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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 02.05.2007
Aktenzeichen: VII-Verg 1/07
Rechtsgebiete: GWB, ZPO, VOL/A, VgV, BGB


Vorschriften:

GWB § 107 Abs. 3 Satz 1
GWB § 107 Abs. 3 Satz 2
GWB § 118 Abs. 1 Satz 3
ZPO § 178 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 180
ZPO § 181
VOL/A § 2
VOL/A § 2 Nr. 1 Abs. 2
VOL/A § 7 Nr. 4
VOL/A § 7a Nr. 2 Abs. 1
VOL/A § 7a Nr. 2 Abs. 2
VOL/A § 7a Nr. 2 Abs. 3
VOL/A § 7a Nr. 2 Abs. 3 Satz 1
VOL/A § 17 Nr. 1 Abs. 2 m
VOL/A § 17 Nr. 3 Abs. 1 m
VOL/A § 17 Nr. 3 Abs. 2 l
VOL/A § 21 Nr. 1 Abs. 3
VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 1
VOL/A § 25 Nr. 2 Abs. 1
VOL/A § 25 Nr. 2 Abs. 2
VgV § 13
BGB § 121 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg vom 29. Dezember 2007, VK 31/06, wird zurückgewiesen

Der Antragstellerin werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB sowie die außergerichtlichen Kosten und Auslagen des Antragsgegners und der Beigeladenen auferlegt.

Der Gegenstandswert beträgt bis 10.050.000,00 €.

Gründe:

I.

Der Antragsgegner schrieb im Juli 2006 im Wege des offenen Verfahrens europaweit die Durchführung bundesweiter förmlicher Zustellungen für das Land Nordrhein-Westfalen, soweit sie durch das Gemeinsame Gebietsrechenzentrum H... (GGRZ) eingeliefert werden, aus. Der ausgeschriebene Leistungsumfang umfasste die Beförderung, die förmliche Zustellung der Sendungen nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung (ZPO) und des Landesverwaltungszustellungsgesetzes (LVwZG NRW), die Rückführung, die elektronische Erfassung und Auswertung der Postzustellungsurkunden (PZU) sowie die Übermittlung der dabei gewonnenen Daten an den Auftraggeber. Ferner umfasst war die Ersatzzustellung durch Niederlegung gemäß § 181 ZPO. Es sollte ein Rahmenvertrag mit einem Auftragnehmer über eine Laufzeit von vier Jahren beginnend ab dem 1. Februar 2007 abgeschlossen werden.

Ausweislich der Vergabebekanntmachung unter Ziffern IV.2.1) war als einziges Zuschlagskriterium der Preis vorgesehen.

Die Antragstellerin, die Beigeladene und vier weitere Bieter reichten Angebote ein. Das Angebot eines Bieters wurde wegen Nichtvorlage einer Lizenz von der Wertung ausgeschlossen. Die anderen Angebote gelangten in die weitere Wertung. Nach der vierten Stufe der Angebotswertung lag die Antragstellerin mit ihrem Angebot an zweiter Stelle, die Beigeladene an erster Stelle der Angebotswertung. Die Antragstellerin bot einen Nettopreis ohne Umsatzsteuer an, der ihr von der Bundesnetzagentur befristet bis zum 31. Dezember 2009 genehmigt worden war. Auch der von der Beigeladenen angebotene Preis wurde von der Bundesnetzagentur am 31. Oktober 2006 genehmigt.

Mit Schreiben vom 31. Oktober 2006, eingegangen am 3. November 2006, teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass der Zuschlag aus wirtschaftlichen Gründen auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden solle. Mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 9. November 2006 rügte die Antragstellerin, das Angebot der Beigeladenen ändere die Verdingungsunterlagen ab. Es sei formal unvollständig. Die Beigeladene sei nicht leistungsfähig und vermöge auch keine Referenzen über vergleichbare Tätigkeiten vorzulegen, soweit es die elektronische Auslesung von Postzustellungsurkunden betreffe. Sie vermute ferner, es fehle dem Angebot an Bereitstellungserklärungen der Tochterunternehmen der Beigeladenen. Der angebotene Preis sei unauskömmlich. Der Antragsgegner half der Rüge mit Schreiben vom 13. November 2006 nicht ab.

Gegen die beabsichtigte Zuschlagsentscheidung reichte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer ein. Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag mit Beschluss vom 29. Dezember 2006 als in der Sache unbegründet zurück. Sie begründete dies damit, das Angebot der Beigeladenen sei - unabhängig von einem etwaigen Ausschluss des Angebots der Antragstellerin - wertungs- und ermessensfehlerfrei zu bezuschlagen.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der diese in erster Line die Aufhebung des Beschlusses der Vergabekammer, Untersagung des Zuschlags auf das Angebot der Beigeladenen und die Wiederholung der Angebotswertung sowie hilfsweise die Aufhebung des Vergabeverfahrens begehrt.

Die Antragstellerin vertritt unter anderem die Auffassung, das Angebot der Beigeladenen sei wegen einer Änderung an den Verdingungsunterlagen auszuschließen, zumindest sei die Beigeladene aber nicht leistungsfähig. Sie unterhalte - auch unter Einschluss der Zustellungsnetze ihrer Tochterunternehmen - weder ein flächendeckendes bundesweites Zustellungsnetz, noch habe sie die bundesweite Verfügbarkeit von Niederlegungsstellen nachgewiesen. Die Beigeladene beabsichtige auch nicht, ein bundesweites Zustellungsnetz zu unterhalten, wie sich aus einem ihr, der Antragstellerin, erst kürzlich bekannt gewordenen Vertragsangebot in anderer Sache entnehmen lasse. Ihr (der Antragstellerin) eigenes Angebot sei nicht wegen Unvollständigkeit der Preisangabe von der Wertung auszuschließen. Sie habe einen Bruttopreis angeboten. Der Nettopreis entspreche dem Bruttopreis.

Die Antragstellerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben,

dem Antragsgegner zu untersagen, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen,

den Antragsgegner anzuweisen, die Angebotswertung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Beschwerdesenats zu wiederholen,

hilfsweise, den Antragsgegner anzuweisen, das Vergabeverfahren aufzuheben.

Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen,

die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Sie verteidigen den Beschluss der Vergabekammer und tragen unter anderem vor:

Es sei von den Bietern zur Überprüfung der Eignung nur gefordert gewesen, eine Planung für ein bundesweites Zustellungssystem und ein Konzept für die bundesweite Einrichtung von Niederlegungsstellen vorzulegen.

Die Beigeladene vertritt zudem die Ansicht, das Angebot der Antragstellerin müsse vom Auftraggeber nach § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A zwingend von der Wertung ausgenommen werden.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Akten der Vergabekammer und die Vergabeakten lagen zu Informationszwecken vor.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die Antragstellerin ist antragsbefugt und hat der Rügeobliegenheit genügt.

a) Die Antragsbefugnis ergibt sich aus dem im Angebot dokumentierten Interesse am Auftrag. Außerdem behauptet die Antragstellerin schlüssig eine Verletzung in eigenen Rechten durch Nichtbeachtung der Vergabevorschriften, nämlich durch den unterlassenen Ausschluss des Angebots der Beigeladenen. Die Antragstellerin hat ebenfalls dargelegt, dass ihrem Unternehmen infolgedessen ein Schaden zu entstehen droht. An die Darlegung des Schadens sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt jede Verschlechterung der Aussichten durch den einzelnen Vergaberechtsverstoß den Zuschlag auf das Angebot zu erhalten. Das Angebot der Antragstellerin liegt als eines von sechs eingegangenen Angeboten, von denen eines bereits wegen Nichtvorlage der Lizenz auszuschließen war (B... GmbH - Bieter Nr. 4), mit seinem Nettopreis an zweiter Stelle der Bieterreihenfolge. Vor der Antragstellerin liegt nur die Beigeladene, die den Zuschlag erhalten soll.

b) Die Antragstellerin hat ihre Obliegenheit zur unverzüglichen Rüge gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB hinsichtlich der im Rügeschreiben vom 9. November 2006 erhobenen einzelnen Rügen nicht verletzt. Die Rügen sind - entgegen der Auffassung der Beigeladenen - nicht verspätet erfolgt. Der Zeitraum von 6 Tagen zwischen Zugang der Bieterinformation nach § 13 VgV am 3. November 2006 und Abfassung sowie Zugang des Rügeschreibens am 9. November 2006 bei der Antragsgegnerin ist als unverzüglich im Sinne des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB anzusehen. Die danach zur Verfügung stehende Zeitspanne zwischen Kenntniserlangung und Rüge darf maximal zwei Wochen betragen (vgl. BayObLG NZBau 2000, 481, 483; OLG Düsseldorf NZBau 2000, 45,47= NJW 2000, 145).

Die Kenntnisnahme erfordert aber nicht nur die Kenntnis der einen Rechtsverstoß begründenden Tatsachen, sondern gleichermaßen die wenigstens laienhaft und durch vernünftige Beurteilung hervorgebrachte rechtliche Wertung und Vorstellung des Antragstellers, dass der betreffende Vergabevorgang zu beanstanden sei. Es kann offen bleiben, ob die erforderliche positive Tatsachenkenntnis bei der Antragstellerin in Anbetracht des eingeschränkten Informationsgehalts des Bieterinformationsschreibens vom 31. Oktobers 2006 zum Zeitpunkt des Zugangs des Schreibens vorhanden war. Angenommen, die Antragstellerin hat zum Zeitpunkt des Zugangs der Bieterinformation auch über die erforderlichen Tatsachenkenntnisse verfügt, so ist ihr aber zur Konsultation eines anwaltlichen Bevollmächtigten, der das Rügeschreiben abgefasst, zusätzlich ein angemessener Zeitraum zuzubilligen. Ihrem Rechtsanwalt ist ebenfalls ein angemessener Zeitraum zur Prüfung der Sach- und Rechtslage einzuräumen. Die anwaltliche Prüfung war, wie die Antragstellerin vorgetragen und der Antragsgegner, der darlegungs- und beweispflichtig ist, nicht widerlegt hat, erst am 8. November 2006 abgeschlossen. Die Antragstellerin musste im Streitfall das Rügeschreiben nicht selbst verfassen, sondern durfte sich schon aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der Waffengleichheit eines eigenen anwaltlichen Beistands versichern. Die Antragsgegnerin war schon im Vergabeverfahren durch ihre späteren Verfahrensbevollmächtigten anwaltlich beraten.

Die Antragstellerin ist mit der Rüge der Unklarheit der unter Ziffern III.2.2) der Bekanntmachung angegebenen Mindestanforderungen an die Eignung nicht gemäß § 107 Abs. 3 Satz 2 GWB präkludiert. Nach dieser Vorschrift kann der Antragsteller die aufgrund der Bekanntmachung erkennbaren Verstöße gegen Vergabevorschriften nur spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber geltend machen. Für die Erkennbarkeit der Verstöße gilt jedoch ein subjektiver Maßstab (vgl. Senat, Beschl. v. 18.10.2006, VII-Verg 35/06, VergbeR 2007, 200, 203 f.). Den Maßstab für die Erkennbarkeit eines Vergaberechtsverstoßes bilden die individuellen Verhältnisse des Antragstellers. Die Möglichkeit zur Beanstandung der Vergabebekanntmachung endete im Streitfall nicht spätestens mit der Einreichung des Angebots. Der bloße Umstand, dass es sich bei der Antragstellerin um ein bei Ausschreibungen langjährig erfahrenes Unternehmen handele, belegt nicht, dass die Fehlerhaftigkeit der Vergabebekanntmachung von ihr erkannt werden konnte. Die Rechtsverstöße waren nur unter Aufwendung juristischen Sachverstandes erkennbar, ohne dass die Antragstellerin vergaberechtlich gehalten war, solchen Sachverstand durch Zuziehung eines Rechtsanwalts zur Aufklärung über die Erkenntnismöglichkeiten heranzuziehen. Es ist der Antragstellerin nicht zu widerlegen, dass sie über die erforderlichen rechtlichen Sachverstand nicht verfügte und der Verstoß für sie infolgedessen nicht zu erkennen war, zumal die Frage der Klarheit der Angabe in der Vergabebekanntmachung eine nicht einfach zu beurteilende Rechtsfrage darstellt.

Ebenso wenig ist die Antragstellerin mit der Rüge präkludiert (§ 107 Abs. 3 Satz 2 GWB), der Antragsgegner habe die Eignungsprüfung auf einen unzutreffenden Prüfungsgegenstand bezogen, nämlich diese Prüfung auf ein von den Bietern ausgearbeitetes Konzept für die Niederlegung und eine Planung der Organisation der Zustellung erstreckt. Die Vergabebekanntmachung verhielt sich hierüber nicht.

2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet. Es kann dahinstehen, ob das Angebot der Antragstellerin von der Wertung auszuschließen ist. Selbst bei einem Verbleiben des Angebots der Antragstellerin in der Wertung hat der Nachprüfungsantrag keinen Erfolg. Das Angebot der Beigeladenen ist nicht von der Wertung auszunehmen. Die Angebotswertung ist nicht zu wiederholen. Das Vergabeverfahren ist auch nicht aufzuheben.

a) Das Vergabeverfahren ist nicht - unter Offenlassung von Ausschlussgründen, die das Angebot der Beigeladenen betreffen - teilweise aufzuheben. Die Rüge der Antragstellerin, die Angaben in der Bekanntmachung unter Ziffern III.2.2.) seien unklar, ist unbegründet.

Fachkunde- und Eignungsnachweise sind eindeutig gefordert worden. Nach § 7 a Nr. 2 Abs. 3 VOL/A hat der Auftraggeber bereits in der Vergabebekanntmachung anzugeben, welche Nachweise vom Bieter vorzulegen sind. Nach § 17 Nr. 1 Abs. 2 m VOL/A, der auf § 7 Nr. 4 und § 2 VOL/A verweist, sollen die Bekanntmachungen zu öffentlichen Ausschreibungen Angaben über die verlangten Nachweise für die Beurteilung der Eignung des Bieters enthalten. Diese müssen im Einzelnen aufgeführt werden, damit sich die Bieter darauf einstellen und sich rechtzeitig die entsprechenden Nachweise beschaffen können. Die Angaben der Bekanntmachung zu den mit dem Angebot vorzulegenden Eignungsnachweisen müssen klar und widerspruchsfrei sein.

Diesen Erfordernissen genügt die im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften abgedruckte Bekanntmachung. Sie enthält unter Ziffern III.2.2) eine eindeutige Aufzählung der Eignungsnachweise. Die Vergabebekanntmachung lautete wie folgt:

III.2.2.) Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit:

Angaben und Formalitäten, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Auflagen zu überprüfen: Das Land Nordrhein-Westfalen verlangt zum Nachweis der Eignung (Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit) von den Bietern/den Bietergemeinschaften die nachfolgend aufgelisteten Unterlagen/Erklärungen/Angaben:

1.) Beantwortung firmenbezogener Fragen zur Zustellung und Niederlegung (Firmen-Fragenkatalog)

...

Die Antragstellerin vertritt die Ansicht, die Vergabebekanntmachung wäre nur eindeutig zu verstehen gewesen, wenn die Anforderung unter 1.) den gesamten Inhalt des in den Verdingungsunterlagen enthaltenen Firmen-Fragenkatalogs wiedergegeben hätte. Da dies (aus Platzgründen) nicht der Fall gewesen sei, sei die Vergabebekanntmachung unklar. Dem ist nicht zuzustimmen.

Die Anforderung unter Ziffer 1.) ist nicht unklar oder mehrdeutig. Der Auftraggeber hat klar und eindeutig bestimmt, welche Erklärungen er für die Eignungsbeurteilung forderte, nämlich die Beantwortung eines Firmen-Fragenkatalogs zur Zustellung und Niederlegung. Die Vergabebekanntmachung hatte nicht den vollständigen Inhalt des Firmen-Fragenkatalogs wiederzugeben. Zwar sollen nach § 17 Nr. 1 Abs. 2 m VOL/A öffentliche Bekanntmachungen mindestens die mit dem Angebot vorzulegenden Unterlagen (§ 7 Nr. 4 VOL/A), die gegebenenfalls vom Auftraggeber für die Beurteilung der materiellen Eignung verlangt werden, enthalten. Unterlagen in diesem Sinne sind auch Angaben, wie sich aus der Verweisung auf § 7 Nr. 4 VOL/A erschließt. In der Regel muss der öffentliche Auftraggeber Angaben und Unterlagen, die er nach seiner Einschätzung für die materielle Beurteilung der Eignung der Bieter benötigt, schon in der Bekanntmachung bezeichnen. Sinn und Zweck der Bezeichnung der Eignungsnachweise in der Bekanntmachung ist es, dem an der Auftragsvergabe potentiell interessierten Unternehmen eine sachgerechte Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob sie sich am Vergabeverfahren beteiligen, also die Verdingungsunterlagen anfordern wollen. § 7 a Nr. 2 Abs. 3 VOL/A verlangt vom Auftraggeber aber lediglich anzugeben, welche der - ihrer Art nach - in § 7a Nr. 2 Abs. 1 und Abs. 2 VOL/A aufgeführten Nachweise vom Bieter gefordert werden. Einzelheiten können in der Aufforderung zur Angebotsabgabe oder in den Verdingungsunterlagen näher konkretisiert werden (vgl. Senat, Beschl. v. 26.7.2003, Verg 26/03, Umdruck S.13). Im Streitfall war demnach ein vom Auftraggeber aufgestellter und vom Bieter zu beantwortender Firmen-Fragenkatalog mit dem Angebot vorzulegen. Für den verständigen Bieter war erkennbar, dass mit dem Firmen-Fragenkatalog, wie die Bezeichnung ihrem Wortlaut nach nahe legt, nach Art und Zielrichtung unternehmens- und auftragsspezifische Fragen zu beantworten waren. Die Fragen mussten in der Bekanntmachung im Einzelnen nicht aufgeführt werden. Es reichte aus, dass die Fragethemen durch die Angabe "Fragen zur Niederlegung und Zustellung" schlagwortartig bezeichnet waren. Damit waren der Gegenstand, sowie Art und Inhalt der im Firmen-Fragenkatalog enthaltenen und vom Bieter zu beantwortenden Fragen für Zwecke der Vergabebekanntmachung hinreichend klar eingegrenzt. Einer weitergehenden Konkretisierung des Inhalts des Eignungsnachweises bedurfte es nicht. Die einzelnen Fragen durften im Sinne einer zulässigen Konkretisierung in den Verdingungsunterlagen angegeben werden (vgl. Senat, Beschl. v. 26.7.2003, Verg 26/03, Umdruck S. 13).

b) Das Angebot der Beigeladenen ist nicht wegen einer Änderung an den Verdingungsunterlagen gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 3 i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 1 d VOL/A auszuschließen. Eine Änderung der Verdingungsunterlagen liegt insbesondere vor, wenn das Angebot den Umfang der ausgeschriebenen Leistungen einschränkt. Ob die Verdingungsunterlagen im Angebot geändert worden sind, ist im Wege eines Vergleiches des Inhalts des Angebots mit den in den Verdingungsunterlagen geforderten Leistungen festzustellen.

Die Antragstellerin meint zwar, die Beigeladene biete nicht an, die Zustellungen und Niederlegungen bundesweit und nach den Vorschriften der einschlägigen Verfahrensordnungen vorzunehmen. Deshalb habe ihr Angebot die Verdingungsunterlagen abgeändert. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die Verdingungsunterlagen verlangen eine Zustellung nach den einschlägigen Vorschriften der Verfahrensordnungen, insbesondere der Zivilprozessordnung. Die zivilprozessuale Vorschrift über die Ersatzzustellung durch Niederlegung lautet wie folgt:

§ 181

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 3 oder § 180 nicht ausführbar, kann das zuzustellende Schriftstück auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk der Ort der Zustellung liegt, niedergelegt werden. Wird die Post mit der Ausführung der Zustellung beauftragt, ist das zuzustellende Schriftstück am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts bei einer von der Post dafür bestimmten Stelle niederzulegen.....

Die Vorschrift regelt die Voraussetzungen für eine (Ersatz-)Zustellung durch Niederlegung von zuzustellenden Schriftstücken, nicht aber für eine bundesweite Zustellung oder die Einrichtung privater Niederlegungsstellen. Die Niederlegung nach § 181 ZPO bei den Amtsgerichten steht nicht nur Gerichtsvollziehern und Geschäftsstellen zur Verfügung, wie die Antragstellerin meint. Die Vorschrift zwingt private Anbieter von Zustellungsleistungen auch nicht, eigene Niederlegungsstellen zu unterhalten. Die am Ort der Zustellung oder am Ort des Amtsgerichts bei einer von der Post dafür bestimmte Stelle kann das Amtsgericht, muss es aber nicht sein. Es kann sich auch um eine private Niederlegungsstelle handeln. Nach der Entstehungsgeschichte und dem Willen des Gesetzgebers sollte die Vorschrift eine Entlastung der Geschäftsstellen der Amtsgerichte herbeiführen. Sie sollte nach ihrem Sinn und Zweck den Justizverwaltungen ermöglichen, die Niederlegung für private Postdienstleistungsunternehmen aus Kostengründen abzulehnen. § 181 ZPO zwingt private Postdienstleister jedoch nicht dazu, eigene Niederlegungsstellen oder solche bei privaten Dritten zu unterhalten. Ein solches Verständnis findet weder im Wortlaut noch im Sinn und Zweck der Norm eine Stütze. Die Vorschrift schließt nicht aus, dass die Amtsgerichte nach den ihnen hierfür zur Verfügung stehenden räumlichen und personellen Möglichkeiten Niederlegungen für private Postdienstleister übernehmen.

Die zivilprozessuale Norm soll mithin nicht in die Entscheidungsfreiheit eines Unternehmens eingreifen, sein Zustellungssystem nach seinen wirtschaftlichen Bedürfnissen zu organisieren. Die Unternehmen können anstatt der Amtsgerichte ebenso selbständige Dritte zur Unterhaltung einer Niederlegungsstelle einschalten und/oder konzerneigene Niederlegungsstellen unterhalten.

Ausweislich ihres mit dem Angebot vorgelegten Konzepts beabsichtigt die Beigeladene, Niederlegungen in einem abgestuften System wie folgt vorzunehmen:

1. Niederlegung in der Wachtmeisterei des zuständigen Amtsgerichts, wo dies zugelassen wird.

2. Niederlegung in der J..-Niederlassung, soweit eine solche im betreffenden Amtsgerichtsbezirk vorhanden ist.

3. Niederlegung in einer dazu geeigneten Niederlassung externer Dritte (unternehmensexterne Niederlassungsstellen).

Bei dieser Ausgestaltung widerspricht das abgestufte Zustellungssystem der Beigeladenen nicht der zivilprozessualen Vorschrift (§ 181 ZPO) über die Niederlegung und ändert infolgedessen nicht die Verdingungsunterlagen ab. Es trägt dem Umstand Rechnung, dass die Amtsgerichte Ersatzzustellungen durch Niederlegungen kraft Gesetzes nicht länger vornehmen müssen.

c) Die Eignungswertung ist nicht zu beanstanden. Sie weist keine die Antragstellerin in ihren Rechten verletzende Fehler auf.

(1.) Das Angebot der Beigeladenen ist nicht wegen Fehlens einer Unterschrift eines Vertretungsberechtigten unter der Erklärung über erzielte Umsätze gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A von der Wertung auszuschließen. Die Umsatzerklärung der Beigeladenen (Fach 17), die eine Unterschrift nicht aufweist, ist nicht unvollständig.

Gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A sind in der zweiten Wertungsphase bei der Auswahl der Angebote nur die Bieter zu berücksichtigen, die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen die erforderliche Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit besitzen. Fordert der Auftraggeber zum Nachweis der Eignung mit dem Angebot die Vorlage geeigneter Unterlagen oder Angaben, sind diese mit dem Angebot einzureichen. Unterbleibt dies, unterliegt das Angebot in der zweiten Wertungsphase einem Ausschluss von der weiteren Wertung. Die Antragstellerin hat die zum Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mit der Vergabebekanntmachung geforderten Unterlagen in vollständiger Form vorgelegt. Das Erfordernis, verlangte Eignungsnachweise mit dem Angebot vorzulegen, steht außer Streit.

Nach § 7a Nr. 2 Abs. 3 Satz 1 VOL/A hat der Auftraggeber bereits in der Vergabebekanntmachung anzugeben, welche Eignungsnachweise mit dem Angebot vorzulegen sind. Nach § 17 Nr. 1 Abs. 2 m, Nr. 3 Abs. 1 m, Nr. 3 Abs. 2 l VOL/A hat er danach nur noch die Wahl festzulegen, ob die Nachweise mit dem Angebot oder erst auf Anforderung einzureichen sind. Er darf bei den Eignungsanforderungen in den Verdingungsunterlagen oder zu einem späteren Zeitpunkt keine Nachforderungen stellen, sondern die aufgrund der Vergabebekanntmachung verlangten Eignungsnachweise in den Verdingungsunterlagen nur konkretisieren. Darüber geht die Forderung einer Unterzeichnung der Umsatzerklärung jedoch hinaus.

In der Bekanntmachung war unter Ziffern III.2.2) als mit dem Angebot vorzulegender Eignungsnachweis für die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Bieter u.a. verlangt:

7. Erklärung über den Gesamtumsatz des Unternehmens sowie zum Umsatz der Leistungsart, die Gegenstand dieser Vergabe ist, jeweils bezogen auf die letzten 3 Geschäftsjahre.

Bei der Erklärung über den Gesamtumsatz (§ 7 a Nr. 2 Abs. 1 d VOL/A) handelt es sich um eine Angabe zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit des Bieters, mithin um einen Eignungsnachweis. In formeller Hinsicht war eine schriftliche Erklärung über den Gesamtumsatz vom Bieter abzugeben. Die Beigeladene hat sich schriftlich zu ihren Umsätzen erklärt. Sie hat die Umsatzerklärungen zwar nicht unterschrieben. Dies führt jedoch nicht zu einem Ausschluss ihres Angebots nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A wegen eines formell unvollständigen Eignungsnachweises. Eine Unterzeichnung der Eigenerklärung war von den Bietern weder in der Vergabebekanntmachung noch in der Aufforderung zur Abgabe des Angebots verlangt worden.

Eine Eigenerklärung des Bieters zu seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit bedarf nicht per se der Unterzeichnung. Daran ändert der Umstand nichts, dass eine "Erklärung" zu den Gesamtumsätzen gefordert wurde. Der Begriff der Erklärung verlangt aus sich selbst heraus keine Unterzeichnung durch den Bieter, um als Eignungsnachweis dienen zu können. Auch nicht unterzeichnete Erklärungen haben Erklärungswert, wenn sie - wie hier - dem Angebot bestimmungsgemäß als Anlage beigefügt sind und sie - was regelmäßig der Fall sein wird - von der Unterschrift auf dem Angebotsblankett gedeckt sind. Will der Auftraggeber, dass Eigenerklärungen gesondert unterzeichnet werden, muss er dies in der Vergabebekanntmachung oder - konkretisierend - mit der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots oder in den Verdingungsunterlagen verlangen. Dies ist im Streitfall unterblieben.

Nachträglich durfte eine Unterzeichnung von der Vergabestelle - wie hier mit der Antwort vom 16. August 2006 auf eine Bieterfrage geschehen - nicht mehr gefordert werden. Der Auftraggeber darf von den für die Eignungsnachweise bekannt gemachten Vorgaben im weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens weder abweichen, noch darf er diese ändern (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 9.7.2003, Verg 26/03, Umdruck S. 13; Beschl. v. 25.11.2002, Verg 56/02; Beschl. v. 1.2.2006, VII-Verg 83/05, Umdruck S. 10; Beschl. v. 18.10.2006, VII-Verg 35/06, Umdruck S. 14). Die Antwort der Vergabestelle vom 16. August 2006, welche besagte, die dem Angebot beizufügende Umsatzerklärung sei vom Bieter zu unterschreiben, lag den Bietern erst nach Übersendung der Angebotsaufforderung und der Verdingungsunterlagen vor. Zu diesem Zeitpunkt durfte von den bekannt gemachten Anforderungen an die mit dem Angebot vorzulegenden Eignungsnachweise nicht mehr abgewichen und durften diese nicht mehr geändert werden.

(2.) Die Beigeladene ist auch nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A nicht von der Wertung auszuschließen. Sie musste mit dem Angebot nicht nachweisen, dass sie zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe über ein bundesweites Zustellungsnetz oder bundesweite Niederlegungsstelle verfügte.

Die Antragstellerin beanstandet als vergaberechtsfehlerhaft, dass sich die Vergabestelle bei der Prüfung der Eignung mit der Darstellung der bundesweit einzurichtenden Zustellbezirke und der Vorlage eines Niederlegungskonzeptes begnügt und nicht den Nachweis eines bundesweit bestehenden Zustellungsnetzes und bundesweiter Niederlegungsstellen gefordert habe.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin musste die Beigeladene die Verfügbarkeit eines bundesweiten Zustellnetzes und unternehmensexterner Niederlegungsstellen mit dem Angebot nicht nachweisen. Das Erfordernis eines Nachweises eines bundesweit bestehenden Zustellungsnetzes und eines bestehenden Niederlegungskonzeptes war von der Vergabestelle nicht aufgestellt worden. Es bedurfte ebenso wenig einer Darstellung, welche Stellen zum Zweck einer Niederlegung von Postsendungen konkret eingesetzt werden sollten.

Nach der Vergabebekanntmachung und den Verdingungsunterlagen war von den Bietern ein Firmen-Fragenkatalog, der Fragen zur Zustellung und Niederlegung enthielt, zu beantworten. Gemäß der Anlage zu Teil A. Firmen-Fragenkatalog unter 2. Fragen zu Logistik und Betriebsorganisation, b. Zustellbezirke sollte von den Bietern nur ein Konzept für die Errichtung eines bundesweiten Zustellungsnetzes und bundesweiter Zustellbezirke erarbeitet und mit dem Angebot eingereicht werden. Dort heißt es:

2.b.) Stellen Sie die geplante Organisation der Zustellbezirke dar.

Mehr als eine Organisationsplanung war von den Bietern mithin bei Angebotsabgabe nicht verlangt.

In Anlage zu Teil A Ausführung der PZA für das Land Nordrhein-Westfalen unter Ziffer 2. Fragen zu Logistik und Betriebsorganisation, c. Sonderfallbehandlung und Datenerfassung war für die "Niederlegung der Sendungen" vorgesehen:

Stellen Sie Ihr Firmenkonzept zur Realisierung von notwendigen Niederlegungen von Zustellungsaufträgen dar (z.B. Einrichtung und Organisation von Niederlegungsstellen, Fristenüberwachung, Sicherstellung der Abholmöglichkeiten, etc.).

In den Verdingungsunterlagen B. Rahmenbedingungen für die Zustellung, Ausführung der PZA für das Land Nordrhein-Westfalen, unter Ziffer 2. Niederlegungsstellen war ferner bestimmt:

Der Auftragnehmer hat die gesetzmäßige Zustellung der PZA bundesweit zu gewährleisten. Das betrifft auch die förmliche Zustellung kraft Niederlegung gemäß der ZPO und dem Verwaltungszustellungsgesetz NRW. Das Niederlegungskonzept des Auftragnehmers muss sich nachvollziehbar aus der Beantwortung der Fragen im Firmen-Fragenkatalog (Anlage zu Teil A.) ergeben.

Es genügte mithin die nachvollziehbare und schlüssige Darlegung eines Konzeptes zur Niederlegung durch den Bieter im Rahmen seines Angebots.

Die in den Verdingungsunterlagen umschriebenen Eignungsvoraussetzungen sind aus vergaberechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Allerdings hat grundsätzlich der Bieter seine Leistungsfähigkeit in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht darzulegen und nachzuweisen, also insbesondere seine eigenen personellen und sachlichen Mitteln und die eines Tochterunternehmens oder Subunternehmers, die er zur Durchführung des Auftrags benötigt (vgl. EuGH, Urt. v. 18.3.2004, C-314/01, Rdnr. 44 - Siemens ARGE Telekom und Urt. v. 2.12.1999, C-176/98, Rdnr. 29 - Holst/Italia; EuGH, Urt. v. 14.4.1994, Rs. C-389/92, Slg. 1994, I-1289 - Ballast Nedam I; Urt. v.18.12. 1997, Rs.C-5/97, Slg. 1997, I-7549 - Ballast Nedam II). Übertragen auf den vorliegenden Fall zählt hierzu zwar grundsätzlich auch, dass der Bieter mit dem Angebot von sich aus darlegt und nachweist, bundesweit über ein Zustellungssystem und eigene und/oder fremde Niederlegungsstellen zu verfügen. Im Streitfall hat die Vergabestelle von diesen Erfordernissen jedoch ausdrücklich abgesehen. Sie hat diese aus sachlich vertretbaren und daher von den Vergabenachprüfungsinstanzen hinzunehmenden Gründen modifiziert.

Die Entscheidung der Vergabestelle, nicht die Forderung nach einem Nachweis über ein bundesweit etabliertes Zustellungsnetz und Niederlegungssystem von den Bietern zu erheben, ist nicht zu beanstanden. Das Anliegen der Vergabestelle bestand darin, den Wettbewerb auf den sich erst seit den Jahren 2001/2002 verstärkt wettbewerblich entwickelnden Postmärkten zu fördern. Dies belegen die Ausführungen, die die Vergabestelle eingangs des Vergabevermerks vom 4. Oktober 2006 auf Seite 3 zur formellen Eignungsprüfung niedergelegt hat, die gleichermaßen für den im materiellen Teil der Eignungsprüfung anzuwendenden Prüfungsgegenstand und -maßstab zu gelten haben. Die Vergabestelle wollte einen breiten Wettbewerb eröffnen und insbesondere Newcomern, die nicht, wie die Antragstellerin, über eine geschlossene Infrastruktur bei Zustellungen und Niederlegungen verfügen, auf dem sachlichen Markt der bundesweit zu erbringenden Postzustellungsleistungen die Möglichkeit eröffnen, sich um den Auftrag mit Erfolg zu bewerben. Aus diesem Grund hat sie die Eignungsanforderungen an die Bieter herabgesetzt. Darum hat sie von den Bietern nur die Vorlage einer nachvollziehbaren und schlüssigen Planung für ein flächendeckendes Zustellungssystem und ein Niederlegungskonzept verlangt und nicht den Nachweis, dass die Bieter über flächendeckende Systeme tatsächlich bereits verfügen. Diese Maßgabe ist nicht als sachlich ungerechtfertigt oder willkürlich zu beanstanden. Anderenfalls wäre eine solchermaßen gestaltete Eignungsprüfung auf die Antragstellerin zugeschnitten gewesen, die als langjähriges Monopolunternehmen ein bundesweites Zustell- und Niederlegungssystem unterhält. Dann wäre die Antragstellerin bevorzugt worden, was nicht gewollt war. Der Markt für bundesweit vorzunehmende Zustellungen sollte vielmehr für "Newcomer" geöffnet werden.

Die Errichtung und Vorhaltung eines bundesweiten Zustell- und Niederlegungssystems vor Zuschlagserteilung ist den Bietern allein zum Zweck einer Beteiligung am Vergabeverfahren zudem nicht zumutbar. Dies hätte von ihnen erhebliche finanzielle Aufwendungen und sachliche Vorhaltungen (Fahrzeugpark, Personal) verlangt. Insbesondere wären bundesweit Verträge mit privaten Betreibern von Niederlegungsstellen (sog. Post-Agenturen) zu schließen gewesen, ohne dass eine berechtigte Hoffnung bestanden hätte, die Aufwendungen durch eine Zuschlagserteilung amortisieren zu können.

Mangels ausdrücklicher Vorgaben im Firmen-Fragenkatalog reichte zudem die Benennung der Niederlegungsstellen mittels des jeweiligen Sammelbegriffs aus. Es mussten nicht alle künftigen Amtsgerichte oder privaten Niederlassungsstellen eines Oberlandesgerichtsbezirkes für das gesamte Bundesgebiet namentlich benannt werden. Dies war nach den Verdingungsunterlagen nicht verlangt. Im Übrigen hat die Beigeladene die J..-Niederlassungen ausdrücklich als Nachunternehmer genannt und die Verfügbarkeit ihrer Tochtergesellschaften mit ihrem Angebot nachgewiesen.

Der der Eignungsprüfung von der Vergabestelle zu Grunde gelegte Prüfungsgegenstand ist nicht als unzulässig zu beanstanden. Die Eignung der Bieter sollte anhand der dargestellten Planung/Konzepte überprüft und bewertet werden.

Die mit dem Angebot vorgelegten Planungen und Konzepte bilden - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - eine ausreichende Tatsachengrundlage, auf die sich die Eignungsprognose der Vergabestelle hat stützen dürfen. Die Vergabestelle hat die konzeptionelle Darstellung des Zustellungsnetzes und des Niederlegungssystems zum Gegenstand der Eignungsprüfung gemacht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat sie hierbei nicht bloß subjektive Einschätzungen, theoretische Verhältnisse oder Beteuerungen zugrunde gelegt, sondern objektive Tatsachen. Das Angebot der Beigeladenen ist auf Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit des vorgelegten Konzeptes gemessen an den Vorgaben der Leistungsbeschreibung geprüft worden. Die Konzepte der Beigeladenen sind auch nicht "reine Theorie", wie die Antragstellerin unter Berufung auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt a.M. vom 11. April 2004 (11 Verg 4/04) nahe zulegen sucht, sondern beruhen auf bereits verwirklichten Konzepten zur Zustellung und Niederlegung, einer existierenden Organisationsstruktur der Beigeladenen und ihrer Niederlassungen. Das Angebot entwickelt diese über die bestehenden räumlichen Grenzen schon bestehender Zustellgebiete fort. Die konzeptionelle Darstellung der Beigeladenen beruht auf einer ausreichend prüfbaren und geprüften Tatsachengrundlage, auf die sich die Prognose der Vergabestelle, die Beigeladene sei voraussichtlich leistungsfähig, beurteilungsfehlerfrei stützen durfte.

Die Vergabestelle hat einen objektiven Maßstab an die Prüfung der Konzepte und Darstellungen der Bieter, die die Grundlage der Eignungsprüfung bilden, angelegt, der von den Vergabenachprüfungsinstanzen auf Beurteilungsfehler überprüft werden kann. Der Maßstab der Plausibilitäts- und Schlüssigkeitsprüfung, der bei der Eignungsprüfung angewandt wurde, war aus den Verdingungsunterlagen, insbesondere anhand der einleitenden Bemerkungen zum Firmen-Fragenkatalog ersichtlich. Dort war im zweiten Absatz ausdrücklich ausgeführt, dass die Beantwortung der nachfolgenden Fragen mit Blick auf die Eignung eines Bieters so detailliert und stichhaltig erfolgen sollte, dass sich die Erfüllung der Anforderungen für den Auftraggeber zweifelsfrei und lückenlos ergab.

Die Planung der Beigeladenen zur bundesweiten Zustellung und das Konzept zur Ersatzzustellung durch Niederlegung sind vollständig und nachvollziehbar. Der an die Eignungsprüfung angelegte Schlüssigkeitsmaßstab ist von der Vergabestelle richtig angewandt worden. Die Vergabenachprüfungsinstanzen haben die vom öffentlichen Auftraggeber vorgenommene Plausibilitäts- bzw. Schlüssigkeitsprüfung der Konzepte und Planungen auf Wertungsfehler zu kontrollieren.

Die Planung eines bundesweiten Zustellungssystems ist schlüssig. Die Beigeladene hat in Beantwortung des Firmen-Fragenkatalogs erklärt, eine Niederlassung in unmittelbarer Nähe zum Gemeinsamen Gebietsrechenzentrum H... eröffnen zu wollen, um dort unter anderem die elektronische Erfassung der Zustellungsurkunden vornehmen zu lassen, sowie Organigramme des J.. Konzerns und Linienfahrpläne vorgelegt. Darüber hinaus hat sie im Firmenfragenbogen angegeben, zu ihren vorhandenen 32 Niederlassungen insgesamt weitere 19 Niederlassungen an verschiedenen Standorten bundesweit eröffnen zu wollen. Jede dieser Niederlassungen verfügt nach der Darstellung der Beigeladenen über einen Zuständigkeitsradius zwischen 50 und 100 Kilometer. Aus der Logistik, den Linienfahrplänen, den Liniendiensten sowie aus vorhandenen und noch einzurichtenden Niederlassungen und den Angaben zum Fuhrpark durfte gefolgert werden, dass bei Zustellungen das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland von der Beigeladenen vollständig abgedeckt werden kann. Diese Schlussfolgerung ist überdies durch beispielhafte Angaben der Beigeladenen zum Laufweg einer förmlich zuzustellenden Sendung von H... nach D... belegt worden.

Die Vergabestelle hat die Beigeladene auf der Grundlage der vorgelegten Planungen zur bundesweiten Zustellung fehlerfrei als leistungsfähig eingestuft. Ein Beurteilungsfehler der Vergabestelle bezüglich der Leistungsfähigkeit der Beigeladenen ist nicht zu erkennen. Aufgrund der Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit des Zustellungskonzepts und der Planung zur Niederlegung sowie der Angaben der Beigeladenen zu ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit lagen hinreichend objektiv nachprüfbare Tatsachen für die Prognoseentscheidung der Vergabestelle vor, dass die Beigeladene ihr ausgearbeitetes Konzept zur Zustellung im Falle der Auftragserteilung hinreichend wahrscheinlich wird umsetzen können.

Die Antragstellerin hat keine Umstände aufgezeigt, die Zweifel daran könnten, die Beigeladene werde nicht willens oder objektiv in der Lage sein, ein bundesweites Zustellungsnetz zu schaffen und zu unterhalten. Der der Antragstellerin bekannt gewordene Entwurf eines Vertrages der Beigeladenen mit niedersächsischen Finanzbehörden - wobei offen blieben kann, ob die Antragstellerin diesen Vertragsentwurf, ohne gegen § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A zu verstoßen, in das Vergabenachprüfungsverfahren einführen durfte - ist ohne Aussagekraft für das vorliegende Vergabeverfahren und die Prognoseentscheidung der Vergabestelle. Er betrifft - wie die Beigeladene unwiderlegt vorgetragen hat - die Änderung eines Entgeltes bei einem im Jahre 2005 geschlossenen Vertrag über bundesweit auszuführende Zustellungen. Diesem Vertrag lag die Vorstellung der Vertragsparteien zu Grunde, die Beigeladene habe kein eigenes bundesweites Zustellungsnetz zu unterhalten, sondern könne sich außerhalb der eigenen Zustellbezirke des Zustellungsnetzes der Antragstellerin bedienen. Dies rechtfertigt indes nicht die Schlussfolgerung, die Beigeladene sei im vorliegenden, mithin in einem anderen Vergabeverfahren nicht willens oder in der Lage, im Rahmen der hier ausgeschriebenen Zustellungs- und Niederlegungsleistungen ein solches eigenes Netz zu errichten und aufrechtzuerhalten.

Zum Nachweis ihrer Leistungsfähigkeit kann die Beigeladene sich auf die ausdrücklich erklärte Bereitschaft des Präsidenten des Oberlandesgerichts Hamm im Schreiben vom 4. Mai 2006, für private Postzusteller Niederlegungen auf den Geschäftsstellen der Amtsgerichte vorzunehmen, stützen. Der Präsident des Oberlandesgerichts Hamm hat die Direktoren der Amtsgerichte seines Geschäftsbereichs entsprechend angewiesen. Es spricht nichts dagegen, dass die Präsidenten der Oberlandesgerichte Düsseldorf und Köln diesem Beispiel folgen werden. Die Anweisung gewährt zwar keinen Rechtsanspruch und ist widerrufbar. Gleichwohl ist dadurch nachgewiesen, dass die tatsächliche Möglichkeit zur Nutzung der Amtsgerichte als Niederlegungsstellen besteht. Der Auftragnehmer muss mit den Direktoren der Amtsgerichte nur vor Vertragsbeginn entsprechende Vereinbarungen schließen. So hat zwar der Präsident des Oberlandesgerichts München mit Schreiben vom 20. Oktober 2004 (Anlage AST 20) die Amtsgerichte seines Bezirks angewiesen, für private Postdienstleistungsunternehmen Niederlegungen nicht zustellungsfähiger Aufträge nicht mehr vorzusehen. Die Beigeladene hat mit ihrem Niederlegungskonzept jedoch schlüssig dargelegt, überall dort Niederlegungsstellen einzurichten, wo in einem Amtsgerichtsbezirk noch keine eigene Niederlassung besteht oder wo ein Amtsgericht nicht zur Übernahme der Niederlegungsbriefe zur Verfügung steht. Die Beigeladene hat nachvollziehbar erläutert, nach ihrem abgestuften Niederlegungskonzept mit "Postagenturen" mit der Verwaltung von niedergelegten förmlichen Zustellungen zu beauftragen (hierbei handelt es sich nicht um die Postagenturen der Antragstellerin). Nach den Verdingungsunterlagen mussten private Niederlegungsstellen in notwendiger Zahl im Zeitpunkt der Angebotseinreichung indes noch nicht zur Verfügung stehen.

Soweit es die in Nordrhein-Westfalen vorzunehmenden Niederlegungen betrifft, durfte die Beigeladene sich zudem auf die Erklärung der Vergabestelle in den Verdingungsunterlagen unter B. Rahmenbedingungen für die Zustellungen Ausführung der Postzustellungsaufträge für das Land NRW, Seite 3 verlassen. Dort heißt es:

Der Auftragnehmer wird in diesem Zusammenhang - ohne dass ihm hieraus ein Rechtsanspruch entsteht - auf Folgendes hingewiesen:

Innerhalb des Landes NRW stehen ihm über den Vertragszeitraum für die Niederlegung voraussichtlich die Geschäftsstellen der Amtsgerichte (§ 181 Abs. 1 Satz 1 ZPO) zur Verfügung.

Trotz dieser Information hat der Auftragnehmer die Pflicht, diese Möglichkeit selbst zu überprüfen und sein Konzept ggf. mit den Gerichten entsprechend abzustimmen.

Das Konzept der Beigeladenen zur Niederlegung, welches auf Seite 13 ff. wiedergegeben wurde, berücksichtigt auch den Umstand, dass die Amtsgerichte zu einer Niederlegung unzustellbarer Sendungen privater Postdienstleister gesetzlich nicht verpflichtet sind. Demgemäß hat die Beigeladene mit ihrem Niederlegungskonzept dargelegt, überall dort, namentlich im Bezirk des OLG München, Niederlegungsstellen einzurichten, wo in einem Amtsgerichtsbezirk noch keine eigene Niederlassung besteht oder wo das Amtsgericht sich nicht zur Übernahme der Niederlegungen zur Verfügung steht.

Dass § 181 ZPO einer Niederlegung im Wege des von der Beigeladenen angekündigten, abgestuften Niederlegungssystems nicht entgegensteht, ist bereits dargelegt worden.

(3.) a) Das Angebot der Beigeladenen ist nicht wegen unvollständiger Referenzangaben zur elektronischen Auslesung nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A von der Wertung auszunehmen. Die Referenzangaben im Angebot der Beigeladenen waren nicht unvollständig.

Die Beigeladene hat mit dem Angebot nur Referenzangaben zur Ausführung von Aufträgen für Dritte vorgelegt, die sich auf die Durchführung von Postzustellungsaufträgen, deren Niederlegung und Rückführung erstrecken, jedoch keine Referenzen zur elektronischen Auswertung von Postzustellungsaufträgen. Die erforderliche Vergleichbarkeit der vorgelegten Referenzangaben mit Teilen der zu vergebenden Leistung war gleichwohl gewährleistet. Die Nichtvorlage von Referenzangaben zur elektronischen Auslesung von Postzustellungsurkunden führt jedoch nicht zum Ausschluss des Angebots der Beigeladenen. Zur elektronischen Auslesung von Zustellungsurkunden mussten nach der Vergabebekanntmachung von den Bietern keine Referenzangaben erfolgen. In der Bekanntmachung unter Ziffern III.2.2) im letzten Absatz war ausgeführt:

Die Nichtvorlage von Eignungsnachweisen oder die nur unvollständige Beantwortung des Firmenfragenkatalogs führen nicht zwingend zum Ausschluss. Das Land Nordrhein-Westfalen entscheidet bei fehlenden Unterlagen/Nachweisen/Antworten nach Aktenlage und freiem Ermessen, ohne dass eine Nachforderung von Eignungsnachweisen stattfindet. Das gilt nicht bei einer fehlenden Lizenz. Eine fehlende Lizenz führt zum Ausschluss.

Diese Angaben im letzten Absatz der Ziffern III.2.2) sind auszulegen. Sinn und Zweck des hierin liegenden Verzichts des Auftragsgebers, von den Bietern die Vorlage sämtlicher Eignungsnachweise zu verlangen, besteht darin, auch den sogenannten Newcomern am Markt die bislang nicht auf dem Gebiet der elektronischen Auslesung von Postzustellungsurkunden und der elektronischen Datenübermittlung tätig geworden waren, einen Zugang zum Vergabeverfahren zu ermöglichen. Bestätigt wird dieses durch den Vergabevermerk vom 4. Oktober 2006 (auf Seite 3). Darin hat die Vergabestelle ausgeführt, an die Nichtvorlage eines Eignungsnachweise solle nicht unmittelbar die Rechtsfolge des Ausschlusses geknüpft werden, um dem sensiblen Wettbewerb auf dem sich entwickelnden Postmarkt Rechnung zu tragen und "Newcomern" einen Zutritt zu dem Markt für Postzustellungen zu eröffnen. Damit wollte die Vergabestelle sich ersichtlich jedoch nicht in einen Gegensatz zu der Rechtsprechung des Senats setzen, wonach fehlende Eignungsnachweise zum Ausschluss des Angebots führen. Bestätigt wird dies auch durch die Anforderungen zu den Referenzangaben in der Vergabebekanntmachung selbst. Unter III.2.2) (dort bei Ziffer 3.) war nämlich ausdrücklich vorgesehen, dass Referenzaufträge nur mit "Teilen" der zu vergebenden Leistung vergleichbar zu sein haben. Danach sollte der Bieter mit dem Angebot folgende Eignungsnachweise vorlegen:

3.) Benennung von Referenzen, d.h., Nachweis über die Ausführung von Leistungen in den letzten 3 abgeschlossenen Geschäftsjahren, die mit der zu vergebenden Leistung oder Teilen davon vergleichbar sind, einschließlich der Angabe der Adresse, des Ansprechpartners und der Telefonnummer des Auftraggebers; ...

Auch dies bedeutet, dass die Referenzangaben sich nicht auf alle Bestandteile der ausgeschriebenen Leistungen zu beziehen hatten.

b) Die Vergabestelle hatte in der Bekanntmachung und den Verdingungsunterlagen auch nicht die Anforderung gestellt, dass die Bieter ein Datenerfassungssystem und die notwendige Software bei Angebotsabgabe vorzuhalten hatten Den Bietern sollten - aus den bereits in anderem Zusammenhang dargestellten Gründen - keine unzumutbaren finanziellen Aufwendungen auferlegt werden.

Dies fügt sich in die Regelungen des sogenannten Vertragswerks ein (Teil C der Verdingungsunterlagen). Dort ist unter Ziffer 1 "Einführung" (Seite 1) ausgeführt, dass die Verwendung des von der Landesjustizverwaltung NRW entwickelten Datenerfassungssystems vom Auftraggeber begrüßt werde und dieses zur Verfügung gestellt werden könne. Allerdings sei die Verwendung jeder anderen Scanning-Erfassungslösung zulässig, soweit diese gegenüber dem bisher verwendeten System gleichwertig sei und zu einem Erfassungsergebnis der nachfolgend beschriebenen Art führe. Daraus folgt, dass eine Bindung der Bieter an das vom Auftraggeber mitentwickelte Datenerfassungssystem nicht erfolgen soll, um allen Bietern, und zwar den Unternehmen, die bereits über ein technisches Erfassungssystem verfügen, als auch den sogenannten Newcomern, die ein solches noch nicht besitzen, die Teilnahme am Vergabeverfahren zu ermöglichen.

Die Beigeladene hatte zu ihrer Bereitschaft zum Erwerb eines Datenerfassungssystems einschließlich einer softwarebezogenen Ausstattung in ihrem Begleitschreiben zum Angebot vom 25. August 2006 auf Seite 2 Folgendes erklärt:

Der J.. Konzern beabsichtigt die Anwendung des von der Landesjustizverwaltung NRW entwickelten Datenerfassungssystems und plant den Erwerb der Basissoftware (...) inklusive zukünftiger Updates der Firma OCÉ Document Technologies GmbH.

Dem Angebot der Beigeladenen war auch insoweit ein schlüssiges Konzept zur elektronischen Erfassung nebst technischem Organigramm zur Ablauforganisation beigefügt.

Die auf dieser Grundlage getroffene Bewertung der Vergabestelle, wonach die künftige Leistungsfähigkeit der Beigeladenen in Bezug auf die elektronische Auslesung von Postzustellungsurkunden zu bejahen sei, ist mithin nicht als fehlerhaft zu beanstanden.

(4.) Die Beigeladene musste mit dem Angebot keinen Nachweis über das Vorhandensein von mit der elektronischen Auswertung von Zustellungsurkunden geschultem Personal führen. Eine solche Anforderung an die mit dem Angebot vorzulegenden Eignungsnachweise war in der Vergabebekanntmachung nicht gestellt. Davon ist aus den bereits erwähnten Gründen abgesehen worden. Auch der Firmen-Fragenkatalog Anlage zu Teil A. Ausführung der PZA für das Land NRW sah unter Ziffer 3. (Fragen zum Qualitätsmanagement) nur vor, dass Bieter eine Darstellung über die Qualifizierung oder Nachqualifizierung der Mitarbeiter mit dem Angebot vorzulegen haben. Dem ist die Beigeladene ausweislich ihres Angebots nachgekommen.

Die Darstellung zur Mitarbeiterqualifizierung ist - entgegen der Auffassung der Antragstellerin - schlüssig. Die Beigeladene hat den mehrwöchigen Qualifizierungsverlauf für einen neu eingestellten Zusteller eingehend und umfassend dargestellt. Ferner hat sie dargelegt, welche Qualitätsüberwachungs- und Schulungsmaßnahmen ergriffen werden, um zu gewährleisten, dass von den Zustellern die Zustellungsurkunden korrekt und vollständig ausgefüllt werden, bevor diese an die Erfassungsstelle weitergeleitet werden. Danach soll bei erfahrenen Zustellern regelmäßig und bei neuen Zustellern täglich eine Urkundenkontrolle durch den Niederlassungsleiter erfolgen sowie - im Beanstandungsfall - bei heilbaren Mängeln die Urkunde zur Fehlerbeseitigung an den Zusteller zurückgegeben werden, bevor diese an die Mitarbeiter der Erfassungsstelle weitergeleitet werden. Es ist damit hinreichend dargetan, dass nicht korrekt ausgefüllte Zustellungsurkunden ausgesondert und zurückgegeben werden, bevor diese an die Mitarbeiter der Erfassungsstelle weitergeleitet werden. Bei dieser Sachlage besteht nach dem Schulungskonzept der Beigeladenen kein erhöhter Bedarf, die Mitarbeiter der Erfassungsstelle im Umgang mit nicht korrekt ausgefüllten Zustellungsurkunden in erheblichem Umfang zu schulen, wie die Antragstellerin meint.

Beurteilungsfehlerfrei hat die Vergabestelle die Beigeladene - gestützt auf die schlüssige und nachvollziehbare Darstellung zur Mitarbeiterschulung und zum Qualitätsmanagement - auch in personeller Hinsicht als leistungsfähig im Sinne des § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A beurteilt. Die auf der Schlüssigkeitsprüfung basierende Prognose der Vergabestelle, die Beigeladene sei - unter Einstellung von neuen Mitarbeitern für die elektronische Datenerfassung der Zustellungsurkunden und deren Weiterleitung - deshalb in personeller Hinsicht leistungsfähig, ist vertretbar und weist Beurteilungsfehler nicht auf.

c) Die Antragstellerin kann nicht mit Erfolg verlangen, dass die Vergabestelle die Auskömmlichkeit des Preises der Beigeladenen prüft. § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A kommt gegenüber dem Mitbewerber eines betroffenen Bieters keine bieterschützende Wirkung zu. Nur der vom Ausschluss seines Angebots wegen Unauskömmlichkeit bedrohte Bieter kann verlangen, dass die Vergabestelle eine Prüfung der Auskömmlichkeit der Einzelpreise des Angebots vornimmt. Die Vergabestelle hat die Auskömmlichkeit des Angebotspreises (z.B. für die elektronische Auswertung und die Zustellung) der Beigeladenen gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 2 VOL/A im Übrigen tatsächlich überprüft. Sie ist ausweislich der Niederschrift über das Aufklärungsgespräch vom 9. Oktober 2006 und des Vergabevermerks vom 31. Oktober 2006 anhand der Überprüfung der Kalkulation zu dem Ergebnis gelangt, dass der von der Bundesnetzagentur genehmigte Gesamtpreis bei Auslastung des bestehenden Systems und der sich anbietenden Nutzung von Effizienzen kostendeckend sowie marktgerecht und damit auskömmlich ist. Dabei hat sich die Vergabestelle nicht auf die Überprüfung der Preise durch die Bundesnetzagentur verlassen, sondern sie hat das Ergebnis, wonach sich das Entgelt an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung orientierte, nur im Sinne einer Absicherung ihrer eigenen Ermittlungen herangezogen.

d) Die Vergabestelle hat auch die Wirtschaftlichkeitsprüfung korrekt vorgenommen. Einziges Zuschlagskriterium war nach der Vergabebekanntmachung der Preis. Die Vergabestelle hat den Leistungsinhalt in den Verdingungsunterlagen sehr detailliert geregelt. Die ausgeschriebenen Leistungen waren infolgedessen homogen. Bei dieser Sachlage ist die Auswahl des Preises als einziges Zuschlagskriterium ausnahmsweise hinnehmbar.

Die Vergabestelle hat der Wertung - ausgehend vom nationalen Recht zur Umsatzsteuerbefreiung der Antragstellerin - deren Nettopreis und den Bruttopreis der übrigen Angebote zu Grunde gelegt. Danach war das Angebot der Beigeladenen das preisgünstigste. Gleichgültig, ob der Wirtschaftlichkeitsbewertung bei sämtlichen Angeboten nur der Nettopreis oder aber nur der Bruttopreis oder, wie hier geschehen, der Nettopreis der Antragstellerin und die Bruttopreise der übrigen Bieter zu Grunde gelegt werden, hat sich die Vergabestelle fehlerfrei dahin entschieden, dem Angebot der Beigeladenen den Vorzug zu geben. Das Angebot der Beigeladenen ist mit oder ohne Berücksichtigung der Umsatzsteuer im Verhältnis zum Nettopreis des Angebots der Antragstellerin preisgünstigster.

3. Zusammenfassend hat damit der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin weder nach dem Haupt- noch nach dem Hilfsantrag Erfolg. Das Angebot der Beigeladenen ist nicht auszuschließen. Die Wertung ist nicht zu beanstanden. Für eine (teilweise) Aufhebung des Vergabeverfahrens besteht keine Veranlassung, denn mit dem Angebot der Beigeladenen lag zumindest ein wertungs- und zuschlagsfähiges Angebot vor. Überdies ist auch die Vergabebekanntmachung fehlerfrei.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 97 Abs. 1 ZPO. Der Gegenstandswert ist auf der Grundlage von § 50 Abs. 2 GKG festgesetzt worden.

Ende der Entscheidung

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