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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 02.05.2008
Aktenzeichen: VII-Verg 26/08
Rechtsgebiete: GWB, VgV, HOAI


Vorschriften:

GWB §§ 97 ff.
GWB § 118 Abs. 1 S. 3
VgV § 5 S. 3
VgV § 7 Abs. 2 Nr. 1 S. 1
VgV § 7 Abs. 2 Nr. 1 S. 2
HOAI § 66 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Köln vom 04. April 2008 (VK VOF 33/2007) wird bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängert.

Gründe:

1.

Die Antragsgegnerin, ein regional tätiges Energieversorgungsunternehmen, führt aus Anlass von Neu- und Umbauvorhaben bei Verwaltungs- und Sozialgebäuden nach öffentlicher Ausschreibung ein Verhandlungsverfahren zur Vergabe von Tragwerksplanungen durch. Die Antragstellerin wurde zur Abgabe eines Angebots zugelassen. Sie rügte vor allem der HOAI widersprechende Vergütungsvorgaben und im Nachprüfungsverfahren darüber hinaus das Unterbleiben einer Bekanntgabe der nachträglich aufgestellten Bewertungsmatrix sowie deren fehlende Kompatitbilität mit den Bewertungskriterien der Verdingungsunterlagen. Ihr wurde schließlich mitgeteilt, auf ihr Angebot könne "aus preislichen Gründen" kein Zuschlag erfolgen. Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag mit der Begründung zurückgewiesen, Vergabefehler hätten sich nicht zu Lasten der Antragstellerin ausgewirkt.

2.

Der Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde gemäß § 118 Abs. 1 S. 3 GWB ist begründet. Denn ihr Nachprüfungsantrag ist entgegen der Auffassung der Vergabekammer voraussichtlich erfolgreich.

a) Dabei kann dahinstehen, ob die ausgeschriebene Leistung hinsichtlich ihrer "Lösung vorab eindeutig und erschöpfend beschrieben werden" konnte (vgl. zur Abgrenzung Müller-Wrede, VOF, 3. Aufl., § 2 Rdnr. 64 ff.), so dass gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 VgV der 4. Abschnitt der VOL/A anzuwenden ist, oder ob dies nicht der Fall ist, so dass im Hinblick auf § 5 S. 3 und § 7 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 VgV nach h.M. die §§ 97 ff. GWB sowie die VKR unmittelbar gelten (vgl. OLG Brandenburg, NZBau 2007, 332 = VergabeR 2007, 235; Voppel, VergabeR 2006, 390; Stemmer/Wierer, VergabeR 2006, 7, 8; Kulartz in Müller-Wrede, a.a.O., § 1 Rn. 5; s. auch Bischoff, in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, S. 134/135).

b) Die Antragsgegnerin hat als Zuschlagskriterien eignungsbezogene Merkmale genannt, nämlich Unternehmenskennwerte und Fachkunde, was grundsätzlich nicht nur nach nationalem, sondern auch nach EG-Richtlinienrecht unstatthaft ist (vgl. EuGH, Urteil vom 24.1.2008 - C-532/06, Rn. 30). Das darüber hinaus festgelegte Zuschlagskriterium der Wirtschaftlichkeit ist außerdem inhaltlich völlig unbestimmt und intransparent. Es ist ungeeignet, eine dem Gleichbehandlungsgebot (und zugleich einer Vermeidung von Willkür) auch nur einigermaßen genügende Angebotswertung sicherzustellen.

Eine Verletzung der Rügeobliegenheit dürfte nicht vorliegen. Im VOF-Bereich wurde bisher streitig diskutiert, inwieweit Eignungs- und Auftragskriterien strikt zu trennen sind (vgl. Michels/Rude, VergabeR 2008, 183, 191 ff.; vgl. auch die Bemerkung der Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom 05. März 2008 an die Vergabekammer, Bl. 3/4).

c) Ferner hat die Antragsgegnerin gegen EG-Vergaberechtsvorschriften verstoßen, indem sie den Bietern eine nachträglich aufgestellte Bewertungsmatrix nebst Unterkriterien und Gewichtungskoeffizienten nicht offenbart hat. Unterkriterien und Gewichtungen sind den Bietern aus Sicht des nationalen und des europäischen Vergaberechts ohne Wenn und Aber rechtzeitig vor Ablauf der Angebotsfrist mitzuteilen, damit die Angebote darauf eingestellt werden können (vgl. EuGH a.a.O. Rn. 36). Die diesbezüglichen Rechtsbestimmungen haben bieterschützenden Charakter.

Eine Verletzung der Rügeobliegenheit kommt hier bereits deswegen nicht in Betracht, weil die fraglichen Tatsachen erst im Nachprüfungsverfahren bekannt geworden sind.

d) Ob der Ausschreibungstext gegen die HOAI verstößt, bedarf danach keiner Erörterung. Es sei lediglich darauf hingewiesen, dass bisher die Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 HOAI für eine Zusammenrechnung nicht dargelegt sein dürften.

e) Derzeit ist nicht zu verneinen, dass die genannten Vergaberechtsverstöße Einfluss auf die Vorbereitung sowie auf den Inhalt der Angebote gehabt haben und die Antragstellerin dadurch in Bieterrechten verletzt worden ist. Angesichts der vorliegenden Vergaberechtsverstöße kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragstellerin bei ordnungsgemäßer Ausschreibung den Zuschlag erhalten hätte.

Ende der Entscheidung

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