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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 06.06.2007
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 41/06
Rechtsgebiete: GWB, BGB, ZPO


Vorschriften:

GWB § 19 Abs. 2 Nr. 1
GWB § 20
GWB § 20 Abs. 1
BGB § 117 Abs. 1
BGB § 134
ZPO § 138 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 28. September 2006 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist als sog. Serviceprovider oder Diensteanbieter tätig. Sie vertreibt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung im D..-Mobilfunknetz angebotene Mobilfunkdienste.

Die Beklagte betreibt aufgrund einer ihr im Jahr 1994 erteilten Lizenz ein digitales zellulares Mobilfunknetz (D..-Netz).

Am 13.11.1998 schloss die Beklagte mit der Klägerin einen Vertrag über die Vermarktung von Mobilfunkdiensten im T-D..-Netz (Dienstanbietervertrag T-D..). Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den zu den Akten gereichten Dienstanbietervertrag T-D.. vom 13.11.1998 (Bl. 18-69 GA) Bezug genommen.

Die Vertriebserfolge der Klägerin waren wenig erfolgreich. Die Anzahl der gewonnen Neukunden stellte sich wie folgt dar:

2000. 3.913 2003 265

2001. 547 2004 168

2002. 483 2005 177

Zudem war der Gesamtteilnehmerbestand seit dem Jahr 2000 kontinuierlich rückläufig. Während die Klägerin zum 31.12.2001 noch etwa 7000 Teilnehmer verzeichnen konnte, waren es 2002 nur noch etwa 5.000 und 2003 etwa 2.500. In den Jahren 2004 und 2005 lag der Teilnehmerbestand bei nur noch etwa 1.900 bzw. 1.600 Kunden.

Mit Schreiben vom 12.12.2005 erklärte die Beklagte die Kündigung des Diensteanbietervertrages zum 31.12.2006.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei nicht wirksam. Sie sei unbillig und verstoße gegen § 20 GWB. Sie hat behauptet, die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt die Vertriebsergebnisse beanstandet. Sie habe deshalb davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte die Zusammenarbeit mit ihr in den Zielen und Ergebnissen als ausreichend ansehe. Im übrigen sei den vertragsschließenden Parteien bei Abschluss des Vertrages bewusst gewesen, dass die in § 8 Nr. 2 des Vertrages vereinbarte Regelung, wonach der Diensteanbieter in jedem Kalenderjahr einen Teilnehmerbestand von mindestens 3 % des insgesamt auf die D..-Diensteanbieter entfallenden Teilnehmerbestandes aufweisen müsse, von der Klägerin nicht erreicht und von der Beklagten auch nicht eingefordert werden würde.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, sie auch über den 31.12.2006 hinaus weiterhin gemäß des zwischen ihr und der Beklagten geschlossenen Diensteanbietervertrages T-D.. vom 13.11.1998 nebst Anlagen zu beliefern.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, sie habe die Klägerin mehrfach auf den unbefriedigenden Markterfolg hingewiesen. Dies sei mit Schreiben vom 14.02.2000 und in einem Gespräch mit den Geschäftsführern der Klägerin am 11.12.2003 geschehen. Auch in den folgenden Jahren habe sie mehrfach in Gesprächen im Rahmen von Telefonkonferenzen die Vertriebsergebnisse der Klägerin beanstandet.

Mit Urteil vom 28. September 2006 hat das Landgericht Köln die Klage abgewiesen. Die Kündigung sei nicht gemäß § 22 Abs. 2 des Diensteanbietervertrages unbillig. Bei dem kontinuierlichen Rückgang der Neukunden und des Gesamtteilnehmerbestandes habe die Klägerin nicht davon ausgehen können, dass die Beklagte mit diesen Ergebnissen zufrieden war. Die Klägerin selbst habe hiermit nicht zufrieden sein können. Auch stelle die Kündigung keine unbillige Behinderung oder sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im Sinne von § 20 GWB dar.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Klageziel weiter verfolgt. Das Landgericht habe ihr tatsächliches Vorbringen nicht ausreichend gewürdigt und es fehlerhaft unterlassen, Beweis zu erheben.

Die Klägerin beantragt,

das am 28. September 2006 verkündete Urteil des Landgerichts Köln abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, sie auch über den 31.12.2006 hinaus weiterhin gemäß des zwischen ihr und der Beklagten geschlossenen Diensteanbietervertrages T-D.. vom 13.11.1998 nebst Anlagen zu beliefern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts Köln ist nicht begründet.

Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Klägerin über den 31.12.2006 hinaus weiterhin gemäß dem zwischen den Parteien geschlossenen Diensteanbietervertrag T-D.. vom 13.11.1998 zu beliefern. Der Vertrag ist zum 31.12.2006 beendet worden. Die mit Schreiben vom 12.12.2005 von der Beklagten erklärte Kündigung des Vertrag zum 31.12.2006 ist wirksam. Sie erfüllt die in § 22 Nr. 2 Satz 1 des Vertrages vereinbarten Voraussetzungen einer wirksamen ordentlichen Kündigung. Auch ist die Kündigung nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. § 20 Abs. 1 GWB unwirksam.

1.

Nach § 22 Nr. 2 Satz 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Diensteanbietervertrages vom 13.11.1998 kann der Vertrag von der Beklagten als D..-Netzbetreiberin nach dem 31.12.2002 mit einer Frist von 12 Monaten schriftlich gekündigt werden. Die Wirksamkeit dieser Vereinbarung, insbesondere die Länge der vereinbarten 12-monatigen Kündigungsfrist, steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Die Klägerin macht nicht geltend, dass die Frist für die ordentliche Kündigung nicht ausreichend lang bemessen ist.

Die mit Schreiben der Beklagten vom 12.12.2005 ausgesprochene Kündigung erfüllt die in § 22 Nr. 2 Satz 1 vereinbarten Voraussetzungen. Sie ist im Dezember 2005 und damit nach dem 31.12.2002 fristgemäß zum 31.12.2006 erklärt worden.

Die Kündigung des Vertrages ist auch nicht unbilligerweise ausgesprochen worden (§ 22 Nr. 2 Satz 2).

Nach § 22 Nr. 2 Satz 3 des Vertrages ist eine ordentliche Kündigung des Vertrages durch die Beklagten unbillig, wenn das Vertragsverhältnis ohne substantielle Beanstandungen verlaufen ist (Alt. 1) oder die Vertragspartner in den Zielen und Ergebnissen ihrer Zusammenarbeit zu übereinstimmend als ausreichend angesehenen Ergebnissen gelangt sind (Alt. 2). Keine der beiden Alternativen ist hier gegeben. Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin, die nach allgemeinen Grundsätzen für die Unbilligkeit der Kündigung darlegungs- und beweisbelastet ist, weil es sich um eine für sie rechtserhaltende Tatsache handelt (vgl. nur Greger in Zöller, ZPO, 25. Aufl., vor § 284 Rn. 17 a), genügt nicht den Anforderungen. Zum Teil hat sie ihr Vorbringen nicht unter Beweis gestellt; zum Teil ist ihr Vortrag nicht ausreichend substantiiert und genügt daher nicht den Anforderungen des § 138 Abs. 2 ZPO.

a.

Die Kündigung der Beklagten ist nicht gemäß § 22 Nr. 2 Satz 3 1. Alt. unbillig.

Zwar behauptet die Klägerin, das Vertragsverhältnis mit der Beklagten sei bis zum Ausspruch der Kündigung ohne Beanstandungen von Seiten der Beklagten verlaufen. Weder habe sie das Schreiben der Beklagten vom 14.02.2000 erhalten, noch seien ihre Geschäftsführer - so wie die Beklagte behauptet - in einem Gespräch am 11.12.2003 oder in den Folgejahren im Rahmen von Telefonkonferenzen von der Beklagten auf unbefriedigende Vermarktungserfolge hingewiesen worden. Jedoch durfte sich die Klägerin, die für die negative Tatsache, dass keine Beanstandungen erfolgt sind, darlegungs- und beweisbelastet ist, nicht darauf beschränken, den Vortrag der Beklagten zu bestreiten. Sie musste hierfür vielmehr Beweis antreten. An einem Beweisantritt fehlt es indes, obwohl die Klägerin in ihrer Berufungsschrift offenbar der Meinung ist, sie habe Beweis angetreten. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 28.07.2006 Beweis durch Zeugnis des Herrn G. M. angeboten hat, bezieht sich dieser Beweisantritt nicht auf den gesamten unter 7. ausgeführten Sachvortrag, sondern nur auf die dem Beweisantritt unmittelbar vorangestellte Behauptung, sie habe damals und bis heute sog. Mehrwerte entwickelt. Dies ergibt sich im übrigen auch aus dem Verweis auf die schriftsätzlichen Ausführungen unter 5.. Auch dort ist der Zeuge M. zu den sog. Mehrwerten als Zeuge benannt worden. Das Landgericht hat es auch nicht verfahrensfehlerhaft unterlassen, die Klägerin auf ihre Beweislast hinzuweisen. Hierzu bestand allein schon deshalb keine Veranlassung, weil die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 10.08.1006 ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass die Klägerin für die Unbilligkeit der Kündigung darlegungs- und beweisbelastet ist. Dass die Klägerin die Beweislast rechtsirrig anders beurteilt hat, ist nicht ersichtlich. Wie sich ihren Ausführungen in der Berufungsschrift entnehmen lässt, hält sie sich vielmehr für beweisbelastet, ist aber der unzutreffenden Ansicht, sie habe Beweis angetreten.

b.

Die Unbilligkeit der Kündigung folgt auch nicht § 22 Nr. 2 Satz 3 Alt. 2 des Vertrages. Die Klägerin hat nicht schlüssig vorgetragen, dass sie mit der Beklagten in den Zielen und Ergebnissen ihrer Zusammenarbeit zu "übereinstimmend als ausreichend angesehenen Ergebnissen gelangt" ist. Sie hat keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen, die ihrem Vortrag, sie habe "davon ausgehen dürfen", dass die Beklagte die erreichten Ziele und Ergebnisse als ausreichend ansieht, die erforderliche Substanz verleihen.

Die Klägerin hat bis zum Ausspruch der ordentlichen Kündigung des Vertrages unstreitig in keinem Kalenderjahr die vertraglich fixierten Vertriebsziele erreicht. § 8 Nr. 2 des Vertrages sieht vor, dass der Diensteanbieter zum Ende jeden Kalenderjahres, beginnend mit dem Ende des Jahres 2000 einen Teilnehmerbestand von mindestens 3 % des insgesamt auf die D..-Diensteanbieter entfallenden Teilnehmerbestandes (ohne Teilnehmerbestand des D...Mobil-Vertriebes) aufweisen muss. Unstreitig hat die Klägerin den in § 8 Nr. 2 des Vertrages vereinbarten jährlichen Mindestteilnehmer-Nettozuwachs von 3 % des insgesamt auf die D..-Diensteanbieter entfallenden Teilnehmerbestandes nicht annähernd erreicht. Es ist vielmehr im Gegenteil zu einer kontinuierlichen Reduzierung des Teilnehmerbestandes von 7.000 Teilnehmern Ende 2001 auf nur noch rund 1.500 Teilnehmer Ende 2005 gekommen.

aa.

Die 3% - Nettozuwachsklausel war für die Klägerin verbindlich. Ohne Erfolg macht sie in diesem Zusammenhang geltend, es habe sich nur um eine "Floskel" gehandelt, deren Einhaltung von der Beklagten - so ihre Ausführungen bei den Vertragsverhandlungen - nicht verlangt werden würde. Dem Vortrag der Klägerin ist nicht zu entnehmen, dass die in Rede stehende Vertragsklausel einverständlich nur zum Schein vereinbart worden und daher gemäß § 117 Abs. 1 BGB nichtig ist. Ihr diesbezügliches Vorbringen ist nicht ausreichend substantiiert. So hat die Klägerin keine nachvollziehbare Begründung dafür angegeben, warum die Mindestumsatzklausel in den Vertrag aufgenommen bzw. nicht aus dem Vertragsentwurf gestrichen worden ist, wenn nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien die Regelung unverbindlich sein und hieran anknüpfende Rechtsfolgen nicht eintreten sollen. Dies gilt um so mehr, als die Parteien nach Abschluss des Vertrages in einem Side-Letter Einverständnis über die Auslegung bestimmter Vertragsklauseln erzielt haben, zu denen auch die Regelung in § 8 Nr. 2 des Vertrages gehört. Wenn die § 8 Nr. 2 des Vertrages für das Vertragsverhältnis der Parteien keine Bedeutung haben und der 3% Nettozuwachs gar nicht eingefordert werden sollte, bestand kein Anlass, über die Auslegung der Regelung Einverständnis zu erzielen. Ein solches Bedürfnis besteht vielmehr im Gegenteil dann, wenn der Regelungsinhalt und dessen Reichweite von erheblicher Bedeutung für die vertragsschließenden Parteien ist.

bb.

Ist somit die vertragliche Verpflichtung in § 8 Nr. 3 wirksam, konnte die Klägerin nur dann davon ausgehen, dass sie in den Zielen und Ergebnissen der Zusammenarbeit übereinstimmend mit der Beklagten als ausreichend angesehen Ergebnissen gelangt ist, wenn die Beklagte entweder ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck gebracht hat, dass sie die von der Klägerin erzielten Ergebnissen für ausreichend hält, obwohl sie für kein Kalenderjahr die Vorgaben von § 8 Nr. 2 des Vertrages erreicht hat. Eine ausdrückliche Erklärung der Beklagten behauptet die Klägerin nicht. Sie beruft sich in diesem Zusammenhang vielmehr darauf, dass die Beklagte die Vertriebsergebnisse zu keinem Zeitpunkt beanstandet habe. Es begegnet aber bereits erheblichen Zweifeln, ob dieses - von der Beklagten bestrittene - Vorbringen überhaupt schlüssig ist. Schweigen ist grundsätzlich keine Willenserklärung. Wer schweigt, setzt im allgemeinen keinen Erklärungstatbestand, er bringt weder Zustimmung noch Ablehnung zum Ausdruck (Heinrichs in Palandt, aaO., Einf. v. § 116 Rn. 7). Etwas anderes gilt nur dann, wenn er nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet gewesen wäre, seinen gegenteiligen Willen zum Ausdruck zu bringen (Heinrichs in Palandt, aaO., Einf. v. § 116 Rn. 10). Die Klägerin hat keine besonderen Umstände vorgetragen, die es ausnahmsweise rechtfertigten könnten, die von ihr behauptete kommentarlose Hinnahme der unter den vertraglich vorgegebenen Zielen weit zurückbleibenden Ergebnisse durch die Beklagten die Wirkung zuzurechnen, dass sie die Ergebnisse dennoch für ausreichend ansieht. Allein die Tatsache, dass sie von ihrem Recht zur fristlosen Kündigung (§ 8 Nr. 3 des Vertrages) keinen Gebrauch gemacht hat, reicht hierfür nicht aus. Aber selbst wenn der diesbezügliche Vortrag der Klägerin für schlüssig gehalten werden sollte, so hat sie für ihr von der Beklagten bestrittenes Vorbringen, die Beklagte habe die Vertriebsergebnisse zu keinem Zeitpunkt beanstandet, keinen Beweis angetreten und ist somit beweisfällig geblieben.

c.

Die Beklagte hat ihr Recht zur ordentlichen Kündigung nicht verwirkt (§ 242 BGB). Sie hat keinen Vertrauenstatbestand des Inhalts geschaffen, dass sie von ihrem Recht zur ordentlichen Kündigung keinen Gebrauch machen wird. Die Frage könnte sich allenfalls für das Kündigungsrecht aus wichtigem Grund stellen, weil dieses in angemessener Frist ausgeübt werden muss. Eine fristlose Kündigung des Vertrages steht hier aber nicht zur Überprüfung.

2.

Die Kündigung des Vertrages ist nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. § 20 Abs. 1 GWB unwirksam. Durch die Kündigung des Diensteanbietervertrages verstößt die Beklagte weder gegen das Verbot unbilliger Behinderung noch gegen das Diskriminierungsverbot.

Gemäß § 20 Abs. 1 GWB ist es marktbeherrschenden Unternehmen verboten, andere Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, unmittelbar oder mittelbar unbillig behindern; auch dürfen sie andere Unternehmen gegenüber gleichartigen Unternehmen nicht ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich behandeln.

a.

Die Beklagte ist Normadressatin des Behinderungs- und Diskriminierungsverbotes des § 20 Abs. 1 GWB.

Sie ist auf dem Markt für die Zulassung von Diensteanbietern, die im eigenen Namen und auf eigene Rechnung D..-Mobilfunkdienste der Beklagten vertreiben möchten, marktbeherrschend im Sinne von § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB. Der sachlich und räumlich relevante Markt ist nicht - so wie offenbar beide Parteien meinen - der Endkundenmarkt für Mobilfunkdienste. Hier geht es vielmehr um den Markt für die Zulassung von Telekommunikationsdiensteanbietern des D..-Mobilfunknetz, auf dem sich die Beklagte als lizensierte Betreiberin des D..-Mobilfunknetzes als Anbieter und die Unternehmen, die als sog. Serviceprovider die Telekommunikationsleistungen des Mobilfunknetzbetreibers im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vertreiben wollen, als Nachfrager gegenüber stehen. Aus Sicht der um Zulassung als Diensteanbieter nachsuchenden Unternehmen ist der Vertrieb von Mobilfunkdiensten des D..-Netz Betreibers nicht mit dem Vertrieb der Mobilfunkdienste der anderen Mobilfunknetzbetreiber (V., E-P. und O. G.) funktional austauschbar. Vielmehr hat jeder Mobilfunknetzbetreiber für die Zulassung von Anbietern seiner Mobilfunkdienste ein Monopol.

b.

Die ordentliche Kündigung des Diensteanbietervertrages vom 13.11.1998 durch die Beklagte stellt weder eine unbillige Behinderung noch eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Klägerin auf diesem Markt dar. Eine Abwägung aller beteiligten Interessen führt zu dem Ergebnis, dass sie Kündigung sachlich gerechtfertigt ist.

aa.

Die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung des Diensteanbietervertrages bedarf, obwohl sie als vertraglich vereinbarte ordentliche Kündigung an sich ohne besonderen Grund zulässig ist, ausnahmsweise einer sachlichen Rechtfertigung.

Ob eine Behinderung unbillig bzw. eine Differenzierung gleichartiger Unternehmen sachlich nicht gerechtfertigt ist, entscheidet eine Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes. Zwar kann dies im Ergebnis dazu führen, dass der Normadressat des § 20 Abs. 1 GWB engeren Befugnisschranken unterliegt als nach allgemeinem Zivilrecht. Jedoch will die Vorschrift des § 20 Abs. 1 GWB auch dem Normadressaten einen unternehmerischen Freiraum bei der Gestaltung und Pflege seines Vertriebssystems belassen und nur den Mißbrauch von Marktmacht verhindern. Die Ausübung einer vertraglich vereinbarten ordentlichen Kündigung ist deshalb - sofern sie durch eine angemessene Kündigungsfrist dem abhängigen Vertragspartner eine ausreichende Umstellungsfrist gewährt - grundsätzlich kein Mißbrauch von Marktmacht. Sie bedarf daher außer dem Hinweis auf die wirksame vertragliche Vereinbarung grundsätzlich keiner weiteren sachlichen Rechtfertigung (BGH NJW-RR 1995, 1260 - Kfz-Vertragshändler - m.w.Nachw.; BGH WuW/E DE-R 1144, 1145 - Schülertransporte). Dies gilt auch im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot. Hieraus ist nicht abzuleiten, dass die ordentliche Kündigung näher begründet werden muss, wenn gegenüber anderen Vertriebspartnern nicht ebenfalls von dem vertraglich vereinbarten Kündigungsrecht Gebrauch gemacht wird. Für die normative Bewertung gilt ein einheitlicher Maßstab für das Behinderungs- und das Diskriminierungsverbot, so dass für die Interessenabwägung die Berufung auf das vertraglich vereinbarte Recht zur ordentlichen Kündigung grundsätzlich ausreicht (BGH NJW-RR 1995, 1260 - Kfz-Vertragshändler - m.w.Nachw.). Etwas anderes gilt hingegen dann, wenn der Normadressat einem Kontrahierungszwang, z.B. einer Belieferungspflicht oder einer Bezugspflicht unterliegt. In diesem Fall kann - wenn die Verhältnisse ansonsten vergleichbar sind - ein laufendes Vertragsverhältnis nicht ohne weiteres, sondern nur beim Vorliegen besonderer Gründe gekündigt werden. Denn der Kündigende wäre ggflls. zum sofortigen erneuten Vertragsschluss verpflichtet (BGH WuW/E DE-R 1144, 1146 - Schülertransporte; BGH WuW/E BGH 2584, 2587 - Lotterievertrieb). Im Grundsatz nichts anders gilt, wenn es dem Normadressaten bei der Begründung des Vertragsverhältnisses untersagt ist, gleichartige Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unterschiedlich zu behandeln, und er daher die Auswahl unter den Anbietern nach fairen und objektiven Auswahlkriterien zu treffen hat. Auch dann ist es dem Normadressaten verwehrt, das Vertragsverhältnis aus Gründen zu beenden, aus denen er den Abschluss des Vertrages nicht hätte ablehnen dürfen (BGH WuW/E DE-R 1144, 1146 - Schülertransporte - m.w.Nachw.).

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier vor. Der Beklagten steht es nicht frei, ob und mit welchen Bewerbern sie in ein Vertragsverhältnis eintritt. Die Beklagte ist gemäß Ziff. 17.1 und 17.2 der ihr erteilten Lizenz zum Errichten und Betreiben eines digitalen zellularen Mobilfunknetzes vom 23. Juni 1994 vielmehr verpflichtet, geeignete Diensteanbieter zuzulassen und die Auswahl und Zulassung der Diensteanbieter nach sachlichen Kriterien unter Beachtung der Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit vorzunehmen, sie weder exklusiv noch unverhältnismäßig lange an sich zu binden, noch sonst hinsichtlich ihrer eigenen Preis- und Konditionengestaltung oder hinsichtlich anderer Betätigungsfelder einzuschränken. Im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung nach § 20 Abs. 1 GWB ist es daher erforderlich, in eine nähere Prüfung von Gründen für die ausgesprochene ordentliche Kündigung einzutreten.

bb.

Die unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des konkreten Falles vorzunehmende Interessenabwägung führt zu dem Ergebnis, dass der Beklagten ein sachlich gerechtfertigter Grund zur Kündigung des in Rede stehenden Diensteanbietervertrages zur Seite steht.

Die Beklagte hat ein wirtschaftliches Interesse an der Beendigung des Diensteanbietervertrages mit der Klägerin, denn die von der Klägerin seit 2001 erzielten Vertriebsergebnisse waren unzureichend. Werden die im D..-Netz angebotenen Mobilfunkdienste der Beklagten von der Klägerin nicht erfolgreich vermarktet, so ist das für die Beklagte wirtschaftlich nachteilig. Die von der Klägerin erzielten Vertriebsergebnisse sind zwischen den Parteien nicht im Streit. Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin die in § 8 Nr. 2 des Vertrages vereinbarte jährliche Nettozuwachsrate von 3 % in keinem Jahr erreicht und ist weit hinter dem vereinbarten Ziel zurückgeblieben. Bei unstreitig bestehenden Zuwachsraten im Mobilfunkmarkt in dem streitgegenständlichen Zeitraum (vgl. Tätigkeitsbericht der Bundesnetzagentur 2004/2005, Bl. 117 GA) lag die Zuwachsrate der Klägerin in den Jahren 2001 bis 2003 bei 0,1 % und in der Folge bei 0,0 %. Während die Klägerin im Jahr 2000 noch insgesamt 3.913 Neukunden verzeichnen konnte, sind die Neuzugänge ab 2001 kontinuierlich zurückgegangen (2001: 547; 2002: 483; 2003: 265; 2004: 168; 2005: 177). Die Zahl der akquirierten Neukunden war überdies nicht geeignet, die bei der Klägerin zu verzeichnenden Kundenverluste aufzufangen. Der Teilnehmerbestand ist kontinuierlich gesunken und zwar von ca. 7.000 Teilnehmern zum 31.12.2001 auf ca. 1.600 Teilnehmer zum 31.12.2005. In Anbetracht dieser kontinuierlich rückläufigen Entwicklung bestand für die Vermarktungstätigkeit der Klägerin für die Zukunft auch keine positive Prognose. Es ist ferner davon auszugehen, dass die Ursache für die Erfolglosigkeit der Klägerin in der Vermarktung der Mobilfunkdienste der Beklagten wenn nicht sogar vollständig dann zumindest zum weit überwiegenden Teil aus dem Verantwortungsbereich der Klägerin stammen. Die von der Klägerin ins Feld geführte verzögerte Einführung der pre-paid-Karten behinderte die Klägerin zum einen nicht im post-paid Bereich und betraf zum anderen nur das Jahr 2000, da nach ihrem eigenen Vorbringen Ende 2000 eine Auslieferung der Karten erfolgt ist. Der klägerseits monierte Margenverlust im Zusammenhang mit dem im Jahr 2001 neu eingeführten Tarif "T.S." betraf alle Diensteanbieter der Beklagten gleichermaßen. Sie können daher keine von der Beklagten zu verantwortende Ursache dafür sein, dass die Klägerin in keinem Jahr trotz der von der Bundesnetzagentur festgestellten Umsatzsteigerung der Serviceprovider von 1999 - 2005 die vereinbarte Nettozuwachsrate von 3 % erreicht hat. Der von der Klägerin behauptet Markteintritt sog. Billiganbieter erfolgte erst Mitte 2005 und kann daher die kontinuierlichen Rückgänge der Teilnehmerzahlen und Kundenneuzugänge in den vorangegangen Jahren nicht erklären, worauf die Beklagte zutreffend hinweist.

Gegenüber den dargestellten Interessen der Beklagten an der Beendigung des Vertrages fällt das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Fortsetzung des Vertrages weniger ins Gewicht. Die Klägerin erleidet durch die Beendigung des Vertrages keine unzumutbaren finanziellen Nachteile. Sie behauptet nicht, dass die für den Aufbau des Geschäftsbetriebs in den Jahren 1998/1999 getätigten Investitionskosten (1.385.392 Anfangsinvestitionen und 6.808.936 Kundengewinnungskosten) noch nicht amortisiert sind. Nach ihrem eigenen Vorbringen erzielt sie seit drei Jahren im operativen Geschäft Gewinne. Dem Einwand der Beklagten, dass dann offenbar die getätigten Investitionskosten vollständig amortisiert seien, ist die Klägerin nicht weiter entgegen getreten.

Bei Beendigung des Vertrages braucht die Klägerin zudem keine Schadensersatzansprüche ihrer Kunden im Hinblick auf die für zwei Jahre eingegangenen Vertragsbeziehungen zu befürchten. Nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 des Vertrages kann die Klägerin das durch Vertrag eingeräumte Nutzungsrecht noch insoweit ausüben, als dies für die Abwicklung des Teilnehmerbestandes zwingend notwendig ist.

Soweit die Klägerin geltend macht, bei Beendigung des Vertrages verliere sie ihren gesamten Kundenstamm, so ist dies im Hinblick auf die Regelung in § 24 Abs. 1 Nr. 3 des Vertrages zutreffend, weil danach die D..-Teilnehmer in diesem Netz zu belassen sind. Jedoch erhält die Klägerin hierfür einen finanziellen Ausgleich. Sie hat die Möglichkeit, ihren Teilnehmerbestand gegen Entgelt entweder freihändig oder gegen Höchstgebot der anderen D..-Diensteanbieter zu übertragen (§ 24 Abs. 1 Nr. 4). Die Beklagte selbst hat der Klägerin ein Rückkaufangebot in Höhe von 100 bis 120 Euro pro Kunde unterbreitet, das die Klägerin allerdings ausgeschlagen hat.

Ein den Interessen der Beklagten überwiegendes Interesse der Klägerin an der Fortsetzung des Vertrages kann schließlich nicht mit Erfolg darauf gestützt werden, dass der Wechsel zu einem anderen Netzbetreiber mit erheblichem finanziellen Aufwand verbunden sei, weil für die notwendige Umrüstung der EDV- Anlage Kosten in Höhe von etwa 75.000 € anfielen und weitere Investitionen erforderlich seien. Mit dem Aufbau eines neuen Geschäftsbetriebes sind üblicherweise Investitionskosten verbunden, deren Amortisation durch die zukünftige Geschäftstätigkeit erreicht werden soll. Das Interesse der Klägerin, nicht mit solchen Investitionskosten belastet zu werden, rechtfertigt es indes nicht, das bisherige Vertragsverhältnis weiter fortzuführen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Zur Zulassung der Revision gemäss § 543 Abs. 2 ZPO besteht kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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