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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 17.03.2009
Aktenzeichen: VII-Verg 1/09
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO, GWB


Vorschriften:

VwGO § 118
ZPO § 319
ZPO § 522
GWB § 69
GWB § 117 Abs. 1
GWB § 117 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung einer Stellungnahmefrist auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 30. Januar 2009 wird abgelehnt.

Der Senatsbeschluss vom 21. Januar 2009 ist gegenstandlos.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 125.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I. Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg hat den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin durch Beschluss vom 22.12.2008 abgelehnt (VK 27/08). Dagegen hat die Antragstellerin unter dem 7.1.2009 sofortige Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdebegründung ist nach Ablauf der Beschwerdefrist eingegangen. Die Beschwerde vom 7.1.2009 hat die Antragstellerin darauf zurückgenommen.

Durch weiteren Beschluss vom 6.1.2009 (Korrekturbeschluss genannt, im Folgenden: Berichtigungsbeschluss) hat die Vergabekammer das Passivrubrum des Beschlusses vom 22.12.2008 in der Weise berichtigt, dass die aktuellen Geschäftsführer der Antragsgegnerin darin aufgenommen worden sind. Des Weiteren findet sich in dem mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Beschluss vom 6.1.2009 angemerkt:

Sachverhalt und Begründung des Beschlusses vom 22.12.2008 bleiben vollständig unberührt und werden insoweit übernommen.

Unter dem 15.1.2009 hat die Antragstellerin mit im Wesentlichen gleicher wie unter dem 7.1.2009 vorgetragener, teilweise aber auch ergänzender Begründung "gegen den Korrekturbeschluss vom 6.1.2009" sofortige Beschwerde erhoben. Durch Beschluss vom 21.1.2009 hat der Senat - während noch eine Äußerungsfrist für die Antragstellerin lief - die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde zur Sicherstellung des Primärrechtsschutzes einstweilen verlängert. Mit Telefaxschreiben vom 5.3.2009 hat der Vorsitzende die Verfahrensbeteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die sofortige Beschwerde vom 15.1.2009 durch Beschluss zurückzuweisen. Darauf hat die Antragstellerin beantragt, ihr zur Stellungnahme auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 30.1.2009 eine Frist bis zum 20.3.2009 zu gewähren.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg. Sie ist teils als unzulässig sowie teils als unbegründet zurückzuweisen.

a) Die Beschwerden der Antragstellerin sind auszulegen. Die Antragstellerin hat unter dem 7.1.2009 und unter dem 15.1.2009 gegen den Beschluss der Vergabekammer vom 22.12.2008 sofortige Beschwerde erhoben. Die letztgenannte Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss der Vergabekammer vom 22.12.2008 in der Fassung, die jener durch den Berichtigungsbeschluss vom 6.1.2009 erfahren hat. Dies geht aus der Begründung der Beschwerde vom 15.1.2009 hervor. Denn darin wiederholt und ergänzt die Antragstellerin die Angriffe gegen die Entscheidung der Vergabekammer vom 22.12.2008, die bereits Gegenstand der zurückgenommenen Beschwerde vom 7.1.2009 gewesen sind. Infolgedessen handelt es sich um den Fall einer mehrfachen Einlegung des Rechtsmittels, der nach der auf die Beschwerdeverfahren in Vergabesachen übertragbaren Rechtsprechung in Berufungszivilsachen so anzusehen ist, als liege nur e i n Rechtsmittel vor, über das einheitlich zu entscheiden ist. Das Rechtsmittel ist zulässig, wenn durch eine Rechtsmittelschrift oder erst durch mehrere zusammen die daran zu richtenden Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. BGHZ 24, 179; 45, 380, 385; 72, 1, 5; BGH NJW 1985, 2834; Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 519 ZPO Rn. 3 m.w.N.).

Unabhängig davon greift die Beschwerde vom 15.1.2009 ausweislich der Einleitung ("gegen den Korrekturbeschluss vom 6.1.2009") isoliert auch den Berichtigungsbeschluss der Vergabekammer an. Die Berichtigung ist in entsprechender Anwendung der §§ 118 VwGO, 319 ZPO wegen einer offenbaren Unrichtigkeit am Passivrubrum vorgenommen worden. Gegen Berichtigungen ist die sofortige Beschwerde statthaft (vgl. auch § 319 Abs. 3 ZPO, § 146 VwGO; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 118 VwGO Rn. 11).

b) Die sofortige Beschwerde vom 15.1.2009 gegen den Beschluss der Vergabekammer vom 22.12.2008 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 6.1.2009 ist unzulässig. Ist die Beschwerde nicht in der gebotenen Form oder Frist eingelegt oder begründet worden, erfüllt die Begründung nicht die Mindestanforderungen des § 117 Abs. 2 Satz 2 GWB oder ist sie aus sonstigen Gründen unzulässig, verwirft das OLG die Beschwerde ohne Sachprüfung. In Analogie zu § 522 ZPO, § 69 GWB (über § 120 Abs. 2 GWB) bedarf es dazu keiner mündlichen Verhandlung (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.1.2000 - Verg 2/00, NZBau 2000, 596, 597 = WuW/E Verg 319, 321; Bechtold, Kartellgesetz, 5. Aufl., § 69 GWB Rn. 2 m.w.N.; Boesen, Vergaberecht, § 120 GWB Rn. 7; Jaeger in Byok/Jaeger, Komm. zum Vergaberecht, 2. Aufl., § 120 GWB Rn. 1202 m.w.N.; Stockmann in Dreher/Stockmann, Kartellvergaberecht, Auszug aus Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 4. Aufl., § 120 GWB Rn. 5).

Daran gemessen ist die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung als unzulässig zurückzuweisen. Die Antragstellerin hat dadurch die unzulässige (vgl. dazu im Einzelnen den Senatsbeschluss vom 21.1.2009), weil außerhalb der Beschwerdefrist des § 117 Abs. 1 GWB begründete Beschwerde erneuert und hat dafür den Berichtigungsbeschluss der Vergabekammer vom 6.1.2009 zum Anlass genommen. Der Berichtigungsbeschluss eröffnet der Antragstellerin indes keine neue Beschwerdemöglichkeit gegen den berichtigten Beschluss vom 22.12.2008. Vielmehr wirkt die Berichtigung in unmittelbarer oder entsprechender Anwendung der §§ 118 VwGO, 319 ZPO auf den Erlass oder die Verkündung der Entscheidung zurück, so dass die berichtigte Entscheidung als erlassen oder verkündet gilt. Eine andere rechtliche Beurteilung ist nur veranlasst, sofern sich erst aus der berichtigten Fassung der Entscheidung die Beschwer der Partei oder des Verfahrensbeteiligten ergibt (vgl. BGH NJW-RR 1993, 1213, 1214; NJW 1999, 646, 647; NJW-RR 2001, 211; Zöller/Heßler, a.a.O., § 517 ZPO Rn. 6; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 319 ZPO Rn. 25 jeweils m.w.N.). Ein so gelagerter Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die von der Vergabekammer vorgenommene Berichtigung hat die Ablehnung des Nachprüfungsantrags und die Identität der Verfahrensbeteiligten unangetastet gelassen. Es sind lediglich die Vertretungsverhältnisse der Antragsgegnerin berichtigt worden. Bei dieser Sachlage kann aus Anlass der Berichtigung im Rechtsmittelweg nicht die Entscheidung in der Hauptsache erneut zur Überprüfung gestellt werden. Daran ändert nichts, dass die Vergabekammer am Berichtigungsbeschluss den Zusatz angebracht hat, Sachverhalt und Begründung des Beschlusses vom 22.12.2008 blieben unberührt und würden übernommen, und dass sie jenem Beschluss eine (im Übrigen auch für den Fall einer bloßen Anfechtung der Berichtigung zutreffende) Rechtsmittelbelehrung beigegeben hat. Dies war nicht geeignet, der Antragstellerin in der Hauptsache eine erneute Beschwerdemöglichkeit zu eröffnen. In Fällen der vorliegenden Art bleibt der von der Berichtigung betrofffene Verfahrensbeteiligte hiernach darauf beschränkt, durch sofortige Beschwerde eine unzulässige Berichtigung zu bekämpfen.

c) Soweit die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde vom 15.1.2009 auch die Berichtigung als solche angreift, ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet. Auch insoweit kann das Beschwerdegericht ohne eine mündliche Verhandlung entscheiden. Änderungen am Rubrum der Entscheidung, insbesondere eine Vervollständigung der Bezeichnung der Parteien oder Verfahrensbeteiligten sowie eine Richtigstellung der Vertretungsverhältnisse zählen typischerweise zu den einer Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach den §§ 118 VwGO, 319 ZPO zugänglichen Fehlern (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 319 ZPO Rn. 14 m.w.N.). Die von der Vergabekammer vorgenommene Berichtigung ist weder hinsichtlich des Verfahrens noch in der Sache zu tadeln. Dahingehende Beanstandungen hat die Antragstellerin auch nicht vorgebracht.

d) Die Gewährung einer weiteren Frist für die Antragstellerin zur Stellungnahme auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 30.1.2009, und zwar über die in der Verfügung des Vorsitzenden vom 5.3.2009 erteilte Stellungnahmefrist hinaus, scheidet aus. Die Antragstellerin hat, erst recht was die entscheidungserheblichen und vorstehend behandelten prozessualen Rechtsfragen anbelangt, sowohl auf den seit mehreren Wochen vorliegenden Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 30.1.2009 als auch auf die Verfügungen des Vorsitzenden vom 21.1.2009 und vom 5.3.2009, in denen die zentralen Probleme angesprochen waren, eine hinreichende Gelegenheit zur Äußerung besessen. Ihr eine weitere Erklärungsfrist einzuräumen steht überdies im Widerspruch zu dem das vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren, und zwar auch im Beschwerdeverfahren, beherrschenden Beschleunigungsgebot.

e) Die vorliegende Entscheidung lässt den Beschluss des Senats über die einstweilige Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde gegenstandslos werden. Dies ist aus Gründen der Klarstellung ausgesprochen worden.

Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung des § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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