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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.10.2004
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 42/03
Rechtsgebiete: GWB, ZPO


Vorschriften:

GWB § 34 a.F.
ZPO § 520 Abs. 3 Nr. 4
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 15. August 2003 verkündete Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

III. Die Beschwer der Beklagten und der Streitwert für das Berufungsverfahren werden auf jeweils 12.603,47 EUR festgesetzt.

Gründe: Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. I. Das Landgericht hat die Beklagte mit Recht zum Schadensersatz in der zuerkannten Höhe verurteilt. Die dagegen erhobenen Einwendungen der Berufung greifen nicht durch: 1. Ob - wofür vieles spricht - der Automatenaufstellvertrag der Parteien wegen Verstoßes gegen § 34 GWB a.F. nichtig ist, kann auf sich beruhen. Denn der Beklagten ist es nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf eine (etwaige) Formnichtigkeit zu berufen. Eine Vertragspartei kann sich auf die Verletzung des Schriftformerfordernisses nach § 34 GWB a.F. dann nicht mit Erfolg berufen, wenn der Vertrag über einen Zeitraum von mehreren Jahren durchgeführt worden ist und die Partei unterdessen aus dem Vertrag erhebliche Vorteile gezogen hat, die nicht auf andere Weise kompensiert werden können (BGH, WuW/E DE-R 1170, 1171 - Preisbindung durch Franchisegeber II; Senat, Beschl. v. 24.3.2004 - VI-U(Kart) 43/02 Umdruck Seite 22). So liegt der Fall auch hier. Die Parteien haben das Vertragsverhältnis seit September 1998 uneingeschränkt praktiziert und der Beklagten sind hieraus in Form der Nutzung der vom Kläger aufgestellten Spielgeräte Gebrauchsvorteile für ihre Gaststätte zugeflossen, die auf andere Weise nicht ausgeglichen werden können. 2. Die von der Beklagten unter dem 22.1.2002 ausgesprochene fristlose Kündigung des Automatenaufstellvertrages war unberechtigt, weshalb die Beklagte dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet ist. In diesem Zusammenhang kann es dahin stehen, in welchem Umfang genau Störungen am Münzprüfer des Billardtisches aufgetreten sind und worauf die Störungen zurückzuführen waren (Fehlverhalten der Gäste oder Alter und Verschleiß des Münzprüfers). Fest steht, dass sich die Beeinträchtigungen des Billardtisches über nahezu 8 Monate hingezogen haben, die Beklagte den Kläger bei Störungen informiert und dieser stets einen Monteur zur Reparatur geschickt hat. Zwar konnte der Kläger das Problem nicht auf Dauer beheben und traten die Fehlfunktionen des Münzprüfers am Billardtisch immer wieder - zuweilen schon am Tag nach durchgeführter Reparatur - auf. Die Beklagte hat diesen Zustand indes über mehr als ein halbes Jahr hingenommen und sich mit den Reparaturversuchen des Klägers begnügt. Vor diesem Hintergrund war sie als redliche Vertragspartei gehalten, den Kläger vor Ausspruch einer fristlosen Vertragskündigung abzumahnen und ihm für den Fall, dass die Fehlfunktion des Münzprüfers am Billardtisch nunmehr nicht nachhaltig behoben werde, die außerordentliche Kündigung des Automatenaufstellvertrages anzudrohen. Dieser - für die Wirksamkeit der ausgesprochenen Vertragskündigung einzuhaltenden - Obliegenheit ist die Beklagte nicht nachgekommen. Zwar will sie nach eigenem Vorbringen dem Kläger wegen der Funktionsstörungen des Münzprüfers mehrfach - und zwar am 29.9.2001, 14.10.2001 und 15.10.2001 - die Kündigung des Automatenaufstellvertrages angedroht haben. Durch ihr anschließendes Verhalten ist sie von dieser Abmahnung aber immer wieder selbst dadurch abgerückt, dass sie sich trotz der angedrohten Vertragskündigung auf zahlreiche weitere Reparaturversuche eingelassen hat. Schon aus diesem Grund hat die Beklagte mit den - behaupteten - Abmahnungen vom 29.9.2001, 14.10.2001 und 15.10.2001 nicht ihrer Obliegenheit genügt, den Kläger vor Ausspruch der fristlosen Vertragskündigung am 22.1.2002 abzumahnen. Es kommt hinzu, dass der Kläger im Zuge der Euro-Umstellung am 3. Januar 2002 den Münzprüfer am Billardtisch ausgetauscht hat. Auch insoweit sind die im September und Oktober 2001 ausgesprochenen - und auf einen anderen Münzprüfer bezogen - Abmahnungen in dem Sinne hinfällig geworden sein, dass die Beklagte gehalten war, vor einer fristlosen Vertragskündigung nunmehr die Fehlfunktion des ausgetauschten Münzprüfers zu reklamieren und ihre Abmahnung in Bezug auf dieses Austauschteil zu wiederholen. Das hat die Beklagte nicht getan. Sie behauptet selbst nicht, dem Kläger nach dem 15.10.2001 die fristlose Beendigung des Automatenaufstellvertrages angedroht zu haben. Ihr Sachvortrag, die Kellnerin A. habe den Kläger am 15.1.2002 abgemahnt, wäre zwar in zeitlicher Hinsicht ausreichend. Die Behauptung ist indes schon nicht bewiesen, weil die Zeugin A. bei ihrer Vernehmung die Behauptung der Beklagten nicht bestätigen konnte. Die Zeugin hat in diesem Kontext lediglich bekundet, dem Monteur des Klägers, Herrn V., Ende 2001 oder Anfang 2002 gegenüber erklärt zu haben, dass der Automatenaufstellvertrag bald gekündigt werde. Dieser Sachvortrag ist schon aus Rechtsgründen unbeachtlich. Unabhängig von der Frage, ob die Kellnerin von der Beklagten zu einer Abmahnung bevollmächtigt war und ob der Monteur V. der richtige Adressat oder zumindest Empfangsbote des Klägers war, fehlt es schon inhaltlich an einer Abmahnung. Die Äußerung der Kellnerin A. erschöpft sich bei verständiger Würdigung in der schlichten Wissensbekundung, dass eine Vertragskündigung durch die Beklagte bevorstehe. 3. Gegen die Höhe des zuerkannten Schadensersatzes bestehen keine Bedenken. Das Landgericht hat seiner Berechnung die von der Beklagten jeweils durch Unterschrift anerkannten Umsatzabrechnungen zugrunde gelegt. Es hat dabei zutreffend als Umsatz des Klägers die Differenz zwischen dem Nettoumsatz ("Abrechnung-Umsatz") und dem Wirteanteil ("WiAnt in DM") zugrunde gelegt und diesen Betrag um ersparte Aufwendungen in Höhe von 20 % des Umsatzes gekürzt. Anhand der so ermittelten Zahlen des Jahres 2001 hat das Landgericht sodann den durchschnittlichen Tagesgewinn des Klägers ermittelt und diesen Betrag für die Restlaufzeit des Automatenaufstellvertrages zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer als Schadensersatz zuerkannt. Dagegen ist rechtlich nichts einzuwenden. Soweit die Beklagte erstmals in der Berufungsinstanz die 20 %ige Pauschale für die ersparten Aufwendungen substantiiert als zu gering beanstandet, sie ferner den Einwand erhebt, der Kläger habe mit den zurückgenommenen Geräten anderweitige Einnahmen erzielt, und sie sich schließlich darauf beruft, der Kläger habe durch die verweigerte Rücknahme des Billardtisches die Erzielung solcher anderweitiger Einnahmen unter Verstoß gegen seine Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) unterlassen, ist sie mit diesem Vorbringen gemäß §§ 531 Abs. 2 Nr. 3, 520 Abs. 3 Nr. 4 ZPO ausgeschlossen, weil es ohne Nachlässigkeit bereits im Verfahren vor dem Landgericht hätte vorgebracht werden können. II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. III. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 14.10.2004 gibt zu einer abweichenden Beurteilung des Streitfalles keine Veranlassung. Das Landgericht hat das pauschale Vorbringen der Beklagten in der Klageerwiderung, die "Komponenten" der klägerischen Schadensberechnung könnten auch an Hand der dazu vorgelegten Unterlagen nicht nachvollzogen werden, mit Recht nicht für ein prozessual erhebliches Bestreiten der vom Kläger in Ansatz gebrachten 20 %igen Ersparnis ausreichen lassen. Zu einem rechtlichen Hinweis auf die - offensichtliche - Substanzlosigkeit dieses Sachvortrags war das Landgericht - entgegen der Ansicht der Berufung - nicht verpflichtet.

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