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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 09.11.2009
Aktenzeichen: VII-Verg 35/09
Rechtsgebiete: GWB
Vorschriften:
GWB § 124 Abs. 2 |
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster vom 9. September 2009 (VK 7/09) aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zu 54 % der Antragsgegnerin und zu 46 % der Beigeladenen auferlegt.
Streitwert für das Beschwerdeverfahren: bis 16.000 Euro
Gründe:
I. Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Erstattung von Aufwendungen im Verfahren vor der Vergabekammer.
Durch Beschluss vom 25.6.2009 lehnte die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ab und legte ihr die Aufwendungen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen auf. Vor Zustellung des Beschlusses nahm die Antragstellerin den Nachprüfungsantrag zurück.
Mit dem angefochtenen Beschluss setzte die Vergabekammer für das vor ihr durchgeführte Nachprüfungsverfahren die der Antragsgegnerin und der Beigeladenen von der Antragstellerin zu erstattenden Aufwendungen fest. Der Auffassung der Vergabekammer zufolge kann nach Erlass einer prozessual wirksamen erstinstanzlichen Sachentscheidung über den Nachprüfungsantrag der Antragsteller den ihn insoweit treffenden Kostenfolgen nur dadurch entgehen, indem er die Entscheidung (fristgerecht) mit sofortiger Beschwerde angreife.
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, aufgrund der Rücknahme des Nachprüfungsantrags fehle es an einer für die Kostenfestsetzung erforderlichen Kostengrundentscheidung. Hilfsweise bekämpft die Antragstellerin der Höhe nach die festgesetzten Aufwendungen.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene verteidigen den Kostenfestsetzungsbeschluss. Auch rechtfertigen sie die ihnen entstandenen Aufwendungen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze sowie auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
II. Das Rechtsmittel ist begründet.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene haben nach Rücknahme des Nachprüfungsantrags durch die Antragstellerin dem Grunde nach eine Erstattung der ihnen im Verfahren vor der Vergabekammer entstandenen Aufwendungen nicht zu beanspruchen.
1. Der Bundesgerichtshof hat auf Vorlagen nach § 124 Abs. 2 GWB in Fällen der vorliegenden Art in der Vergangenheit mehrfach über die Erstattungsfähigkeit der dem Antragsgegner und dem Beigeladenen im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer entstandenen Aufwendungen zu entscheiden gehabt. Danach hat bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts - der Streitfall hat sich vor dem entsprechenden Stichtag zugetragen - zu gelten, dass auf die Rücknahme des Nachprüfungsantrags durch den Antragsteller - gleichviel, ob diese im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren oder im Beschwerdeverfahren erklärt worden ist - die dem Antragsteller und dem Beigeladenen im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer entstandenen Aufwendungen nicht zu erstatten sind (vgl. BGH, Beschlüsse v. 25.10.2005 - X ZB 15/05; X ZB 22/05; X ZB 24/05; X ZB 25/05; X ZB 26/05; Beschl. v. 24.3.2009 - X ZB 29/08 und Beschl. v. 9.12.2003 - X ZB 14/03). Auf die Gründe der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs wird verwiesen.
2. Den Nachprüfungsantrag kann der Antragsteller im Übrigen jederzeit und generell unabhängig von einer Zustimmung des Antragsgegners zurücknehmen, solange und soweit noch keine formell bestandskräftige oder rechtskräftige sachliche Entscheidung über den Nachprüfungsantrag ergangen ist. Der Antragsteller kann den Antrag auch dann noch zurücknehmen, wenn die Vergabekammer darüber (nicht bestandkräftig) bereits entschieden hat (vgl. BGH, Beschl. v. 25.10.2005 - X ZB 15/05; Beschl. v. 24.3.2009 - X ZB 29/08, Rn. 12). Die Rücknahme des Nachprüfungsantrags hat für eine zuvor ergangene, formell noch nicht bestandskräftige Entscheidung der Vergabekammer die unabweisbare rechtliche Konsequenz, dass diese ohne weiteres, und zwar insgesamt, hinfällig und gegenstandslos wird. Sie kann in einem solchen Fall auch nicht mehr für eine Pflicht zur Tragung von Aufwendungen anderer Verfahrensbeteiligter durch den Antragsteller herangezogen werden (vgl. BGH, Beschl. v. 24.3.2009 - X ZB 29/08 Rn. 11). Denn es fehlt, wie die Antragstellerin richtig vertritt, dafür an einer entsprechenden Kosten- oder die Aufwendungen betreffenden Grundentscheidung.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Rücknahme vor oder nach mündlicher Verhandlung vor der Vergabekammer, vor oder nach Zustellung ihrer Entscheidung, während die Beschwerdefrist läuft oder erst in der Beschwerdeinstanz erklärt wird. Für die von der Vergabekammer insoweit vorgenommenen Differenzierungen (VKB 5) ist bei verständiger Würdigung der Gründe der genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs kein Raum. Mit der prozessualen Rechtslage nicht im Einklang steht ebenso wenig die Annahme der Vergabekammer, infolge Nicht-Einlegung einer Beschwerde gegen ihre Entscheidung vom 25.6.2009 durch die Antragstellerin sei diese bestandskräftig geworden. Das Gegenteil ist der Fall. Der Eintritt der Bestandskraft einer Entscheidung der Vergabekammer wird nicht nur durch (fristgerechte) Einlegung des dagegen zu Gebote stehenden Rechtsmittels, sondern auch durch die (innerhalb der Rechtsmittelfrist oder auf zulässige Beschwerde im Beschwerdeverfahren erklärte) Rücknahme des Nachprüfungsantrags verhindert, die jegliche Rechtswirkungen einer zuvor ergangenen Entscheidung, namentlich auch solche des die Kosten und die Aufwendungen betreffenden Ausspruchs, beseitigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung der §§ 91, 100 Abs. 1 ZPO. Der ihnen nachteiligen Kostenfolge hätten die Antragsgegnerin und die Beigeladene nur durch die (nicht abgegebene) Erklärung entgehen können, aus dem angegriffenen Beschluss keine Ansprüche herzuleiten.
Ende der Entscheidung
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