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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 05.03.2008
Aktenzeichen: VII-Verg 12/08
Rechtsgebiete:
Vorschriften:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg vom 06. Februar 2008 (VK 45/07) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beigeladene.
Gründe:
I. Die Antragstellerin hat im Verlaufe eines Vergabenachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer Einsicht in die von der Antragsgegnerin über die Angelegenheit geführten Akten begehrt. Die Beigeladene hat beantragt, bestimmte Seiten von der Akteneinsicht auszunehmen, bei einer Ablehnung die Einlegung der sofortigen Beschwerde angekündigt und die Vergabekammer um Wahrung einer bestimmte Frist nach Erlass des Beschlusses bis zur tatsächlichen Einsichtsgewährung gebeten, um die Beschwerde einlegen zu können.
Die Vergabekammer hat durch den angefochtenen Beschluss die Akteneinsicht weitgehend gewährt. Die Akten sind der Antragstellerin am Morgen des 07. Februar 2008 ausgehändigt worden. Gegen die Entscheidung hat die Beigeladene an diesem Tage gegen 16.00 Uhr sofortige Beschwerde eingelegt.
Die Beigeladene hält die Akteneinsicht für rechtswidrig und beantragt nunmehr, festzustellen, dass der Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg vom 06.02.2008 (VK 45/07) rechtswidrig war.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält eine Beschwerde gegen die Gewährung von Akteneinsicht von vornherein für unstatthaft. Infolge der gewährten Akteneinsicht fehle es auch an einem Rechtsschutzbedürfnis. Jedenfalls sei die Beschwerde unbegründet.
II.1.
Die Beschwerde ist zulässig.
a) Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 28. Dezember 2007 (VII-Verg 40/07) entschieden, dass der Beschluss der Vergabekammer über die Gewährung von Akteneinsicht von dem dadurch beschwerten Verfahrensbeteiligten mit der Beschwerde anfechtbar ist. Daran hält der Senat fest.
b) An der Zulässigkeit der Beschwerde ändert sich auch nichts dadurch, dass der Antragstellerin bereits vor Einlegung der sofortigen Beschwerde Akteneinsicht gewährt worden ist. Mit der Beigeladenen ist der Senat der Auffassung, dass zur Wahrung effektiven Rechtsschutzes auch in diesem Falle die sofortige Beschwerde möglich ist.
Der Senat hat in dem Beschluss vom 28. Dezember 2007 (VII-Verg 40/07) die sofortige Beschwerde gegen die Gewährung von Akteneinsicht deswegen zugelassen, weil nur so etwaige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse eines Verfahrensbeteiligten wirksam geschützt werden können. Einen wirksamen Schutz dieser Geheimnisse hat auch der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 14. Februar 2008 (C-450/06) angemahnt und angemerkt, dass sie dem Grundrecht des Art. 8 EMRK unterlägen und daher auch im Vergabenachprüfungsverfahren zu beachten seien.
Es kann für den Rechtsschutz keinen Unterschied machen, ob bei Einlegung der sofortigen Beschwerde die Vergabekammer bereits Akteneinsicht gewährt hat oder nicht. Die Vergabekammer hätte zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes abwarten müssen, ob der Beschluss über die Gewährung von - unbeschränkter oder nach Auffassung eines Verfahrensbeteiligten nicht hinreichend beschränkter - Akteneinsicht bestandskräftig würde oder nicht. Sie konnte nicht dadurch vollendete Tatsachen schaffen, dass sie sofort nach ihrem Beschluss tatsächlich Akteneinsicht gewährte; dadurch würde dem betreffenden Verfahrensbeteiligten, der schützenswerte Geheimnisse geltend macht, ein wirksamer gerichtlicher Schutz unmöglich gemacht. Dieser Gesichtspunkt gilt unabhängig davon, wann die Akteneinsicht tatsächlich gewährt worden ist. Aus diesem Grunde steht dem betroffenen Verfahrensbeteiligten ein Rechtsschutzbedürfnis auch gegen bereits faktisch vollzogene Handlungen der Vergabekammer zu, und zwar auch dann, wenn die Folgen rein tatsächlich nicht wieder rückgängig gemacht werden können. Für diesen Fall, in dem die Vergabekammer einer Beschwerde durch eigenes Handeln zuvorkommt, gilt die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes erst recht.
Ob die rechtswidrigerweise gewährte Akteneinsicht Folgen im Vergabenachprüfungsverfahren als solche zeitigt, bedarf keiner Entscheidung. Selbst wenn z.B. die so ermittelten Tatsachen nicht verwertet werden dürften, stellt dies keinen wirksamen Rechtsschutz dar (vgl. auch BVerfG NJW 1999, 2163; NJW 1999, 3773 für bestimmte rechtswidrige Ermittlungsmaßnahmen im Rahmen eines Strafverfahrens). Das Vergabenachprüfungsverfahren erstreckt sich allein darauf, ob der Antragsteller in einem Vergabeverfahren in seinen Rechten als Bieter verletzt worden ist; ob im Laufe dieses Verfahrens sonstige Rechte verletzt worden sind, braucht vielfach keine Rolle zu spielen.
2.
Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
a) Soweit die Beschwerde sich darauf beruft, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ohne Weiteres zurückzuweisen und daher eine Akteneinsicht überflüssig sei, trifft dies nicht zu. Es kann offen bleiben, inwieweit diese Gesichtspunkte überhaupt eine Rolle spielen können. Ob der Antragstellerin die Antragsbefugnis fehlt, wie die Beigeladene geltend macht, kann nicht ohne jeden Zweifel beurteilt werden. Dazu bedarf es einer vertieften Prüfung, zumal die Antragstellerin sich zur Durchführung eines Vorhabens Dritter bedienen könnte. Ob ihr Antrag verwirkt ist, ist gleichfalls nicht ohne Weiteres zu beurteilen. Mit diesen Streitpunkten kann das Verfahren über ein Akteneinsichtsgesuch, dass im Rahmen eines eilbedürftigen Nachprüfungsverfahrens gestellt wird, nicht belastet werden.
b) Soweit die Beigeladene sich auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beruft, sind diese nicht näher bezeichnet und erläutert. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 14.02.2008, C-450/06) ist es Sache der Nachprüfungsstelle zu beurteilen, ob ein schützenswertes Betriebs- und Geschäftsgeheimnis vorliegt oder nicht, welches der begehrten Akteneinsicht unter Abwägung der Belange der Verfahrensbeteiligten entgegen steht. Zu diesem Zweck sind ihr die betreffenden Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Macht ein Verfahrensbeteiligter daher geltend, eine Unterlage enthalte derartige Geheimnisse, hat er dies gegenüber der Nachprüfungsstelle, die diese Unterlagen zur Prüfung sowieso nach der genannten Rechtsprechung des EuGH zur Kenntnis nehmen muss, näher zu begründen. Die für die übrigen Verfahrensbeteiligten bestimmten Abschriften der Schriftsätze können, wie dies auch sonst üblich ist, insoweit geschwärzt werden. Bei nur sehr allgemein gehaltenen Begründungen kann die Nachprüfungsstelle oft nicht beurteilen, ob schützenswerte Belange einer Akteneinsicht entgegen stehen.
Der ihr obliegenden Darlegungslast hat die Beigeladene im Streitfal nicht entsprochen.
c) Der Senat hat von Amts wegen von den fraglichen Aktenbestandteilen Kenntnis genommen. Ohne weitere Erläuterungen, die jedoch nicht erfolgt sind (vgl. b), kann der Senat lediglich von den Angaben über die Höhe des Kaufpreises und ähnlichen Vertragskomponenten von einem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis ausgehen. Insoweit ist jedoch anzumerken, dass der Kaufpreis (sowie der zugrunde gelegte Preis je m², Kanalanschlusskosten und die Höhe der ersten Rate) auf Bl. 235 der "Vergabeakte" angegeben ist, eine Seite, die die Beigeladene aber nicht "gesperrt" wissen will. Von daher muss der Senat davon ausgehen, dass die Beigeladene den Kaufpreis - sowie dementsprechend ähnliche Komponenten wie z.B. die Höhe der Sicherheitsleistung für die Raten - nicht als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis einstuft.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Beschwerdewert wird auf 500.000 Euro festgesetzt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Akteneinsicht als solche nicht unbedingt über den Erfolg oder den Misserfolg des Nachprüfungsantrages entscheidet, sondern - zumindest auch -von anderen Fragen maßgeblich abhängt. Aus diesen Gründen kann der Wert des "Auftrages" nicht als Beschwerdewert herangezogen werden (vgl. schon Beschluss des Senats vom 28.12.2007 - VII-Verg 40/07).
Ende der Entscheidung
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