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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 13.06.2007
Aktenzeichen: VII-Verg 2/07
Rechtsgebiete: VOB/A, GWB, VgV, BauGB, GWB, VwVfG, GKG


Vorschriften:

VOB/A § 3 Nr. 4 lit. b
VOB/A § 3a Nr. 4 lit. c
VOB/A § 3a Nr. 4 Abs. 4 S. 3
VOB/A § 3a Nr. 7 Abs. 2 n.F.
VOB/A § 3a Nr. 7 Abs. 2 S. 2 n.F
VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a
VOB/A § 32 Nr. 2
VOB/A § 32a Nr. 1 Abs. 1
VOB/A § 32a Nr. 1 Abs. 2
VOB/A § 32a Nr. 2
GWB § 99 Abs. 3
GWB § 118 Abs. 1 S. 3
VgV § 2 Nr. 4
VgV § 6 Abs. 1 S. 1
VgV § 6 Abs. 1 S. 2
VgV § 6a Abs. 4
BauGB § 12
BauGB § 38
GWB §§ 97 ff.
GWB § 107 Abs. 2
GWB § 107 Abs. 3
GWB § 107 Abs. 3 S. 1
GWB § 109
GWB § 114 Abs. 1 S. 1
GWB § 114 Abs. 1 S. 2
GWB §§ 116 ff.
GWB § 120
GWB § 123
GWB § 128 Abs. 3
GWB § 128 Abs. 4
VwVfG § 80
GKG § 50 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 04. Januar 2007, VK 3 - 147/06 aufgehoben.

Der Antragsgegnerin wird untersagt, einen Zuschlag zu erteilen, wenn der Verkauf des Grundstückes "ehemaliger Militärflughafen A." nicht zuvor gemäß § 32a Nr. 2 VOB/A ausgeschrieben worden ist.

Die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer tragen die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1 als Gesamtschuldner.

Die Aufwendungen der Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer tragen die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1 je zur Hälfte.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten im Verfahren vor der Vergabekammer war für die Antragstellerin notwendig.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB tragen die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1 je zur Hälfte.

Im Übrigen tragen die Verfahrensbeteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Beschwerdewert: bis 200.000 Euro

Gründe:

Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin eines nicht mehr als Militärflughafen benötigten Geländes bei G. (Kreis O.). Sie plant, die Grundstücke zu verkaufen.

Zu diesem Zwecke setzte sie sich frühzeitig mit der Gemeinde G. - der Beigeladenen zu 2 - und dem Landkreis O. in Verbindung. Landkreis und Gemeinde gründeten zur Koordinierung ihrer gemeinsamen Interessen die "F... GmbH" (F... GmbH). Um die verschiedenen Möglichkeiten einer Stärkung des Wirtschaftsstandortes G. insbesondere durch eine nachhaltige Schaffung von Arbeitsplätzen auf dem Gelände zu ermitteln, entschied diese, verschiedene Nutzungskonzepte miteinander zu vergleichen. Die F... GmbH - möglicherweise gemeinsam mit der Antragsgegnerin, vertreten durch die von ihr mit der Vermarktung beauftragte G... GmbH - beauftragte eine Projektsteuerungsgesellschaft, die mit Schreiben vom 08. Mai 2006 Interessenten aufforderte, bis zum 30. Juni 2006 ein Angebot bei ihr sowie bei der G... GmbH einzureichen. Dieses Angebot sollte "ein aussagefähiges Konzept inklusive Businessplan, geeigneter Aussagen über die gesicherte Finanzierung des Vorhabens sowie die Bonität ... [des] Unternehmens" sowie den Kaufpreis (ohne Berücksichtigung evtl. Altlasten) enthalten. Bei der Prüfung der Investorenkonzepte sollten eine Reihe von Kriterien zur Wirtschaftlichkeit des Projekts, zur Schaffung von Arbeitsplätzen sowie zum "Umgang mit dem Standort G./Fliegerhorst A." Berücksichtigung finden.

Neben der Antragstellerin reichten die A.... GmbH & Co. KG (A...) und andere Interessenten Angebote ein. Unter dem 25. August 2006 wurden die Bieter aufgefordert, bis zum 21. September 2006 den Detaillierungsgrad der Angebote zu vergrößern. Mit Schreiben vom 13. September 2006 teilte die A... mit, dass die Beigeladene zu 1 das Angebot der A... übernehmen werde, wobei die A... durch langfristige Nutzungsverträge beteiligt werden solle. Ebenfalls im September 2006 forderte der von der F... GmbH eingeschaltete Wirtschaftsprüfer von allen Bietern Finanzierungsbereitschaftserklärungen ab.

Unter dem 11. Oktober 2006 teilte die G... GmbH den Bietern mit, sie habe sich in enger Abstimmung mit der Gemeinde, dem Landkreis und der F... GmbH für Konzepte mit einer gewerblich-logistisch-fliegerischen Nutzung entschieden. Sie forderte daher die verbliebenen Bieter, darunter die Antragstellerin und die Beigeladene zu 1, u.a. auf, eine belastbare Finanzierungszusage über den Kaufpreis sowie Finanzierungsplanungen für die beabsichtigten Investitionen vorzulegen, sich zum von der Beigeladenen zu 2 verlangten Abschluss eines städtebaulichen Vertrages zu äußern und einen Zeitplan, "der Grundlage des Kaufvertrages und des städtebaulichen Vertrages sein soll" vorzulegen. Da die Grundsatzentscheidung, mit welchem Bieter weitere Verhandlungen durchgeführt würden, bereits in der Sitzung der Gemeindevertretung der Beigeladenen zu 2 vom 30. Oktober 2006 fallen sollte, sollte dieses Schreiben bis zum 20. Oktober 2006 beantwortet werden.

Die Antragsgegnerin entschied "in enger Abstimmung und nach Einigkeit" u.a. mit der Beigeladenen zu 2, die Beigeladene zu 1 als "preferred bidder" auszuwählen, was sie der Antragstellerin mit Schreiben vom 26. Oktober 2006 mitteilte.

Nach Rüge hat die Antragstellerin die Vergabekammer des Bundes angerufen. Diese hat die Zulässigkeit eines Nachprüfungsantrages mit der Begründung abgelehnt, es handele sich bei dem geplanten Kaufvertrag nicht um einen Bauauftrag im Sinne des § 99 Abs. 3 GWB, dieser sei auch nicht mit dem Abschluss eines städtebaulichen Vertrages mit der Gemeinde G. gekoppelt gewesen, der im Übrigen ebenfalls keinen Bauauftrag darstelle.

Dagegen wendet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Sie macht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes geltend, die Entscheidung der Antragsgegnerin betreffe einen "Bauauftrag" im Sinne des § 99 Abs. 3 GWB, nämlich eine Baukonzession. Die Antragsgegnerin treffe ihre Entscheidungen, wie sich aus verschiedenen Indizien ergebe, im Einvernehmen mit der Beigeladenen zu 2 (Gemeinde G.). Diese verlange vom Investor den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages, der dem Vergaberechtsregime unterliege. Es komme nicht darauf an, dass die Bauarbeiten nicht unmittelbar den Zwecken der Antragsgegnerin oder der Gemeinde dienen sollten oder dass der Investor ein Entgelt nicht von diesen, sondern nur durch Verkauf/Vermietung erzielen werde. Es reiche aus, dass der Investor Bauarbeiten nach den Erfordernissen der Gemeinde durchführen müsse. Die Antragsgegnerin habe hinsichtlich der Beigeladenen zu 1 einen Bieterwechsel nach Ablauf der Angebotsfrist sowie unzureichende Finanzierungszusagen, die zudem noch ausgetauscht worden seien, zugelassen. Die Antragstellerin beantragt daher,

den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt vom 04. Januar 2007 (VK 3 - 147/06) aufzuheben,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihre Angebotswertung im Investorenauswahlverfahren um die zivile Nachnutzung des Militärflughafens A. unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung zu wiederholen,

hilfsweise dazu: die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Investorenauswahlverfahren aufzuheben,

festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragstellerin notwendig war.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1 beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den Beschluss der Vergabekammer. Zwischen dem von ihr geplanten Grundstücksverkauf und den Wünschen der Gemeinde G. bestehe kein Zusammenhang. Die Risiken einer Grundstücksnutzung lägen vollständig bei dem Investor, ihm würden insoweit keine Auflagen erteilt.

Die Beigeladene zu 1 verweist gleichfalls darauf, durch den Grundstückskaufvertrag werde der ausgewählte Investor zu Bauleistungen nicht verpflichtet.

Die - mit Beschluss des Senats vom 13. Februar 2007 zum Verfahren hinzugezogene - Beigeladene zu 2 hat sich an dem Verfahren nicht beteiligt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Akten verwiesen.

I.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

1.

Entgegen der Auffassung der Vergabekammer handelt es sich bei dem von der Antragsgegnerin geplanten Vertrag um einen Bauauftrag im Sinne des § 99 Abs. 3 GWB, und zwar in Gestalt einer "Baukonzession".

a) Nach § 99 Abs. 3 GWB sind Bauaufträge Verträge über die Ausführung/ Planung eines näher beschriebenen Bauvorhabens/Bauwerks oder einer Bauleistung durch Dritte gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen.

Die zugrunde liegende (zu Beginn des Verfahrens gemäß seinem Art. 80 Abs. 1 Unterabsatz 1 bereits geltende - Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134 S. 114; zukünftig Richtlinie) ergänzt diese - im Übrigen gleichlautende - Definition in Art. 1 Abs. 2 lit. b) um den Satzteil "gleichgültig mit welchen Mitteln". Nach Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie sind Baukonzessionen Verträge, die von öffentlichen Bauaufträgen nur insoweit abweichen, als die Gegenleistung für die Bauleistung ausschließlich in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht.

Als Bauauftrag im Sinne des § 99 Abs. 3 GWB sind in richtlinienkonformer Auslegung auch die in dieser Vorschrift nicht ausdrücklich genannten Baukonzessionen anzusehen (vgl. Otting, in Bechtold, GWB, 4. Aufl., § 99 Rdnr. 22; Hailbronner, in Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 2. Aufl., § 99 GWB Rdnr. 484; Reidt/Stickler, Beck'scher VOB-Kommentar, § 32 VOB/A Rdnrn. 9/10; Portz/Diesterdiek, in Ingenstau/Korbion,VOB, 16. Aufl., § 32a VOB/A Rdnr. 2; Heiermann, in Heiermann/Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB, 10. Aufl., A § 32 Rdnr. 13). Dementsprechend nennt § 6 Abs. 1 S. 1 VgV Baukonzessionen ausdrücklich neben den Bauaufträgen und definiert sie entsprechend der Richtlinie in § 6 Abs. 1 S. 2 VgV. Auch die VOB/A spricht sie in §§ 32, 32a ausdrücklich an.

b) Für die Annahme eines Bauauftrages (oder einer Baukonzession) reicht es aus, dass der Auftraggeber den Auftragnehmer mit der Erstellung (gegebenenfalls einschließlich Planung) von Bauwerken/Bauvorhaben entsprechend seinen Erfordernissen beauftragt.

Demgegenüber ist es nicht Voraussetzung, dass der Auftraggeber damit einen eigenen Bedarf befriedigen will.

Allerdings ist die Rechtsprechung in früheren Entscheidungen davon ausgegangen, es sei Voraussetzung für die Annahme eines öffentlichen Bauvertrages (einschließlich einer Baukonzession), dass der Auftraggeber damit einen eigenen Beschaffungsbedarf befriedigen wolle (vgl. BayObLG NZBau 2002, 108 für einen Durchführungsvertrag nach § 12 BauGB; s. auch Senat VergabeR 2004, 624 für einen Vertrag zur Durchführung einer außerhalb der eigenen Aufgaben eingegangenen vertraglichen Verpflichtung).

Dem ist der Europäische Gerichtshof jedoch bereits in seiner Entscheidung vom 18.November 2004 (C-126/03, VergabeR 2005, 57) entgegen getreten. Danach unterscheidet die Richtlinie nicht zwischen Aufträgen, die der öffentliche Auftraggeber zur Deckung seiner im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben eingeht, und anderen Aufträgen. Es reicht vielmehr aus, dass der öffentliche Auftraggeber überhaupt Aufträge vergibt, zu welchen Zwecken auch immer (a.a.O., Rdnr. 18).

Diese Rechtsprechung hat der EuGH in seiner jüngeren Rechtsprechung präzisiert und ergänzt. Seiner Entscheidung vom 18. Januar 2007 (C-220/05, NZBau 2007, 185) zufolge ist es unerheblich, ob der öffentliche Auftraggeber die zu errichtenden Bauwerke selber erwerben oder nutzen will (Rdnrn. 42 ff.). Es reicht danach vielmehr aus, dass die Bauwerke entsprechend den Erfordernissen des Auftraggebers erstellt werden, und zwar auch dann, wenn - wie in der der Entscheidung zugrunde liegenden Fallgestaltung - der Auftragnehmer die Bauwerke sodann an einen - bestimmten oder beliebigen - Dritten veräußern soll (Rdnr. 42). Die Antragsgegnerin verweist darauf, der Generalanwalt habe in seiner Stellungnahme in dem Verfahren die Auffassung vertreten, mit Bauaufträgen seien nicht nur Aufträge gemeint, "die der Erfüllung von ihm Allgemeininteresse liegenden Aufgaben dienen" (Rdnr. 42); dies habe der EuGH in seinem Urteil nicht expressis verbis wiederholt. Daraus kann nichts für die Meinung der Antragsgegnerin hergeleitet werden, ein Eigeninteresse des Auftraggebers sei Tatbestandsmerkmal des Bauauftrages; der Generalanwalt hat an der zitierten Stelle in Fn. 33 nur die ständige Rechtsprechung des EuGH - u.a. die im vorigen Absatz genannte Entscheidung - zitiert. Im Übrigen entnimmt auch die Antragsgegnerin der Rechtsprechung des EuGH, dass jedenfalls mittelbare Eigeninteressen (z.B. an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung) ausreichen. Derartige Interessen liegen - wie noch näher auszuführen sein wird - hier vor.

c) Gleichfalls ist durch die Rechtsprechung des EuGH geklärt, dass die Frage, ob der Vertrag nach nationalem Recht öffentlich-rechtlicher oder privat-rechtlicher Natur ist, für die Einordnung als "Bauauftrag" unerheblich ist (a.a.O., Rdnr. 40; Urteil vom 20.Oktober 2005 - C-264/03 Rdnr. 36; vgl. auch schon Urteil vom 12. Juli 2001 - C-399/98, Rdnr. 73, ZfBR 2002, 286). Die entgegenstehende Entscheidung des OLG Celle (NZBau 2000, 299) ist damit überholt (vgl. auch Beschluss des Senats vom 05.04.2006 - VII-Verg 7/06 - Rettungsdienst; Burgi NVwZ 2007, 383, 384).

d) Für die Entgeltlichkeit eines Bauauftrages kommt es nicht darauf an, ob das Entgelt vom Auftraggeber stammt oder nicht (so aber Wilke ZfBR 2002, 231, 232; wie hier bereits Pieper, DVBl. 2000, 160, 164/165). Es ist daher unerheblich, ob die Antragsgegnerin und/oder die Beigeladene zu 2 im Rahmen des geplanten städtebaulichen Vertrages an den Investor für die Bauleistungen ein "Entgelt" zahlen werden oder nicht.

Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 18. Januar 2007 (C-220/05; NZBau 2007, 185) als Entgelt ausdrücklich auch die Einnahmen angesehen, die der Auftragnehmer durch die Veräußerung der errichteten Bauwerke erzielen wird (Rdnr. 45 a.E.). Dementsprechend hat er bei der Berechnung des Schwellenwertes auch diese Einnahmen berücksichtigt (Rdnrn. 54 ff.).

Auch aus der Definition der Baukonzession (vgl. näher unter e)) lassen sich Einschränkungen nicht entnehmen (so aber Wilke ZfBR 2004, 141, 144/145; dagegen bereits Busch VergabeR 2003, 622). Aus dem Begriff der Überlassung des Rechtes zur "Nutzung" lässt sich nicht entnehmen, dass damit nur eine Nutzung durch Selbstnutzung oder Vermietung, nicht aber eine Veräußerung gemeint ist. Wie die Nutzung erfolgt, ob durch eine einmalige Handlung (bei einem Verkauf) oder über eine längere Zeit (bei einer Vermietung), ist wirtschaftlich unerheblich (vgl. Busch, a.a.O.), wenn auch letzteres bei einer Baukonzession im Allgemeinen im Vordergrund steht (vgl. Reidt/Stickler, a.a.O., Rdnrn. 21 ff..; Heiermann, a.a.O., Rdnrn. 17 ff.). Die Besonderheit der Baukonzession gegenüber einem "echten" Bauauftrag besteht nur darin, dass der Vertragspartner des öffentlichen Auftraggebers das wirtschaftliche Risiko des Geschäfts trägt (vgl. Generalanwältin Kokott in ihrer Stellungnahme in C-220/05 Rdnr. 46 m.w.N. aus der Rechtsprechung des EuGH). Der Begriff der "Baukonzession" ist weit auszulegen, um sämtliche Fallkonstellationen einer Beauftragung mit Bauleistungen nach den Erfordernissen des öffentlichen Auftraggebers zu erfassen (vgl. Heiermann, in Heiermann/ Riedl/Rusam, Handkommentar zur VOB/A, § 32 Rdnr. 15). Wenn nach der Rechtsprechung des EuGH bereits bei einem "echten" Bauauftrag Erlöse aus dem Verkauf von Gebäuden durch den Auftragnehmer zu berücksichtigen sind, dann gilt das erst recht für eine "Baukonzession", bei der die Finanzierung des Auftragnehmers durch dritte "Nutzer" zum Wesen gehört. Nach Sinn und Zweck der Richtlinie, die den unionsweiten diskriminierungsfreien Zugang zu Aufträgen der öffentlichen Hand sicherstellen soll, besteht insoweit keine Lücke zwischen einem "echten" Bauauftrag und einer Baukonzession.

Es kommt mithin nicht darauf an, ob der erfolgreiche Bieter sich über einen Verkauf oder über eine Vermietung der von ihm - entsprechend den Erfordernissen der öffentlichen Hand bebauten - Grundstücke refinanzieren wird; nach der - nachfolgend näher erörterten - Handreichung stehen dem Investor beide Wege offen.

e) Im konkreten Fall liegt danach ein "Bauauftrag" in Form einer "Baukonzession" vor.

aa) Entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 15. Mai 2007 soll der vorgesehene Vertragspartner Bauleistungen entsprechend den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen leisten.

Nach der von der Antragsgegnerin vorgesehenen Konzeption soll der erfolgreiche Bieter verpflichtet werden, bestimmte Bauleistungen zu erbringen. Die öffentliche Hand soll sich nicht darauf beschränken - worauf die Vergabekammer maßgeblich abgestellt hat -, eine Planung des Geländes nach den Vorschriften des BauGB aufzustellen, die einerseits den gemeindlichen Interessen, andererseits der vorgesehenen Nutzung des Investors Rechnung trägt und schließlich einen möglichst günstigen Kaufpreis der Antragsgegnerin zufließen lässt. Vielmehr soll der Investor mit der Beigeladenen zu 2 einen städtebaulichen Vertrag abschließen (vgl. § 11 BauGB), durch den er u.a. bestimmte Baumaßnahmen durchzuführen sich verpflichtet. Das ergibt sich aus folgenden Tatsachen:

In der Arbeitshilfe für niedersächsische Städte und Gemeinden für eine Nachfolgenutzung ehemaliger Militärflächen (Anlage zur Antragsschrift zum Nachprüfungsverfahren) ist unter dem Kapitel "9. Einsatz von Instrumenten des Städtebaurechts" bei einer Überlassung des Geländes an einen Investor der Abschluss eines städtebaulichen Vertrages hinsichtlich von Vorhaben- und Erschließungspläne vorgesehen, in dem u.a. verbindliche städtebauliche Ziele und Verpflichtungen der Grundstückserwerber vorgesehen sind. Wie dies näher geschehen soll, wird in Kapitel "10. Verwertungsmodelle für die Entwicklung von Liegenschaften" näher ausgeführt. Für das Modell 2, dass offensichtlich verfolgt worden ist, ist dort der Abschluss städtebaulicher Verträge vorgesehen; es heißt dort u.a.:

Mit den Investoren als privaten Partnern werden Erschließungs- und Durchführungsverträge geschlossen. Sie übernehmen das Entwicklungsrisiko, einschlägige Entwicklungsverpflichtungen bis hin zu garantierten und abgesicherten Investitionssummen sowie die innere Erschließung und Durchführung der baulichen Maßnahmen.

Dies ist deshalb möglich, weil mit der Entwidmung des militärisch genutzten Geländes sich nach § 38 BauGB grundsätzlich die Bauplanungshoheit der Beigeladenen zu 2 wieder auch auf das betreffende Gebiet bezieht und sie daher - jedenfalls in gewissem Umfange - in der Lage ist, von ihr als unerwünscht angesehene Nutzungen auszuschließen. Eines der ihr zur Verfügung stehenden Instrumente ist ein Vorhaben- und Erschließungsplan nach § 12 BauGB. Diese Bestimmung sieht in Abs. 1 S. 1 für einen derartigen Vorhaben- und Erschließungsplan als Voraussetzung ausdrücklich den Abschluss eines Durchführungsvertrages vor, durch den sich der Vorhabenträger "zur Durchführung innerhalb einer bestimmten Frist und zur Tragung der Planungs- und Erschließungskosten ... verpflichtet".

In dem Schreiben der Projektsteuerungsgesellschaft vom 06. Mai 2006, mit dem Interessenten zur Abgabe eines Angebots aufgefordert wurden, wurden die potentiellen Investoren zu Angaben u.a. über Art und Maß der baulichen Nutzung, dem möglichen Abbruch bestehender Bausubstanz sowie zu Erschließungsmaßnahmen aufgefordert. Mit Schreiben vom 28. Juli und 25. August 2006 (Bl. 10 ff. Vergabekammerakte) hat sie von den Bietern Präzisierungen ihrer Angebote, auch zu den geplanten Investitionen, begehrt.

In dem Bericht der Projektsteuerungsgesellschaft über die eingegangenen Angebote und deren Bewertung wurden dementsprechend auch die vorgesehenen Baumaßnahmen an Gebäuden und Erschließungsanlagen berücksichtigt.

Des Weiteren hat die G... GmbH in ihrem Schreiben vom 11. Oktober 2006 darauf hingewiesen, dass die Beigeladene zu 2 vom Investor den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages über das Vorhaben verlange und die Interessenten u.a. einen Zeitplan vorlegen sollten, der Grundlage des städtebaulichen Vertrages sein solle. Gegenstand des geplanten städtebaulichen Vertrages sind naturgemäß Verpflichtungen des Investors zur Durchführung bestimmter Baumaßnahmen (vgl. im Einzelnen Wilke, a.a.O.). Wie sich aus der vorgelegten Niederschrift der Sitzung des Rates der Beigeladenen zu 2 vom 30. Oktober 2006 ergibt, legen seine Mitglieder hohen Wert auf den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages, in dem die Rechte und Pflichten des Vorhabenträgers - auch in zeitlicher Hinsicht - geregelt werden sollen. Dass die genauen Verpflichtungen gegenwärtig noch nicht feststehen, weil erst geklärt werden muss, welcher der Bieter letztlich den Zuschlag erhalten und der genaue Inhalt noch Gegenstand von Verhandlungen sein wird, ist unerheblich. Wie aus den Regelungen über den Wettbewerblichen Dialog oder über das Verhandlungsverfahren hervorgeht, steht eine derartige Unbestimmtheit der vorgesehenen Verpflichtungen zum Zeitpunkt der Ausschreibung nicht einer Einstufung als öffentlichem Auftrag im Sinne der §§ 97 ff. GWB entgegen, solange - wie hier - am Ende des Vergabeverfahrens der Abschluss einer Vereinbarung mit einer hinreichend genauen Beschreibung der Bauleistungen "gemäß den vom Auftraggeber genannten Erfordernissen" stehen soll. Der Inhalt des noch abzuschließenden städtebaulichen Vertrages wird sich jedenfalls nicht lediglich - wovon aber die Antragsgegnerin bei ihrer Argumentation ausgeht - auf die Bekräftigung einer - nicht weiter beschriebenen - "gewerblich-fliegerischen Nutzung" beschränken.

Soweit die Antragsgegnerin unter Hinweis auf ihre Rechtsauffassung (vgl. oben unter b)) ein wenigstens mittelbares Eigeninteresse der Beigeladenen zu 2 vermisst, trifft dies nicht zu. Sie hat als Gemeinde ein Interesse an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung des Geländes, wobei die Stärkung ihrer Wirtschaftskraft im Vordergrund steht.

Ein Entgelt soll entweder durch die Veräußerung oder die Vermietung des Geländes aufgebracht werden (die o.g. Arbeitshilfe sieht unter 10. beide Möglichkeiten für den Investor vor).

bb) Die Antragsgegnerin kann nicht darauf verweisen, sie wolle mit dem geplanten Kaufvertrag keine Verpflichtungen zur Durchführung bestimmter Baumaßnahmen auferlegen oder den Käufer zum Abschluss eines städtebaulichen Vertrages mit der Gemeinde verpflichten. Darauf kommt es nicht an. Vielmehr sind der mit der Antragsgegnerin abzuschließende Kauf- und der mit der Gemeinde abzuschließende städtebauliche Vertrag vergaberechtlich als Einheit anzusehen.

Nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil vom 10.11.2005 - C-29/04, VergabeR 2006, 47 Rdnrn. 40 ff.) ist bei der Prüfung, ob ein vergabepflichtiger Auftrag erteilt werden soll, nicht nur auf den formell gerade zur Vergabe anzustehenden Vertrag abzustellen, vielmehr muss eine Zusammenschau verschiedener, aber zusammenhängender Verträge stattfinden. Andernfalls könnten durch eine geschickte Gestaltung bestimmte Verträge sachwidrig aus der Geltung des Vergaberegimes ausgeschlossen und dessen Geltung leicht umgangen werden (vgl. in anderem Zusammenhang auch § 3 Abs. 2 VgV).

Im konkreten Fall haben die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 2 bewusst eine enge Verknüpfung des Kaufvertrages mit einem städtebaulichen Vertrag sowohl in inhaltlicher als auch zeitlicher Hinsicht vorgenommen.

Bereits in der o.g. Arbeitshilfe wird mehrfach auf die Notwendigkeit einer Abstimmung der Instrumente des Städtebaurechts mit dem Kaufvertrag hingewiesen. Unter 9. "Einsatz von Instrumenten des Städtebaurechts heißt es u.a.:

In derartigen Verträgen (gemeint sind städtebauliche Verträge) zeichnet sich i.d.R. folgender Regelungsbedarf ab:

- ...

- Verknüpfung zu möglichen parallel abzuschließenden Kaufverträgen

Unter 10. wird hinsichtlich des Modells 2 Folgendes ausgeführt:

Gelingt es jedoch, zu derartigen Vertragsabschlüssen zu kommen, das heißt, einem Kaufvertrag zwischen Bund und privaten Investoren sowie einem städtebaulichen Vertrag zwischen Investor, Kommune und ggf. dem Land - die im Übrigen zeitlich abgeschlossen werden müssen -, sind hiervon die bei weitem nachhaltigsten Wirkungen innerhalb eines vertretbar kurzen Zeitraums zu erwarten.

Kaufvertrag und städtebaulicher Vertrag müssen strategisch aufeinander abgestimmt sein.

Entsprechend den Vorgaben dieser Arbeitshilfe sind die Antragsgegnerin (vertreten durch die G... GmbH) und die Beigeladene zu 2 (teilweise vertreten durch die F... GmbH) tatsächlich vorgegangen, was - wie im Termin angesprochen worden ist - wohl auch auf der Antragsgegnerin lastende politische Zwänge zur Rücksichtnahme auf örtliche Belange zurückzuführen ist. Die Beigeladene zu 2 hat eine Projektsteuerungsgesellschaft beauftragt, die Investoren suchen und ihre vorgelegten Konzepte bewerten sollte. Dem Schreiben der Projektsteuerungsgesellschaft vom 08. Mai 2006 zufolge ist diese Beauftragung sogar gemeinsam mit der G... GmbH erfolgt; die Antragsgegnerin hat zwar im Verfahren vor der Vergabekammer (Bl. 399 Vergabekammerakte) eine Beauftragung (wohl nur) durch die F... GmbH behauptet (allerdings ohne auf das Schreiben der Projektsteuerungsgesellschaft einzugehen), dies würde aber letztlich nichts daran ändern, dass sich die G... GmbH - wie noch auszuführen ist - das Ergebnis der Investorensuche und die Bewertung der Angebote zu eigen gemacht hat. Ausweislich des Schreibens vom 08. Mai 2006 sollten bei der Bewertung die Folgen des vorzustellenden Nutzungskonzepts für die Stärkung des Wirtschaftsstandortes G. im Vordergrund stehen, daneben war auch der Kaufpreis von Belang. Zu den Bewertungskriterien der Projektsteuerungsgesellschaft gehörten ausweislich ihres Berichts dementsprechend die Wirtschaftlichkeit des Projekts (damit war die nachhaltige wirtschaftliche Tragfähigkeit des Projekts gemeint), Zahl und Qualität der geschaffenen Arbeitsplätze, geplante Veränderungen des Standorts (worunter u.a. Baumaßnahmen an Gebäuden und Erschließungsmaßnahmen gemeint waren) sowie die Höhe des Kaufpreises. Entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 15. Mai 2007 war damit nicht ausschließlich der Preis maßgebliches Zuschlagskriterium. Die F... GmbH entschied sich nach Sichtung der Angebote am 13. Oktober 2006 für eine gewerblich-fliegerische Nutzung. Dies machte sich die Antragsgegnerin zu eigen. Damit schieden zwei Bieter, die ein anderes Konzept vorgeschlagen hatten, aus und wurden von der Möglichkeit ausgeschlossen, einen Kaufvertrag mit der Antragsgegnerin zu schließen. Mit Schreiben vom 11. Oktober 2006 forderte die G... GmbH die verbliebenen Bieter zur Vorlage bestimmter Unterlagen, u.a. zu den geplanten Investitionen auf. Des Weiteren wies sie darauf hin, dass die Beigeladene zu 2 vom Investor den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages verlange. Die G... GmbH bat daher um die Vorlage eines Zeitplans, der Grundlage des Kaufvertrages und des städtebaulichen Vertrages sein sollte. Im Schreiben vom 26. Oktober 2006 begründete die G... GmbH die - "in enger Abstimmung und Einigkeit mit dem Planungsgeber Gemeinde G., dem Landkreis O. und der mit der Begleitung der Konversion Flughafen A. eingesetzten F... GmbH" - getroffene Entscheidung mit dem besseren Konzept der Beigeladenen zu 1, die "die Gewähr für eine nachhaltige gewerblich-logistisch-fliegerische Nutzung" biete. Die Antragsgegnerin machte sich damit die Belange der Beigeladenen zu 2 zu eigen, akzeptierte deren Vorgaben zu den Bietern und deren Nutzungskonzepten auch für sich und machte ihre Entscheidung darüber, mit wem sie den Kaufvertrag über das Grundstück abschließen wollte, von der Entscheidung der Beigeladenen zu 2 darüber, mit wem sie einen städtebaulichen Vertrag abschließen wollte, abhängig, und zwar sowohl inhaltlich als auch zeitlich. Die - nach außen hin - von der Antragsgegnerin getroffene Entscheidung über den Partner des Kaufvertrages präjudiziert praktisch auch die Entscheidung der Beigeladenen zu 2 darüber, mit wem sie den städtebaulichen Vertrag abschließt.

Die Entscheidung der Antragsgegnerin, die - wie sich aus den vorgenannten Schreiben ergibt - nach außen hin die Entscheidung über den Vertragspartner traf, bezog sich mithin nicht nur auf den Kauf des Grundstücks, sondern auch auf den städtebaulichen Vertrag. Bieter, die bereits - auf Grund einer internen Entscheidung der Beigeladenen zu 2 - bei den Kaufvertragsverhandlungen nicht berücksichtigt wurden, hatten auch keine Chancen hinsichtlich des städtebaulichen Vertrages. Es macht vergaberechtlich keinen Unterschied, ob die Gemeinde das Grundstück zunächst selbst von der Antragsgegnerin erwirbt und dann den Abschluss eines Kaufvertrags und eines städtebaulichen Vertrags miteinander gekoppelt ausschreibt (eine Variante des 3. Modells der o.g. Arbeitshilfe) oder ob die Gemeinde sich einen Zwischenerwerb sparen kann, weil die Antragsgegnerin bereit ist, das Grundstück nur an einen Investor zu verkaufen, der mit der Gemeinde einen städtebaulichen Vertrag schließt. Was die anderen Modelle betrifft, unterliegen zumindest die vorgesehenen Entwicklungsverträge den Vorschriften der §§ 97 ff. GWB. Bei einer anderen Auslegung hätten es Bund und Gemeinde in der Hand, durch eine geschickte Handhabung die Erteilung von Bauaufträgen praktisch diesen Vorschriften zu entziehen, was die Rechtsprechung des EuGH gerade verhindern will. Ein Rechtsschutz erst hinsichtlich des städtebaulichen Vertrages käme nämlich vielfach zu spät. Die Auswahlentscheidung hat - nach außen hin - bereits die Antragsgegnerin dadurch getroffen, dass nur noch ein Bieter als Kaufinteressent in Frage kommt, wenn die Verhandlungen über den städtebaulichen Vertrag mit der Gemeinde beginnen.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass auch die Antragsgegnerin selbst ein Interesse an einer bestimmten Planung der Gemeinde hat, deren Umsetzung der städtebauliche Vertrag dienen soll. Je weitergehend die vorhandenen Anlagen und Gebäude genutzt werden können und je weitergehend die tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen einer Nutzung planungsrechtlich geklärt sind, desto höher ist im Allgemeinen der zu erzielende Kaufpreis.

Die Vergabevorschriften stellen auch nicht darauf ab, ob die Verpflichtung zur Erbringung von Bauleistungen ein wesentlicher oder gar der Hauptzweck des "Vertragspakets" ist oder nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 01.02.2005 - X ZB 27/04, NZBau 2005, 290 unter C.I.4.a)aa)(5)).

Ob es für eine Verknüpfung mehrerer Verträge zu einer Einheit im vergaberechtlichen Sinne bereits ausreicht, wenn die Entscheidung eines Hoheitsträgers über ihren Vertragspartner (hier: die Antragsgegnerin) die - an sich allein den §§ 97 ff. GWB unterliegende - Entscheidung eines anderen Hoheitsträgers (hier: der Gemeinde) über ihren Vertragspartner präjudiziert, kann angesichts der - wie dargestellt - gewollten und praktizierten Verknüpfung beider Entscheidungen durch die beteiligten Auftraggeber dahin gestellt bleiben.

f) Angesichts der Größe des Geländes ist offensichtlich, dass die von der Gemeinde geforderten Bauleistungen den Schwellenwert nach § 2 Nr. 4 VgV übersteigen werden; den entsprechenden Angaben der Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer ist keine der Beteiligten entgegen getreten.

2.

Die Rügen der Antragstellerin, die Antragsgegnerin habe gegen die danach anzuwendenden Vergabevorschriften verstoßen, sind nicht nach § 107 Abs. 3 GWB präkludiert.

a) Nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 19.06.2006 - VII-Verg 26/06, Umdruck Bl. 9/10 m.w.N.) gilt diese Vorschrift nur im Rahmen eines förmlichen Vergabeverfahrens, nicht aber bei de-facto-Vergaben. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, der öffentliche Auftraggeber könne nicht darauf verweisen, der Bieter müsse Fehler im Vergabeverfahren nach §§ 97 ff. GWB rechtzeitig rügen, obwohl er selber durch die Wahl eines "freien" Vergabeverfahrens davon ausgeht, dass diese Vorschriften von vornherein nicht einschlägig sind (ebenso Jaeger, ZWeR 2006, 366, 376/377; Heuvels in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 107 GWB Rdnr. 22 m.w.N.; offen gelassen von BGH, Beschluss vom 01.02.2005 - X ZB 27/04, NZBau 2005, 290 unter C.I.3.b) m.w.N.; kritisch Otting, a.a.O., § 107 Rdnr. 12).

Demgegenüber geht das OLG Bremen (Beschluss vom 18.05.2006 - Verg 3/05, VergabeR 2006, 502 m.w.N.) sogar davon aus, dass nach der deutschen Rechtslage (ohne Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben) ein Bieter, der ohne alsbaldige Rüge erkennt, dass der Auftraggeber von der Unanwendbarkeit der §§ 97 ff. GWB ausgeht, damit sogar von der Rüge der damit zusammenhängenden Vergabefehler ausgeschlossen ist.

Einer näheren Auseinandersetzung mit dieser - vom Senat als verfehlt angesehenen - Auffassung bedarf es jedoch nicht, weil die Rügen der Antragstellerin aus anderen Gründen nicht präkludiert sind.

b) Es bedarf weiter keiner Entscheidung darüber, ob eine Rüge nicht deshalb entbehrlich war, weil sie angesichts der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin eine unnötige Förmelei dargestellt hätte (vgl. Otting, a.a.O., § 107 Rdnr. 11 m.w.N. ; Byok, a.a.O., § 107 GWB Rdnr. 988 auch zur Rechtsprechung des Senats).

c) Eine Rügeobliegenheit bestand zumindest deswegen nicht, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Ast. die gerügten Vergabeverstöße bereits längere Zeit vor der Rüge erkannt hat, § 107 Abs. 3 S. 1 GWB.

Kenntnis im Sinne des § 107 Abs. 3 S. 1 GWB setzt nicht nur eine Tatsachenkenntnis voraus (hier: Aufforderung mehrerer Bieter zu einem Angebot sowie Verhandlung mit diesem in einem ungeregelten Vergabeverfahren), sondern auch eine Kenntnis der Rechtsfehlerhaftigkeit (BGH, Beschluss vom 26.09.2006 - X ZB 14/06 unter Rdnr. 35 = NZBau 2006, 800; Senat, Beschluss vom 19.07.2006 - VII-Verg 27/06). Dies kann auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Antragstellerin während der Verhandlungen rechtsanwaltlich beraten wurde, nicht angenommen werden. Die h.M. ging zum damaligen Zeitpunkt davon aus, dass städtebauliche Verträge, jedenfalls wenn sie kein Entgelt der Gemeinde beinhalteten, im Allgemeinen nicht dem Vergaberechtsregime der §§ 97 ff. GWB unterlagen. Ob diese Auffassung zutraf, hätte einer intensiven Recherche, insbesondere der Rechtsprechung des EuGH, bedurft. Wie die Entscheidung des EuGH vom 18.01.2007 und die Stellungnahme der Generalanwältin vom 15.06.2006 zeigt, waren die Fragen umstritten. Erst die vorgenannte Entscheidung hat Klarheit geschaffen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin sich - sozusagen prophylaktisch - bereits über die Rechtslage kundig gemacht hat, obwohl sie zu den in Betracht kommenden Bietern gehörte. Solange musste sie sich darauf konzentrieren, den wirtschaftlichen und rechtlichen Anforderungen an ein annehmbares Konzept gerecht zu werden. Erst das Schreiben der Antragsgegnerin vom 26. Oktober 2006 zwang die Antragstellerin, sich mit diesem Thema zu befassen.

Im Übrigen ging erst aus dem Schreiben der G... GmbH vom 11. Oktober 2006 definitiv hervor, dass die Beigeladene zu 2 den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages verlangte.

Angesichts der Komplexität der Sach- und Rechtslage (bereits die Frage, ob es sich um einen öffentlichen Auftrag im Sinne des § 99 GWB handelte, bedurfte nach dem zuvor Gesagten einer sorgfältigen Analyse) ist es auch nicht zu beanstanden, wenn die Rüge von Vergaberechtsverstößen durch die Antragstellerin "erst" mit Schreiben vom 03. November 2006 erfolgte.

d) Aus diesen Gründen handelt die Antragstellerin ebenso wenig deswegen rechtsmissbräuchlich, weil sie ein Angebot abgegeben hat, ohne den Auftraggeber auf die Notwendigkeit eines geregelten Vergabeverfahrens hinzuweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 01.02.2005 - X ZB 27/04 - = NZBau 2005, 290, 295 = VergabeR 2005, 328, 336; s. auch Beschluss des Senats vom 19.06.2006 - VII-Verg 26/06).

3.

Trotz eines fehlenden förmlichen Vergabeverfahrens ist das Nachprüfungsverfahren eröffnet. Wie der Senat bereits im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH (C-26/03, Urteil vom 11.1.2005, NZBau 2005, 111) ausgeführt hat (Beschlüsse vom 19.07.2006 - VII-Verg 26/06 Umdruck S. 6 und vom 18.10.2006 - VII-Verg 35/06 Umdruck S. 7), ist ein materielles Verständnis des Vergabeverfahrens erforderlich. Die Tätigkeiten der Antragsgegnerin gingen über eine bloße Markterkundung hinaus, sie hatte mit potentiellen Bietern Kontakte mit dem Ziel aufgenommen, das Vorhaben mit einer verbindlichen rechtsgeschäftlichen Einigung abzuschließen.

4.

Die Antragstellerin kann auch geltend machen, ihr drohe durch die Verletzung eigener Rechte im Vergabeverfahren ein Schaden, § 107 Abs. 2 GWB. Durch die beanstandeten Vergabeverstöße sind ihre Chancen auf einen Zuschlag vermindert worden.

Soweit die Antragsgegnerin vor der Vergabekammer die Auffassung vertreten hat, ein Zuschlag an die Antragstellerin scheide aus, weil der gebotene Kaufpreis aus Rechtsgründen (verbotene Beihilfe) nicht zuschlagsfähig gewesen sei, betrifft diese Frage nicht die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages, sondern allenfalls seine Begründetheit (vgl. BGH, Beschluss vom 14.05.2004 - X ZB 7/04, NZBau 2004,457). Zudem trifft diese Auffassung aus den von der Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer dargelegten Gründen nicht zu; der nach öffentlicher Bekanntmachung der Absicht des Verkaufs eines Grundstücks zu erzielende Kaufpreis ist beihilferechtlich nicht zu beanstanden, auch wenn er unter dem von einem Gutachter ermittelten gemeinen Wert liegen sollte. Im Übrigen könnte die Antragstellerin nach vollständiger Wiederholung des Vergabeverfahrens (vgl. II.4.) ein neues Angebot einreichen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet.

1.

Die Absicht, eine Baukonzession zu erteilen, ist entgegen § 32a Nr. 1 Abs. 2 VOB/A, der auf Art. 58 der Richtlinie beruht, nicht öffentlich bekannt gemacht worden. Stattdessen sind nur bekannte Interessenten angeschrieben worden.

Die Antragstellerin ist - entgegen ihrer eigenen Auffassung - durch die Unterlassung der Vergabebekanntmachung auch in ihren Rechten verletzt worden. Allerdings ist ein Mitglied der Bietergemeinschaft als Interessentin angeschrieben worden, und sie selbst hat sich an dem Verfahren beteiligt, indem sie ein Angebot abgegeben und dieses ergänzt hat.

Jedoch entsprach das Anschreiben inhaltlich nicht den Anforderungen an eine klare und unmissverständliche Bekanntmachung. So ist es z.B. hinsichtlich der Behandlung der Altlasten unklar. Dem Schreiben vom 08. Mai 2006 zufolge sollte der Kaufpreis "ohne Berücksichtigung evtl. Altlasten" angegeben werden. Das konnte so verstanden werden, dass für den Kaufvertrag Altlasten keine Rolle spielen würden (etwa weil sie vorher von der Antragsgegnerin beseitigt wurden). Dem soll aber nun nicht so sein.

Des Weiteren hat die Unterlassung der Vergabebekanntmachung zu einem nahezu vollständig ungeregelten und ungeordneten Vergabeverfahren geführt, welches bei der Antragstellerin naheliegend zu Unklarheiten über den Verfahrensgang und die jeweils vorzulegenden Unterlagen geführt hat. Tatsächlich wurde ein Verhandlungsverfahren nach nichtöffentlichem Teilnahmewettbewerb gewählt. Ob etwa im Hinblick auf § 3 Nr. 4 lit. b) bzw. § 3a Nr. 4 lit. c) VOB/A a.F. ein Verhandlungsverfahren - allerdings nach öffentlicher Vergabebekanntmachung - grundsätzlich hätte durchgeführt werden können, kann offen bleiben. Auch die Regeln dieser Verfahrensart wurden nicht eingehalten.

So hat zwar das o.g. Anschreiben einen Abgabetermin für ein Angebot genannt, der später ersichtlich aber nicht ernst genommen worden ist; nach dem Bericht der Projektsteuerungsgesellschaft wurden nämlich auch später eingegangene Angebote berücksichtigt.

Das Vergabeverfahren ist letztlich tatsächlich in nicht näher abgegrenzten Phasen abgelaufen. Zunächst wurden sämtliche Interessenten zur Abgabe eines Angebotes aufgefordert, das sie sodann zu detaillieren hatten. Nachdem ein fliegerisch-wirtschaftliches Konzept ausgewählt wurde, wurden die übrigen Bieter aufgefordert, bestimmte Erklärungen abzugeben und eine Finanzierungsplanung vorzulegen. § 6a Abs. 4 VgV (für einen Wettbewerblichen Dialog) sowie nunmehr § 3a Nr. 7 Abs. 2 VOB/A n.F. (für ein Verhandlungsverfahren) lassen eine Phasenbildung zu, nur muss sie vom Auftraggeber "vorgesehen", das heißt, den Bietern bekannt gemacht worden sein (Art. 29 Abs. 4 der Richtlinie und § 6a Abs. 4 S. 2 VgV für einen wettbewerblichen Dialog; Art. 30 Abs. 4 der Richtlinie und § 3a Nr. 2 Abs. 2 VOB/A n.F. für ein Verhandlungsverfahren nach öffentlicher Ausschreibung). So blieb zum Beispiel unklar, bis wann wie ausgestaltete Finanzierungszusagen einzureichen waren. Bereits das Schreiben der Projektsteuerungsgesellschaft vom 08. Mai 2006 hat die Einreichung "geeigneter Aussagen über die gesicherte Finanzierung des Vorhabens" gefordert. Ob damit nur ein "Finanzierungskonzept" oder bereits rechtlich bindende Zusagen (von wem?) verlangt wurden, blieb unklar. Das Schreiben vom 25.08.2006 verlangte "belastbare Finanzierungszusagen", was auf rechtlich verbindliche Zusagen hinwies. Das Schreiben vom 11. 10.2006 wiederum verlangte nur hinsichtlich des Kaufpreises eine "belastbare Finanzierungszusage" und begnügte sich wegen der Investitionen mit "Finanzierungsplanungen". Was die Antragsgegnerin unter "belastbarer Finanzierungszusage" verstand, blieb offen, insbesondere ob sie bereits rechtsverbindlich sein musste. Tatsächlich hat sich die Antragsgegnerin hinsichtlich der Beigeladenen zu 1 mit einer bloß allgemeinen Erklärung zur "Begleitung" begnügt und zudem den späteren Austausch der finanzierenden Unternehmensgruppe zugelassen.

Dass die Beigeladene zu 2 den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages verlangte, wurde gar erst im Oktober 2006 bekannt gegeben.

2.

Außerdem ist es im Vergabeverfahren dadurch zu einem Verfahrensfehler zu Lasten der Antragstellerin gekommen, dass der Austausch des Bieters A... durch die Beigeladene zu 1 zugelassen worden ist.

a) Nach § 6 Abs. 1 S. 1 VgV sind auf Baukonzessionen die Vorschriften des 2. Abschnittes der VOB/A anzuwenden. Allerdings sind nach § 32a Nr. 1 Abs. 1 VOB/A die a-Paragraphen nicht anzuwenden. Dies ändert - obwohl die Richtlinie insoweit keine Vorschriften enthält - nichts an der Anwendung der Basisparagraphen, wie sie in § 32 Nr. 2 VOB/A für Baukonzessionen im Unterschwellenbereich vorgesehen ist (Reidt/Stickler, in Beck'scher VOB-Kommentar, § 32a Rdnr. 3; Portz/Düsterbeck, in Ingenstau/Korbion, VOB, 18. Aufl., § 32a VOB/A Rdnr. 5 jeweils m.w.N.).

b) Die Interessenten sind durch das Schreiben vom 08. Mai 2006 aufgefordert worden, bis zum 30. Juni 2006 ein Angebot einzureichen. Auch wenn man dieses Datum nur als Endzeitpunkt für die 1. Phase ansieht, woran sich weitere Verhandlungen und Detaillierungen der Pläne anschließen sollten, durften in den folgenden Phasen nur diejenigen Bieter beteiligt werden, die bis zu diesem Datum Angebote abgegeben hatte (für ein Verhandlungsverfahren s. § 3a Nr. 7 Abs. 2 VOB/A, für einen Wettbewerblichen Dialog s.§ 6a Abs. 4 VgV). Das war die Beigeladene zu 1 nicht. Ihr Angebot, welches sie erst mit Schreiben vom 20. September 2006, also erst lange nach Ablauf der Angebotsfrist, abgab, war nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. a) VOB/A auszuschließen. Ein Bieterwechsel nach Ablauf der Angebotsfrist ist unzulässig (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15.12.2004 - VII-Verg 48/04 - VergabeR 2005, 207, vom 26.01.2005 - VII-Verg 45/04, VergabeR 2005, 374, vom 16.11.2005 - VII-Verg 56/05, VergabeR 2006, 411; Kratzenberg, in Ingenstau/Korbion, a.a.O., vor § 21 Rdnr. 4).

Dass zu diesem Zeitpunkt noch Verhandlungen zwischen der Antragsgegnerin und den Bietern sowie weitere Unterlagen einzureichen waren - worauf die Antragsgegnerin im Verfahren vor der Vergabekammer verwiesen hat -, ist unerheblich. Wenn die Antragsgegnerin einem Vergabeverfahren nach dem o.g. Phasenmodell folgte, konnten Änderungen bei der Person der Bieter nur bis zum Ende der 1. Phase erfolgen.

c) Sollte unter dem Begriff "belastbare Finanzierungszusage" (vgl. Schreiben der G... GmbH vom 11.10.2006) eine rechtsverbindliche Erklärung zu verstehen gewesen sein, hätte zudem die vorgelegte Erklärung der C...-Group nicht ausgereicht. Im Übrigen ist diese nach Fristablauf von der Beigeladenen zu 1 ausgetauscht worden.

3.

Des Weiteren fehlt ein dokumentierter Vergabevermerk der Antragsgegnerin. Es liegt lediglich eine Bewertung der verschiedenen Angebote durch die beauftragte Projektsteuerungsgesellschaft vor. Aus welchen Gründen die Antragsgegnerin selbst - in Abstimmung mit der Beigeladenen zu 2 - die Antragstellerin nicht als "preferred bidder" ausgewählt hat, ist nur bedingt nachvollziehbar; es fehlt eine eigenständige Bewertung aus der hervorgeht, dass sich die Antragsgegnerin die Bewertung der Projektsteuerungsgesellschaft zu eigen gemacht hat.

Im Übrigen ist unklar, ob bereits eine endgültige Wertung durchgeführt worden ist (mit der Folge, dass nach Art. 29 Abs. 7 UA 2 der Richtlinie, § 6a Abs. 7 S. 2, 3 VgV nur noch in bestimmtem Umfange Ergänzungen des Angebots stattfinden dürfen) oder ob nach den Vorstellungen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 2 nur eine bestimmte Phase des Wettbewerblichen Dialogs/ Verhandlungsverfahrens abgeschlossen sein sollte, wobei nach den - allerdings erst zum 01.11.2006 eingeführten - § 3a Nr. 4 Abs. 4 S. 3, Nr. 7 Abs. 2 S. 2 VOB/A n.F. noch in der Schlussphase ein echter Wettbewerb zu gewährleisten ist.

4.

Zur Beseitigung der Vergabefehler hält der Senat entsprechend § 114 Abs. 1 S. 1 GWB nicht nur die Wiederholung der Bewertung der eingereichten Angebote - wie von der Antragstellerin mit ihrem Hauptantrag begehrt wird -, sondern (sollte die Antragstellerin grundsätzlich an ihren Plänen zur Veräußerung der Liegenschaft festhalten) eine vollständige Wiederholung des Vergabeverfahrens einschließlich einer ordnungsgemäßen Vergabebekanntmachung für notwendig. Wie bereits dargelegt, verletzt in diesem Fall - anders als in den Fallgestaltungen, die den Beschlüssen des Senats vom 19. Juli 2006 - VII-Verg 26/06 - und vom 18. Oktober 2006 - VII-Verg 35/06 zugrunde lagen - bereits das Fehlen der Vergabebekanntmachung die Rechte der Antragstellerin.

Dem steht nicht entgegen, dass der Senat damit - wie im Termin erörtert - über den Beschwerdeantrag der Antragstellerin hinausgeht. Eine Bindung an den Antrag besteht nicht, vielmehr gilt die Vorschrift des § 114 Abs. 1 S. 2 GWB für den Senat entsprechend.

Diese Rechtsfrage ist allerdings umstritten. Während Jaeger (a.a.O., § 123 GWB Rdnr. 1231) und Tilmann (WuW 1999, 342, 347) sich für eine Bindung des Beschwerdegerichts an die Beschwerdeanträge aussprechen, geht die h.M. in der Literatur (Stockmann, in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 120 Rdnr. 6; Gröning, in Motzke/pietzcker/Prieß, VOB/A, § 123 GWB Rdnr. 12; Stickler, in Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 2. Aufl., § 123 GWB Rdnr. 7; Sura, In Langen/Bunte Kartellrecht, 9. Aufl., § 123 GWB Rdnr. 2; Boesen, Vergaberecht, § 123 GWB Rdnr. 36) und Rechtsprechung (OLG Celle, Beschluss vom 08.11.2001 - 13 Verg 9/01, NZBau 2002, 400, 402 = VergabeR 2002, 154, 157; BayObLG, Beschluss vom 05.11.2002, Verg 22/02, NZBau 2003, 342, 345 = VergabeR 2003, 186, 192) von einer entsprechenden Geltung des § 114 Abs. 1 S. 2 GWB auch im Beschwerdeverfahren aus. Der letztgenannten Auffassung schließt sich auch der Senat an.

Zwar verweist § 123 GWB nicht ausdrücklich auch auf die Vorschrift des § 114 Abs. 1 GWB. Es sind aber keine Sachgründe dafür ersichtlich, der Vergabekammer einen weitergehenden Entscheidungsspielraum zuzugestehen als dem Vergabesenat, obwohl beiden dieselben Aufgabe zukommt, nämlich die Sicherstellung der Rechte des Bieters in einem Vergabeverfahren. Dass die Verweisung in §§ 120 und 123 GWB nicht abschließend ist, zeigt sich bereits darin, dass der Senat in ständiger Rechtsprechung mit Zustimmung der Literatur auch Beiladungsbeschlüsse gemäß § 109 GWB vornimmt (vgl. Beschluss vom 13. Februar 2007 in dieser Sache m.w.N.). Soweit Tilmann (a.a.O.) vorschlägt, der Senat solle stattdessen die Entscheidung der Vergabekammer aufheben und ihre Verpflichtung aussprechen, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden (§ 123 S. 2, 2. Alt. GWB), ist dies prozessunökonomisch (so richtig Stickler, a.a.O.). Dies führt nur zu einer unnötigen Verlängerung des Vergabeverfahrens, über welches so schnell wie möglich abschließend entschieden werden soll. Aus diesem Grunde hat es der Senat auch für zulässig erachtet, dass das Beschwerdegericht selbst eine Beiladung ausspricht, statt lediglich eine Beiladung durch die Vergabekammer anzuregen.

III.

Die Frage, ob es sich im Hinblick auf die geplante Nutzung des Geländes als Flughafen und die dafür erforderliche Genehmigung um eine Dienstleistungskonzession im Sinne des Art. 1 Abs. 3 lit. b) der Richtlinie handelt und auch insoweit der Rechtsweg gemäß §§ 116 ff. GWB eröffnet ist, wie die Antragstellerin meint, bedarf danach keiner Erörterung mehr (vgl. auch Beschluss des Senats vom 10.05.2006 - VII-Verg 12/06).

IV.

1.

Für eine Anrufung des EuGH zur Vorabentscheidung nach Art. 234 EG besteht kein Anlass. Die maßgeblichen Rechtsfragen zur Auslegung der Richtlinie sind durch die zitierten Entscheidungen hinreichend geklärt. Die von der Antragsgegnerin angeregte Vorlagefrage stellt sich bereits aus tatsächlichen Gründen nicht (vgl. oben unter I.1.e)aa)).

Die nicht nachgelassene Mitteilung der Antragsgegnerin, wonach das Vergabeverfahren eingestellt (d.h. aufgehoben) worden ist, gibt dem Senat keine Veranlassung zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (entsprechend § 156 ZPO).

2.

Die Gebühren und Auslagen der Vergabekammer tragen die Ag. und die Beigeladene zu 1 als Gesamtschuldner , § 128 Abs. 3 GWB ( vgl. BGH, a.a.O., Rdnr. 58). Die Aufwendungen der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer sind der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1 je zur Hälfte aufzuerlegen, § 128 Abs. 4 GWB (vgl. BGH, a.a.O., Rdnr. 59). Die Beigeladene zu 1 hat sich zwar - mit Ausnahme einer Vertretungsanzeige (Bl. 710 Vergabekammerakten) - nicht schriftsätzlich am Verfahren vor der Vergabekammer beteiligt. Das Protokoll der mündlichen Verhandlung der Vergabekammer vom 21. Dezember 2006 (Bl. 824/5) enthält auch keine protokollierten Äußerungen der - durch einen Rechtsanwalt vertretenen - Beigeladenen zu 1. Aus dem Beschluss der Vergabekammer (Bl. 8 Beschlussabschrift) ergibt sich aber, dass die Beigeladene zu 1 sich die Argumentation der Antragsgegnerin zu eigen gemacht hat. Die Beigeladene zu 2 war am Verfahren vor der Vergabekammer nicht beteiligt.

Des Weiteren ist gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG anzuordnen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für die Antragstellerin notwendig war.

3.

Die Kosten des erfolgreichen Beschwerdeverfahrens sind der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1 aufzuerlegen (vgl. BGH, Beschluss vom 26.09.2006 - X ZB 14/06 unter Rdnr. 63 - NZBau 2006, 800). Letztere ist kostenrechtlich wie die Antragsgegnerin zu behandeln, weil sie sich am Beschwerdeverfahren beteiligt und einem dem erfolgreichen Begehren der Antragstellerin entgegen gesetzten Antrag gestellt hat.

Die Beigeladene zu 2 hat sich demgegenüber am Verfahren nicht beteiligt und hat dementsprechend keine Kosten - bis auf die ihr selbst etwa außergerichtlich entstandenen - zu tragen.

3.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 50 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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