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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 09.03.2007
Aktenzeichen: VII-Verg 5/07
Rechtsgebiete: GWB, VgV, VOL/A, AÜG
Vorschriften:
GWB § 118 Abs. 1 S. 3 | |
GWB § 118 Abs. 2 S. 2 | |
GWB § 121 | |
VgV § 13 | |
VOL/A § 7 Nr. 4 | |
VOL/A § 17 Nr. 1 Abs. 2 m | |
VOL/A § 17 Nr. 3 Abs. 2 l | |
AÜG § 1 | |
AÜG § 2 |
Tenor:
Der Antrag der Beigeladenen, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 7. Februar 2007 (VK 3-07/07) zu verlängern, wird abgelehnt.
Die Beigeladenen werden aufgefordert, dem Beschwerdegericht bis zum 23. März 2007 mitzuteilen, ob und mit gegebenenfalls welchen Anträgen die Beschwerde aufrechterhalten bleibt.
Gründe:
I. Die Vergabestelle betreibt ein öffentliches Ausschreibungsverfahren zur Vergabe von Schleusendecksdiensten in den großen Schleusen des N...-Kanals in K... für den Zeitraum von Dezember 2006 bis Juni 2008 (nachrangige Dienstleistungen nach Anhang I B zu VOL/A, Kategorien 19 und 20). Nachdem sämtliche anderen Angebote bestandskräftig ausgeschlossen worden sind, befinden sich nur noch die Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen im Vergabeverfahren. Die Beigeladene zu 1 hat sich auf Los 1 beworben, die Beigeladene zu 2 auf das Los 2. Der letzten, unter dem 22.12.2006 abgesandten Bieterinformation zufolge sollte der Zuschlag auf die Angebote der Beigeladenen ergehen.
Im dagegen gerichteten und von der Antragstellerin angestrengten Nachprüfungsverfahren gab die Vergabekammer der Antragsgegnerin auf, für den Fall der Fortführung des Vergabeverfahrens der Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen. Zur Begründung führte sie aus, die Angebote der Beigeladenen müssten zwingend aus der Wertung ausscheiden, da ihnen geforderte Angaben zur Eignung fehlten. Infolgedessen sei der Zuschlag, sofern das Vergabeverfahren fortgesetzt werden solle, auf das allein verbleibende Angebot der Antragstellerin zu erteilen.
Die Beigeladenen haben gegen die Entscheidung der Vergabekammer sofortige Beschwerde erhoben. Vorab haben sie beantragt, die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels zu verlängern.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beigeladenen, die Gründe der Entscheidung der Vergabekammer und die informationshalber beigezogenen Vergabeakten Bezug genommen.
II. Der Antrag der Beigeladenen, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde zu verlängern, hat keinen Erfolg. Bei der Entscheidung über einen dahingehenden Eilantrag hat das Beschwerdegericht die Erfolgsaussichten der Beschwerde zu berücksichtigen (§ 118 Abs. 2 S. 1 GWB). Verspricht die Beschwerde auf der Grundlage des der Entscheidung zugrundezulegenden Sach- und Streitstands keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, ist der Antrag abzulehnen, ohne dass es einer Interessenabwägung nach § 118 Abs. 2 S. 2 GWB bedarf. So liegt der vorliegende Fall.
1. Allerdings ist der Antrag der Beigeladenen auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels nicht schon mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats, kann der Beigeladene, der sich mit der Beschwerde gegen die von der Vergabekammer ausgesprochene Verpflichtung des Auftraggebers wendet, die Wertung unter Ausschluss seines (des Beigeladenen) Angebots zu wiederholen, nicht zulässig einen Eilantrag analog § 118 Abs. 1 S. 3 GWB stellen (Beschl. v. 12.7.2004 - VII-Verg 39/04, NZBau 2004, 520). Denn entweder dauert ein von der Vergabekammer inzident angeordnetes Zuschlagsverbot bis zur Beschwerdeentscheidung oder bis zu einer Vorabgestattung des Zuschlags nach § 121 GWB fort (vgl. § 118 Abs. 3 GWB). Oder das Zuschlagsverbot dauert in derartigen Fällen nur bis zu einer Erneuerung der Angebotswertung durch den Auftraggeber, einer erneuten Bieterinformation und bis zum Ablauf der 14-tägigen Wartefrist nach § 13 VgV an. Der erneuerten Wertung kann der Beigeladene, wenn sie ihn denn in seinen Rechten verletzt, mit einem Nachprüfungsantrag entgegentreten (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 29.8.2003 - 1 Verg 7/03, VergabeR 2003, 699, 700; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.6.2006 - VII-Verg 33/06). Nach beiden Sichtweisen bedarf der Beigeladene keines Schutzes durch eine Verlängerung der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde. Die Aussichten auf den Auftrag können ihm durch Zuschlag an einen anderen Bieter nicht verlorengehen. Vom zugrundeliegenden Sachverhalt unterscheidet sich der Streitfall jedoch dadurch, dass die Vergabekammer den Auftraggeber, hier die Antragsgegnerin, nicht lediglich verpflichtet hat, die Angebotswertung zu wiederholen, sondern ihr, der Antragsgegnerin, aufgegeben hat, den Zuschlag - falls das Vergabeverfahren fortgesetzt werden soll - auf das Angebot der Antragstellerin zu erteilen. Da der Beigeladene bei dieser Konstellation keine rechtliche Möglichkeit hat, die Erteilung des Zuschlags durch einen Nachprüfungsantrag zu unterbinden, und die Vergabekammer (inzident) auch kein Zuschlagsverbot erlassen hat, kann es zur Sicherung des Primärrechtsschutzes in einem solchen Fall nahe liegen, das Rechtsschutzbedürfnis des Beigeladenen an einem Eilantrag ausnahmsweise zu bejahen. Dies muss im Streitfall indes nicht entschieden werden und soll daher offenbleiben, da den Beschwerden der Beigeladenen jedenfalls in der Sache keine zureichende Erfolgsaussicht zuzumessen ist.
2. Nach derzeitigem Sach- und Streitstand wird der Senat die Beschwerden zurückzuweisen haben. Die Vergabekammer hat dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin mit Recht stattgegeben.
a) Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist nicht unzulässig. Die Antragstellerin hat zwar mit Schreiben an die Vergabestelle vom 7.12.2006 erklärt, auf die Durchführung eines Vergabenachprüfungsverfahrens zu verzichten. Diese Erklärung betraf jedoch die Vergabeentscheidung, wonach der Zuschlag an die Mitbieterin G... ergehen sollte. Diese Entscheidung ist von der Vergabestelle revidiert worden. Der Zuschlag sollte zuletzt auf die Angebote der Beigeladenen erteilt werden. Infolgedessen hat sich - wie die Vergabekammer zutreffend entschieden hat - die Sachlage geändert. Die Gründe, welche die Antragstellerin dazu bewogen haben, gegen einen Zuschlag an G... nicht vorzugehen, treffen nicht auch auf die neu eingetretene Fallgestaltung zu, wonach die Angebote der Beigeladenen bezuschlagt werden sollten.
b) Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag bei der im Eilverfahren gebotenen vorläufigen Betrachtung zu Recht für begründet erachtet. Die Angebote der Beigeladenen sind von der Wertung auszunehmen, da sie zur Beurteilung der Eignung geforderte Angaben nicht enthielten (§ 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A). Wie die Vergabekammer in den Gründen ihrer Entscheidung - von der Beschwerde unbeanstandet - festgestellt hat, wiesen die Angebote der Beigeladenen keine Angaben über eigene Umsätze bei vergleichbaren Leistungen, über bisher ausgeführte Leistungen (diese jeweils in den drei letzten abgeschlossenen Geschäftsjahren) und über die Zahl der beschäftigten Arbeitskräfte auf. Diesbezügliche Angaben waren in der Vergabebekanntmachung ausdrücklich gefordert worden. Die Beigeladenen haben sich allein dadurch, dass sie auf die gesellschaftsrechtliche Verbindung hingewiesen haben, insoweit ebenso wenig auf die Leistungsfähigkeit ihres Mutterunternehmens, der Arbeitsgemeinschaft H... GmbH & Co. KG, berufen. Wenn man die Darstellung der Unternehmensverbindungen so auslegen wollte, die Beigeladenen hätten sich auf die Leistungsfähigkeit ihrer Muttergesellschaft berufen wollen, dann sind jedenfalls zu deren Umsatz bei vergleichbaren Leistungen Angaben nicht gemacht worden. Im Ergebnis sind die vom Auftraggeber vorgesehenen Eignungsangaben unvollständig. Aufgrund der Rechtsprechung des Senats sind die Angebote der Beigeladenen deswegen in der zweiten Wertungsphase zwingend von der Wertung auszunehmen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 22.12.2004 - VII-Verg 81/04, VergabeR 2005, 222, 226 m.w.N.). Das Eintreten dieser Rechtsfolge ist entgegen der Meinung der Beigeladenen nicht davon abhängig, dass der Auftraggeber zuvor auf die Gefahr eines Ausschlusses von der Wertung hingewiesen hat. Es führt schon zum Ausschluss, wenn - wie hier - in der Vergabebekanntmachung unmissverständlich geforderte Eignungsangaben vom Bieter nicht vorgenommen werden.
Die Beigeladenen sehen zu Unrecht Widersprüchliches in der Vergabebekanntmachung und in der Aufforderung zur Angebotsabgabe. Denn während in der Bekanntmachung Angaben zur Eignungsprüfung (und deren Vorlage mit dem Angebot) verlangt und ohne Wenn und Aber zu machen waren, war ausweislich der Angebotsaufforderung auf Verlangen nur der Nachweis, dass vergleichbare Leistungen bereits erbracht worden waren, zu führen. Angaben und Nachweise sind - so wie sie im dargestellten Zusammenhang angesprochen worden sind - voneinander zu unterscheiden. Angaben waren vom Bieter selbst vorzunehmen. Nachweise waren zum Beispiel in Form von schriftlichen Bestätigungen des jeweiligen Auftraggebers oder in vergleichbarer Weise zu führen.
Den Beigeladenen ist auch nicht darin zuzustimmen, dass die Aufforderung zur Angebotsabgabe die geforderten Eignungsangaben abschließend enthielt oder dass sie so jedenfalls zu verstehen war. Nach § 17 Nr. 1 Abs. 2 m VOL/A soll bei öffentlicher Ausschreibung die Bekanntmachung mindestens die mit dem Angebot vorzulegenden Unterlagen (§ 7 Nr. 4 VOL/A), die gegebenenfalls vom Auftraggeber für die Beurteilung der Eignung des Bewerbers verlangt werden, enthalten. Unterlagen in diesem Sinn sind auch Angaben, wie sich aus der Verweisung auf § 7 Nr. 4 erschließt. In der Regel muss der öffentliche Auftraggeber Angaben und Unterlagen, die er nach seiner Einschätzung für die Beurteilung der Eignung der Bieter benötigt, danach in der Bekantmachung bezeichnen. Das folgt aus dem Sinn der Vergabebekanntmachung. Sie soll potentiell am Auftrag interessierten Unternehmen eine sachgerechte Entscheidung darüber ermöglichen, ob sie sich am Vergabeverfahren beteiligen wollen. Im Streitfall waren in der Bekanntmachung Eignungsangaben gefordert. Diese mussten in der Aufforderung zur Angebotsabgabe nicht wiederholt werden. Zwar besagt § 17 Nr. 3 Abs. 2 l VOL/A, dass bei öffentlicher Ausschreibung das Ausschreiben insbesondere Angaben über die mit dem Angebot vorzulegenden Eignungsunterlagen enthalten soll. Solche Angaben sind vom Auftraggeber indes dann nicht zwingend in der Angebotsaufforderung vorzunehmen, namentlich zu wiederholen, wenn sie in der Bekanntmachung bereits gemacht worden sind. Dies ist hier der Fall. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beigeladenen, wie sie in Abrede stellen, Kenntnis von der Vergabebekanntmachung besaßen. Die für sie Handelnden hatten damit zu rechnen, dass es eine Bekanntmachung gab und dass darin - abgesehen von der einen Nachweis vergleichbarer Leistungen betreffenden Angabe in der Aufforderung zur Angebotseinreichung - weitere Eignungsanforderungen aufgestellt sein konnten. Sie konnten sich die Bekanntmachung beschaffen und hätten dies tun müssen. Daran sind sie durch die ihnen von einem Mitarbeiter der Vergabestelle zuteil gewordene telefonische Auskunft objektiv nicht gehindert worden. Die Auskunft betraf lediglich die zur Prüfung der Eignung einzureichenden Nachweise, nicht aber die Angaben, welche die Bieter selbst zu machen hatten.
c) Das Angebot der Antragstellerin ist nicht auszuschließen. Insbesondere ist das Angebot der Antragstellerin - wie die Vergabekammer mit Recht festgestellt hat - weder hinsichtlich geforderter Eignungsangaben noch sonst unvollständig. Die Antragstellerin hat nach nochmaliger Überprüfung der Vergabeakten durch den Senat aufgrund vorgelegter notarieller Urkunden im Angebot erläutert, ihre bisherige Firma "K... GmbH" in die jetzige Bezeichnung geändert zu haben. Deswegen durfte die der K... GmbH erteilte Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung nach § 1, 2 AÜG, deren Vorhandensein nach der Bekanntmachung gefordert war, der Antragstellerin zugerechnet werden. Der Erlaubnisträger blieb tatsächlich und rechtlich identisch. Demgegenüber stellt die jetzige K... GmbH eine Neugründung dar, die keine Festmacherdienstleistungen erbringt. Darüber hinaus ist - was die Beigeladenen zu Unrecht bezweifeln - auch die Zahl der beschäftigten Arbeitskräfte mit dem Angebot von der Antragstellerin angegeben worden.
Eine Kostenentscheidung ist erst mit der Beschwerdeentscheidung zu treffen.
Ende der Entscheidung
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