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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 17.11.2008
Aktenzeichen: VII-Verg 49/08
Rechtsgebiete: VOL/A, VgV, BGB, GWB
Vorschriften:
VOL/A § 21 Nr. 1 Abs. 4 | |
VOL/A § 24 | |
VOL/A § 24 Nr. 2 Abs. 1 | |
VgV § 13 | |
BGB § 121 Abs. 1 Satz 1 | |
GWB § 107 Abs. 2 |
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Bundes vom 30. Juli 2008 (VK 1-90/08) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 230.000 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Vergabestelle der Antragsgegnerin schrieb die Migration der Verfahrenssoftware des Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregisters (ZStV-Verfahren) und die Pflege der Verfahrenssoftware (Individualsoftware), letztere für die Dauer von 3 Jahren, im nicht offenen Verfahren mit vorausgehendem Teilnahmewettbewerb europaweit aus. Zur Angebotsabgabe forderte sie nach abgeschlossenem Teilnahmewettbewerb nicht mehr als fünf Bieter auf. Darunter befanden sich auch die Antragstellerin und die Beigeladene.
Gegenstand der Ausschreibung war neben der Migration von rund 15 Millionen Entscheidungen auch die Beschaffung einer für das ZStV-Verfahren geeigneten Suchkomponente (Standardsoftware). Die Hardwarekomponenten (also die benötigten Rechner und Server) beabsichtigte die Vergabestelle im Wege einer gesonderten Ausschreibung zu beschaffen.
Noch vor Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe wandte sich die Beigeladene an die Vergabestelle und bat um Mitteilung, ob das detaillierte Migrationskonzept vom bisherigen Entwicklungs- und Pflegedienstleister - der E... GmbH, einer Subunternehmerin der Antragstellerin - zumindest in weiten Teilen erstellt worden sei. Ferner bat sie um Erläuterung, ob ausschließlich die Suchkomponente ZooM oder aber auch die funktional vergleichbare Komponente des Bundes- und Gewerbezentralregister-Verfahrens, die Software FUZZY!Double, zum Einsatz kommen könne.
Mit Schreiben vom 28. Februar 2008 (Anlage BF 5) teilte die Vergabestelle der Beigeladenen und den weiteren Bietern mit, Ziel der Anpassung der Verfahrenssoftware des ZStV an die neue Systemumgebung sei es, dass die Verfahrenssoftware das gleiche Verhalten wie im bestehenden System aufzeige und im Bereich der Leistungsfähigkeit und Verarbeitungsgeschwindigkeit ebenfalls den für das bestehende System geforderten Rahmenbedingungen genüge. Die bisher im Rahmen des ZStV-Verfahrens eingesetzte Suchkomponente ZooM sei im Anpassungskonzept als Standardsoftware nicht zwingend für das migrierte System vorgegeben. Die Erwähnung der Erforderlichkeit einer Anpassung der ZooM-Software sei nur aus Klarstellungsgründen im Konzept erfolgt, um spätere Nachträge (Kosten, die durch eine erforderliche Anpassung an die neue Umgebung entstehen) zu vermeiden. Ein Ersatz dieser Suchkomponente sei möglich, falls dieses Produkt im Hinblick auf die im ZStV-Verfahren geforderten Funktionalitäten gleichwertig sei. Die Anforderungen an die Suchkomponente seien in den Ausschreibungsunterlagen und dort insbesondere in den organisatorisch-technischen Leitlinien (OTL) für das ZStV mit den dazugehörigen Präzisierungen und Fortschreibungen definiert. Die Leistungsfähigkeit der angebotenen alternativen Suchkomponente für die in den genannten Dokumenten beschriebenen Anforderungen sei vom Bieter darzulegen. Sofern der Austausch der bisherigen Suchkomponente gegen ein anderes Produkt angeboten werde, habe der geforderte Pauschalpreis auch die notwendigen Lizenzen für das beim Auftraggeber einzurichtende Produktions- und Testsystem zu umfassen.
Mit Schreiben vom 10. März 2008 (Anlage BF 6) beanstandete die Antragstellerin unter Bezugnahme auf das Schreiben der Vergabestelle vom 28. Februar 2008 unter anderem, dass die Bieter lediglich die funktionale Gleichwertigkeit des Suchwerkzeuges im Hinblick auf die für das ZStV-Verfahren geforderten Funktionen darzulegen und nicht nachzuweisen hätten. Die Verpflichtung zur Darlegung der Gleichwertigkeit biete keine Gewähr für eine tatsächliche Gleichwertigkeit der angebotenen Suchkomponente mit der eingesetzten Suchsoftware ZooM. Die Vergabestelle beantwortete das Schreiben der Antragstellerin unter dem 12. März 2008.
Insgesamt drei Bieter gaben Angebote ab. Die Beigeladene und die Antragstellerin lagen in preislicher Hinsicht auf den Rängen zwei und drei. Gemäß der Angebotswertung - ausweislich des Vergabevermerks vom 22. April 2008 und nach einer Bieterpräsentation vom 14. Mai 2008 - lag die Beigeladene auf dem ersten und die Antragstellerin - trotz höherer Leistungspunktzahl - auf dem zweiten Rang.
Mit Bieterinformation vom 30. Mai 2008 teilte die Vergabestelle der Antragstellerin mit, sie beabsichtige, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen. In ihrem Schreiben vom 9. Juni 2008 (Anlage BF 10) rügte die Antragstellerin erneut die beabsichtigte Zuschlagsentscheidung als fehlerhaft. Die Vergabestelle wies die erhobenen Rügen mit Schreiben vom 11. Juni 2008 (Anlage BF 11) zurück.
Daraufhin reichte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer des Bundes ein, mit dem sie in erster Linie den Ausschluss des Angebots der Beigeladenen und in zweiter Linie die Aufhebung des Vergabeverfahrens begehrte.
Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag als unbegründet zurück. Sie führte im Wesentlichen aus: Das Angebot der Beigeladenen sei nicht wegen Änderungen an den Verdingungsunterlagen von der Wertung auszuschließen. Die Zulassung einer alternativen Suchkomponente sei vergaberechtskonform, wenn nicht sogar geboten gewesen. Es könne dahinstehen, ob der potenzielle Bieter die Zulassung einer alternativen Suchsoftware den Verdingungsunterlagen habe entnehmen können. Jedenfalls habe die Vergabestelle mit dem Informationsschreiben vom 28. Februar 2008 rechtzeitig vor Angebotsabgabe und gegenüber allen Bietern klargestellt, dass eine produktspezifische Ausschreibung der Softwarekomponente ZooM nicht erfolgt sei. Mit dem Begriff "Gleichwertigkeit" sei nicht eine Gleichwertigkeit der alternativ angebotenen Suchkomponente mit der eingesetzten ZooM-Komponente zu verstehen, sondern der Begriff verlange eine Gleichwertigkeit im Hinblick auf die in der Ausschreibung durch das ZStV-Verfahren geforderten Funktionalitäten.
Die alternativ angebotene Suchsoftware erfülle die Funktionalitäten der Ausschreibung. Es könne offen bleiben, ob unter dem Begriff "Hochverfügbarkeit" lediglich die Verfügbarkeit des ZStV-Verfahrens während des Normalbetriebs zu verstehen sei oder aber eine Verfügbarkeit des ZStV-Verfahrens während einer sogenannten Urladung/Reimplementierung. Die von der Beigeladenen angebotene Suchsoftware FUZZY!Double gewährleiste die Verfügbarkeit des ZStV-Verfahrens auch während einer Urladung.
Eine Reimplementierung des ZStV-Verfahrens sei beim Einsatz der alternativen Suchsoftware der Beigeladenen nicht erforderlich. Die Suchkomponente erfülle die Anforderungen der organisatorisch-technischen Leitlinien an eine phonetische, internationale und an eine Und/oder-Suche. Der Zeitplan der Beigeladenen lasse im Übrigen keine Reimplementierung zu. Ermessensfehlerfrei habe die Vergabestelle einen Nachweis der Gleichwertigkeit der unterschiedlichen Suchkomponenten nicht gefordert, sondern die Beurteilung der Gleichwertigkeit aufgrund eigener Erfahrungen im Umgang mit der Suchkomponente FUZZY!Double im BZR/GZR-Verfahren selbst vorgenommen.
Die Ausschreibung sei auch nicht aufzuheben. Die Vergabestelle habe es nicht unterlassen, Wertungskriterien für alternative Suchkomponenten festzulegen. Diese ergäben sich aus den zu erfüllenden Funktionalitäten des ZStV-Verfahrens. Der Festlegung weiterer Kriterien habe es nicht bedurft.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihre ursprünglich gestellten Anträge auch in zweiter Instanz weiter verfolgt. Sie macht geltend: Die Vergabestelle habe keinen Maßstab für ein bedingungsgemäßes Angebot mit einer alternativen Suchkomponente aufgestellt. Das Angebot der Beigeladenen sei ferner in formeller Hinsicht unvollständig. Es fehlten die im Schreiben vom 28. Februar 2008 geforderten Darlegungen zur technischen Gleichwertigkeit. Entweder seien die Darlegungen, dass die für das ZStV-Verfahren geforderten Funktionalitäten erfüllt werden, gar nicht vorhanden oder aber zumindest unvollständig in Bezug auf die maßgeblichen Anforderungen des ZStV-Verfahrens. Es sei von Amts wegen zu prüfen, ob die Darlegungen im Angebot erfolgt seien. Die Eignung der Suchkomponente habe die Vergabestelle nicht ohne weitere Angaben der Beigeladenen anlässlich der Präsentation feststellen können. Erst während der Präsentation habe die Beigeladene die technische Gleichwertigkeit dargelegt. Darauf ließen Formulierungen in den Vergabevermerken schließen. Damit habe die Beigeladene die Vollständigkeit des Angebots erst nach Ablauf der Abgabefrist herbeigeführt. In dieser Vorgehensweise sei zumindest ein unzulässiges Nachverhandeln im Sinne des § 24 VOL/A zu sehen.
Auch eine Darlegung, wie die Hochverfügbarkeit des ZStV-Verfahrens gewährleistet werde, sei im Angebot der Beigeladenen nicht erfolgt. Vielmehr habe die Beigeladene erst im Laufe des Verfahrens vor der Vergabekammer eine Lösung zur Gewährleistung der Hochverfügbarkeit entwickelt, indem sie den Einsatz eines zweiten Servers (einer Hardwarekomponente) vorgeschlagen habe.
Die Suchkomponente der Beigeladenen gewährleiste die Hochverfügbarkeit des ZStV-Verfahrens im Falle einer Urladung aufgrund notwendiger Änderungen der Suchtabellen nicht. Es bedürfe eines speziell implementierten Programms, um die vollständige Synchronisation der während der Urladung angefallenen Änderungen (Neuanlagen, Änderungen und Löschungen) zu gewährleisten. Ein Programm, das eine solche Nachverarbeitung vorsehe, sei extrem aufwendig und komplex. Da die Synchronisation nicht in Nullzeit geschehe, müsse berücksichtigt werden, dass während der Synchronisation weiterhin Veränderungen an der Originaldatenbank auftreten können. Der Vorgang der Synchronisation wiederhole sich daher laufend. Ein Ende dieses Prozesses könne nicht gewährleistet werden. Ein solches Synchronisationsprogramm sei im Angebot der Beigeladenen nicht enthalten.
Es sei zudem eine Reimplementierung des ZStV-Verfahrens erforderlich, weil die Suchkomponente der Beigeladenen zeichenscharf und nicht phonetisch vergleiche. Damit entspreche sie nicht den Vorgaben der organisatorisch-technischen Leitlinien unter Ziffern 4.1.1.. Zudem erlaube die Suchsoftware auch keine Abfrage mit Oder-Verknüpfungen, sondern verlange (z.B. bei Anwendung der Suchregel 4) bis zu sechs Abfragen.
Die Ausschreibung sei zumindest aber aufzuheben, weil das Schreiben der Vergabestelle vom 12. März 2008 nicht an alle Bieter, sondern nur an sie, die Antragstellerin, gerichtet gewesen sei. Das Schreiben enthalte gegenüber dem im Schreiben vom 28. Februar 2008 geforderten Maßstab einen strengeren Gleichwertigkeitsmaßstab. Nach seinem Inhalt müsse die angebotene alternative Suchkomponente der ZooM-Komponente gleichwertig sein und entsprechen. Der allen Bietern mit Schreiben vom 28. Februar 2008 bekannt gegebene Maßstab sei mit Schreiben vom 12. März 2008 durch die Vergabestelle verschärft worden. Aufgrund des Schreibens vom 12. März 2008 sei sie, die Antragstellerin, davon ausgegangen, dass der Gleichwertigkeitsmaßstab die Funktionalität von ZooM sei und nicht die Einhaltung der Funktionalitäten des ZStV-Verfahrens. Hätte sie dagegen, wie andere Bieter, davon ausgehen können, dass die Suchkomponente nur an den in den Ausschreibungsunterlagen beschriebenen Funktionen gemessen werde, so hätte auch für sie Anlass bestanden, den Einsatz einer kostengünstigeren Suchkomponente, die die geringeren Anforderungen aus dem Schreiben vom 28. Februar 2008 erfülle, zu überprüfen, denn diese Anforderungen würden von ZooM übererfüllt. Diese Möglichkeit sei ihr, der Antragstellerin, genommen worden, indem ihr durch das Schreiben vom 12. März 2008 ein Vergleichsmaßstab aufgegeben worden sei, der weder in technischer noch in preislicher Hinsicht Anlass gegeben habe, eine Alternative zur Suchkomponente ZooM vorzusehen.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss der Vergabekammer vom 30. Juli 2008 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, das Angebot der Beigeladenen auszuschließen,
hilfsweise, das Vergabeverfahren von der Angebotsaufforderung an zu wiederholen.
Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,
die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
Im Wege der Anschlussbeschwerde beantragt die Beigeladene hilfsweise,
das Angebot der Antragstellerin auszuschließen.
Die Antragsgegnerin macht unter anderem geltend: Die Vorgabe "24 Stunden x 7 Tage" beziehe sich nur auf den Normalbetrieb. In diesem Sinne sei auch die Formulierung "Ziel der Hochverfügbarkeit ist es, eine Verfügbarkeit von 99,8% zu gewährleisten", zu verstehen. Der Zeitraum von ca. 17 bis 18 Stunden genüge in der Regel, um die Urladung des ZStV-Verfahrens während eines Wochenendes zu bewerkstelligen. Den Anwendern könne zuvor mitgeteilt werden, dass ihnen das ZStV-Verfahren am Wochenende nicht zur Verfügung stehe. Zudem lese ein verständiger Bieter mit, dass bei einer Reorganisation (Urladung) das ZStV-Verfahren nicht verfügbar sei. Aufgrund der Erfahrungen mit der ZooM-Suchkomponente, bei der die Reorganisation von Tabellen sich über mehr als sechs Wochen während des laufenden Betriebes hingezogen und dabei das Antwortzeitverhalten des Verfahrens negativ beeinflusst habe, lege sie, die Antragsgegnerin, nur noch Wert darauf, dass die Verfügbarkeit während des Normalbetriebs zu gewährleisten sei. Der Zeitraum, bis die Änderung einer Suchregel in Kraft tritt, sei bei der ZooM-Komponente unakzeptabel lang. Die Erfahrung mit den BZR/GZR-Verfahren habe gezeigt, dass eine 24-stündige Aussetzung des Betriebs für die Durchführung von Reorganisationsmaßnahmen insgesamt gesehen deutlich effektiver sei, als eine Reorganisation bei laufendem Betrieb des ZStV-Verfahrens. Aus diesem Grunde finde sich an keiner Stelle der Verdingungsunterlagen die Anforderung, dass Reorganisationsmaßnahmen zwingend während des laufenden Betriebs durchzuführen seien. Zudem sei eine Reorganisation während des laufenden Betriebes unwirtschaftlich und extrem teuer. Ein potenzieller Bieter lese deshalb mit, dass im Falle einer Urladung des ZStV-Verfahrens, die aufgrund von Änderungen an den Suchtabellen der Suchsoftware erforderlich werde, die Hochverfügbarkeit des ZStV-Verfahrens nicht zu gewährleisten sei.
Die Beigeladene trägt vor: Die Suchkomponente FUZZY!Double gewährleiste die Verfügbarkeit des ZStV-Verfahrens auch im Falle einer mehr als 24-Stunden dauernden Urladung bzw. Reimplementierung. Die Behauptung der Antragstellerin, es sei eine zweite Hardwarekomponente (Server) einzusetzen, um im Falle der Urladung eine Hochverfügbarkeit des ZStV-Verfahrens zu gewährleisten, sei nicht zutreffend. Tatsächlich sei hierzu nur eine zweite redundante Instanz auf dem Server notwendig. Der Datenbestand des ZStV-Verfahrens werde kopiert. Während der Urladung laufe das ZStV-Verfahren auf der ursprünglichen Instanz weiter. Parallel dazu werde durch die Urladung die zweite Instanz mit den Daten befüllt. Nach Abschluss der Urladung und vollständiger Synchronisation aller während der Urladung angefallenen Änderungen (Neuanlagen, Änderungen, Löschungen) werde von der ursprünglichen Instanz auf die neue Instanz umgeschaltet. Dies erfolge durch eine einfache Konfigurationsänderung der Verbindungsinformation.
Die Beigeladene trägt hilfsweise vor: Das Angebot der Antragstellerin sei auszuschließen, denn ihre Subunternehmerin (E... GmbH) habe sich wettbewerbswidrig verhalten. Diese verlange von den Bietern für die Überlassung einer Lizenz an der Suchkomponente ZooM einen überteuerten Preis, während die Antragstellerin keine Lizenz erwerben müsse, da sie die E... GmbH als Subunternehmer einsetze und diese als Hersteller und Entwickler der Software über das Nutzungsrecht verfüge. Mitbewerber hätten deshalb ein teureres Angebot als die Antragstellerin abgeben müssen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Hilfsanschlussbeschwerde der Beigeladenen zurückzuweisen.
Sie macht geltend: Sie sei für eine etwaige wettbewerbswidrige Verhaltensweise ihrer Subunternehmerin nicht verantwortlich.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen, die Vergabeakten und die Akten der Vergabekammer Bezug genommen.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg.
1. Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
a) Die Antragstellerin hat die hier geltend gemachten Vergaberechtsverstöße rechtzeitig gerügt (§ 107 Abs. 3 Satz 1 GWB). Mit Schreiben vom 10. März 2008 wandte sich die Antragstellerin gegen die Zulassung anderer Suchkomponenten, beanstandete den gewählten Gleichwertigkeitsmaßstab und rügte das Unterbleiben der Forderung nach einem Nachweis der Gleichwertigkeit. Weitere Rügen mit Schreiben vom 10. Juni 2008 erfolgten unverzüglich im Anschluss an den Zugang des Schreibens vom 30. Mai 2008. Der Zeitraum von 8 Tagen zwischen Zugang der Bieterinformation nach § 13 VgV und Abfassung sowie Zugang des Rügeschreibens bei der Antragsgegnerin ist als unverzüglich im Sinne des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB anzusehen. Die Zeitspanne zwischen Kenntniserlangung und Rüge darf maximal zwei Wochen betragen (vgl. BayObLG NZBau 2000, 481, 483; OLG Düsseldorf NZBau 2000, 45,47= NJW 2000, 145). Der Antragstellerin, die bei Abfassung des Rügeschreibens anwaltlich nicht vertreten war, war eine angemessene Prüfungs- und Überlegungsfrist zuzubilligen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.9.2007, VII-Verg 19/07, Umdruck S. 8).
b) Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB. Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag durch Einreichen eines Angebots bekundet. Als zweitplazierte Bieterin hat sie auch Aussichten auf den Zuschlag. Die Antragstellerin macht ferner schlüssig geltend, durch die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Beigeladene in Bieterrechten verletzt zu werden. Durch den Verlust des Auftrags droht ihr auch ein Schaden zu entstehen.
2. Der Nachprüfungsantrag ist unbegründet.
Das Angebot der Beigeladenen ist von der Wertung weder aus formellen noch aus materiellen Gründen auszuschließen (Hauptantrag: s. hierzu unter 2. a) u. b)). Das Vergabeverfahren ist auch nicht aufzuheben (Hilfsantrag: s. hierzu unter 2. c) u. d)).
a) Das Angebot der Beigeladenen ist nicht aus formellen Gründen, insbesondere nicht wegen Unvollständigkeit (§ 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A), von der Wertung auszuschließen.
(1) Das Angebot der Beigeladenen ist nicht wegen im Angebot unterbliebener oder unvollständiger Darlegungen zur technischen Gleichwertigkeit aus der Wertung zu nehmen.
Allerdings ist schon die Auffassung der Antragstellerin, die Gleichwertigkeit der angebotenen Suchkomponente Fuzzy!Double sei von der Beigeladenen in Bezug auf die eingesetzte Suchkomponente ZooM darzulegen, unzutreffend. Nach dem Inhalt des Schreibens vom 28. Februar 2008, welches klarstellte, dass neben ZooM auch alternative Suchkomponenten zugelassen waren, war die Gleichwertigkeit nicht im Hinblick auf die eingesetzte ZooM-Software darzulegen, sondern in Bezug auf die in der Ausschreibung für das ZStV-Verfahren geforderten Funktionalitäten. Dort heißt es wie folgt:
Die Anforderungen an die Suchkomponente sind in den Ausschreibungsunterlagen und dort insbesondere in den Organisatorisch-technischen Leitlinien für das ZStV mit den dazugehörigen Präzisierungen und Fortschreibung definiert. Die Leistungsfähigkeit der angebotenen Suchkomponente für die in den genannten Dokumenten beschriebenen Anforderungen ist vom Bieter darzulegen.
An den Gleichwertigkeitsmaßstab wurde damit nur ein Mindestmaß von Anforderungen gestellt. Auch aus dem Inhalt des Schreibens vom 12. März 2008 ergibt sich aus Sicht eines potentiellen Bieters kein anderer (strengerer) Gleichwertigkeitsmaßstab. Mit Schreiben vom 12. März 2008 (Anlage BF 7) hat die Vergabestelle an dem von ihr mit Schreiben vom 28. Februar 2008 aufgestellten Gleichwertigkeitsmaßstab nämlich festgehalten. Das Schreiben vom 12. März beginnt mit folgenden Sätzen:
Die funktionalen Anforderungen an die Suchkomponente im ZStV-Verfahren sind in den Ausschreibungsunterlagen und dort insbesondere in den Organisatorisch-technischen Leitlinien für das ZStV mit den dazugehörigen Präzisierungen und Fortschreibungen beschrieben. Die Leistungsparameter für das gesamte Verfahren sind in der Ausschreibungsunterlage zu Ziffer 5.7 definiert:
Dem ersten Satz sind aus Bietersicht zwei Aussagen zu entnehmen: Zum einen wird klargestellt, dass die anzubietende Suchkomponente die technischen Anforderungen des ZStV-Verfahrens erfüllen muss. Es wird also der Gleichwertigkeitsmaßstab (die funktionalen Anforderungen an die (angebotene) Suchkomponente im ZStV-Verfahren sind in den ... beschrieben) definiert. Zum anderen wird darauf hingewiesen, an welcher Stelle in den Verdingungsunterlagen die funktionalen und technischen Anforderungen des ZStV-Verfahrens definiert sind. Damit sind die funktionalen Anforderungen an die Suchsoftware (Suchregeln) in den Schreiben vom 28. Februar und 12. März 2008 in identischer Weise definiert worden. Der erste Absatz des Schreibens vom 12. März 2008 bezieht sich nicht (nur) auf eine Rüge der Antragstellerin, dass die Anforderungen des ZStV-Verfahrens nicht beschrieben worden seien, wie sie, die Antragstellerin, in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht hat. Eine solche Rüge ist dem Schreiben der Antragstellerin vom 10. März 2008, vor dessen Hintergrund das Antwortschreiben der Vergabestelle auszulegen ist, nicht zu entnehmen. Mit jenem Schreiben hat die Antragstellerin gerügt, es hätte von den Bietern im funktionalen Kontext des ZStV ein Nachweis der Gleichwertigkeit einer alternativen Suchkomponente verlangt werden müssen. Das Schreiben lautet auszugsweise wie folgt:
... in Ihren oben genannten Antworten stellten Sie klar, dass die Ausschreibungsunterlagen so zu verstehen seien, dass anstelle der im Ausschreibungstext referenzierten Suchkomponente ZooM auch andere Produkte eingesetzt werden könnten, sofern diese im Hinblick auf die für das ZStV-Verfahren geforderten Funktionen gleichwertig sind. Dem Bieter wird hinsichtlich des neuen Produktes auferlegt, "die Leistungsfähigkeit der angebotenen Suchkomponente für die in den genannten Dokumenten beschriebenen Anforderungen (...) darzulegen."
Aufgrund dieser neuen Festlegungen erwarten wir deutliche Wettbewerbsnachteile für Angebote mit ZooM, da allein die Verpflichtung, die funktionale Gleichwertigkeit des Suchwerkzeuges "darzulegen", keine wirkliche Gewähr für die tatsächliche Gleichwertigkeit mit dem heute eingesetzten Werkzeug ZooM bietet.
Aufgrund der zentralen Bedeutung von ZooM für die Anwendung ZStV bedingt ein Austausch von ZooM umfassende Änderungen der Anwendung. Dieser Eindruck wird bei jedem mit dem Verfahren ZStV nicht vertrauten Bieter, der lediglich den Begriff "Suchkomponente" zur Kenntnis nehmen kann, nicht erweckt. Das mit dem Austausch verbundene Risiko kann über die vorhandenen Kriteriengruppen der Ausschreibung nicht in die Bewertung der Angebote einfließen. Es ist aus unserer Sicht daher allein sachgerecht und für die Vergleichbarkeit der Angebote zwingend erforderlich, den Nachweis der Gleichwertigkeit im funktionalen Kontext des ZStV und nicht nur die Darlegung der Gleichwertigkeit zu fordern.
Der Beanstandung der Antragstellerin hat die Vergabestelle indes mit Schreiben vom 12. März 2008 nicht abgeholfen und dieses wie folgt begründet:
Von diesen Unternehmen ist zu erwarten, dass sie die geforderte Funktionalität in dem entwickelten und in Produktion befindlichen ZStV-Verfahren aufgrund der zur Verfügung gestellten Unterlagen in vollem Umfang erfassen sowie die evtl. bestehenden Risiken erkennen und in der angebotenen Lösung berücksichtigen werden.
Aufgrund der geforderten Darlegungen, die als fachlich fundierte Ausführungen zu verstehen sind, sieht sich die ausschreibende Stelle in der Lage, angebotene Softwareprodukte auf ihre Eignung im Hinblick auf die für das ZStV-Verfahren geforderten Funktionen zu überprüfen und eine Vergleichbarkeit der Angebote zu gewährleisten. Sollten sich nach den Darlegungen noch Fragen zu der Geeignetheit eines angebotenen Produktes ergeben, wird die ausschreibende Stelle von ihrer Möglichkeit Gebrauch machen, vom Bieter weitere Informationen anzufordern (§ 24 Nr. 1 VOL/A).
Auch eine Verschärfung des Gleichwertigkeitsmaßstabs ist dem Schreiben vom 12. März 2008 nicht zu entnehmen. Die Ausführungen verweisen auf keinen strengeren Maßstab, sondern drücken lediglich die Erwartung der Vergabestelle an die Fach- und Sachkunde der Bieter aus. Die Bieter sollten in der Lage sein, die Funktionalitäten des angewandten ZStV-Verfahrens im Kontext mit einer anderen Suchkomponente anhand der zur Verfügung gestellten Unterlagen zu erkennen, zu analysieren und im Angebot zu berücksichtigen.
Schließlich ist den Schreiben der Vergabestelle vom 28. Februar 2008 und 12. März 2008 aus Sicht eines potenziellen Bieters mangels klarer und eindeutiger Angabe zudem nicht die Anforderung zu entnehmen, dass die Gleichwertigkeit einer alternativen Suchkomponente bereits mit dem Angebot darzulegen war. Dies konnte auf Anforderung der Vergabestelle auch noch nach Angebotsabgabe erfolgen. Sich die technische Eignung anlässlich eines Bietergesprächs erläutern zu lassen, hatte sich die Vergabestelle im Schreiben vom 12. März 2008 ohnedies vorbehalten. Im Übrigen enthält bereits das Angebot der Beigeladenen Darlegungen zur Gleichwertigkeit, wie sich auch dem Vergabevermerk vom 27. Mai 2008 entnehmen lässt ("ergänzend zu den Darstellungen im Angebot noch einmal") und wie der Senat anhand des Angebots der Beigeladenen festgestellt hat. Weitere Darlegungen erfolgten durch Präsentation in einem Bietergespräch, dessen wesentlicher Inhalt und Verlauf für die Vergabeakte protokolliert worden ist.
(2) Die Vergabestelle hat mit der Beigeladenen entgegen § 24 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A auch nicht unzulässig nachverhandelt, indem sie sich anlässlich des Bietergesprächs laut Vermerk vom 27. Mai 2008 die Gleichwertigkeit der Suchkomponente im Hinblick auf die Funktionen der ZStV-Verfahrens hat darlegen lassen. § 24 VOL/A enthält das Verbot, nach Ablauf der Angebotsabgabefrist inhaltliche Änderungen am Angebot (über den Preis und den Leistungsumfang) zuzulassen, verbietet aber nicht Erläuterungen des Angebotsinhalts in technischer Hinsicht. Der Auftraggeber darf sich bei einer funktionellen Ausschreibung auch die technische Gleichwertigkeit der angebotenen Leistung vom Bieter erläutern lassen.
(3) Das Angebot der Beigeladenen ist nicht wegen unterbliebener Darlegung der Hochverfügbarkeit unvollständig. Eine Darlegung der Hochverfügbarkeit - auch im Falle einer Urladung - mit dem Angebot war weder in den Verdingungsunterlagen noch in den Schreiben der Vergabestelle vom 28. Februar 2008 von den Bietern gefordert worden. Das Schreiben vom 28. Februar 2008 wies hinsichtlich der an die Suchkomponente gestellten Anforderungen auf die Ausschreibungsunterlagen und die organisatorisch-technischen Leitlinien hin. Das in der Leistungsbeschreibung enthaltene Bewertungskriterium B.4.5 der Kriteriengruppe 4 "Anpassungsleistung" verlangte von den Bietern:
Wie in Abschnitt 5 erläutert, werden an das ZStV-Verfahren hohe Anforderungen an die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit des Systems gestellt.
Ist das zu beschaffende System für die angepasste Verfahrenssoftware ausreichend dimensioniert?
Eine Darstellung, wie die Verfügbarkeit zum Beispiel im Falle einer mehr als 24 Stunden währenden Urladung der Suchkomponente zu gewährleisten sei, war von den Bietern mit dem Angebot nicht verlangt.
b) Das Angebot der Beigeladenen änderte, soweit Gegenstand die alternative Suchkomponente FUZZY!Double war, in materieller (inhaltlicher) Hinsicht die Verdingungsunterlagen nicht ab. Eine Änderung an den Verdingungsunterlagen im Sinne des § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A liegt zwar nicht nur vor, wenn ein Bieter äußerliche sichtbare Eingriffe wie etwa Streichungen oder Ergänzungen am Leistungsverzeichnis vornimmt. Sie kann insbesondere auch gegeben sein, wenn inhaltlich eine andere Leistung angeboten wird, als im Leistungsverzeichnis ausgeschrieben ist. So ist als eine Änderung der Verdingungsunterlagen anzusehen, wenn das Angebot den Umfang der ausgeschriebenen Leistungen einschränkt oder erweitert. Ob die Verdingungsunterlagen geändert worden sind, ist im Wege eines Vergleiches des Angebotsinhalts mit der in den Verdingungsunterlagen geforderten Leistung zu ermitteln.
(1) Das Angebot der Beigeladenen nimmt in diesem Sinne keine Änderung an den ausgeschriebenen Leistungen vor. Die ZooM-Suchkomponente ist nicht produktspezifisch ausgeschrieben worden (vgl. § 8a Nr. 5 VOL/A). Ob sich dies mit hinreichender Deutlichkeit für den potentiellen Bieter schon aus den Verdingungsunterlagen, insbesondere den Technischen Rahmenbedingungen, und aus dem Konzept zur Anpassung des ZStV-Verfahrens (dort Ziffer 5.2) ergab, kann dahinstehen. Die Klarstellung, dass die Softwarekomponente ZooM nicht zwingend vorgegeben werden sollte, erfolgte mit Schreiben der Vergabestelle vom 28. Februar 2008. Ebenfalls kann offen bleiben, ob eine produktspezifische Ausschreibung der ZooM-Komponente im Streitfall sachlich zu rechtfertigen gewesen wäre. Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich. Die Antragstellerin hat ihre der Zulassung einer anderen Suchkomponente geltende Beanstandung im Beschwerdeverfahren nicht aufrechterhalten.
(2) Die von der Beigeladenen angebotene Suchkomponente FUZZY!Double erfüllt in materieller Hinsicht die in den Verdingungsunterlagen formulierte Forderung nach einer Hochverfügbarkeit des ZStV-Verfahrens auch um Falle einer sogenannten Urladung. Die Forderung nach einer Hochverfügbarkeit des ZStV-Verfahrens ist - wie aus einer Gesamtschau folgt - von der Vergabestelle in den Verdingungsunterlagen gestellt worden. Im Kapitel 5 "Rahmenbedingungen des Systembetriebs" heißt es auf Seite 29:
Das ZStV-Verfahren steht den Nutzern außerhalb der Registerbehörde an 24 Stunden pro Tag und an sieben Tagen in der Woche zur Verfügung. Anwender innerhalb der Registerbehörde greifen nur in Ausnahmefällen auf das System zu:
Im Kapitel 5 "Rahmenbedingungen des Systembetriebs" der Verdingungsunterlagen unter Ziffer 5.7 "Mengengerüste" wird auf Seite 31 ausgeführt:
An das ZStV-Verfahren wird die Anforderung der Hochverfügbarkeit gestellt. Der Dienst ZStV steht den internen Anwendern und den externen Nutzern (anfragenden und mitteilenden Stellen) 24 Stunden am Tag und an 7 Tagen in der Woche zur Verfügung (24 x 7-Betrieb).
Auf Seite 9 des "Konzeptes zur Anpassung der Verfahrenssoftware" wird im Kapitel 4 "Phasenorientiertes Migrationsverfahren" Folgendes verlangt:
Umsetzung der Detailkonzepte zur Höchstverfügbarkeit
1. Hochverfügbarkeit:
Im Detailkonzept der Hochverfügbarkeit kann auf das bestehende Konzept zur Hochverfügbarkeit im alten Wirksystem zurückgegriffen werden. Das bisherige Konzept muss an die neuen Bedingungen angepasst werden. Ziel der Hochverfügbarkeit ist es, eine Verfügbarkeit von 99,8 % zu gewährleisten.
Der Begriff "Hochverfügbarkeit" verlangt aus der Sicht eines fachkundigen Bieters, dass das ZStV-Verfahren ohne Einschränkungen auch außerhalb des Normalbetriebs externen und internen Nutzern für Anfragen und Änderungen (Neuanlagen, Änderungen und Löschungen) zur Verfügung stehen soll. Die Verdingungsunterlagen differenzieren im Hinblick auf die Hochverfügbarkeit des ZStV-Verfahrens nicht zwischen einem Normalbetrieb und Ausnahmesituationen. Angesichts der Zeitangabe "24 Stunden x 7 Tage" und der prozentualen Bezifferung von Ausfallzeiten mit 0,2 % musste ein verständiger Bieter vielmehr davon ausgehen, dass die Verfügbarkeit des ZStV-Verfahrens höchstens für einen Zeitraum von 17 bis 18 Stunden (= ca. 0,2 %) im Jahr unterbrochen werden darf und die Verfügbarkeit ansonsten ohne Abstriche zu gewährleisten ist. Wie außer Streit steht, beeinträchtigt eine sogenannte Reimplementierung (Urladung) der Suchkomponente, die - wie unstreitig ist - ausschließlich bei einer Änderung der Suchparameter in den Suchtabellen notwendig wird, die Hochverfügbarkeit des ZStV-Verfahrens. Die Verfahrensbeteiligten streiten nur darüber, wieviel Zeit für eine derartige Urladung benötigt wird. Während die Vergabestelle annimmt, dieser Vorgang könne auch in weniger als 24 Stunden abgeschlossen werden, hat die Beigeladene im Verfahren vor der Vergabekammer und auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt, eine Urladung könne auch länger als 24 Stunden dauern.
Zwar hat die Vergabestelle in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht, sie habe dem in den Verdingungsunterlagen verwandten Begriff der Hochverfügbarkeit eine andere (abweichende) Bedeutung zumessen wollen. Aufgrund der Erfahrungen mit Änderungen an den Tabellen der Suchkomponente ZooM, die sich über einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen hingezogen hätten, habe sie eine Hochverfügbarkeit im strengen Sinn nicht fordern wollen. Ein Bieter lese, so die Vergabestelle, folglich selbstverständlich mit, dass die Verfügbarkeit außerhalb des Normalbetriebs, etwa bei einer Reorganisation der Suchtabellen, nicht zu gewährleisten sei. Der Vorbehalt der Vergabestelle hat in den Verdingungsunterlagen jedoch keinen Ausdruck gefunden.
Letztlich kann die Frage, ob ein potenzieller Bieter die Verdingungsunterlagen so versteht, dass eine Verfügbarkeit außerhalb eines Normalbetriebs nicht erforderlich sei, aus einem anderen Grund offen bleiben. Die alternativ angebotene Suchkomponente FUZZY!Double gewährleistet nämlich die Verfügbarkeit des ZStV-Verfahrens für externe Nutzer auch während des Vorgangs einer mehr als 24 Stunden dauernden Urladung der Suchkomponente durch die Einrichtung einer zweiten redundanten Instanz. Wie zwischen den Verfahrensbeteiligten inzwischen unstreitig ist, handelt es sich hierbei nicht um einen zweiten Server im Sinne einer Hardwarekomponente. Die Redundanz wird dazu genutzt, den Datenbestand des ZStV-Verfahrens zu kopieren. Im Schriftsatz vom 22. Juli 2008 (Anlage BL 2) auf Seite 2 hat die Beigeladene den Vorgang der Urladung wie folgt erläutert:
Während der Urladung wird zunächst mit der ursprünglichen FUZZY!Double-Instanz weiter gearbeitet. Parallel dazu wird durch die Urladung die zweite Instanz mit den Daten befüllt. Nach Abschluss der Urladung und vollständiger Synchronisation aller während der Urladung angefallenen Änderungen (Neuanlagen, Änderungen, Löschungen) wird von der ursprünglichen Instanz auf die neue Instanz umgeschaltet. Dies erfolgt durch eine einfache Konfigurationsänderung der Verbindungsinformation.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 24. September 2008, der der Beigeladenen nicht mehr rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung zugegangen ist, beanstandet, der Vorgang der Synchronisation nach einer Urladung reiche nicht aus, um während der Kopie des Datenbestandes und der Urladung eingehende Änderungen (Neuanlagen, Änderungen und Löschungen) nachzuverarbeiten. Bereits während des Kopiervorgangs oder auch während der Synchronisation könnten laufende Veränderungen an der Original-Datenbank auftreten. Der Mitarbeiter Z... der S... hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat indes die technischen Ausführungen der Beigeladenen dahingehend präzisiert, dass schon Änderungen, die vor dem Start der Urladung erfolgen und die suchrelevante Attribute betreffen, in einer Hilfstabelle gepuffert, identifiziert und während der Urladung parallel in beiden Instanzen verarbeitet werden. Auf diese Weise entstünden keine zeitlichen Lücken und sei aus technischer Sicht eine 24 Stunden-Verfügbarkeit des ZStV-Verfahrens gegeben. Im nachgelassenen Schriftsatz vom 20. Oktober 2008 hat die Beigeladene das Vorgehen nochmals vertiefend dargestellt. Danach wird erst nach dem Aktivieren des Puffers in einer Hilfstabelle eine Kopie der Datenbank ZStV für die Urladung der zweiten FUZZY!Double-Instanz erstellt. Nach Abschluss des Ladevorgangs der ZStV-Daten werde die Synchronisation für die zweite FUZZY!Double-Instanz aktiviert. Automatisch würden alle Änderungen, die von nun an in der ersten Instanz (ZStV) stattfinden, in die zweite FUZZY!Double-Instanz synchronisiert. Dann werde das Puffern deaktiviert und es erfolge eine Nachsynchronisation aller bis hierher gepufferten (auf der Hilfstabelle enthaltenen) Änderungen in die zweite FUZZY!Double Instanz. Eventuell vorhandene Überschneidungen, die dadurch entstanden seien, dass der Vorgang des Kopierens der Datenbank erst nach der Pufferung erster Änderungen erfolgt ist, würden nicht nochmals eingefügt. Nachdem diese Nachsynchronisation abgeschlossen sei, werde die Anwendung, über die die Suchfunktion FUZZY!Double aufgerufen wird, auf die zweite Instanz "umgeswitcht". Anschließend könne der Synchronisationsmechanismus zwischen ZStV und der ersten FUZZY!Double-Instanz deaktiviert und die Hilfstabelle sowie der FUZZY!Double-Bestand der ersten Instanz geleert werden.
Dem Vorbringen, dass die Änderungen gepuffert mitgeführt und in beiden Instanzen parallel weiterverarbeitet würden und nicht erst nach Abschluss der Urladung eine anschließende Synchronisierung zwischen der ersten und zweiten Instanz erfolgt, ist die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten. Es ist vielmehr konzediert worden, dass über eine Pufferung der eingehenden Änderungen eine Synchronisation des Datenbestandes zwischen erster und zweiter (redundanter) Instanz möglich, wenn auch aufwendig sei.
(3) Die Vergabestelle ist mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Angebot der Beigeladenen die Anforderung "keine Reimplementierung des ZStV-Verfahrens" der Leistungsbeschreibung erfüllt. Das Konzept zur Anpassung der Verfahrenssoftware des ZStV-Verfahrens sieht unter Ziffer 2 "Allgemeines" auf Seite 5 vor:
Es erfolgt explizit keine Reimplementierung des ZStV-Verfahrens.
Der Begriff "Reimplementierung" wird in den Verdingungsunterlagen gegen den Begriff der "Migration" abgegrenzt. Er stellt - wie außer Streit steht - ein Synonym für den Begriff "Neuprogrammierung" dar. Der Begriff Migration wird in der Einleitung unter 2 "Allgemeines" wie folgt definiert:
Unter "Migration wird allgemein jede Umstellung innerhalb der DV-Landschaft verstanden. .... In diesem Konzept wird zur Vereinfachung ausschließlich der Oberbegriff Migration benutzt. Es erfolgt explizit keine Reimplementierung des ZStV-Anwendungsverfahrens.
Die Installation der Suchsoftware FUZZY!Double erfordert grundsätzlich keine Reimplementierung (Neuprogrammierung) der Verfahrenssoftware ZStV. Auch die Antragstellerin räumt ein, dass der Austausch der Suchkomponente nicht zwangsläufig die Notwendigkeit einer Reimplementierung (Neuprogrammierung) beinhalten muss. Sie meint indes, dies sei bei der angebotenen Suchkomponente FUZZY!Double der Fall, weil diese nicht die Anforderungen der organisatorisch-technischen Leitlinien (S. 13 f.) erfülle. Die Suchkomponente FUZZY!Double (und damit das ZStV-Verfahren) müsse neu programmiert werden.
Die angebotene Suchkomponente FUZZY!Double erfüllt die Anforderungen der organisatorisch-technischen Leitlinien an eine phonetische (unscharfe) Suche, eine Suche mit internationalen (synonymen) Schreibweisen und eine Und/oder-Suche. Eine Reimplementierung (Neuprogrammierung) der Software FUZZY!Double ist nicht erforderlich, da diese, wie die Beigeladene bereits im Verfahren vor der Vergabekammer geltend gemacht hat, inzwischen weiterentwickelt worden ist. Im Übrigen hat die Beklagte sowohl in ihrer Angebotspräsentation als auch im Beschwerdeverfahren beispielhaft dargelegt, wie die Suchsoftware die Vorgaben der organisatorisch-technischen Leitlinien erfüllt. Im Einzelnen:
(aa) In den organisatorisch-technischen Leitlinien unter Ziffern 4.1.1. ist im Suchmodus 1 vorgegeben:
- Unterschiedliche Schreibweisen der Namen bzw. Geburtsorte sollen in folgender Weise als übereinstimmend gewertet werden: Groß und Kleinschreibung werden gleichgesetzt. Umlaute und Eszett werden in entsprechende Doppelbuchstaben aufgelöst, Bindestriche und Apostrophe werden durch Zwischenräume ersetzt. Bei der Standardisierung wird auch die Umwandlung internationaler Sonderzeichen berücksichtigt.
.....
- Beim Vergleich der Geburtsorte sollen Tabellen eingesetzt werden, die unterschiedliche Ortsnamen gleichsetzen (z.B. Spandau = Berlin, Beuel= Bonn, Bruxelles = Brüssel, Brussels = Brüssel usw.)
Die Behauptung der Antragstellerin (Bl. 15 GA), dass die Synonymdefinition bei FUZZY!Double "case-sensitiv" und zeichenexakt erfolge, das heißt zeichengenau verglichen wird, trifft nicht zu. Auf Seite 15 der Beschwerdeerwiderung hat die Beigeladene dargelegt, dass bei der Suchabfrage nach "Markus Z..., geboren in Brüssel" der Eintrag "marcus Z...", geboren in "bruxelles" gefunden wird.
(bb) Der weitere Vortrag der Antragstellerin (Bl. 15 GA), die Softwarekomponente FUZZY!Double suche nicht mit Synonymen für Ortsnamen, ist gleichfalls nicht richtig. Auf Seite 15 der Beschwerdeerwiderung hat die Beigeladene unbestritten dargelegt, dass bei einer Suchabfrage nach "Karl Hansen, geboren in Spandau" von der Suchkomponente die Einträge "Carl Hansen, geboren in Berlin" und "Karl Hansen, geboren 4.3.1954" angezeigt werden.
(cc) Die Ziffern 4.1.3. der organisatorisch-technischen Leitlinien sehen bezüglich der Feststellung ähnlicher Personendaten bei unvollständigen Angaben drei Suchmodi vor. Diese Vorgaben lauten wie folgt:
Wird bei einem Vergleich der Personendaten zweier Registerinformationen festgestellt, dass in mindestens einer der beiden Registerinformationen eine oder mehrere der im Abschnitt 4.1.1. unter 2 bis 5 genannten rechtmäßigen Personenangaben fehlen, so gelten die entsprechenden Personendaten als ähnlich, wenn
- diejenigen der im Abschnitt 4.1.2 unter 1 bis 4 genannten Merkmale in beiden zu vergleichenden Registerinformationen vorhanden sind und die dort für sie angegebenen Bedingungen erfüllen (Suchmodus 3)
- diejenigen der im Abschnitt 4.1.2. unter 1 bis 4 genannten Merkmale, die in beiden zu vergleichenden Registerinformationen vorhanden sind, die dort für sie angegebenen Bedingung erfüllen, und falls die Geschlechtsangabe in beiden Registerinformationen vorhanden ist, muss auch diese übereinstimmen (Suchmodus 4)
- eine Übereinstimmung in mindestens einem weiteren zur Identifizierung geeigneten Merkmal (s. 3.1.1.) festgestellt wird, falls keines der im Abschnitt 4.1.2. unter 2 bis 4 genannten Merkmale in beiden zu vergleichenden Registerinformationen vorhanden ist (Suchmodus 5).
Auch insoweit zeigt das Beispiel zum Suchmodus 4 auf Seite 16 des Schriftsatzes der Beigeladenen vom 19. September 2008 die Anwendung von "und/oder"- Regeln in nur einer einzigen Suchabfrage, und nicht in sechs Suchabfragen, wie die Antragstellerin auf Seite 17 ihrer Beschwerdeschrift (Seite 17 GA) behauptet hat.
Wie bereits einleitend unter (2) ausgeführt, enthält das Angebot der Beigeladenen Ausführungen zur Erfüllung der organisatorisch-technischen Leitlinien.
(4) Ermessensfehlerfrei hat die Vergabestelle davon abgesehen, von den Bietern einen Nachweis der Gleichwertigkeit zu verlangen. Die Vergabestelle ist hinreichend sachkundig, die Erfüllung der Funktionen des ZStV-Verfahrens durch die Suchkomponente anhand von Ausführungen der Bieter selbst zu beurteilen. Sie setzt die Suchkomponente FUZZY!Double im BZR/GZR-Verfahren bereits seit längerer Zeit ein.
c) Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg. Das Vergabeverfahren ist nicht deshalb aufzuheben, weil die Vergabestelle es versäumt hätte, (eindeutige) Anforderungen an die Suchkomponente und Wertungskriterien im Schreiben vom 28. Februar 2008 aufzustellen. Die Anforderungen an die alternativen Suchkomponenten sind in den organisatorisch-technischen Leitlinien im Sinne von Mindestanforderungen festgelegt. Auf diese nimmt das Schreiben vom 28. Februar 2008 ausdrücklich Bezug. Deshalb kann es auch nicht darauf ankommen, ob die Software ZooM diese Anforderungen übererfüllt, wie die Antragstellerin in einem anderen Zusammenhang (siehe unter d) ausgeführt hat.
d) Das Vergabeverfahren ist schließlich nicht wegen unterlassener Bekanntgabe eines strengeren Gleichwertigkeitsmaßstabes des Schreibens vom 12. März 2008 gegenüber allen Bietern aufzuheben. Das Schreiben vom 12. März 2008 enthält aus Sicht eines verständigen Bieters keinen strengeren Gleichwertigkeitsmaßstab, wie bereits oben ausgeführt worden ist. Darauf, dass die Antragstellerin dieses Schreiben tatsächlich (irrtümlich) anders verstanden und sich aufgrund dieses Schreibens gehindert gesehen haben will, eine andere Suchkomponente als ZooM anzubieten, kommt es demgegenüber nicht an. Die unterlassene Bekanntgabe eines etwaigen strengeren Maßstabs verletze nicht die Antragstellerin in Rechten, sondern nur andere Bieter, deren Angebote von einem Ausschluss bedroht gewesen wären.
3. Es kann dahinstehen, ob ein Ausschluss der Antragstellerin wegen Teilnahme an einer wettbewerbsbehindernden Handlung ihrer Subunternehmerin, der E... GmbH, in Betracht kommt. Die diesbezügliche Anschlussbeschwerde ist von der Beigeladenen nur hilfsweise für den Fall erhoben worden, dass die Beschwerde der Antragstellerin Erfolg hat. Dies ist nach dem bereits Ausgeführten nicht der Fall.
4. Das tatsächliche Vorbringen der Antragstellerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20. Oktober 2008 bietet keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (analog § 156 ZPO).
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO analog. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 50 Abs. 2 GKG.
Ende der Entscheidung
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