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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 31.07.2007
Aktenzeichen: VII-Verg 25/07
Rechtsgebiete: VOL/A
Vorschriften:
VOL/A § 25 Nr. 2 Abs. 1 |
Tenor:
Der auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 3. Juli 2007 (VK 3-64/07) gerichtete Antrag der Antragstellerin wird abgelehnt.
Die Antragstellerin wird aufgefordert, dem Beschwerdegericht bis zum 11. August 2007 anzuzeigen, ob und gegebenenfalls mit welchen Anträgen die Beschwerde aufrechterhalten bleibt.
Die Frist zur Beschwerdeerwiderung wird einstweilen ausgesetzt.
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, dem Beschwerdegericht eine etwaige Auftragserteilung unverzüglich mitzuteilen und diese durch geeignete Unterlagen zu belegen.
Gründe:
A) Die Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Antragsgegnerin schrieb im offenen Verfahren Berufsausbildungsleistungen in außerbetrieblichen Einrichtungen aus. Die Antragstellerin wandte sich mit einem Nachprüfungsantrag dagegen, dass hinsichtlich der Lose 117 bis 121 die Beigeladene den Zuschlag erhalten sollten. Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag mit dem angefochtenen Beschluss zurück. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, die nunmehr die in den Geschäftsbereich der Agentur für Arbeit B. fallenden Lose 117 und 118 betrifft. Beim Los 117 soll die Beigeladene zu 1, beim Los 118 soll die Beigeladene zu 2 den Zuschlag bekommen. Die Antragstellerin begehrt hinsichtlich der genannten Lose einen Ausschluss der Angebote der Beigeladenen und - nach Maßgabe der Beschwerdeentscheidung - eine Wiederholung der Angebotswertung.
Einstweilen beantragt die Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels zu verlängern. Die Antragsgegnerin und die Beigeladenen zu 1 und 2 treten dem Antrag entgegen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze, auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses sowie auf die zu Informationszwecken beigezogenen Verfahrensakten der Vergabekammer und die Vergabeakten Bezug genommen.
B) Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde ist unbegründet, weil das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 118 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 GWB). Der Nachprüfungsantrag ist nach gegenwärtigem Stand der Dinge von der Vergabekammer mit Recht abgelehnt worden. Ob außerdem - worauf die Antragsgegnerin in der Antragserwiderung ausschließlich abgestellt hat - der Antrag auch nach Abwägung aller in Betracht zu ziehenden Interessen einschließlich des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens abzulehnen ist (§ 118 Abs. 2 S. 2 GWB), kann dahingestellt bleiben.
Nach Durchsicht der Vergabeakten erweisen sich die Angriffe der Antragstellerin gegen die Entscheidung der Vergabekammer als voraussichtlich unbegründet.
I. Die Angebote der Beigeladenen sind nicht gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A aus der Wertung zu nehmen, weil diese in den Ausschreibungsbedingungen, und zwar auf dem Vordruck D.3.2 geforderte Angaben über den jeweiligen Tätigkeitsschwerpunkt bei mehreren Maßnahmeorten etwa nicht vollständig gemacht haben.
Im Vordruck D.3.2 war von den Bietern (für die Mitglieder von Bietergemeinschaften) einzutragen:
Anschrift der Räumlichkeiten / Außengelände, in denen die Maßnahme(n) an dem (an den) Maßnahmeort(en) / Beauftragungsort(en) durchgeführt werden soll (sollen).
Bei mehreren Maßnahmeorten / Beauftragungsorten bzw. Aufteilung der Maßnahme / Beauftragung auf mehrere Liegenschaften an einem Maßnahmeort / Beauftragungsort bitte den jeweiligen Tätigkeitsschwerpunkt angeben.
- Straße,
- PLZ, Ort,
- ggf. Tätigkeitsschwerpunkt.
Zwar haben die Beigeladenen zu 1 und 2 (A... GmbH und K...) hinsichtlich der Tätigkeitsschwerpunkte bei einzusetzenden Räumlichkeiten und Liegenschaften teilweise nichts angegeben. Die vorstehend auszugsweise wiedergegebenen Ausschreibungsbedingungen waren - so im Ergebnis auch die Vergabekammer - jedoch nicht so zu verstehen, dass Tätigkeitsschwerpunkte mit dem Angebot zwingend benannt werden mussten. Die Ausschreibungsbedingungen sind insofern auszulegen. Den Maßstab bildet die Sicht eines verständigen Bieters (st. Rspr. des Senats). Danach hat zu gelten:
Ein Tätigkeitsschwerpunkt war nur anzugeben, sofern ein solcher am jeweiligen Durchführungsort der Maßnahme anzunehmen war. Dies richtete sich nach der Verwendungsplanung der Bieter. Dagegen war den Bietern in den Ausschreibungsbedingungen nicht vorgegeben, dass für jede bei der Auftragsausführung einzusetzende Lokalität ein Tätigkeitsschwerpunkt vorzusehen und anzugeben war. Die Bieter waren vielmehr darin frei, bestimmten Räumen oder Liegenschaften Tätigkeitsschwerpunkte zuzuordnen oder von einer solchen Schwerpunktbildung abzusehen. Nur durch eine derartige Auslegung konnte vorausschauend dem in Betracht zu ziehenden Umstand Rechnung getragen werden, dass aufgrund der Einsatzplanung der Bieter bestimmte Räume oder Grundstücke eine Bezeichnung als Tätigkeitsschwerpunkt nicht verdienten, dies zum Beispiel dann, wenn sie in etwa gleichwertig für unterschiedliche Ausbildungszwecke benutzt werden sollten. In den Ausschreibungsbedingungen ist dies durch die Vorgabe "gegebenenfalls (ggf) Tätigkeitsschwerpunkt" deutlich gemacht worden. Das war von einem verständigen Bieter dahin aufzufassen, dass ein Tätigkeitsschwerpunkt nur angegeben werden sollte, sofern ein solcher vorhanden, m.a.W. vom Bieter vorgesehen war. Die Tatsache, dass die Beigeladenen von der Angabe eines Tätigkeitsschwerpunktes teilweise abgesehen hatten, konnte mithin so verstanden werden, dass den betreffenden Lokalitäten kein Ausbildungsschwerpunkt zugewiesen war. Dass es sich im Fall der Beigeladenen tatsächlich anders verhält, macht die Antragstellerin nicht geltend.
II. Die Antragstellerin stellt überdies die fachliche Eignung der Beigeladenen zu Unrecht in Abrede. Ihre Beanstandung, die Eignung der Beigeladenen sei von der Vergabestelle inhaltlich insbesondere bezüglich der personellen Ausstattung nicht überprüft und die Prüfung sei nicht dokumentiert worden, ist nach Durchsicht der Vergabeakten unbegründet oder verhilft dem Nachprüfungsantrag jedenfalls nicht zum Erfolg. Denn wie aus den insoweit fasch bezeichneten Checklisten "Formelle Prüfung" als Bestandteil der Vergabeakten hervorgeht, hat die Vergabestelle die Eignung der Beigeladenen bei der Angebotswertung zu beiden im Streit stehenden Losen durchaus überprüft (s. Checklisten jeweils unter Nr. 2.). Dabei sind auch die geforderten Eignungsnachweise geprüft worden (s. Checkliste unter "Folgende Anlagen liegen vor"). Recht zu geben ist der Antragstellerin lediglich darin, dass das Vorliegen der verlangten Nachweise und die Eignung der Beigeladenen mit keinem Wort näher begründet und dokumentiert, sondern nur formularmäßig festgestellt worden sind. Aufgrund eines Dokumentationsmangels ist der Nachprüfungsantrag jedoch nur begründet, sofern sich der Mangel auf die Rechtsstellung des Bieters im Vergabeverfahren nachteilig ausgewirkt hat (vgl. Senat, Beschl. v. 17.3.2004 - VII-Verg 1/04, VergabeR 2004, 513, 514). Dies ist im Streitfall auszuschließen, da die geforderten Eignungsnachweise von den Beigeladenen lückenlos vorgelegt worden sind und die Vergabestelle ihre Eignung beurteilungsfehlerfrei bejaht hat.
Allerdings haben einzelne Mitglieder der Beigeladenen zu 1 und zu 2 (Bietergemeinschaften) nicht die in den Ausschreibungsbedingungen (unter A.3) verlangten Referenzen bei vergleichbaren Leistungen innerhalb der letzten drei Jahre und die zur Auftragsausführung erforderliche Personalausstattung nachgewiesen. Dabei handelt es sich um Nachweise (Angaben und Erklärungen i.S.v. § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A) zur Beurteilung der Fachkunde und Leistungsfähigkeit des Bieters. Indes hat - von Sonderfällen abgesehen - in Bezug auf Bietergemeinschaften zu gelten, dass die Fachkunde und Leistungsfähigkeit grundsätzlich schon dann als nachgewiesen anzusehen ist, wenn aussagekräftige Unterlagen für e i n Mitglied oder mehrere Mitglieder der Bietergemeinschaft vorgelegt worden sind und diese das ausgeschriebene Leistungsspektrum abdecken. Bei Bietergemeinschaften kommt es für die Beurteilung der Eignung mithin auf die der jeweiligen Bietergemeinschaft i n s g e s a m t zur Verfügung stehenden fachlichen und sonstigen Kapazitäten an. Einzelnen Mitgliedern verfügbare Eigenschaften sind der Bietergemeinschaft zuzurechnen. Die tatsächliche Verfügbarkeit folgt aus der Eingehung der Bietergemeinschaft, die von der zweckbestimmten Einbringung der den Mitgliedern zu Gebote stehenden Mittel in die Gesamtleistung lebt (vgl. OLG Naumburg, Beschl. v. 30.4.2007 - 1 Verg 1/07 sowie zuvor bereits Senat, Beschl. v. 15.12.2004 - Verg 48/04, VergabeR 2005, 207, 209).
Von diesem Vorverständnis ausgehend ist es unschädlich, wenn bei Abgabe des Angebots einzelne Mitglieder der Bietergemeinschaft, im vorliegenden Fall insbesondere die A... GmbH als Mitglied beider Beigeladenen, nicht über die verlangten Referenzen und nicht über die zur Auftragsausführung erforderliche Personalausstattung verfügte. Denn die übrigen Mitglieder der Beigeladenen (mit Ausnahme der A... GmbH und des B... e.V.) hatten ausweislich der von ihnen mit dem Angebot eingereichten Erklärungen zur Bietereignung (auf Vordrucken D.3 und D.3.1) die geforderten Referenzen und hielten das benötigte Personal vor. Dies wird von der Antragstellerin nicht in Abrede gestellt. Infolgedessen kommt es für die Beurteilung der Eignung der Beigeladenen nicht darauf an, dass bei Angebotsabgabe einzelnen Mitgliedern als wesentlich vorauszusetzende Eigenschaften fehlten.
Unabhängig davon: Was insbesondere das bei der Ausführung benötigte Personal anbelangt, war in den Ausschreibungsbedingungen keineswegs gefordert, dass Bieter die erforderliche Ausstattung bei Einreichung des Angebots bereits vorzuhalten hatten. Die auf dem Vordruck D.3 abzugebende Erklärung zur Bietereignung ließ zu, dass Bieter bei Angebotsabgabe noch nicht über das in der Leistungsbeschreibung geforderte Personal verfügten (s. dazu die Leistungsbeschreibung unter B.2.4 Personal und Personalschlüssel). Für diesen Fall enthielt der Vordruck die Zusicherung des Bieters:
Ich werde die Maßnahme / Beauftragung mit dem in der Leistungsbeschreibung geforderten Personal durchführen.
Damit übereinstimmend war in der Leistungsbeschreibung (dort unter B.1.1 Personal) vorgesehen:
Der Nachweis des Personals hat (Zusatz: erst) nach Zuschlagserteilung spätestens vier Wochen vor Beginn der Maßnahme bzw. unmittelbar nach Zuschlagserteilung ... gegenüber dem Auftraggeber zu erfolgen.
Eine Konzeption, wie das benötigte Personal beschafft werden sollte, musste entgegen der Ansicht der Antragstellerin mit dem Angebot nicht unterbreitet werden.
III. Die von der Antragstellerin in Bezug auf die Angebote der Beigeladenen weiter angenommenen Ausschlussgründe treffen nicht zu. Die Angebotsunterlagen sind, so wie es in den Ausschreibungsbedingungen vorgegeben war, gekennzeichnet, insbesondere mit einem Firmenstempel versehen worden. Die Ausschreibungsbedingungen schrieben vor (unter A.6):
Alle eingereichten Unterlagen sind mit dem Firmenstempel zu versehen. ... Soweit die Angebotsunterlagen aufgrund von Firmenbriefköpfen o.ä. eindeutig zugeordnet werden können, kann auf das Abstempeln verzichtet werden.
Die Durchsicht der Angebote der Beigeladenen hat ergeben, dass die Angebotsunterlagen nicht nur abgestempelt worden sind, sondern dass die Bestandteile auch aufgrund ihrer sonstigen Kennzeichnung den Angeboten der Beigeladenen eindeutig zugeordnet werden können.
Was weitere Ausschlussgründe anbetrifft (keine ordnungsgemäßen Unterschriften, wettbewerbswidriges Verhalten durch Zusammenschluss zu Bietergemeinschaften), verweist die Beschwerde ausschließlich auf den Vortrag im Verfahren vor der Vergabekammer. Auch solche Ausschlussgründe sind nicht gegeben. Dazu wird auf die zutreffenden Gründe des Beschlusses der Vergabekammer Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung ist der Beschwerdeentscheidung vorbehalten.
Ende der Entscheidung
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