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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 26.07.2006
Aktenzeichen: VII-Verg 19/06 (1)
Rechtsgebiete: GWB, VOB/A


Vorschriften:

GWB § 113 Abs. 2 Satz 1
GWB § 114 Abs. 2
GWB § 118 Abs. 1 Satz 3
GWB § 123 Satz 3
GWB § 124 Abs. 2
VOB/A § 21 Nr. 1 Satz 3
VOB/A § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3
VOB/A § 24
VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b)
VOB/A § 25 Nr. 3 Abs. 3 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 16. März 2006, VK 1-10/06, wird zurückgewiesen.

Der Antragstellerin werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB sowie die der Antragsgegnerin und der Beigeladenen in diesen Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten und Auslagen auferlegt.

Der Gegenstandswert wird auf bis zu 550.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin schrieb im Rahmen eines nicht offenen Verfahrens nach öffentlichem Teilnahmewettbewerb die Baumaßnahme Flugplatz L. - Sanierung Start- und Landebahn und Bau von Flugbetriebsflächen, europaweit im Wege zweier Parallelausschreibungen unter den Vergabenummern 05T0536 und 05T0537 aus. Den im Teilnahmewettbewerb für geeignet erachteten Bietern blieb die Entscheidung überlassen, ob sie zu beiden Ausschreibungen oder nur zu einer Ausschreibung ein Angebot abgaben. Ziel der Parallelausschreibung war es, aus zwei technologisch verschiedenen, aber nach Auffassung der Antragsgegnerin gleichwertigen Ausführungsvarianten, die wirtschaftlichste Ausführung zu ermitteln.

In der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots wurden als Zuschlagskriterien die Kriterien "Preis", "Ausführungsfrist" und zusätzlich "Technologie/Bauablauf" genannt. Das Leistungsverzeichnis enthält in den Vorbemerkungen unter Ziffer 3.2 Vorgaben zur zeitlichen Ausgestaltung des Bauablaufs. Danach sollten die Baumaßnahmen in der Zeit von März bis April 2006 in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr und von Mai bis Oktober 2006 in der Zeit von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr ausgeführt werden. Von Mai bis Oktober 2006 durfte darüber hinaus an den Wochenenden von Freitag 22.00 Uhr bis Sonntag 10.00 Uhr gearbeitet werden. Auf diese Weise sollte eine Störung des Flugverkehrs vermieden werden.

Die Antragstellerin und die Beigeladene gaben zu beiden Ausschreibungen Angebote ab. Auf Grund der anhand einer Bewertungsmatrix durchgeführten Wertung nahm das Angebot der Beigeladenen zur Ausschreibung 05T0536 den Platz vor dem Angebot der Antragstellerin zur Ausschreibung 05T0537 ein. Es hatte wegen einer kürzeren Bauausführung bis zum Ende des Monats September 2006 und wegen einer besseren Bewertung des Zuschlagskriteriums "Technologie/Bauablauf" eine höhere Bewertungszahl erhalten.

Mit Schreiben vom 6. Februar 2006 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin über ihre Absicht, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen, weil es sich bei dem Angebot der Antragstellerin nicht um das wirtschaftlichste Angebot handele. Daraufhin rügte die Antragstellerin mit Schreiben vom 8. Februar 2006 die Vergabeentscheidung aus verschiedenen Gründen als fehlerhaft. Die Antragsgegnerin half der Rüge nicht ab.

Die Antragstellerin leitete ein Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer des Bundes ein, mit dem sie unter anderem den Ausschluss des Angebots der Beigeladenen von der Wertung erstrebte. U.a. trug sie mit dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 17. März 2006 vor, dass der für Aufbringung des Anti-Skid-Belages von ihr und vermutlich auch von der Beigeladenen benannte Nachunternehmer, die P... GmbH in N., die Arbeiten wegen anderer Aufträge weder für sie selbst noch für Mitbewerber vor dem 1. September 2006 ausführen könne, weshalb es jedenfalls an der Eignung der Beigeladenen fehle.

Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurück. Unter anderem führte sie aus, dass der Vortrag im Schriftsatz der Antragstellerin zur Identität des Nachunternehmers der Beigeladenen unberücksichtigt bleiben müsse, weil er erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung und zeitlich nach Ergehen der Entscheidung angebracht worden sei. Die Antragstellerin habe ihre Verpflichtung zur Verfahrensförderung nach § 113 Abs. 2 Satz 1 GWB verletzt, weshalb ihr diesbezügliches Vorbringen unberücksichtigt bleiben müsse. Im Übrigen lägen - von der Antragstellerin geltend gemachte - Ausschlussgründe hinsichtlich des Angebots der Beigeladenen nicht vor. Dabei ließ die Vergabekammer offen, ob das Angebot der Antragstellerin wegen unvollständiger Preisangaben von der Wertung auszunehmen sei.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ursprünglich die Aufhebung des Beschlusses der Vergabekammer und die Untersagung des Zuschlags an die Beigeladene erstrebte. Mit Beschluss vom 16. Mai 2006 hat der Senat den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin abgelehnt. Die Antragsgegnerin erteilte der Beigeladenen am 17. Mai 2006 den Zuschlag auf ihr Angebot.

Nunmehr hat die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde einen Feststellungsantrag nach § 114 Abs. 2 GWB i.V.m. § 123 Satz 3 GWB gestellt.

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, durch die Antragsgegnerin in ihren Rechten verletzt worden zu sein.

Die Beigeladene beantragt,

den Feststellungsantrag der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin stellt keinen Antrag.

Die Beigeladene und die Antragsgegnerin verteidigen die Entscheidung der Vergabekammer und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Gründe des Beschlusses der Vergabekammer verwiesen.

II.

Der mit der sofortigen Beschwerde weiterverfolgte Feststellungsantrag ist zulässig (vgl. Senat, Beschl. v. 23.3.2005, VII-Verg 77/04, Umdruck S. 11,12). Das erforderliche Interesse der Antragstellerin an der Feststellung der geltend gemachten Rechtsverletzungen folgt - unter Zugrundelegung des Vortrags der Antragstellerin - jedenfalls aus einer Wiederholungsgefahr.

Es kann dahinstehen, ob das Angebot der Antragstellerin gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A zwingend von der Wertung auszuschließen war, weil die geforderten Preise nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A nicht vollständig und zutreffend angegeben waren. Die Frage bedarf keiner abschliessenden Entscheidung, weil sie nicht entscheidungserheblich für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens ist. Der Feststellungsantrag der Antragstellerin ist selbst dann unbegründet, wenn ihr Angebot in der Wertung zu verbleiben hatte. Denn weder ist das Angebot der Beigeladenen zwingend von der Wertung auszuschliessen, noch ist eine Wiederholung der Eignungsprüfung bzw. der Angebotswertung erforderlich.

Damit erübrigt sich ferner die von der Antragstellerin insbesondere im Hinblick auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 16. August 2005 (11 Verg 7/05, IBR 2006,1154) angeregte Vorlage des Verfahrens an den Bundesgerichtshof. Für die Vorlage eines Verfahrens nach § 124 Abs. 2 GWB wegen einer Divergenz ist erforderlich, dass die Rechtsfrage, in der von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abgewichen wurde, entscheidungserheblich ist (vgl. Jaeger, Komm. z. VergabeR, 2. Aufl., § 124 GWB Rdnr. 1244). Entscheidungserheblich wäre die Frage eines Ausschlusses des Angebots der Antragstellerin wegen unvollständiger Preisangaben nur gewesen, wenn der Vergabestelle Vergaberechtsverstöße zur Last zu legen wären, die die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt hätten. Solche lagen aber nicht vor. So war das Angebot der Beigeladenen nicht zwingend wegen unvollständiger Preisangaben oder Erklärungen von der Wertung auszunehmen. Die von der Antragsgegnerin unterlassene Wiederholung der Wertung hätte nicht zu einer Änderung der Zuschlagsentscheidung zugunsten des Angebots der Antragstellerin geführt.

a) Gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A sind solche Angebote von der Wertung auszunehmen, die die nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A geforderten Preise nicht enthalten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes handelt es sich um einen zwingenden Ausschlussgrund (vgl. BGH VergabeR 2003, 558, 560 - Jugendstrafanstalt). Dies gilt ohne Rücksicht darauf, dass § 21 Nr. 1 Satz 3 VOB/A lediglich als Sollvorschrift formuliert ist.

Das Angebot der Beigeladenen genügte indes dem Erfordernis der in der ersten Wertungsphase zu überprüfenden Vollständigkeit der Preise (§ 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) VOB/A i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A).

aa) Dies gilt zunächst hinsichtlich der im Beschwerdeverfahren erhobenen Rüge der Antragstellerin, die Beigeladene habe einen Preis nicht zutreffend angegeben, weil sie ihrer Kalkulation nicht den von ihrem Nachunternehmer, der P... GmbH, angebotenen Preis für die Aufbringung des Anti-Skid-Belages zu Grunde gelegt habe. Der Bieter ist gemäß § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A nur verpflichtet, den Preis, den er vom Auftraggeber beansprucht, in das Leistungsverzeichnis einzutragen, nicht aber denjenigen, den sein Nachunternehmer im Falle der Auftragserteilung von ihm fordert. Die Angabe des Preises für die Erstellung des Anti-Skid-Belags auf 81.000 m² war unter den Ordnungsziffern 00.00.0005 und 03.01.0011 gefordert. Die Beigeladene hat insofern wahrheitsgemäße Angaben gemacht. Sie hat in das Leistungsverzeichnis den von der Antragsgegnerin für die Aufbringung des Anti-Skid-Belages beanspruchten (gegenüber dem Nachunternehmerangebot um x-% reduzierten) Preis eingetragen. Zwar liegt der im Leistungsverzeichnis angegebene Preis unter dem von der P... verlangten Preis. Gleichwohl ist die Preisangabe der Beigeladenen nicht unvollständig. Mit dem Begleitschreiben zum Angebot vom 18. Januar 2006 hat die Beigeladene dazu erklärt:

Für die Positionen für den Antiskidbelag (Pos. 00.00.0005 und 03.01.0011) liegt uns nur ein vollständiges Angebot der Firma P... vor. Dieses Angebot ist in unser Hauptangebot mit einem Abschlag von x% eingeflossen und nicht mit allgemeinen Geschäftskosten beaufschlagt worden. Wir sind der Meinung, dass wir bei Beauftragung ein Vergabeergebnis von x% erzielen können. Weiterhin sind wir der Auffassung, dass der Preis der Firma P... deutlich überhöht ist.

Sah die Beigeladene den von der P... GmbH angebotenen Preis als überhöht an, liegt in der Vornahme eines Abschlags an diesem Preis keine unwahrhaftige Preisangabe. Die Erklärung der Beigeladenen enthält die ihr durch Auslegung zu entnehmende rechtlich verbindliche Zusage, den Antragsgegner von den durch die P... GmbH in Rechnung gestellten Mehrkosten freizustellen, sei es im Wege von eines durch Verhandlungen erzielten Nachlasses auf den von der P... GmbH angebotenen Preises, sei es indem sie die Mehrkosten selbst trägt. Der Bieter ist nicht verpflichtet, den Preis eines Nachunternehmerangebots in sein Angebot zu übernehmen. Er kann daran Zuschläge (z. B. wegen Gewinns oder Überwachungsaufwands) oder Abschläge (Nachlässe) vornehmen. Dadurch werden die Preisangaben des Bieters nicht unvollständig oder unzutreffend, solange er nur die von ihm tatsächlich kalkulierten Preise angibt, die er dem Auftraggeber in Rechnung stellen will. Dass - wie die Antragstellerin vermutet - die Beigeladene den Preisnachlass auf das Nachunternehmerangebot der P... GmbH zum Anlass für eine Preisverlagerung in andere Positionen des Leistungsverzeichnisses genommen hat, ist keineswegs zwingend. Gesicherte Erkenntnisse liegen darüber nicht vor. Die Prüfung der Preise durch die Vergabestelle, die diese ausweislich des Vergabevermerks vom 6.2.2006 (Anlage 2) ausdrücklich auf die Angemessenheit erstreckt hat, hat keine Anhaltspunkte für Preisverlagerungen im Angebot der Beigeladenen hervorgebracht. Vom Senat ist darüber - ohne jeden Anhaltspunkt im Vortrag der Verfahrensbeteiligten, insbesondere der Antragstellerin, oder in den Vergabeakten - auch im Rahmen der Untersuchungsmaxime nicht (erstmalig) aufzuklären.

bb) Das Angebot der Beigeladenen ist auch hinsichtlich der unter den Grundpositionen 01.00.0005 und 02.00.0006 angegebenen Preise nicht unvollständig. Unter den genannten Ordnungsziffern war die Angabe der Preise für den Aufbruch und die Aufnahme der Betondecke sowie die Entsorgung des Betons gefordert. In Anlage 2 zum Vergabevorschlag ist hierzu von der Antragsgegnerin festgehalten worden, die Preise der Beigeladenen für die Leistungen "Betondecke aufnehmen und entfernen" wichen von den Mittelpreisen der Bieter nach unten ab. Im Protokoll des Bietergesprächs nach § 24 VOB/A mit der der Bietergemeinschaft angehördenden B... GmbH vom 31. Januar 2006 (Seite 3) ist hinsichtlich niedriger Abbruchkosten (die Positionen der Leistungsbeschreibung der Parallelausschreibung sind identisch) vermerkt, die Beigeladene habe über die angegebenen Preise dahingehend aufgeklärt, das aufgebrochene Material im Auftragsfall einer weiteren Verwertung zuführen zu können und den erwarteten Erlös in der Kalkulation "gegengerechnet" zu haben. Auf Grund dieser Erklärung steht fest, dass von der Beigeladenen vollständige, d.h. wahrheitsgemäße und der Kalkulation entsprechende Preisangaben gemacht worden sind, da bei Abbrucharbeiten Stoffe anfallen, die einer wirtschaftlichen Verwertung zugeführt werden können (vgl. auch OLG Rostock, VergabeR 2004, 722; OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.9.2005 - WVerg 9/05, IBR 2005, 620). Im Streitfall besteht kein Zweifel daran, dass die Betondecken statt als Sonderabfall beseitigt zu werden, zur Wiederverwertung geeignet sind. Dies ist von der Vergabestelle zugelassen und in der Leistungsbeschreibung sogar ausdrücklich vorgeschlagen worden. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung nicht in Zweifel gezogen, dass die Beigeladene zu einer Wiederverwertung des aufgenommenen Materials tatsächlich in der Lage ist.

cc) Das Angebot der Beigeladenen unterliegt ebensowenig unter dem Gesichtspunkt unzutreffender und daher unvollständiger Erklärungen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) in Verbindung mit § 21 Nr. 1 Abs. 1 S. 3 VOB/A einem Ausschluss von der Wertung. Die Beigeladene hat in Bezug auf die Herstellung des Anti-Skid-Belags durch den Subunternehmer P... GmbH in zeitlicher Hinsicht keine unzutreffenden Angaben gemacht. Die P... GmbH hat das Nachunternehmerangebot an die Beigeladene hinsichtlich ihrer zeitlichen Einsatzfähigkeit unwiderlegt mit keinen Einschränkungen versehen, so dass die Beigeladene annehmen durfte, die P... GmbH werde im August 2006 für die Arbeiten am Anti-Skid-Belag zur Verfügung stehen. Der Umstand, dass die Angebote im Januar 2006 einzureichen waren, und die Arbeiten erst in weiträumigem zeitlichen Abstand ausgeführt werden sollten, gab ihr darin recht. Demgegenüber ist die Zeitplanung der Beigeladenen erst infolge des von der Antragstellerin nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer vorgelegten Schreibens der P... GmbH vom 17.3.2006 fraglich geworden, in dem diese unter Bezugnahme auf das ausschließlich an die Antragstellerin gerichtete Schreiben vom 17.1.2006 erklärt hat, im Unterauftrag jedes Auftragnehmers, also auch der Beigeladenen, den Anti-Skid-Belag aufgrund anderweiter auftragsmäßiger Bindungen erst im Monat September 2006 aufbringen zu können. Dieser zeitliche Vorbehalt war der Beigeladenen ersichtlich nicht bekannt.

b) Das Angebot der Beigeladenen ist von der Vergabestelle auch nicht fehlerhaft in die engere Wahl genommen worden. Gemäß § 25 Nr. 3 Abs. 3 S. 1 VOB/A kommen nur solche Angebote in die engere Wahl, die unter Berücksichtigung rationellen Baubetriebs und sparsamer Wirtschaftsführung eine - in jeder Hinsicht - einwandfreie Ausführung erwarten lassen. Die Befürchtung der Antragstellerin, der Anti-Skid-Belag sei in der von der Beigeladenen angebotenen Weise, insbesondere unter deren Zeitvorgaben, nicht fachgerecht (machbar) herzustellen, ist aufgrund der objektiven Sachlage unbegründet. Die Beigeladene hat entgegen der Darstellung der Antragstellerin nicht angeboten, den Anti-Skid-Belag in den Tageszeiten zwischen 22.00 und 6.00 Uhr aufbringen zu lassen, was - wie die Antragstellerin behauptet - die erforderliche Austrocknung des Belags in Frage stellen kann. Gemäß dem Angebot der Beigeladenen sollten die Belagsarbeiten vielmehr in Zeiträumen zwischen 22.00 und 10.00 Uhr ausgeführt werden. Dies erweckt an einer einwandfreien Ausführung keine Bedenken, zumal ausweislich seines Schreibens an die Antragstellerin vom 17.1.2006 auch der mit diesen Arbeiten zu befassende Nachunternehmer P... GmbH davon ausgeht, die Belagsarbeiten könnten - fachlich bedenkenfrei - in den Zeiten zwischen 22.00 und 10.00 Uhr erfolgen.

c) Allerdings ist die Angebotswertung der Vergabestelle möglicherweise insoweit hinfällig geworden und nicht mehr haltbar, als sie dem Angebot der Beigeladenen beim Zuschlagskriterium der Bauzeit (Ausführungsfrist) einen Vorzug gegenüber dem Angebot der Antragstellerin zuerkannt hat. Sofern der von der Antragstellerin und von der Beigeladenen benannte Subunternehmer für die Herstellung des Anti-Skid-Belags erst im September 2006 zur Verfügung steht, hat das Angebot der Beigeladenen möglicherweise keinen oder keinen messbaren Zeitvorsprung mehr vor dem Angebot der Antragstellerin.

Die Vergabestelle hat die Angebotswertung unter diesem Gesichtspunkt, der sich erst im Nachprüfungsverfahren herausgestellt hat, zwar nicht wiederholt. Als Beschwerdegericht ist der Senat auch gehindert, die Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen hinsichtlich des Zuschlagskriteriums "Ausführungsfrist" anstelle der Vergabebehörde selbst zu bewerten. Die Angebotswertung, namentlich die Zuteilung von Bewertungspunkten, beinhaltet eine Ermessensbetätigung. Die der Vergabestelle allein zustehende Ermessensausübung haben die Vergabenachprüfungsinstanzen nicht durch eine eigene Ermessensbetätigung zu ersetzen, sondern nur auf eine regelgerechte Wahrnehmung des Ermessens zu kontrollieren. Im Streitfall ist die Antragstellerin infolge Unterlassens einer erneuten Angebotswertung der Vergabestelle indes nicht in Rechten verletzt. Denn auch aufgrund der einer Nachprüfung zugrundezulegenden anfänglichen Angebotswertung der Vergabestelle behält die Beigeladene beim Zuschlagskriterium "Technologie/Bauablauf" einen Wertungsvorsprung, der einer Ermessenskontrolle standhält, mit der Folge, dass die Vergabeentscheidung zugunsten der Beigeladenen hinzunehmen ist.

d) Die Vergabestelle hat das Angebot der Beigeladenen (zur Ausschreibung 05T0536) beim Wertungskriterium "Technologie/Bauablauf" um vier Punkte besser bewertet als das auf anderer Technologie (zur Ausschreibung 05T0537) beruhende, konkurrierende Angebot der Antragstellerin. Dies sichert der Beigeladenen mit Rücksicht darauf, dass das Angebot der Antragstellerin beim Zuschlagskriterium "Preis" einen geringen Vorteil hat, auch dann noch einen Vorsprung von drei Wertungspunkten, wenn eine beim Zuschlagskriterium "Ausführungsfrist" aus tatsächlichen Gründen zu bereinigende (aber vom Senat nicht zu ersetzende) Angebotswertung der Vergabestelle (siehe oben) dazu führte, dass die Antragstellerin und die Beigeladene beim Kriterium der Ausführungsfrist dieselbe Bewertungszahl erhielten.

Der entscheidende Bewertungsunterschied liegt in der den Angeboten zugrundegelegten Technologie begründet. Das in die engere Wahl gezogene Angebot der Antragstellerin (zur Ausschreibungsvariante 05T0537) beruht darauf, dass gemäß der Vergabebekanntmachung und den Verdingungsunterlagen eine im Untergrund der Start-/Landebahnen vorhandene sog. HGT-Schicht durch eine Schottertragschicht und bituminösen Aufbau ersetzt werden soll. Nach dem bevorzugten Angebot der Beigeladenen (zur Ausschreibungsvariante 05T0536) soll der Untergrund hingegen nur zum Teil beseitigt und soll die vorhandene HGT-Schicht zu diesem Zweck mechanisch getrennt werden. Es soll - neben der Betondecke - nur eine obere HGT-Lage abgehoben und darauf ein bituminöser Aufbau aufgebracht werden. Die HGT-Schicht soll zur Befestigung des Untergrundes zum Teil folglich erhalten bleiben. Es soll nur eine Oberschicht abgetragen werden.

Der Umstand, dass die Vergabestelle der Ausschreibung in technischer Hinsicht unterschiedliche Leistungsvarianten zugrundegelegt hat, ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Der Leistungsgegenstand unterliegt der autonomen Bestimmung des Auftraggebers. Dabei hat der öffentliche Auftraggebers im Prinzip freilich technikoffen auszuschreiben. Dem ist von der Vergabestelle jedoch entsprochen worden, indem die - wie außer Streit steht - aufgrund sachverständiger Beratung als technisch machbar in Betracht kommenden Bauarten (Ersatz der vorhandenen Betondecke und der oberen HGT-Lage durch einen bituminösen Aufbau = Ausschreibung 05T0536 sowie Ersatz der vorhandenen Betondecke und HGT-Schicht durch Schottertragschicht und bituminösen Aufbau = Ausschreibung 05T0537) parallel ausgeschrieben worden sind. Die Parallelausschreibung sicherte einen größtmöglichen Wettbewerb. Sie sollte eine Auftragsvergabe auf das in jeder Hinsicht wirtschaftlichste Angebot vorbereiten.

Bei der insoweit anzustellenden Wertung hat die Vergabestelle das Angebot der Beigeladenen ermessensfehlerfrei besser als das Angebot der Antragstellerin bewertet. Sie hat sich aufgrund einer sachverständigen Beratung für die von der Beigeladenen angebotene Bauweise entschieden. Die Vergabestelle konnte sich dazu auf das von ihr eingeholte Baugrundgutachten des Labors Heiden stützen, in welchem festgestellt worden ist, dass einerseits die vorhandene Betondecke und die sog. HGT-Schicht eng miteinander verbunden sind, andererseits aber die HGT-Lage selbst - bei nur losem und zum Teil wasserführendem Verbund - zweischichtig ist. Die darauf gestützte Schlussfolgerung der Vergabestelle, die von der Beigeladenen angebotene Trennung der HGT-Schicht lasse eine einwandfreie Ausführung erwarten, ist zumal deswegen nicht zu beanstanden, weil die Beigeladene darauf verweisen konnte, diese Methode schon bei der Erneuerung von Start-/Landebahnen auf dem F. Flughafen erfolgreich angewandt zu haben. Bei dieser Sachlage durfte die Vergabestelle den Umstand, dass wesentliche Bestandteile des Untergrunds der Start- und Landebahnen bei einer Trennung der HGT-Lage, also der im Angebot der Beigeladenen vorgeschlagenen Bauweise, ungestört erhalten bleiben konnten, zum Anlass nehmen, dem Angebot der Beigeladenen im Wertungsbereich "Technologie" einen Vorzug einzuräumen. Ein Ermessensfehler ist darin nicht zu erkennen. Der maßgebende Sachverhalt ist von der Vergabestelle - unter sachverständiger Hilfe - vollständig ermittelt worden. Die Vergabeentscheidung selbst ist nicht sachwidrig, sondern im Ergebnis und in der Begründung nachvollziehbar und vertretbar. Restrisiken durften in Kauf genommen werden, zumal nicht der Auftraggeber, sondern gemäß der bei Werkverträgen geltenden Risikoverteilung der Auftragnehmer dafür verantwortlich ist, dass die ihm übertragene Werkleistung zum vertraglich vereinbarten Erfolg führt. Zwar hat auch die Antragstellerin zur Technologie, die bezuschlagt werden sollte, ein Angebot eingereicht. Das Angebot der Antragstellerin fällt jedoch bei der Bewertung des Preises entscheidend gegenüber dem Angebot der Beigeladenen ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 97 Abs. 1 ZPO. Der Gegenstandswert ist auf der Grundlage von § 50 Abs. 2 GKG festgesetzt worden.

Ende der Entscheidung

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