei in den USA gefertigten Maschinen auch der Behörden der USA bedarf, und dass Schadensersatzansprüche im Falle der Nichtbeachtung entstehen können. Ein Anspruch der Klägerin auf Abschluss eines Vertrages ist mithin auch dort nicht geregelt. Gleiches gilt für die Klausel I.2.5 (Vermittlungsprovisionen für Serviceträger und Geräte), wonach es bestimmte Vermittlungs-Verträgen gibt, die jedoch nur in der Bundesrepublik Deutschland gelten. Auch diese Regelung bietet keine Grundlage für einen Anspruch der Klägern gegen die Beklagte auf Abschluss von Kaufverträgen. Dass im Partnervertrag besondere Preise und Rabatte (und weitere Fragen wie die z. B. die Gewährleistung) geregelt worden waren, gibt für einen Kontrahierungszwang der Beklagten ebenfalls nichts her. Gleiches gilt für das in Ziffer I.2.2 des Vertrages genannte Umsatzziel von 150.000 DM; dieses hat ersichtlich nur Bedeutung für die Rabattregelung und ist deswegen auch unter diesem Titel aufgeführt. Die Klägerin meint, aus dem Schreiben der Beklagten vom 2.5.2002 ergebe sich, dass die Beklagte schon damals der Rechtsmeinung gewesen sei, aus dem Vertrag vom 1.4./2.4.1997 "verpflichtet" zu sein. Indes teilt die Beklagte dort lediglich mit, dass sie den Partnervertrag keineswegs gekündigt habe, und dass sie die Klägerin "im Rahmen der vertraglichen Verpflichtungen" beliefern wolle. Welche Verpflichtungen sie damit meinte, ist dem Schreiben nicht zu entnehmen. Insbesondere gesteht die Beklagte nicht zu, dass sie einer generellen Abschlusspflicht unterliege, was im Übrigen die einschneidende Konsequenz gehabt hätte, dass ihr für die gesamte Laufzeit des Vertrages (und ebenso anderer Partnerverträge) für die betreffenden Produkte kaum noch eine Änderung der Geschäftspolitik möglich gewesen wäre. Auch mit Blick auf die (Vertrags-) Bezeichnung als "Partner" ist die Klägerin als bloße Wiederverkäuferin einzuordnen; sie hat nicht den Status eines Vertragshändlers erlangt. Dementsprechend obliegen ihr nach dem Partnervertrag vom 1./2.4.1997 keine Abnahme- oder sonstige Vertriebspflichten. Entgegen der Ansicht der Klägerin trifft es nicht zu, dass die von der Klägerin so bezeichnete "Exklusiv-Beziehung" der Parteien nur "gewährleistet" wäre, wenn vorab festgelegt worden wäre, dass sie, die Klägerin, sich stets mit Produkten der Beklagten eindecken kann. Schon die isolierte Zusage von Preisen und Nebenpunkten ist für einen Wiederverkäufer von großem Interesse, selbst wenn der konkrete Abschluss der Einzelverträge noch aussteht. Die Behauptung der Klägerin, dass ein Wiederverkäufer einen Partnervertrag mit der Beklagten ohne Kontrahierungszwang nicht abschließen würde, überzeugt deshalb schon im Ansatz nicht. Der Regelung in Ziffer III des Vertrages ("Ausfuhrbestimmungen") ist ferner nicht zu entnehmen, dass die Beklagte gehindert wäre, die Angebotsnahme wegen der von der Klägerin unstreitig beabsichtigten Ausfuhren in das nichteuropäische Ausland zu verweigern. Die Klägerin meint, eine Begrenzung des Ausfuhrgebietes sei im Vertrag nicht vorgenommen worden, mithin sei die Beklagte an die mangelnde vertragliche Begrenzung gebunden. Diese Betrachtung verkennt jedoch, dass vorrangig die Frage zu klären ist, ob überhaupt eine Abschlusspflicht der Beklagten vereinbart worden ist, was, wie dargelegt, zu verneinen ist. Ohne eine dahingehende vertragliche Fixierung fehlt es an einer Bindung der Beklagten an ein vertraglich bestimmtes Vertriebsgebiet. Allenfalls kann der Beklagten nach Treu und Glauben versagt sein, die Annahme von Bestellungen grundlos und willkürlich abzulehnen. Letzteres hat sie aber nicht getan. Sie hat einen kaufmännisch nachvollziehbaren Grund dafür angegeben, nämlich zu verhindern, dass die bestellten Toner in das außereuropäische Ausland geliefert werden. Eine willkürliche Entscheidung der Beklagten ist darin nicht erkennen. Ein irgendwie gearteter Vertrauenstatbestand streitet für die Klägerin ebenfalls nicht. Weder aus dem Vertrag noch aus den sonstigen Umständen ergibt sich, dass sie sich darauf verlassen durfte, das im Vertrag unter der Rubrik "Rabatte" erwähnte Umsatzziel zu erreichen oder zumindest Gelegenheit dafür zu erhalten. Unerheblich ist deshalb auch, ob sie den "vorrausichtlichen Nettoumsatz" erreicht hat. Dass Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin zu erhöhten Umsätzen anspornten, entsprach dem unternehmerischen Absatzinteresse der Beklagten. Mehr ist daraus nicht herzuleiten. Sofern der Verkaufsleiter S. der Beklagten, Herrn D., der Klägerin vorschlug, von der Beklagten bezogene Ware auch in das außereuropäische Ausland zu liefern, resultierte daraus keine irgendwie geartete Bindung der Beklagten für die Zukunft. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Beklagte sich ein diesbezügliches Wissen des D. über frühere Lieferungen der Klägerin in das außereuropäische Ausland zurechnen lassen müsste, ist aus diesem Wissen allein kein Vertrauenstatbestand herzuleiten. Erst recht ist nicht anzunehmen, dass Herr D. die Beklagte insoweit rechtsgeschäftlich gegenüber der Klägerin verpflichtet hat. Zur Abgabe vertraglicher Erklärungen war Herr D. unstreitig nicht bevollmächtigt, was für die Klägerin auch ohne Weiteres erkennbar war. Denn der Partnervertrag vom 1./2.4.1997 war für die Beklagte von zwei funktional anderen Personen, dem "Vertriebsrepräsentanten/Sonderbevollmächtigten" und dem "Regionalmanager" der Beklagten, unterschrieben worden. Das Landgericht hat auch das Bestehen kartellrechtlicher Ansprüche der Klägerin nach Art. 81, 82 EGV und § 20 GWB zu Recht abgelehnt. Einen diesbezüglichen Berufungsangriff führt die Klägerin auch nicht, wie sie in der Senatssitzung nochmals klargestellt hat. III. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 16.7.2004 gibt dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Insbesondere hat die Beklagte in der Berufungserwiderung (S. 4 und 5) und in der Senatssitzung ausdrücklich bekräftigt, zur Lieferung von für das Gemeinschaftsgebiet bestimmter Ware bereit zu sein. Frühere abweichende Erklärungen - die Klägerin zitiert hierzu Schriftverkehr aus April/Mai 2002 (Anlagen K 4 - K 6, K 11) - sind damit gegenstandslos geworden.

Ende der Entscheidung

Zurück