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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 23.01.2008
Aktenzeichen: VII-Verg 31/07
Rechtsgebiete: GWB, VOL/A 2002, FGG, GVG, VwVfG


Vorschriften:

GWB § 107 Abs. 2
GWB § 107 Abs. 3 Satz 1
GWB § 118 Abs. 1 Satz 3
GWB § 124 Abs. 2
GWB § 124 Abs. 2 Satz 1
GWB § 128 Abs. 3
GWB § 128 Abs. 4
VOL/A 2002 § 9a
FGG § 28
FGG § 28 Abs. 2
GVG § 121
GVG § 121 Abs. 2
VwVfG § 80 Abs. 3 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 2. Vergabekammer des Bundes vom 17. August 2007 (Az. VK 2- 81/07) aufgehoben.

Der Antragsgegnerin wird untersagt, im Ausschreibungsverfahren "Lieferung, Installation und Einrichtung eines Vermittlungssystems für die BKA-Liegenschaften (B3.34-2334/05)" einen Zuschlag zu erteilen, oh-ne die zu einer Angebotsabgabe zugelassenen Teilnehmer nach erneuter Übersendung der Verdingungsunterlagen und zwar, einschließlich einer Bekanntgabe aller Zuschlagskriterien, Unterkriterien und deren jeweiliger Gewichtung, zuvor erneut zur Abgabe eines Angebots aufgefordert zu haben.

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer tragen die Antragsgegnerin und die Beigeladene als Gesamtschuldner. Die der Antragstellerin zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen tragen die Antragsgegnerin und die Beigeladene je zur Hälfte. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Die Hinzuziehung eines anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin war im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens - einschließlich des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB - werden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen je zur Hälfte auferlegt.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu Euro 80.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin schrieb die Lieferung, Installation und Einrichtung eines Telekommunikationssystems für die BKA-Liegenschaften (B.3.34-2334/05) im Oktober 2006 europaweit im nichtoffenen Verfahren mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb aus. In der Bekanntmachung wurde hinsichtlich der Zuschlagskriterien auf die Ausschreibungsunterlagen verwiesen.

Die Antragstellerin wurde neben der Beigeladenen und vier weiteren Bewerbern zur Abgabe eines Angebots zugelassen.

Ausweislich des mit der Angebotsaufforderung vom 28. Dezember 2006 übersandten "Leistungsverzeichnisses für ein Telekommunikationssystem für das Bundeskriminalamt W., Liegenschaft Ä." unter 1.15 sollte das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag erhalten. Zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots sollten zwei Zuschlagskriterien Anwendung finden, nämlich die "Einhaltung/Erfüllung der Leistungsbeschreibung" und der Preis. Soweit es das Zuschlagskriterium "Einhaltung/Erfüllung der Leistungsbeschreibung" betraf, bildete die Antragsgegnerin sechs sogenannte Hauptgruppen (Unterkriterien), denen sie die folgenden prozentualen Gewichtungen zumaß:

5% einzuhaltende Richtlinie usw.

20% Schnittstelle, Protokolle usw.

50% Vermittlungssystem

10% Wartung

7,5 % Infrastruktruelle Arbeiten

7,5% Sonstige Leistungen.

Das Leistungsverzeichnis enthielt unter Ziffern 2.5 bis 2.13 mindestens 116 technische Mindest- (A-Kriterien) und Zusatzanforderungen (B-Kriterien), die das zu liefernde Vermittlungssystem erfüllen sollte.

Am 19. Januar 2007 berief die Antragsgegnerin eine Bieterkonferenz ein, an der sechs Bieter teilnahmen.

Am 16. Februar 2007, vor Ablauf der Angebotseinreichungsfrist, stellte die Antragsgegnerin in tabellarischer Form eine Bewertungsmatrix fertig. Diese Bewertungsmatrix bestimmte 116 technische Mindest- und Zusatzanforderungen der Leistungsbeschreibung zu sogenannten Detailforderungen (Detailkriterien). Mehrere technische Detailforderungen wurden in Gruppen (Untergruppen) zu sogenannten Einzelkriterien (Einzelforderungen) zusammengefasst. Die Untergruppen, die Merkmale der Leistungsbeschreibung wiederholten, wurden dadurch zu Zuschlagskriterien (Unter-Unterkriterien). Eine oder mehrere Untergruppen bildeten wiederum eine der sechs Hauptgruppen (Unterkriterien). Die auf eine Hauptgruppe entfallende prozentuale Gewichtung (z.B. Hauptgruppe "Richtlinien und Vorschriften": 5%) verteilte die Antragsgegnerin je nach der ihr zukommenden Bedeutung auf die einzelnen Untergruppen. Die Teilgewichtung der einzelnen Untergruppe verteilte sie je nach der Bedeutung, die sie einem Einzelkriterium zumaß, auf die Detailforderungen der Untergruppen.

Für die Detailforderungen entwickelte die Antragsgegnerin gleichzeitig ein Bewertungssystem nach Punkten (Punktesystem). Sie erstellte tabellarische Übersichten über die erreichbaren Punktzahlen je Detailforderung der Unter- und Hauptgruppen. Jeder einzelnen Detailforderung (z.B. einzuhaltende Vorschriften der Bundesnetzagentur) einer Untergruppe wurden für die Erfüllung der Anforderung einhundert Wertungspunkte, für die Nichterfüllung der Anforderungen unter Angabe einer Begründung ein Wertungspunkt und für die Nichterfüllung unter Angabe keiner Begründung Null Wertungspunkte zugewiesen. Bei Erfüllung der Detailforderung und Erreichen von einhundert Wertungspunkten wurde der Detailforderung das prozentuale Gewicht der Detailforderung zugeordnet.

Die Antragsgegnerin unterließ es, die Untergruppen und Detailforderungen sowie deren Gewichtung den Bietern bekannt zu geben.

Die Antragstellerin und weitere fünf Unternehmen gaben rechtzeitig ein Angebot ab.

Mit Schreiben vom 20. Juni 2007 rügte die Antragstellerin nach anwaltlicher Beratung unter anderem, die Antragsgegnerin habe es unterlassen, den Bietern neben den Hauptgruppen auch alle Detailforderungen und deren Einzelgewichtungen mitzuteilen.

Die Antragsgegnerin half der Rüge mit Schreiben vom 22. Juni 2007 nicht ab. Mit Schreiben vom 25. Juni 2007 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, sie habe die Absicht, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Das Angebot der Antragstellerin habe die geforderten Mindestpunktzahlen nicht erreicht.

Mit Schreiben vom 3. Juli 2007 wiederholte die Antragstellerin ihre Rügen. Sie reichte am 5. Juli 2007 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer ein. Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 17. August 2007 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dem Transparenzgrundsatz sei kein grundsätzlicher Anspruch der Bieter zu entnehmen, eine Wertungsmatrix des öffentlichen Auftraggebers zu erhalten, um durch taktisch-mathematische Vorgehensweisen bei der Erstellung des Angebots eine möglichst hohen Angebotsbewertung zu erreichen. Es habe auch keine Pflicht bestanden, innerhalb der verbleibenden Zeit bis zum Ablauf der Angebotsabgabefrist die erst am 16. Februar 2007 endgültig fertiggestellte Wertungsmatrix an die Bieter zu versenden.

Mit der sofortigen Beschwerde begehrt die Antragstellerin unter anderem, den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben sowie die Antragsgegnerin zu verpflichten, allen Bietern die der Auswertung zugrunde liegende Bewertungsmatrix einschließlich Untergruppen und den Wertungsmodus bekannt zu geben.

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, die Antragsgegnerin habe gegen § 9a VOL/A 2002 verstoßen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zu Art. 36 Abs. 2 der Richtlinie 92/50 EWG (nunmehr Art. 53 Abs. 2 der Richtlinie 2004/18/EG) sei der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, neben den Zuschlagskriterien aufgestellte Unterkriterien, eine Wertungsmatrix und ein Punktvergabesystem den Bietern bekannt zu geben. Dies habe die Antragsgegnerin unterlassen. Erst aufgrund der im Vergabenachprüfungsverfahren bekannt gegebenen Wertungsmatrix habe sie, die Antragstellerin, von der Bildung der Untergruppen und deren Gewichtungen sowie der Aufstellung von Detailforderungen und deren Gewichtungen und dem Punktvergabesystem erfahren.

Die Antragstellerin beantragt,

1. die Entscheidung der Vergabekammer des Bundes aufzuheben und

2. den Antragsgegner zu verpflichten, allen Bewerbern die der Auswertung der Angebote zugrunde gelegte Bewertungsmatrix, einschließlich Unterkriterien und Wertungsmodus bekannt zu machen,

3. alle Bewerber im Vergabeverfahren "Lieferung, Installation und Einrichtung eines Vermittlungssystems für die BKA-Liegenschaften" erneut zur Angebotsabgabe aufzufordern und die eingehenden Angebote nach Maßgabe der bekannt gemachten Bewertungsmatrix einschließlich der Unterkriterien und des Wertungsmodus zu bewerten.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, sie habe ihren Bekanntmachungspflichten genügt. Sämtliche 116 Detailforderungen seien den Bietern als technische Mindest- und Zusatzanforderungen aus dem Teil 2 des Leistungsverzeichnisses bekannt gewesen. Darum sei es nicht erforderlich gewesen, Untergruppen und Detailforderungen als Zuschlagskriterien gesondert mitzuteilen. Diese seien aus den Forderungen des Leistungsverzeichnisses unmittelbar hervorgegangen. Nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 24. November 2005 (Rs. C 331/04, VergabeR 2007, 202 - ATI EAC Srl u.a. /Provinz Venedig u.a.) sei eine Bekanntgabe der zu den Zuschlagskriterien aufgestellten Unterkriterien und ihrer Gewichtungen nur erforderlich, wenn diese einen Einfluss auf den Inhalt der Angebote hätten. Dies sei im Streitfall aber auszuschließen gewesen, weil die Angebotsfrist am 20. Februar 2007 abgelaufen sei. Die Bekanntgabeverpflichtung, so wie sie der EuGH in der Entscheidung vom 12. Dezember 2002 (Rs. C- 470/99 - Universale Bau) entwickelt habe, erstrecke sich im Übrigen nur auf eine im Vorhinein, vor Veröffentlichung der Vergabebekanntmachung aufgestellte Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung. Nach der Entscheidung des EuGH vom 24. November 2005 (Rs. C - 331/04, aaO.) sei es dem öffentlichen Auftraggeber nicht verwehrt, Unterkriterien eines zuvor festgelegten Zuschlagskriteriums und deren Gewichtung zu einem späteren Zeitpunkt festzulegen, wenn unter anderem sichergestellt sei, dass die Bewertungsmatrix nichts enthalte, was die Vorbereitung der Angebote durch die Bieter hätte beeinflussen können, wenn es ihnen bei der Vorbereitung der Angebote bereits bekannt gewesen wäre. Dies müsse erst recht gelten, je höher der Detaillierungsgrad der Unterkriterien sei. Anderenfalls führe dies dazu, dass der öffentliche Auftraggeber in Zukunft darauf verzichten werde, Unterkriterien durch Bildung von weiteren (Unter-) Unterkriterien und Detailforderungen zu detaillieren und diese zu gewichten.

Die Antragstellerin habe auch nicht dargelegt, inwieweit sie ein besser zu bewertendes Angebot abgegeben hätte, wenn ihr die Detailforderungen (Detailkriterien) und die Untergruppen (Einzelkriterien) und deren Gewichtungen bekannt gewesen seien.

Das Punktvergabesystem habe sie den Bietern anlässlich der Bieterkonferenz offenbart.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie verteidigt den Beschluss der Vergabekammer.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Vergabeakte und die Verfahrensakte der Vergabekammer verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg.

1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

a) Die Antragstellerin ist antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB. Sie hat ein Angebot abgegeben. Ihr droht durch die von ihr schlüssig behauptete Verletzung von Vergaberechtsvorschriften, nämlich zumindest der unterlassenen Bekanntgabe der Gewichtung von Zuschlagskriterien, ein Schaden zu entstehen. Sie hat als eine von insgesamt sechs zur Angebotsabgabe aufgeforderten Bietern auch Aussichten auf eine Erteilung des Zuschlags.

b) Die Antragstellerin hat ihrer Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB genügt. Nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist ein Nachprüfungsantrag unzulässig, soweit der Antragsteller den gerügten Verstoß gegen Vergabevorschriften bereits im Vergabeverfahren erkannt und nicht gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich gerügt hat. Die Vorschrift beinhaltet eine Rügeobliegenheit nur für erkannte Verstöße gegen Vergabevorschriften. Kenntnis in diesem Sinne verlangt nicht nur eine positive Kenntnis aller tatsächlichen Tatumstände, aus denen die Beanstandung im Nachprüfungsverfahren abgeleitet wird, sondern auch die zumindest laienhafte rechtliche Wertung, dass sich aus ihnen eine Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.2006, X ZB 14/06, VergabeR 2007, 59, 65). Bloße Erkennbarkeit reicht nicht aus. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Antragstellerin über eine Rechts- und Tatsachenkenntnis von einem Vergabeverstoß zu einem früheren Zeitpunkt als dem Tag der Rüge verfügte, die ihre Rügeobliegenheit ausgelöst hätte. Zwar kann der Antragstellerin nicht verborgen geblieben sein, dass den Verdingungsunterlagen nichts über die Höhe einer erreichbaren Gesamtpunktzahl und deren Verteilung auf Forderungen der Leistungsbeschreibung zu entnehmen war. Dies belegt aber nicht die erforderliche Tatsachen- und mindestens nicht eine Rechtskenntnis der Antragstellerin von einem Vergaberechtsverstoß. Erst aufgrund der dem Rügeschreiben vom 20. Juni 2007 vorausgegangen anwaltlichen Beratung erlangte sie - unwiderlegt - die Rechtskenntnis, dass eine unterlassene Bekanntgabe von Zuschlagskriterien und einer Bewertungsmatrix sowie eines Punktvergabesystems einen Verstoß gegen das Transparenzgebot darstellt. Die Antragstellerin erhielt die erforderliche Gewissheit über die Tatsache, dass die Antragsgegnerin eine Bewertungsmatrix und ein Punktvergabesystem aufgestellt und angewandt hatte, ohne diese den Bietern bekannt zu geben, alsdann erst auf Grund des Nichtabhilfeschreibens der Antragsgegnerin vom 22. Juni 2007. Das Rügeschreiben vom 20. Juni 2007 reichte mithin aus, um der gesetzlichen Rügeobliegenheit zu genügen. Angesichts dessen kann dahinstehen, ob die Rüge vom 3. Juli 2007 auf die Bieterinformation vom 25. Juni 2007 als unverzüglich anzusehen ist.

2. Der Nachprüfungsantrag ist begründet.

Gemäß § 9a VOL/A geben die Auftraggeber in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung alle Zuschlagskriterien an, deren Verwendung sie vorsehen, möglichst in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung. § 9a VOL/A ist, wie der Senat wiederholt unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 12. Dezember 2002 und vom 24. November 2005 (NZBau 2003, 162 - Universale Bau AG und VergabeR 2006, 202 - ATI EAC Srl) ausgeführt hat (vgl. Senat, Beschl. v. 16.2.2005, VII-Verg 74/04 VergabeR 2005, 364, 370; Beschl. v. 23.3.2003, Verg 77/03; Beschl. v. 19.7.2006, VII-Verg 27/06, Umdruck S. 19; Beschl. v. 16.11.2005, VII-Verg 59/05, Umdruck S. 11), richtlinienkonform dahin auszulegen, dass der öffentliche Auftraggeber sich nicht darauf beschränken darf, die Zuschlagskriterien als solche zu benennen, sondern den Bietern auch von ihm zu den Zuschlagskriterien aufgestellte Unterkriterien ("alle Zuschlagskriterien") mitzuteilen hat, um so die Transparenz des Verfahrens und die Chancengleichheit der Bieter zu gewährleisten. Dies gilt nicht nur für im Voraus, das heißt vor Veröffentlichung der Bekanntmachung und Übersendung der Verdingungsunterlagen aufgestellte Unterkriterien, sondern auch für danach (nach Veröffentlichung der Bekanntmachung und Versendung der Verdingungsunterlagen) aufgestellte Unterkriterien und ihre Gewichtung (vgl. Thüringer OLG VergabeR 2007, 522, 525). Eine Festlegung der Zuschlagskriterien und ihrer Gewichtung sowie der Unterkriterien und ihrer Gewichtung nach Ablauf der Angebotsfrist und in Kenntnis der eingereichten Angebote ist dem Auftraggeber ohnedies verwehrt, da dies dem Auftraggeber Raum für Manipulationen eröffnen würde (vgl. Senat, Beschl. v. 19.7.2005, VII-Verg 27/06, Umdruck S. 19; OLG Dresden, Beschl. v. 6.4.2004 WVerg 01/04, VergabeR 2004, 609, 613).

Die nachträgliche Festlegung von Unterkriterien und ihrer Gewichtung unterliegt jedoch nach der Rechtsprechung des EuGH drei Beschränkungen: Der öffentliche Auftraggeber darf keine Unterkriterien aufstellen, welche die bekannt gegebenen Zuschlagskriterien abändern. Die nachträglich die Unterkriterien betreffende Entscheidung darf keine Gesichtspunkte enthalten, die die Vorbereitung der Angebote hätten beeinflussen können, wenn sie zum Zeitpunkt der Vorbereitung bekannt gewesen wären. Schließlich darf der Auftraggeber keine Unterkriterien festlegen, welche geeignet sind, Bieter zu diskriminieren. Ist nur eine Beschränkung nicht beachtet worden, liegt ein mit dem Gemeinschaftsrecht nicht zu vereinbarender Vergaberechtsverstoß des öffentlichen Auftraggebers vor.

Aus der zweiten Beschränkung folgt für die nachträgliche Aufstellung von Unterkriterien und deren Gewichtung: Ist der Auftraggeber aus nachvollziehbaren Gründen (z. B. aus haushalterischen Gründen oder wegen der Komplexität des Auftragsgegenstandes) erst kurz vor Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe in der Lage, die Zuschlagskriterien und/oder Unterkriterien sowie die Gewichtung festzulegen, muss er die spätere Festlegung den Bietern nachträglich bekannt geben, sofern die Kenntnis davon die Vorbereitung der Angebote beeinflussen kann. Darüber hinaus hat der Auftraggeber den Bietern Gelegenheit zu einer Änderung oder Anpassung der Angebote, soweit diese bereits vorbereitet sind, zu geben. Notfalls hat dies dadurch zu geschehen, indem die Frist zu Angebotsabgabe verlängert wird.

Diese Grundsätze gelten auch für den Fall, dass der Auftraggeber zur Ausfüllung bekannt gegebener Unterkriterien nachträglich differenzierende (Unter-) Unterkriterien und Detailforderungen aufstellt und diese gewichtet, sofern nicht auszuschließen ist, dass eine Festlegung weiterer (Unter-) Unterkriterien und Detailforderungen sowie deren Gewichtung objektiv geeignet ist, den Inhalt der Angebote zu beeinflussen (vgl. Senat, Beschl. v. 14.11.2007, VII-Verg 23/07, Umdruck S. 9/10). Differenzierende (Unter-) Unterkriterien und Detailforderungen (Detailkriterien) sind den Bietern genauso wie deren Gewichtung bekannt zu geben.

Das Oberlandesgericht Dresden es in einem obiter dictum allerdings für vergaberechtlich unbedenklich erklärt hat, dass der Auftraggeber auch nach Aufforderung zur Angebotsabgabe ein sachgerechtes und plausibles Wertungssystem erst im Verlauf des Wertungsprozesses, also in Ansehung der ihm vorliegenden Angebote entwickelt (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 6.4.2004 Wverg 01/04, VergabeR 2004, 609, 613). Demgegenüber hat das Oberlandesgericht Bremen (vgl. OLG Bremen, Beschl. v. 14.4.2005, Verg 1/2005 - VergabeR 2005, 537, 542) entschieden, es sei vergaberechtsfehlerhaft, eine Bewertungsmatrix erst nach Kenntnis der Bewerbungsschreiben (und Angebote) zu entwickeln, wobei es den hier vertretenen Rechtsstandpunkt teilt. Die anderslautende Entscheidung des Oberlandesgerichts Dresden ist im Streitfall jedoch nicht geeignet, eine Vorlagepflicht im Sinne des § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB zu begründen. Sie löst keine Vorlagepflicht aus, weil der aufgestellte Rechtssatz nach den eigenen Ausführungen des Oberlandesgerichts Dresden die Entscheidung nicht trägt.

Ebensowenig begründet die Entscheidung des Oberlandesgericht Naumburg vom 9. September 2003 (vgl. VergabeR 2004, 80, 84) (noch) eine Vorlagepflicht nach § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB. Der Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg ist zwar nicht zu entnehmen, dass eine nachträgliche Wertungsentscheidung auch noch nach Öffnung der Angebote zulässig sei. Sollte die Entscheidung aber so zu verstehen sein, dass nicht nur die Gewichtung eines einzelnen Zuschlagskriteriums nachträglich verändert, sondern die Gewichtung der Zuschlagskriterien insgesamt nachträglich verändert werden darf, so ist diese Auffassung obsolet und begründet keine Vorlagepflicht mehr. Nach § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB legt ein Oberlandesgericht, das über eine sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung einer Vergabekammer die Sache dem Bundesgerichtshof vor, wenn es von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will. Das ist der Fall, wenn das vorlegende Gericht als tragende Begründung seiner Entscheidung einen Rechtssatz zu Grunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt (vgl. BGH, VergabeR 2003, 313, 314 - Jugendstrafanstalt; BVerwG NVwZ 1999, 406). Sinn und Zweck des § 124 Abs. 2 GWB - ebenso wie der parallelen Rechtsvorschriften des § 28 Abs. 2 FGG und des § 121 Abs. 2 GVG - ist es, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung herbeizuführen oder zu bewahren. Die Abweichung muss ein und dieselbe Rechtsfrage betreffen und deren Beantwortung muss für beide Entscheidungen erheblich sein. Statthaft ist die Vorlage an den Bundesgerichtshof nur, wenn tatsächlich ein Abweichungsfall vorliegt. Eine Vorlage an den Bundesgerichtshof ist trotz einer in einem entscheidungserheblichen Rechtssatz abweichenden Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts mangels Vorliegens einer Abweichung nicht statthaft und nicht geboten, wenn infolge der Änderung einer gesetzlichen Regelung die in Betracht kommenden Vergleichsentscheidungen eine andere Rechtsfrage betreffen (vgl. BGH NJW 1993, 3069, 3070 zu § 28 Abs. 2 FGG; vgl. Meyer-Holz in Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 18 Rdnr. 18; Meyer-Goßner, Komm. zur StPO, 49. Aufl. § 121 GVG Rdnr. 5). Dieser den Anwendungsbereich der Vorlagepflicht beschränkende Rechtsgedanke, der der Auslegung des § 28 FGG und des § 121 GVG zu Grunde liegt, hat entsprechend im Rahmen des § 124 Abs. 2 GWB zu gelten. Er gilt genauso entsprechend, wenn in der Zwischenzeit eine Entscheidung eines höchstrangigen Gerichts (z.B. des EuGH oder des Bundesverfassungsgerichts), zu der entscheidungserheblichen Auslegungsfrage ergangen ist. Hinsichtlich des hier tragenden Rechtssatzes ist eine höchstrichterliche Entscheidung des EuGH ergangen, in deren Licht § 9a VOL/A 2002 (richtlinienkonform) auszulegen ist. Der EuGH hat mit Urteil vom 24. November 2005 (Rs. C 331/04, VergabeR 2007, 202 - ATI EAC Srl) im Wege des Art. 234 EG die sich hier stellende Vorlagefrage dahin entschieden und oder seine Entscheidung ist jedenfalls so zu verstehen, dass eine nachträgliche (vor Angebotsöffnung erfolgende; vgl. aber auch Schlussantrag des Generalanwaltes Tz. 30, 32, 34, 35, 41 zur nach Angebotsöffnung erfolgenden) Änderung, Ergänzung oder Neueinführung von Zuschlagskriterien oder Aufstellung von Unterkriterien und/oder ihrer Gewichtung den dargestellten Beschränkungen unterliegt.

Der Senat ist auch nicht verpflichtet, das Verfahren auszusetzen und den EuGH nach Art. 234 Abs. 3 EG im Streitfall anzurufen, denn eine Vorlagepflicht nach Art. 234 Abs. 3 EG besteht nicht, wenn die zu entscheidende Rechtsfrage bereits entschieden worden ist und darüber eine gesicherte Rechtsprechung des Gerichtshofs vorliegt, so dass keinerlei Zweifel an der Entscheidung der gestellten Frage bleibt. Dies ist hier der Fall.

(1) Es kann dahinstehen, ob im Unterlassen einer vorherigen Bekanntgabe von Untergruppen (Unter-Unterkriterien) und Detailforderungen (Detailkriterien) als Zuschlagskriterien ein Vergaberechtsverstoß zu sehen ist. Die Bieter konnten, da zumindest die Untergruppen und Detailforderungen in der Leistungsbeschreibung aufgeführt waren, dem Inhalt der Leistungsbeschreibung immerhin entnehmen, dass es der Vergabestelle auf die genannten Leistungsmerkmale ankam und dass deren Erfüllung bei der Angebotswertung eine Rolle spielen würde.

Ein Vergaberechtsverstoß liegt jedoch darin, dass die Vergabestelle die von ihr in Gestalt einer Wertungsmatrix vorgenommene Gewichtung der Untergruppen (Einzelkriterien) und Detailforderungen den Bietern nicht und insbesondere nicht zu einem Zeitpunkt bekannt gegeben hat, in dem diese sie bei der Angebotserstellung noch berücksichtigen konnten. Im Streitfall hätte die Antragsgegnerin Transparenz durch Übersendung der Bewertungsmatrix und Chancengleichheit durch eine Verlängerung der Angebotsfrist herstellen können.

Es genügt für die Annahme eines Kausalzusammenhanges zwischen der Bekanntgabe und dem Inhalt der Angebote, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Bekanntgabe der Gewichtung der Detailforderungen und Untergruppen die Angebote hätte beeinflussen können. Die Bekanntgabe der Gewichtung der Untergruppen und Detailforderungen hätte im Streitfall zu einer besseren Bewertung des Angebots der Antragstellerin führen können. Das Angebot der Antragstellerin erfüllte nicht in ausreichendem Maß die Forderungen Leistungsverzeichnisses. Hätte sie die Gewichtungen der Antragsgegnerin gekannt, hätte sie sich bei der Vorbereitung des Angebots darauf einstellen und ein besseres Ergebnis erzielen können.

Die Antragstellerin hatte mit dem Nachprüfungsantrag nicht darzulegen, welches konkrete, chancenreichere Angebot sie eingereicht hätte, wenn ihr die Gewichtung der Untergruppen (Unter-Unterkriterien) und Detailforderungen bekannt gewesen wäre. Der Antragsteller ist zu einer solchen Darlegung nicht verpflichtet, da der öffentliche Auftraggeber die ihm obliegende Bekanntmachungspflicht schon dann verletzt, wenn es nur möglich ist, dass die Kenntnis von der Gewichtung von Unterkriterien der Angebotswertung einen Einfluss auf den Inhalt der Angebote ausgeübt hat. Abgesehen davon ist dem Antragsteller die Ausarbeitung eines Angebotes allein für Zwecke des Nachprüfungsverfahrens nicht zumutbar.

Ein Ausnahmefall, der es dem Auftraggeber aus nachvollziehbaren Gründen nicht erlaubte, die Gewichtung der Untergruppen ((Unter-) Unterkriterien) und Detailforderungen schon in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen bekannt zu geben, liegt im Streitfall nicht vor. Nach Art. 53 Abs. 2 Unterabsatz 3 der Richtlinie 2004/18/EG und Erwägungsgrund 46 Abs. 2 darf der Auftraggeber nur in begründeten Ausnahmefällen von einer Bekanntgabe der Gewichtung in der Bekanntmachung und den Verdingungsunterlagen absehen, wenn die Angabe der Gewichtung der Zuschlagskriterien ihm aus nachvollziehbaren Gründen nicht möglich ist, insbesondere wenn die Gewichtung aufgrund der Komplexität des Auftrags nicht im Vorhinein (vor Versendung der Angebotsaufforderung und der Verdingungsunterlagen) vorgenommen werden kann. In diesen Fällen soll (muss) der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien (und ihre Unterkriterien) in der absteigenden Reihenfolge ihrer Bedeutung entweder in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen bekanntgeben. Das heißt, auf eine Angabe der Zuschlagskriterien in absteigender Reihenfolge kann vom öffentlichen Auftraggeber nur zurückgegriffen werden, wenn eine Gewichtung aus nachvollziehbaren Gründen nicht möglich ist. Dabei muss es sich um vernünftige, die objektiv mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängende Gründe handeln. Subjektives Unvermögen oder bloße Zeitnot, in die sich der Auftraggeber selbst gebracht hat, genügen für die Annahme einer Befreiung von der Bekanntmachungspflicht nicht. Die Antragsgegnerin hat den mit der Gewichtung der Unterkriterien und Detailforderungen verbundenen Aufwand in der mündlichen Verhandlung als so hoch bezeichnet, dass die Gewichtungen nicht mehr (rechtzeitig) hätten bekannt gegeben werden können. Dies enthob die Antragsgegnerin nicht der dem Regeltatbestand der Norm entsprechenden vorherigen Bekanntgabe der Gewichtungen, da mit jenem Vortrag nicht ausgeschlossen ist, dass in der Verantwortungssphäre der Antragsgegnerin liegende Gründe daran mitgewirkt haben.

Auch fordert eine Ausnahme von der Bekanntmachung vom öffentlichen Auftraggeber, dass die Unterkriterien in den Verdingungsunterlagen in der Reihenfolge ihrer Bedeutung bekannt gegeben worden wären. Die Wertungsreihenfolge ging allein daraus, dass die Untergruppen und Detailforderungen in der Leistungsbeschreibung genannt waren, jedoch nicht hervor.

Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit ist schließlich nicht deshalb zu verneinen, weil allen ausgewählten Teilnehmern (Bietern) die Gewichtung der Untergruppen und Detailforderungen nicht mitgeteilt worden ist. Der Umstand, dass kein Bieter die Bewertungsmatrix kannte, reicht nicht aus, um eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auszuschließen. Ein Bieter, der die speziellen Anforderungen des Auftraggebers kennt und weiß, worauf es diesem in besonderer Weise ankommt, kann - innerhalb gewisser Grenzen - sein Angebot diesen Anforderungen eher anpassen und damit seine Chancen auf einen Zuschlag steigern. Der Streitfall zeigt, dass dies nur wenigen Bietern tatsächlich gelungen ist.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist nicht zu befürchten, dass die Auftraggeber zukünftig auf detaillierte Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung verzichten werden. Die Leistungsbeschreibung enthielt unter den Ziffern 2.5 bis Ziffern 2.13 detaillierte Anforderungen an die zu beschaffenden Dienst- und Lieferleistungen, aus deren Aufzählung die Bieter schließen konnten, dass es bei der anschließenden Wertung entscheidend auf deren Erfüllung ankam. Dem Auftraggeber steht grundsätzlich ein weites Ermessen zu, welche technischen Anforderungen und Spezifikationen er in der Leistungsbeschreibung an die zu beschaffenden Dienst- und Lieferleistungen, den Beschaffungsgegenstand, stellt. Dazu gehört, dass er den jeweiligen Beschaffungsgegenstand vor Veröffentlichung der Vergabebekanntmachung zutreffend ermittelt (vgl. § 16 Nr. 1 VOL/A) und die benötigte Leistung eindeutig und erschöpfend beschreibt (vgl. § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A), so dass die Bieter den Leistungstext im gleichen Sinne verstehen können. Hieran hat die Antragstellerin es im Streitfall zwar nicht fehlen lassen. Sie hat damit dem Gebot der Eindeutigkeit der Leistungsbeschreibung Rechnung getragen. Darin erschöpfen sich die Aufgaben des Auftraggebers jedoch nicht. Vielmehr zählt zur Herstellung der Ausschreibungsreife (§ 16 Nr. 1 VOL/A) gerade auch, dass die Leistungsanforderungen (im Voraus) zu gewichten sind, wenn diese zu Zuschlagskriterien bestimmt werden.

Auch muss der Bieter vor Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe erkennen können, auf welche an den Leistungsgegenstand gestellten Detailforderungen der öffentliche Auftraggeber bei der Zuschlagserteilung besonderen Wert legt. Nur bei Kenntnis der jeweiligen Relevanz der Gewichtung der Unterkriterien für den öffentlichen Auftraggeber ist dem Bieter möglich, ein dem Beschaffungsbedarf und den Anforderungen entsprechendes Angebot zu erstellen. Anderenfalls läuft er Gefahr, dem Auftraggeber durch eine nicht zutreffende Setzung von Schwerpunkten eine (andere) Leistung anzubieten, die den Bedarf und die Anforderungen so nicht trifft. Nur eine möglichst große Zahl von auf den tatsächlichen Bedarf zugeschnittenen Angebote der Bieter ist im Übrigen dazu geeignet, einen echten Preis- und Qualitätswettbewerb herzustellen und erlaubt es dem öffentlichen Auftraggeber, die Haushaltsmittel effektiv einzusetzen. Da die Leistungsbeschreibung hierzu hinreichend detailliert ausgestaltet zu sein hat, muss der öffentliche Auftraggeber die Leistungsanforderungen im Rahmen einer Festlegung von Zuschlagskriterien nur aufgreifen und sie nach seinem Dafürhalten gewichten. Damit muss freilich rechtzeitig begonnen werden.

(2) Ob die Antragsgegnerin gegen den Grundsatz der Transparenz verstoßen hat, indem sie es unterlassen hat, das Punktvergabesystem für die Erfüllung der Detailforderungen den Bietern zu offenbaren, kann offen bleiben. Sollte dies Gegenstand der Bieterkonferenz vom Januar 2007 gewesen sein, wie die Antragsgegnerin behauptet, ändert dies am festgestellten Vergaberechtsverstoß nichts.

(3) Da wegen des Vergaberechtsverstoßes ein Zuschlag nicht ergehen darf, ist der Antragsgegnerin die Erteilung des Zuschlags auf das Angebot der Beigeladenen zu untersagen. Die Antragsgegnerin hat nach ihrem Ermessen zu entscheiden, wie sie weiter verfährt (vgl. Senat, Beschl. v. 12.12.2007, VII-Verg 30/07, Umdruck S. 13). In Anbetracht der notwendig gewordenen Untersagung des Zuschlags ist unerheblich, ob das Angebot der Antragstellerin wegen einer Änderung der Verdingungsunterlagen von der weiteren Wertung auszuschließen ist. Da das Vergabeverfahren, wenn es fortgesetzt werden soll, in den Stand vor Aufforderung zur Angebotsabgabe zurück zu versetzen ist, erhält die Antragstellerin Gelegenheit, ein neues, fehlerfreies Angebot einzureichen.

Bei erneuter Bekanntgabe der Ausschreibungsunterlagen, insbesondere der Zuschlagskriterien, wird die Antragsgegnerin auch Gelegenheit haben klarzustellen, ob mit der Einreichung einer Musteranlage zum Zwecke einer Teststellung ein Zuschlagskriterium festgelegt werden soll.

3.

Die Entscheidung über die Kosten und Aufwendungen im Verfahren vor der Vergabekammer beruht auf § 128 Abs. 3, Abs. 4 GWB, da die Entscheidung des Senats ein Unterliegen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen in der Sache bedeutet. Die Beigeladene hat sich im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer beteiligt, indem sie Stellung zu dem Nachprüfungsantrag genommen hat. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens vor der Vergabekammer als Gesamtschuldner zu tragen (vgl. § 128 Abs. 3 GWB). Als auf Grund einer Sachentscheidung Unterlegene haben sie ferner als Teilschuldner die außergerichtlichen Aufwendungen der Antragstellerin zu tragen (vgl. § 128 Abs. 4 GWB). Entsprechend § 80 Abs. 3 Satz 2 VwVfG ist außerdem zu bestimmen, dass die Hinzuziehung eines anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten vor der Vergabekammer notwendig war (vgl. BGH, Beschl. v. 26.9.2006, X ZB 14/06, VergabeR 2007, 59, 69).

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 91 Abs. 1 ZPO, 100 Abs. 1 ZPO analog. Da die Beigeladene unterlegen ist, ist sie an den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu beteiligen. Ein Beigeladener ist kostenrechtlich wie der Antragsteller oder Antragsgegner zu behandeln, wenn er die durch die Beiladung begründete Stellung im Beschwerdeverfahren nutzt, indem er sich an diesem Verfahren beteiligt (vgl. BGHZ 158, 43, 59; vgl. BGH, Urt. v. 26.9.2006, X ZB 14/06, VergabeR 2007, 59, 70). Im Streitfall hat die Beigeladene mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2007 auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin erwidert. Darin hat sie den Beschluss der Vergabekammer und die beabsichtigte Vergabeentscheidung verteidigt.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes beruht auf § 50 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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