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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 26.05.2008
Aktenzeichen: VII-Verg 14/08
Rechtsgebiete: GWB
Vorschriften:
GWB § 115 Abs. 3 | |
GWB § 118 Abs. 1 S. 3 |
Tenor:
1. Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat die Antragstellerin zu tragen. Ihre Aufwendungen im Verfahren vor der Vergabekammer haben die Verfahrensbeteiligten jeweils selbst zu tragen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin tragen die Antragsgegnerinnen; das gilt auch für das Verfahren nach § 115 Abs. 3 und § 118 Abs. 1 S. 3 GWB.
Gründe:
I.
Bei den Antragsgegnerinnen handelt es sich um die Allgemeinen Ortskrankenkassen der Bundesrepublik Deutschland. Sie schrieben mit Rundschreiben vom 03. August 2007 und durch Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger vom 06. August 2007 unter dem Titel "Arzneimittel-Rabattverträge 2008/2009" Rabattvereinbarungen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V aus. Vertragspartner sollten sämtliche Allgemeinen Ortskrankenkassen werden, wobei die AOK Baden-Württemberg als "federführend handelnder Vertragspartner" bezeichnet wurde. Die Ausschreibung erstreckte sich auf insgesamt 83 Wirkstoffe. Je Wirkstoff sollte ein Rabattvertrag mit drei Unternehmen, bei bestimmten verordnungsstarken Wirkstoffen mit vier Unternehmen geschlossen werden. Die Bieter sollten einen bestimmten Prozentsatz angeben, um den ein näher erläuterter Schwellenwert unterschritten werden sollte. Der absolute Rabattbetrag berechnete sich sodann nach einer bestimmten mathematischen Formel, wobei eine Kappungsgrenze bestand. Kriterien für die Auswahl der Angebote je Wirkstoff waren eine näher bezeichneten Produktbreite und Wirtschaftlichkeit. Die Vertragspartner hatten nach § 6 Abs. 3 des Vertrages die Lieferfähigkeit der vereinbarten Arzneimittel an den Großhandel zu gewährleisten und nach § 7 des Vertrages bei Lieferausfällen bestimmte Vertragsstrafen zu bezahlen.
An der Ausschreibung beteiligte sich eine Vielzahl von Unternehmen, die Angebote auf einen oder mehrere Wirkstoffe abgaben. Darunter befand sich auch die Antragstellerin mit Angeboten für 15 Wirkstoffe. Mit Schreiben vom 14. September 2007 teilten die Antragsgegnerinnen den Unternehmen das Ergebnis mit. Verschiedene Angebote wurden wegen unzureichender Produktbreite oder unzureichender Wirtschaftlichkeit abgelehnt. Die Antragstellerin war mit keinem ihrer Angebote erfolgreich. Mit Schreiben vom 20. September 2007 rügte die Antragstellerin Vergabefehler, was die Antragsgegnerinnen unter dem 24. September 2009 zurückwies.
Daraufhin riefen mehrere nicht berücksichtigte Unternehmen die ihrer Ansicht nach zuständigen Vergabekammern an, und zwar u.a. die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf (VK-31/2007-L) sowie die Vergabekammer des Bundes (VK 2 - 102/07, VK 2 - 105/07, VK 2 - 108/07, VK 2 - 114/07, VK 2 - 117/07, VK 2 - 120/07 und VK 2 - 123/07).
Die jeweiligen Antragstellerinnen haben die Auffassung vertreten, bei den Antragsgegnerinnen handele es sich um öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB, weil sich von Gebietskörperschaften - mittelbar - durch Krankenversicherungsbeiträge finanziert würden und staatlicher Aufsicht unterworfen seien. Der Gegenstand der Ausschreibung betreffe öffentliche Lieferaufträge im Sinne des § 99 Abs. 2 GWB. Die Anwendbarkeit des Vergaberechts werde durch § 69 SGB V nicht in Frage gestellt; diese Vorschrift sei vielmehr unter Zugrundelegung der Gesetzgebungsgeschichte und unter Berücksichtigung der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. EG L 134 S. 114 vom 30.04.2004 - zukünftig nur VKR genannt) einschränkend auszulegen. Für die Nachprüfung der Vergabeentscheidung seien nach § 104 GWB die Vergabekammern und - trotz der Vorschriften der § 51 SGG, § 130a Abs. 9 SGB V - nicht die Sozialgerichte zuständig, wie auch die Gesetzgebungsgeschichte ergebe. Die Vergabekammer des Bundes sei zuständig, weil der Bund die Finanzierung der Krankenkassen gewährleiste. Die Zuständigkeit der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf wurde damit gerechtfertigt, bei mehreren Auftraggebern sei die Vergabekammer eines jeden in Frage kommenden Landes zuständig.
In der Sache haben die Bieter verschiedene Vergaberechtsfehler gerügt. Es fehlten Angaben zu dem zu erwartenden Lieferumfang für die Wirkstoffe. Das Kriterium Produktbreite sei nicht hinreichend klar beschrieben und intransparent. Den Bietern werde ein ungewöhnliches Wagnis auferlegt. Nach § 5 VOL/L hätten regionale Lose gebildet werden müssen. Die Ausschreibung sei nicht EU-weit erfolgt. Es fehlten Kriterien für die Vergabe der Einzelaufträge. Die Antragsgegnerinnen bildeten ein unzulässiges Einkaufskartell. Sie hätten nicht dafür gesorgt, dass nicht auskömmliche Angebote ausgeschlossen würden. Schließlich genüge die Vorabinformation der Antragsgegnerinnen nicht der Vorschrift des § 13 VgV.
Die Antragsgegnerinnen sind dem entgegen getreten.
Die vergaberechtlichen Vorschriften des GWB seien nicht einschlägig. Sie seien bereits nicht als öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB anzusehen. Weder würden sie durch öffentliche Körperschaften überwiegend finanziert (die Finanzierung erfolge vielmehr durch Krankenversicherungsbeiträge; deren gesetzliche Anordnung reiche für den geforderten staatlichen Einfluss nicht aus), noch würden sie als Selbstverwaltungskörperschaften hinreichend intensiv durch Gebietskörperschaften beaufsichtigt. Bei den ausgeschriebenen Verträgen handele sich zudem nicht um öffentliche Lieferaufträge im Sinne des § 99 Abs. 2 GWB, denn die Bieter verpflichteten sich nicht zu Lieferungen an die Antragsgegnerinnen. Da sie keinen Einfluss darauf hätten, ob und inwieweit die Bieter in Anspruch genommen würden, die Entscheidung darüber vielmehr Arzt und/oder Apotheker träfen, handele es sich allenfalls um eine sogenannte "Lieferkonzession", die nicht als "Lieferauftrag" im vergaberechtlichen Sinne anzusehen sei. Des Weiteren sei die Anwendung des Kartell-Vergaberechts durch die Regelung des § 69 SGB V von vornherein ausgeschlossen. Dass die vergaberechtlichen Vorschriften des GWB für die Vergabe von Aufträgen der Krankenkassen an die Leistungserbringer nicht gelten würden, ergebe sich auch aus den speziellen gesetzlichen Vorschriften bzw. aus der Aufgabe entsprechender Gesetzgebungsvorschläge über die Ausschreibung derartiger Aufträge im SGB V.
Für die Überprüfung ihrer - der Antragsgegnerinnen - Entscheidungen seien schließlich in jedem Falle nicht die Vergabekammern, sondern die Sozialgerichte zuständig. Die angegriffenen Entscheidungen beträfen Angelegenheiten der sozialen Krankenversicherung (§ 51 SGG) bzw. "Angelegenheiten dieser Vorschrift" (§ 130a Abs. 9 SGB V). Diese Vorschriften seien als leges speciales gegenüber den §§ 104, 116 GWB anzusehen. Äußerst hilfsweise machen die Antragsgegnerinnen geltend, die für die AOK Baden-Württemberg als federführend tätigem Vertragspartner oder die für die AOK Bayern als größter AOK zuständige Vergabekammer sei zuständig. In der Sache haben sie Vergabefehler bestritten.
Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf (Beschluss vom 31. Oktober 2007) sowie die Vergabekammer des Bundes (Beschlüsse vom 15. November 2007) haben ihre Zuständigkeit bejaht und ausgeführt: Bei den Antragsgegnerinnen handele es sich um öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Sie würden mittelbar - was für die Erfüllung der Vorschrift ausreiche - durch den Bund finanziert (so die Vergabekammer des Bundes) bzw. durch das Land hinreichend intensiv beaufsichtigt (so die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf). Die mögliche Zuständigkeit anderer Vergabekammern berühre ihre jeweilige Zuständigkeit nicht. Die Ausschreibung betreffe einen Lieferauftrag, die für eine Konzession maßgebenden Umstände lägen nicht vor. Weder § 69 SGB V noch die Vorschriften des SGB V über eine Ausschreibung von Verträgen schlössen die kartellvergaberechtlichen Vorschriften aus. Die Vorschrift des § 104 GWB sei lex specialis gegenüber den Vorschriften über die Zuständigkeit der Sozialgerichte. In der Sache haben die Vergabekammern verschiedene Vergaberechtsfehler angenommen, solche teilweise jedoch auch verneint. Sie haben den Antragsgegnerinnen untersagt, den Zuschlag hinsichtlich bestimmter Wirkstoffe aufgrund des bisherigen Vergabeverfahrens zu erteilen.
Schließlich hat auch die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2007 einen Nachprüfungsantrag zur Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf eingereicht. Die Antragsgegnerinnen haben - neben den oben dargestellten Argumenten - eingewandt, der Nachprüfungsantrag sei verwirkt; zwischen der Zurückweisung der Rügen der Antragstellerin und der Einreichung des Nachprüfungsantrags sei ein zu langer Zeitraum verstrichen.
Innerhalb der letztlich bis zum 14. Februar 2008 verlängerten Entscheidungsfrist hat die Vergabekammer keine Entscheidung getroffen. Auf Antrag der Antragsgegnerinnen vom 06. Februar 2008 hatte nämlich das Sozialgericht Stuttgart im Wege einer einstweiligen Anordnung der Vergabekammer eine Entscheidung zu Lasten der Antragsgegnerinnen untersagt. Des Weiteren hat das Sozialgericht auf deren Antrag vom 15. Februar 2008 hin - gleichfalls im Wege einer einstweiligen Anordnung - festgestellt, dass die Zustellung des Nachprüfungsantrages der Antragstellerin entgegen § 115 Abs. 1 GWB kein Zuschlagsverbot zur Folge habe.
Die Antragstellerin hat wegen der Vergabe bestimmter Wirkstoffe sofortige Beschwerde zum Senat eingelegt. Zudem hat sie Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 118 Abs. 1 S. 3 GWB sowie auf Erlass einstweiliger Anordnung entsprechend § 115 Abs. 3 GWB und auf Untersagung der Zuschlagserteilung sowie des Vollzugs bzw. der Durchführung von Rabatt-Verträgen - verbunden mit einem Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln gemäß § 890 ZPO - gestellt.
Nachdem die Antragsgegnerinnen das Vergabeverfahren hinsichtlich der streitgegenständlichen Wirkstoffe aufgehoben haben, haben die Verfahrensbeteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.
II.
Über die Kosten des Verfahrens hat nach übereinstimmender Erledigungserklärung in jedem Falle der Senat zu entscheiden, und zwar unabhängig davon, ob er zur Entscheidung in der Hauptsache berufen war oder nicht (s. Vollkommer, in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 91a Rdnr. 58 - Stichwort: Verweisung unzuständiges Gericht)).
1. Die für die Tätigkeit der Vergabekammer anfallenden Kosten hat die Antragstellerin gemäß § 128 Abs. 1 S. 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG zu tragen. Die Vorschrift des § 128 Abs. 3 GWB greift mangels eines "Unterliegens" der Antragsgegnerinnen nicht ein (vgl. BGH NZBau 2004, 285 = VergabeR 2004, 414). Aus dem gleichen Grunde kann eine Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Verfahrensbeteiligten gemäß § 128 Abs. 4 GWB nicht stattfinden.
Die Frage, ob die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag vor der Vergabekammer teilweise zurückgenommen hat, spielt angesichts dessen keine Rolle.
2. Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist in entsprechender Anwendung des § 91a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitsandes zu entscheiden (vgl. Senat, Beschluss vom 26.11.2007 - VII-Verg 53/05). Dabei kann sich der Senat auf eine summarische Rechtsprüfung beschränken (vgl. BGH, Beschluss vom 03.05.2007 I ZR 137/05 m.w.N.). Einer Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gemäß § 124 Abs. 2 GWB wegen Abweichens von der Entscheidung eines anderen Gerichts oder eines Abwartens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (C-300/07) über das Vorab-entscheidungsersuchen des Senats gemäß Beschluss vom 23. Mai 2007 (VII-Verg 50/06) bedarf es daher nicht.
Danach sind die Kosten den Antragsgegnerinnen aufzuerlegen, denn sie wären voraussichtlich unterlegen.
a) Nachdem am 14. Februar 2008 die Entscheidungsfrist gemäß § 113 Abs. 1 GWB ablief, ist die Beschwerde innerhalb der Frist des § 116 Abs. 2 GWB eingelegt worden.
b) Dass allein der Senat zur Entscheidung über Rechtsmittel gegen Beschlüsse der Vergabekammern berufen ist, hat er bereits in seiner Entscheidung vom 19. Dezember 2007 (VergabeR 2008, 73) ausgesprochen. Daran hält der Senat auch angesichts der Ausführungen des Sozialgerichts Stuttgart, des Landessozialgerichts Baden-Württemberg sowie des Bundessozialgerichts in seinem Beschluss vom 22. April 2008 fest. Es sei lediglich Folgendes angemerkt:
Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geht davon aus, dass bereits die Anhängigmachung des Nachprüfungsantrages bei der Vergabekammer zur Rechtshängigkeit dieses Antrages führt, wenn er diesen Vorgang mit der Klageerhebung bei einem Verwaltungsgericht gleichsetzt (NZBau 2004, 229, 230). Das hat u.a. zur Folge, das bereits aus diesem Grunde der vergaberechtliche Rechtsweg einzuhalten ist, der nach § 104 Abs. 2 GWB von der Vergabekammer ausschließlich zum Vergabesenat führt. Zwar betrifft - insoweit ist dem BSG beizupflichten - diese Entscheidung zunächst nur die Frage, wann der Antrag rechtshängig wird. Dennoch geht aber die Bedeutung der Entscheidung weiter. Der Bundesgerichtshof sieht das Verfahren nämlich als gerichtsähnliches Verfahren an, der zu einem bestimmten Rechtsweg führt. Dieser besondere Rechtsweg wird bereits in der Begründung zum Vergaberechtsänderungsgesetz (BT-Drs. 13/9340) angesprochen, wenn es zum jetzigen § 104 Abs. 2 heißt:
Abs. 2 S. 1 stellt klar, dass das Recht auf Einhaltung der Vergabevorschriften nur hier und in diesem Verfahren geltend gemacht werden kann. Für den Primärrechtsschutz in Vergabesachen wird hiermit ein eigenständiger ausschließlicher Rechtsweg begründet.
Daraus ergibt sich, dass der Rechtsweg bereits mit der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer beginnt.
Soweit die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit daran anzuknüpfen scheinen, dass die Vergabekammer durch Verwaltungsakt entschieden hat, übersehen sie die besondere Vorschrift des § 116 GWB, wonach für die Anfechtung der Verwaltungsakte der Vergabekammer die Oberlandesgerichte zuständig sind. Dass trotz der Qualifizierung der Beschlüsse der Vergabekammern als Verwaltungsakte nicht die Verwaltungsgerichte - und mithin ebenso wenig die Sozialgerichte als besondere Verwaltungsgerichte - zuständig sind, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zum Vergaberechtsänderungsgesetz (BT-Drs. 13/9340); dort heißt es zu § 124 Abs. 3 (jetzt § 114 Abs. 3):
Die Vergabekammer ist kein Gericht. ... Um dennoch die EG-rechtlich (Artikel 2 Abs. 1 Nachprüfungsrichtlinie) geforderte Durchsetzbarkeit der Entscheidung sicherzustellen, ergeht sie als vollsteckbarer Verwaltungsakt. Die Vollstreckungsmöglichkeit ist damit sichergestellt. Eine Klage gegen diese Entscheidungen vor den Verwaltungsgerichten ist ausgeschlossen. Als Rechtsmittel steht gemäß § 114 Abs. 2 (jetzt § 104 Abs. 2) nur die sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht zur Verfügung (§ 126 [jetzt § 116]).
Dass der Einstufung des Beschlusses als Verwaltungsakt nur diese Bedeutung zukommt, beachtet auch das BSG in seinem Beschluss vom 22. April 2008 nicht.
Entgegen der Auffassung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg im Beschluss vom 06. Februar 2008 ist eine Bestimmung über die Spezialzuständigkeit eines Gerichts für Rechtsmittel gegen Entscheidungen bestimmter Behörden (hier: die alleinige Zuständigkeit des Vergabesenats des Oberlandesgerichts für Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Vergabekammern nach § 104 Abs. 2, § 116 Abs. 3 GWB) auch dann zu beachten, wenn die Vergabekammer unter Überschreitung ihres Aufgabenbereichs entschieden haben sollte; die allein formal anknüpfende Zuständigkeit des Vergabesenats ist unabhängig davon, welcher Mangel in der Entscheidung der Vergabekammer besteht oder geltend gemacht wird (vgl. auch OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.02.2008, Verg W 18/07, juris). So gilt z.B. die alleinige Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für die Anfechtung von Entscheidungen der in § 50 VwGO angesprochenen Behörden auch dann, wenn die Behörde unter Verkennung ihres Aufgabenbereichs entschieden haben sollte; in derartigen Fällen kann sich der Betroffene nicht an das für die an sich zuständige Behörde zuständige Gericht wenden. Auch ist allgemein anerkannt, dass der Vergabesenat selbst dann für die Entscheidung über Beschwerden gegen Entscheidungen der Vergabekammer zuständig ist, wenn die Vergabekammer ihren Aufgabenbereich insoweit verkannt hat, als sie Entscheidungen in Unter-Schwellenwert-Vergaben getroffen hat.
Die gegenteilige Auffassung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, welches eine rein materiell-rechtliche Betrachtungsweise befürwortet, führt auch zu einer erheblichen Unklarheit darüber, welches Gericht für die Entscheidung über Rechtsmittel gegen Entscheidungen der Vergabekammern zuständig ist, wie gerade die vielfältigen Verfahren um den Abschluss von Pharma-Rabattverträgen durch die Antragsgegnerinnen zeigen.
Wenn das Bundessozialgericht im Beschluss vom 22. April 2008 (B 1 SF 1/08 R) zwar die Zuständigkeit der Vergabekammern für Vergabenachprüfungsverfahren (für den Fall, dass das Vergaberecht anzuwenden sein sollte) anerkennt, die Anfechtung ihrer Entscheidungen jedoch der Sozialgerichtsbarkeit zuweist, überzeugt dies nicht. Dies löst - wie der Senat bereits in seinem zitierten Beschluss vom 19. Dezember 2007 (a.a.O.) nachgewiesen hat - den vom Gesetzgeber untrennbar aufeinander abgestimmten Regelungszusammenhang des 4. Teils des GWB auf. Insbesondere bleibt unklar, wie die - wohl auch vom Bundessozialgericht im Hinblick auf die zukünftig geltende Rechtsmittelrichtlinie akzeptierte - mit Zustellung des Nachprüfungsantrages eintretende Zuschlagssperre des § 115 Abs. 1 GWB beendet werden kann. Die Vorschrift des § 118 GWB kann nicht gelten, da diese Vorschrift nur für das Beschwerdeverfahren vor dem Vergabesenat gilt. § 86a SGG ist nicht einschlägig, weil diese Vorschrift nur für vollziehbare Verwaltungsakte, nicht aber für kraft Gesetzes geltende, nicht an Verwaltungsakte anknüpfende Rechtswirkungen gilt. Das würde dazu führen, dass selbst bei Ablehnung eines Nachprüfungsantrages die Zuschlagssperre des § 115 Abs. 1 GWB - anders als es § 118 Abs. 1 GWB vorsieht - bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt.
Die vom Bundessozialgericht herangezogenen Besonderheiten der Beschaffung von Heil- und Hilfsmitteln sind als solche nicht anzuerkennen. Das Vergaberecht befasst sich nicht lediglich mit "gewöhnlichen fiskalischen Hilfsgeschäften der öffentlichen Hand", die "nur mittelbar deren Funktions- und Arbeitsfähigkeit erhalten sollen", während Verträge zur unmittelbaren Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben eine Besonderheit darstellen sollen. Derartige Abgrenzungen sind dem Vergaberecht fremd. So unterfallen z.B. die Beschaffungen von Ausrüstungsgegenständen für die Bundeswehr - soweit nicht nach § 100 Abs. 2 GWB eine Ausnahme eingreift - dem Vergaberecht und letztlich der Nachprüfung durch den Vergabesenat. Dies kann nicht mit dem Argument in Frage gestellt werden, die Beschaffung betreffe nicht "unmittelbar" den Verteidigungsauftrag der Bundeswehr. Auch soweit das Bundessozialgericht darauf hinweist, dass vergaberechtliche Aspekte nur einen Teil der zu beachtenden Gesichtspunkte darstellten, stellt dies keine Besonderheit dar. Auch die Vergabesenate müssen - soweit dies notwendig ist - das "Umfeld" der Beschaffung - sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht berücksichtigen. Im Übrigen beschränkt sich die Überprüfung der Vergabeentscheidung nach § 97 Abs. 7, § 104 Abs. 2 GWB darauf, ob der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten hat. Weitere Gesichtspunkte sind nicht Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens. Dies gilt sowohl für die Vergabekammer als auch für den Vergabesenat, so dass die vom Bundessozialgericht vorgenommene Differenzierung zwischen Vergabekammer und Vergabesenat schon im Ansatz nicht überzeugen kann.
Soweit das Bundessozialgericht in seinem Beschluss vom 22. April 2008 (Rdnr. 49) meint, die Gerichtsbarkeit, die für Rechtsstreitigkeiten aus einem abgeschlossenen Vertrag zuständig sei, sei auch zuständig für Streitigkeiten darüber, ob Vergaberecht anzuwenden sei, trifft dies nicht zu. Der Vergabesenat ist nicht deswegen zuständig, weil es sich bei den abzuschließenden Verträgen "in der großen Mehrzahl" um bürgerlich-rechtliche Verträge handele, so dass § 13 GVG einschlägig sei. Der Vergabesenat ist allein deswegen - als eine Art besonderes Verwaltungsgericht - zuständig, weil dies in § 104 Abs. 2, § 116 GWB angeordnet ist. Es ist irrelevant, ob die Vergabestelle privat-rechtlich oder öffentlich-rechtlich handelt, damit auch, ob sie (krankenversicherungsrechtlich) nach dem SGB V handelt. Die Ausführungen der Sozialgerichte dazu, dass die Vergabestellen öffentlich-rechtliche Verträge, genauer gesagt, krankenversicherungsrechtliche Verträge, abzuschließen gedächten, treffen damit nicht den Kern. Durch die Rechtsprechung des EuGH (zuletzt Urteil vom 18.01.2007 - C-220/05, Rdnr. 40 m.w.N., NZBau 2007, 185) ist geklärt, dass es für die Anwendung des Vergaberechts unerheblich ist, ob der vorgesehene Vertrag nach nationalem Recht öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur ist. Daraus hat bisher noch niemand den Schluss gezogen, dass bei einem in Aussicht genommenen öffentlich-rechtlichen Vertrag statt des Vergabesenats die (allgemeinen oder besonderen) Verwaltungsgerichte zuständig sind. Es ist vielmehr als völlig selbstverständlich angesehen worden, dass auch in derartigen Fällen - wenn es sich um dem Vergaberecht unterfallende Vergaben handelt - die Vergabekammern und -senate zuständig sind (vgl. nur Burgi, NVwZ 2007, 383). Lediglich hinsichtlich der Sozialgerichtsbarkeit soll dies anders sein, obwohl nicht zu erkennen ist, weshalb das Verhältnis von § 40 VwGO zu § 104 Abs. 2, § 116 GWB ein anderes sein soll als das von § 51 SGG zu den genannten GWB-Vorschriften. Folgte man der Auffassung des Bundessozialgerichts, müssten folgerichtig für die Nachprüfung der Vergabe von öffentlich-rechtlichen Verträgen nicht die Vergabekammern, sondern die (allgemeinen oder besonderen) Verwaltungsgerichte zuständig sein, eine Auffassung, die dem Zweck der besonderen Zuständigkeit von Vergabekammern und -senaten völlig entgegen stünde (vgl. Kus, NJW 2000, 504, 505).
Damit kommt es auf die noch nicht abschließend geklärte Frage nicht an, ob und inwieweit bei der Kostenentscheidung berücksichtigt werden kann, dass ohne die Erledigungserklärungen der Beteiligten bei - unterstellter - Unzuständigkeit des Senats er gemäß § 17a Abs. 2 GVG das Verfahren an das zuständige Gericht hätte verweisen müssen (vgl. Vollkommer, in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 91a 58 Stichwort: Verweisung (unzuständiges Gericht)).
c) Der Nachprüfungsantrag war nicht verwirkt. Zwar kann das Nachprüfungsrecht verwirken (vgl. Beschluss des Senats vom 30. April 2008, VII-Verg 23/08). Die Voraussetzungen dafür liegen jedoch nicht vor.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 20. September 2007 das Vergabeverfahren als rechtsfehlerhaft gerügt. Bereits der Zeitablauf bis zur Einreichung am 11. Dezember 2007 ist zu kurz, als dass die Antragsgegnerinnen davon ausgehen durften, die Antragstellerin würde nach Zurückweisung der Rügen mit Schriftsatz vom 24. September 2007 ihr Begehren nicht weiterverfolgen. Schließlich ist angesichts der anderen Nachprüfungsverfahren wegen der später auch von der Antragstellerin angegriffenen Vergabeentscheidungen nichts dafür ersichtlich, in welcher Weise die Antragsgegnerinnen sich darauf eingestellt haben, dass seitens der Antragstellerin kein Nachprüfungsverfahren mehr eingeleitet wird.
d) Die Antragstellerin konnte geltend machen, durch die Vergabeentscheidungen der Antragsgegnerinnen in ihren Rechten verletzt worden zu sein, § 107 Abs. 2 GWB. Das gilt nicht nur für die Wirkstoffe, für die die Antragstellerin Angebote eingereicht hat, sondern auch für Lamotrigin. Die Antragstellerin macht insoweit geltend, durch zu kurze Fristen und unzureichende Angaben über Mengen an der Einreichung eines Angebots gehindert worden zu sein. Das reicht aus.
e) Die Antragstellerin hat auch ihrer Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 GWB Genüge getan. Abgesehen davon, dass sich die Antragsgegnerinnen widersprüchlich verhielten, wenn sie einerseits erklärtermaßen ein Vergabeverfahren außerhalb des Vergaberechts durchführen wollten, anderseits aber die Erfüllung der durch das Vergaberecht geforderten Obliegenheiten verlangten, war eine Rüge angesichts der durch Vorhaltungen nicht beeinflussbaren Haltung der Antragsgegnerinnen überflüssig (vgl. Otting, a.a.O., § 107 Rdnr. 11 m.w.N.).
f) Es spricht vieles dafür, dass die Vergabekammern und nicht die Sozialgerichte für die Nachprüfung der Vergabeentscheidungen gesetzlicher Krankenkassen zuständig sind. Insoweit wird auf den Senatsbeschluss vom 19. Dezember 2007 (VergabeR 2008, 73) verwiesen. Ergänzend sei ausgeführt:
Vor dem Hintergrund des Urteils des EuGH vom 13. Dezember 2007 (C-337/06) geht der Senat bei - hier allein notwendiger - summarischer Rechtsprüfung davon aus, dass es sich bei den gesetzlichen Krankenkassen um öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB handelt. Das Hauptargument der Antragsgegnerinnen, eine nur mittelbare staatliche Finanzierung durch Anordnung einer Zahlungspflicht sei von vornherein keine staatliche Finanzierung im Sinne der genannten Entscheidung ist nicht mehr haltbar. Dass es sich bei den Krankenkassenbeiträgen (gegenwärtig; zum 01. Januar 2009 tritt eine den Rundfunkgebühren ähnliche Gestaltung in Kraft) dennoch nicht um eine derartige staatliche Finanzierung handelt, ließe sich danach allenfalls mit den Besonderheiten der jetzigen Beitragsfestsetzung rechtfertigen. Der Senat geht bei summarischer Prüfung des Weiteren davon aus, dass die Beaufsichtigung durch das Land Nordrhein-Westfalen hinreichend intensiv ist, so dass auch die Voraussetzungen des § 98 Nr. 2, 2. Alt. GWB vorliegen.
Bei der Zuständigkeit der Vergabekammern für die Nachprüfungsverfahren handelt es sich um eine "Querschnittszuständigkeit". Es kommt mithin nicht darauf an, wie das Verhalten der Vergabestelle (privatrechtlich, öffentlich-rechtlich) zu qualifizieren ist. Dementsprechend stellt die Gesetzesbegründung zum jetzigen § 104 Abs. 2 GWB klar:
Abs. 2 S. 1 stellt klar, dass das Recht auf Einhaltung der Vergabevorschriften nur hier und in diesem Verfahren geltend gemacht werden kann. Für den Primärrechtsschutz in Vergabesachen wird hiermit ein eigenständiger ausschließlicher Rechtsweg begründet.
Soweit das Landessozialgericht Baden-Württemberg im Beschluss vom 27. Februar 2008 auf Bedenken an der Kompetenz der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit hinweist, greifen diese nicht durch. Die VKR beruht nicht auf Vorschriften des EG-Vertrages über bestimmte Politikfelder, sondern - wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 19. Dezember 2007 (VergabeR 2008, 73) ausgeführt hat - auf den Vorschriften über die Waren- und Dienstleistungsfreiheit, die auch im Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung gelten. Dementsprechend ist - vorbehaltlich von Ausnahmebestimmungen - unerheblich, zu welchem Zweck der öffentliche Auftraggeber die fragliche Ware oder Dienstleistung benötigt. So gilt das Vergaberecht unstreitig z.B. auch für die Beschaffung von Schulbüchern, die Erteilung von Bauaufträgen zur Errichtung von Schulen und Straßen sowie grundsätzlich auch für Beschaffungen im Verteidigungsbereich (vgl. zu den damit zusammenhängenden kompetenziellen Fragen Otting in Bechtold, GWB, 4. Aufl., § 100 Rdnr. 13) oder Bauaufträge zwecks städtebaulicher Entwicklung (EuGH NZBau 2007, 185 = VergabeR 2007, 183 - Stadt Roanne), also für Beschaffungen in Politikfeldern, hinsichtlich derer der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar keine Kompetenzen zustehen. Dementsprechend hat der EuGH jüngst das Vergaberecht (und die Grundsätze über die Warenverkehrsfreiheit) ohne Weiteres auf Beschaffungen eines Krankenhauses angewendet (VergabeR 2007, 609 m.Anm. von Müller-Wrede).
Der Hinweis des Landessozialgerichts Baden-Württemberg auf die Rechtsprechung des EuGH zur fehlenden Unternehmenseigenschaft im Sinne von Art. 81, 82 EG gesetzlicher Krankenkassen betrifft nicht die vergaberechtliche Wertung; die Einordnung als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB setzt vielmehr voraus, dass sie - anders als Unternehmen - "im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art" erfüllen.
Von der Zuständigkeit der Vergabekammern geht auch das Bundessozialgericht in seinem Beschluss vom 22. April 2008 aus.
g) Wie der Senat bereits ausgeführt hat (VergabeR 2008, 73), war - u.a. - die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf zuständig.
h) Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin war voraussichtlich auch begründet.
Der Senat folgt der Auffassung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 27. Februar 2008 dahin, dass das Vergabeverfahren jedenfalls folgende Vergabeverstöße - sollten die Antragsgegnerinnen öffentliche Auftraggeber sein - zu Lasten der Antragstellerin aufgewiesen hat:
* Verstoß gegen die Verpflichtung des § 8 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A, indem den Bietern nicht die erforderlichen Daten zur Bestimmung der geforderten "Produktbreite" zur Verfügung bestellt wurden (s. bereits Senatsbeschluss vom 20.12.2007 - VII-Verg 35/07),
* Verstoß gegen die Verpflichtung nach § 3a Nr. 4 Abs. 1 S. 2 VOL/A, das in Aussicht genommene Auftragsvolumen so genau wie möglich zu beschreiben.
Auf die weiteren von der Antragstellerin gerügten Verstöße kommt es nicht mehr an, da bereits diese Verstöße einen Zuschlag auf Grund des bisherigen Vergabeverfahrens ausschließen. Sie waren geeignet, die Antragstellerin wegen fehlender wesentlicher Kalkulationsgrundlagen von einem Angebot zu weiteren Wirkstoffen abzuhalten.
Zur Vermeidung von Missverständnissen sei darauf hingewiesen, dass auch der Senat es für möglich hält, dass bestimmte Vorschriften der VOL/A im Bereich der Vergabe von Aufträgen gesetzlicher Krankenkassen entweder im Lichte des SGB V ausgelegt werden oder gar hinter den Vorschriften des SGB V zurücktreten müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 17.04.2008 - VII-Verg 15/08). Soweit nicht das Primärrecht sowie die VKR zwingende Vorschriften enthalten, ist der nationale Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Vergabevorschriften frei. Damit kann er insoweit auch für bestimmte Bereiche besondere, den allgemein geltenden Vorschriften vorgehende Rechtsnormen schaffen. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Vorschriften des SGB V als leges speciales zur VOL/A anzusehen sind. Darauf hat der Senat bereits in seinem Vorlagebeschluss vom 23. Mai 2007 unter III.4. (NZBau 2007, 525) hingewiesen.
3. Die unter 2. genannten Gesichtspunkte gelten auch für die Anträge auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gemäß § 118 Abs. 1 S. 3 GWB sowie auf Erlass einstweiliger Anordnungen nebst Vollstreckungsanordnungen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen:
a) Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung war nicht deswegen unzulässig, weil ein Zuschlagsverbot gemäß § 115 Abs. 1 GWB bis dahin nicht bestanden hatte.
Allerdings setzte ein derartiger Antrag voraus, dass vorher ein Zuschlagsverbot durch Zustellung des Nachprüfungsantrages entsprechend der Vorschrift des § 115 Abs. 1 GWB wirksam geworden ist (oder zumindest durch Zustellung durch den Senat geschaffen wird; vgl. Jaeger in Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Aufl., § 118 GWB Rdnrn. 1179/1180); der Antrag dient im Falle der (fiktiven) Ablehnung eines Nachprüfungsantrages lediglich der Verlängerung des kraft Gesetzes bereits entstandenen - und ohne Anordnung binnen zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist endenden - Zuschlagsverbots.
Das Landessozialgericht Baden-Württemberg ist in seinem Beschluss vom 27. Februar 2008 (L 5 KR 508/06 W-A; L 5 KR 507 ER-B; anders wohl tw. das Bundessozialgericht im Beschluss vom 22. April 2008) der Auffassung, dass mangels Anwendbarkeit des 4. Teils des GWB auf Vergaben der gesetzlichen Krankenversicherungen u.a. auch die Vorschriften der §§ 115, 118 keine Anwendung fänden ( Bl. 36 BA).
Diese Auffassung teilt der Senat jedoch nicht. Bereits hinsichtlich des Ausgangspunktes des Landessozialgerichts, dass die Vorschriften der § 51 SGG, § 69 SGB V sowie § 130a Abs. 8 SGB V einer Anwendung des 4. Teils des GWB auf die Vergaben gesetzlicher Krankenkassen entgegen stünden, folgt der Senat - allerdings unter der noch nicht endgültig geklärten Prämisse, dass die Antragsgegnerinnen als öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB anzusehen sind - nicht (vgl. Senat VergabeR 2008, 73).
Davon unabhängig knüpft das Entstehen eines Zuschlagsverbots nach § 115 Abs. 1 GWB formell allein daran an, dass die Vergabekammer einen Nachprüfungsantrag zugestellt hat. Ob der Nachprüfungsantrag zulässig ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Byok (in Byok/Jaeger, a.a.O., § 115 GWB Rdnr. 1098) befürwortet eine Ausnahme für den Fall, dass der Nachprüfungsantrag offensichtlich unzulässig ist, weil die Vergabekammer dann den Antrag entgegen § 110 Abs. 2 S. 1 GWB zugestellt habe. Ob dies zutrifft (wohl verneinend Otting, a.a.O., § 115 Rdnr. 1), kann offen bleiben, da der Antrag - wie die bisherige kontroverse Rechtsprechung zeigt - nicht offensichtlich unzulässig ist.
Im Hinblick auf die allein formale Anknüpfung an die Zustellung eines Nachprüfungsantrages ist bisher auch nicht in Frage gestellt worden, dass das Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 1 GWB auch in den Fällen gilt, in denen die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages zweifelhaft war (z.B. Unklarheiten bei dem Schwellenwert, Abgrenzung Dienstleistungskonzession - Dienstleistungsauftrag). Dementsprechend ist die Frage, ob der Nachprüfungsantrag überhaupt zulässigerweise bei der Vergabekammer angebracht werden konnte, für die Zulässigkeit des Antrages ohne Belang (vgl. Jaeger, a.a.O., § 118 Rdnr. 1182; s. auch OLG Brandenburg VergabeR 2007, 248), sondern ist erst im Rahmen der Begründetheit des Antrages zu prüfen.
b) Dass Anordnungen entsprechend § 115 Abs. 3 GWB auch durch den Senat getroffen werden können, hat der Senat bereits in seinem - den Verfahrensbeteiligten bekannten - Beschluss vom 18. Dezember 2007 (VII-Verg 47/07) ausgeführt (vgl. auch Beschluss vom 30. April 2008 - VII-Verg 23/08). Zur Gewährleistung wirksamen Rechtsschutzes können insoweit auch Unterlassungsanordnungen gegen den Auftraggeber - sowie gegen den Auftragnehmer (vgl. Beschluss des Senates vom 30. April 2008 (VII-Verg 23/08) - getroffen werden (vgl. zum vergleichbaren Problem des Vollzugs eines Verwaltungsaktes trotz infolge aufschiebender Wirkung eines Rechtsbehelfs fehlender Vollziehbarkeit Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 80 Rdnr. 181).
Derartige Anordnungen gegen die Antragsgegnerinnen wären hier geboten gewesen. Sie drohten, wie sich aus ihrem Antrag auf Feststellung des Nichteintritts des Zuschlagsverbots gemäß § 115 Abs. 1 GWB ergibt, Zuschläge ungeachtet der Zustellung des Nachprüfungsantrages der Antragstellerin zu erteilen. Diese Auffassung traf nach dem unter a) Gesagten nicht zu.
c) Auch der Antrag auf Androhung von Ordnungsmitteln entsprechend § 890 ZPO war zulässig.
Die Vorschrift des § 114 Abs. 3 S. 2 GWB mit dem Verweis auf eine Vollstreckung nach dem jeweils einschlägigen Verwaltungsvollstreckungsgesetz gilt unmittelbar nur für Entscheidungen der Vergabekammer nach § 114 Abs. 3 S. 1 GWB. Sie mag auch für Anordnungen der Vergabekammer nach § 115 Abs. 3 GWB entsprechend gelten; insoweit sieht der in der Diskussion befindliche Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts eine Ergänzung des § 115 Abs. 3 GWB vor.
Eine entsprechende Anwendung des § 114 Abs. 3 S. 2 GWB auf Anordnungen des Beschwerdegerichts ist jedoch nicht zulässig. Wie sich aus der unter 2.b) zitierten Gesetzesbegründung ergibt, ist die Einordnung der Entscheidung der Vergabekammer als Verwaltungsakt lediglich zu dem Zweck erfolgt, eine - durch das Recht der EG geforderte - Zwangsvollstreckungsmöglichkeit zu schaffen. Gerichtliche Anordnungen waren und sind demgegenüber unproblematisch nach den jeweils geltenden prozessrechtlichen Vorschriften vollstreckbar. Dementsprechend geht der oben zitierte Entwurf in seinen Erläuterungen zu § 115 GWB davon aus, dass gerichtliche Anordnungen nicht nach § 114 Abs. 3 S. 2 GWB, sondern nach der ZPO zu vollstrecken sind. Schließlich erfolgt auch in der Verwaltungsgerichtsbarkeit die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen grundsätzlich nach der ZPO (vgl. § 167 VwGO), wobei allerdings in bestimmten Fällen auf die Regeln über die Vollstreckung nach Sonderregeln bzw. dem VwVG verwiesen wird. Bei Unterlassungsverpflichtungen erfolgt jedoch eine Vollstreckung nach § 890 ZPO, weil § 172 VwGO nicht eingreift (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., § 172 Rdnr. 1.; BVerfG NwZ 1999, 1330; OVG Berlin, NVwZ-RR 2001, 99; aA Pietzner, in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, 15. Erg. Lief., § 172 Rdnrn. 17/19; in der Sozialgerichtsbarkeit s. Leitherer, in Meyer/Ladewig/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 201 Rdnr. 2a).
III.
Den Verfahrensbeteiligten wird aufgegeben, binnen einer Frist von zwei Wochen die notwendigen Angaben zur Berechnung des Streitwertes zu machen.
Ende der Entscheidung
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