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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 13.08.2004
Aktenzeichen: VI-W (Kart) 20/04
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, GmbHG


Vorschriften:

BGB § 138 Abs. 1
BGB § 181
ZPO § 91 a Abs. 2
GmbHG § 53 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortigen Beschwerden der Beklagten gegen den Beschluss der II. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Dortmund vom 16. April 2004 werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Beklagten auferlegt.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 5.000 Euro

Gründe: I. Das Landgericht hat den Beklagten nach übereinstimmender Erklärung der Hauptsacheerledigung die Kosten des Rechtsstreits auferlegt, in welchem sie von der Klägerin gemäß einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot auf Unterlassung von Wettbewerb in Anspruch genommen worden sind. Das Landgericht hat das in § 12 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages der Parteien vom 20.1.1998 (der Satzung der Klägerin, GA 11, 14) verabredete und auf eine Dauer von zwei Jahren befristete Wettbewerbsverbot für rechtswirksam erachtet. Deshalb hat es angenommen, die Klage sei bis zu der durch Ablauf des Zwei-Jahres-Zeitraums eingetretenen Hauptsacheerledigung begründet gewesen und hat die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten auferlegt. Dagegen haben die Beklagten Beschwerde erhoben, mit der sie geltend machen: Der Beklagte zu 2 habe in seiner Eigenschaft als Mitgeschäftsführer der Klägerin und Geschäftsführer der Beklagten zu 1 durch Vertrag mit sich selbst vom 14.12.2000 den Bestand der Geschäftsverbindungen der Klägerin wirksam auf die Beklagte zu 1 übertragen (GA 119 bis 121). Zur Vornahme dieses Geschäfts sei der Beklagte zu 2 bevollmächtigt gewesen. Das sei den Bestimmungen des § 5 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages in Verbindung mit dem am 20.1.1998 gefassten Gesellschafterbeschluss zu entnehmen, wonach die Gesellschaft (die Klägerin) von den beiden damals bestellten Geschäftsführern - unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB - jeweils allein vertreten werde (GA 164, 165; Auszug aus dem Handelsregister GA 166). Infolge der Übertragung des Kundenstamms sei das Wettbewerbsverbot gegenstandslos, weil es ihnen, den Beklagten, ein Verhalten untersage, welches durch den Übertragungsvertrag gerade habe erlaubt werden sollen und erlaubt worden sei. Die auf das Wettbewerbsverbot gestützte Unterlassungsklage sei demnach unbegründet gewesen mit der Folge, dass die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe. Die Klägerin tritt den Beschwerdebegehren entgegen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und auf die mit diesen vorgelegten Anlagen, insbesondere auf die vorbezeichneten Aktenbestandteile, sowie auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts Bezug genommen. II. Die als sofortige Beschwerde gemäß § 91 a Abs. 2 ZPO zulässigen Rechtsmittel haben keinen Erfolg. Das Landgericht hat - ausgerichtet am Maßstab des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen - im Ergebnis mit Recht entschieden, dass die Beklagten die Kosten des Rechtsstreits zu tragen haben, da sie ohne den Eintritt des erledigenden Ereignisses im Prozess unterlegen wären (vgl. § 91 a Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO). Das Beschwerdevorbringen der Beklagten veranlasst keine gegenteilige rechtliche Beurteilung. Das auf die nachvertragliche Zeit bezogene Wettbewerbsverbot in § 12 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages ist nicht dadurch wirkungslos geworden, dass der Beklagte zu 2 den Bestand der Geschäftsverbindungen der Klägerin durch den In-sich-Vertrag vom 14.12.2000 auf die Beklagte zu 1 übertragen hat. Dieses Rechtsgeschäft ist aus mehreren Gründen unwirksam. Aus dem zutreffenden gedanklichen Ansatz der Beklagten, wonach das Wettbewerbsverbot dem Inhalt des Übertragungsvertrages vom 14.12.2000 und dem mit ihm Gewollten widersprach, folgt, dass durch jene Übertragungsvereinbarung der Gesellschaftsvertrag (die Satzung) der Klägerin im Rechtsinn stillschweigend abgeändert worden ist, und zwar in der Weise, dass das Wettbewerbsverbot entfiel. Das Wettbewerbsverbot rechnete zwar nicht zu den korporationsrechtlichen Abreden des Gesellschaftsvertrages. Deshalb ist nicht anzunehmen, dass eine Änderung des Gesellschaftsvertrages in diesem Punkt jenen unter Umständen strengen Regelungen unterlag (Formvorschriften und Mehrheitserfordernissen), denen das GmbH-Gesetz die Änderung der im eigentlichen Sinn gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen unterwirft. In jedem Fall handelte es sich aber um eine Änderung der Satzung der Gesellschaft, bei der die Vorschrift des § 53 Abs. 1 GmbH-Gesetz zu beachten war. Infolgedessen bedurfte die Aufhebung des Wettbewerbsverbots eines Gesellschafterbeschlusses (vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 23 Rn. 23 a). Einen Gesellschafterbeschluss hat der Beklagte zu 2 im Zusammenhang mit der Übertragung der Geschäftsverbindungen auf die Beklagte zu 1 nicht erwirkt. In Ermangelung der nach dem Gesetz vorgeschriebenen Willensbildung kommt dem Übertragungsvertrag vom 14.12.2000 - jedenfalls soweit er auf eine Aufhebung des Wettbewerbsverbots und damit auf eine Abänderung des Gesellschaftsvertrages gerichtet war - demnach keine rechtliche Wirkung zu. Auch wenn man es - im Sinn der Beschwerdebegründung der Beklagten - so ansehen wollte, dass der Beklagte zu 2 durch den am 20.1.1998 gefassten Gesellschafterbeschluss zu einer Alleinvertretung der Klägerin berechtigt war, ist die Übertragungsvereinbarung vom 14.12.2000 unwirksam. Der Beklagte zu 2 hat eine ihm eingeräumte Vertretungsmacht durch die Übertragung des Kundenstamms der Klägerin auf die Beklagte zu 1 überschritten. Die Übertragung des Kundenstamms und sämtlicher Geschäftsverbindungen höhlte den Gesellschaftsvertrag faktisch aus. Sie ließ den Gesellschaftszweck - die Entwicklung und den Vertrieb von sog. Hotelsoftware (vgl. § 2 der Satzung) - gegenstandslos werden, entzog einer weiteren Geschäftstätigkeit der Klägerin die wirtschaftliche Grundlage und widersprach damit ersichtlich dem wirtschaftlichen und rechtlichen Interesse der Gesellschaft. Der Übertragungsakt war von der oben angesprochenen Bevollmächtigung des Beklagten zu 2 daher nicht gedeckt. Denn jede organschaftliche Vertretungsmacht steht unter dem selbstverständlichen Vorbehalt, dass der Vertreter die ihm zu Gebote stehende Vollmacht zu rechtsgeschäftlicher Verpflichtung nur im Rahmen des Gesellschaftszwecks und der in diesem Sinn wohlverstandenen Interessen des Vertretenen - hier der Gesellschaft - ausüben, sie vor allen Dingen also nicht in einer Weise benutzen darf, die evident gegen die zentralen Belange des Vertretenen verstößt. Infolge der Überschreitung seiner Vollmacht handelte der Beklagte zu 2 ohne Vertretungsmacht. Die Wirksamkeit der Übertragung des Kundenstamms auf die Beklagte zu 1 - und damit auch der Wegfall des Wettbewerbsverbots - hing deswegen von einer Genehmigung durch die Klägerin ab (§ 177 Abs. 1 BGB). Da die Klägerin die Übertragung nicht nur nicht genehmigt, sondern ihr im Prozess sogar widersprochen hat, ist sie unwirksam (§ 177 Abs. 2 BGB). Unabhängig hiervon ist festzustellen, dass der Beklagte zu 2 bei der Übertragung der Geschäftsverbindungen der Klägerin nach den Umständen - und zwar durch Entziehung der wirtschaftlichen Handlungsgrundlagen - bewusst zu ihrem Nachteil gehandelt hat. Über die wirtschaftlichen Folgen für den Fortbestand der Klägerin musste der Beklagte zu 2 sich zwangsläufig im Klaren sein. Dann kann es sich aber nur so verhalten haben, dass er durch den Rechtsakt der Übertragung des Kundenstamms - mindestens im Sinn einer mitbezweckten Nebenfolge - das Unternehmen der Klägerin bewusst schädigen wollte. Gemessen am Maßstab des § 138 Abs. 1 BGB war sein Handeln bei dieser Sachlage außerdem sittenwidrig. Die Übertragungsvereinbarung ist auch aus diesem Grund nichtig und nicht geeignet, das im Gesellschaftsvertrag verabredete Wettbewerbsverbot aufzuheben oder außer Kraft zu setzen. Die übrigen zur Begründung seiner Kostenentscheidung herangezogenen rechtlichen Überlegungen des Landgerichts haben die Beklagten mit ihren Rechtsmitteln nicht angegriffen. Der Senat pflichtet diesen Überlegungen bei und sieht zur Vermeidung einer Wiederholung unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses von einer erneuten Darstellung ab. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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