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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 18.12.2006
Aktenzeichen: VII-Verg 43/06
Rechtsgebiete: GWB, ZPO


Vorschriften:

GWB § 116 Abs. 1 Satz 1
GWB § 116 Abs. 1 Satz 2
GWB § 117 Abs. 1
GWB § 117 Abs. 2
GWB § 128 Abs. 3 Satz 1
GWB § 128 Abs. 4 Satz 2
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners werden die Kostenaussprüche zu Ziffer 2 und 3 des Beschlusses der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf vom 11. August 2006, VK-30/2006-L, aufgehoben.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben die Kosten des Nachprüfungsverfahrens je zur Hälfte zu tragen. Die Antragstellerin, der Antragsgegner und die Beigeladene haben ihre Auslagen jeweils selbst zu tragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin werden der Antragstellerin auferlegt.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 6.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin nahm Ende April 2006 an einem europaweit ausgeschriebenen wettbewerblichen Dialog zur Beschaffung einer Softwarelösung zur Umsetzung eines neuen kommunalen Finanzmanagements in Nordrhein-Westfalen teil. Der Antragsgegner schloss die Antragstellerin von einer Teilnahme aus und erklärte den wettbewerblichen Dialog mit ihr für beendet. Er beabsichtigte, mit der im Nachprüfungsverfahren beigeladenen Teilnehmerin den wettbewerblichen Dialog fortzuführen.

Dagegen leitete die Antragstellerin ein Vergabenachprüfungsverfahren ein, mit dem sie in erster Linie die Verpflichtung des Antragsgegners begehrte, den wettbewerblichen Dialog mit ihr, der Antragstellerin, unter Ausschluss der Beigeladenen fortzuführen. Hilfsweise begehrte sie die Verpflichtung des Antragsgegners, das Vergabeverfahren aufzuheben und die Bekanntmachung neu vorzunehmen.

Mit Beschluss vom 11. August 2006 wies die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Düsseldorf den Antragsgegner an, das streitgegenständliche Vergabeverfahren aufzuheben. Ferner legte sie dem Antragsgegner die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer auf (Ziffer 2 des Beschlusstenors), deren Höhe sie auf von 3.325,00 € festsetzte (Ziffer 5 des Beschlusstenors). Zudem erkannte sie zu Ziffer 3 des Beschlusstenors, dass der Antragsgegner die notwendigen Auslagen der Antragstellerin und die Beigeladene und der Antragsgegner ihre eigenen Auslagen jeweils selbst zu tragen haben. Sie stellte ferner fest, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten für die Verfahrensbeteiligten notwendig gewesen sei. In den Gründen des Beschlusses (Umdruck S. 9) führte die Vergabekammer aus, dass die allein in der Wertung verbliebenen Teilnahmeanträge der Antragstellerin und der Beigeladenen aufgrund desselben Mangels auszuschliessen seien.

Gegen die Anordnungen zu Ziffer 2 und 3 des Beschlusstenors wendet sich die Antragsgegnerin mit der sofortigen Beschwerde.

Sie beantragt,

den Beschluss der Vergabekammer, wonach der Antragsgegner die gesamten Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragstellerin zu tragen hat, aufzuheben und dahingehend abzuändern, dass die Kosten des Verfahrens von der Antragstellerin und dem Antragsgegner je zur Hälfte getragen werden und jede Seite ihre notwendigen Auslagen selbst zu tragen hat,

Die Antragstellerin beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, es sei für die Feststellung des Umfangs des Obsiegens bzw. Unterliegens nicht auf die in einem Nachprüfungsverfahren gestellten Anträge abzustellen, sondern auf das mit dem Nachprüfungsantrag verfolgte Rechtsschutzziel. Sie, die Antragstellerin, habe in erster Linie eine Erteilung des Zuschlags auf den Teilnahmeantrag bzw. das Angebot der Beigeladenen zu verhindern erstrebt. Insoweit habe sie obsiegt, weil die Vergabekammer dem Antragsgegner dies untersagt und in den Gründen des Beschlusses festgestellt habe, dass der Teilnahmeantrag der Beigeladenen auszuschließen war.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Kostengrundentscheidung der Vergabekammer ist begründet. Die sofortige Beschwerde ist statthaft. Die Kostengrundentscheidung der Vergabekammer ist eine Entscheidung im Sinne des § 116 Abs. 1 Satz 1 GWB und unterliegt isoliert der Anfechtung mit der sofortigen Beschwerde. Dies ist ständige Rechtsprechung des Senats (vgl. OLG Düsseldorf BauR 2000, 1626).

Auch die übrigen Voraussetzungen der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde liegen vor. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt, §§ 116 Abs. 1 Satz 1, 117 Abs. 1 und Abs. 2 GWB. Die Antragsgegnerin ist durch die Kostengrundentscheidung der Vergabekammer formell beschwert, § 116 Abs. 1 Satz 2 GWB.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin in der Sache hat Erfolg.

Die Kosten des Verfahrens der Vergabekammer sind der Antragstellerin und der Antragsgegnerin je zur Hälfte aufzuerlegen.

Die nur zur Hälfte bestehende Kostentragungspflicht der Antragsgegnerin für die Amtshandlungen der Vergabekammer (Gebühren und Auslagen) folgt aus § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB. Die Kostentragungspflicht der Antragsgegnerin für ihre eigenen notwendigen Aufwendungen folgt im Umkehrschluss aus § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB. "Soweit" nach diesen Vorschriften ein Beteiligter im Verfahren aufgrund einer Sachentscheidung der Vergabekammer, die den Nachprüfungsantrag ganz oder teilweise als unzulässig oder unbegründet zurückweist, unterliegt, hat er die Kosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen zu tragen.

Es ist geboten, die Antragstellerin zur Hälfte mit den Verfahrenskosten und mit den eigenen Aufwendungen (Rechtsanwaltskosten) zu belasten, weil sie ihren Hauptantrag so formuliert hatte, dass dem Antragsgegner aufgegeben werden sollte, den wettbewerblichen Dialog mit ihr, der Antragstellerin, unter Ausschluss der Beigeladenen fortzuführen, und die Vergabekammer den Hauptantrag inzident als unbegründet zurückgewiesen hat. Die Antragstellerin hat ihr mit dem Nachprüfungsantrag in erster Linie verfolgtes wirtschaftliches Ziel, den wettbewerblichen Dialog mit ihr allein - unter Ausschluss des Teilnahmeantrags der Beigeladenen - fortzusetzen und faktisch den Zuschlag auf ihr Angebot zu erhalten, mit ihrem Hauptantrag nicht erreicht. Sie hat lediglich mit ihrem Hilfsantrag erzielt, dass - da das Vergabeverfahren aufzuheben ist - eine Zuschlagserteilung auf das Angebot der Beigeladenen unterbleibt und sie die Chance auf die Einreichung eines neuen Angebots in einem neuen Vergabeverfahren erhält, sofern der Antragsgegner am Beschaffungsvorhaben festhält.

Das mit dem Hauptantrag formulierte erfolglose Begehren der Antragstellerin zieht Kostennachteile für sie nach sich, weil nach § 128 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 2 GWB ein Beteiligter die Kosten bzw. Auslagen nur zu tragen hat, "soweit" er unterlegen ist. Die Vorschriften entsprechen § 91 Abs. 1 ZPO und § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Deshalb ist eine Quotelung der Kosten der Vergabekammer nach dem Maß des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens veranlasst. Nach dem Ermessen des Senats sind - gemessen an ihren Anträgen und am sachlichen Begehren - Antragstellerin und Antragsgegner aufgrund der im übrigen bestandskräftigen Entscheidung der Vergabekammer jeweils zur Hälfte unterlegen. Dies rechtfertigt es, von der Anordnung einer Auslagenerstattung abzusehen und die beiderseitigen Auslagen gegeneinander aufzuheben. Der Vollständigkeit halber ist im Tenor wiederholt worden, dass - wie nicht angegriffen, sondern so schon von der Vergabekammer entschieden worden ist - auch die Beigeladene keinen Anspruch auf Auslagenerstattung hat.

Die Kostenentscheidung des Beschwerdeverfahrens beruht auf entsprechender Anwendung von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Der Beschwerdewert ist nach dem Kosteninteresse des Antragsgegners festgesetzt worden.

Ende der Entscheidung

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