Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 10.12.2008
Aktenzeichen: VII-Verg 51/08
Rechtsgebiete: VOB/A, GWB, BGB


Vorschriften:

VOB/A § 8 a Nr. 10
VOB/A § 21 Nr. 4
VOB/A § 24 Nr. 1 Abs. 1
VOB/A § 25 Nr. 3 Abs. 1
VOB/A § 25 Nr. 3 Abs. 2
GWB § 107 Abs. 2
GWB § 107 Abs. 3 Satz 1
GWB § 117 Abs. 2
BGB § 133
BGB § 157
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Köln vom 7. August 2008 (VK VOB 12/2008) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf 350.788,04 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsgegner schrieb im Februar 2008 den Neubau der Osttangente K 34 zwischen der K 30 und der B 264 in Würselen im offenen Verfahren europaweit aus.

Nach Ziffern 4.3 der Bewerbungsbedingungen waren Nebenangebote, die in technischer Hinsicht von der Leistungsbeschreibung abwichen, auch ohne Abgabe eines Hauptangebots, andere (kaufmännische) Nebenangebote oder Änderungsvorschläge waren nur in Verbindung mit einem Hauptangebot zugelassen. Ziffern 4.4 besagten, dass Nebenangebote oder Änderungsvorschläge, soweit sie Teilleistungen (Positionen) des Leistungsverzeichnisses beeinflussen (ändern, ersetzen, entfallen lassen, zusätzlich erfordern), nach Mengenansätzen und Einzelpreisen aufzugliedern sind (auch bei Vergütung durch Pauschalsummen). Weitere Mindestanforderungen an die Nebenangebote waren unter Ziffern 5.3 der Aufforderung zur Angebotsabgabe und unter Ziffern 6.0 der Baubeschreibung festgelegt.

Nach der Bekanntmachung war der niedrigste Preis das einzige Zuschlagskriterium.

Die Antragstellerin gab ein Hauptangebot und zusätzlich acht Sondervorschläge (Nebenangebote) ab. Die Beigeladene reichte ein Hauptangebot und insgesamt achtzehn Nebenangebote ein, die sich auf einzelne Ordnungsziffern des Hauptangebots bezogen. Unter Berücksichtigung eingeräumter Nachlässe lag das Hauptangebot der Antragstellerin bei Berücksichtigung der Sondervorschläge eins und acht preislich vor dem Hauptangebot der Beigeladenen, abzüglich der durch die Nebenangebote vier bis fünfzehn generierten Ersparnisse.

Im Anschluss an ein mit dem Antragsgegner geführtes Gespräch wies die Beigeladene mit Schreiben vom 21. April 2008 darauf hin, dass es sich bei den in den Nebenangeboten vier bis fünfzehn beschriebenen Rohren um wandverstärkte Rohre nach DIN V-1201:2004-08 handele. Diese DIN dürfe ab November 2004 nur noch Anwendung finden.

Mit am 19. Mai 2008 zugegangenem Schreiben vom 16. Mai 2008 informierte der Antragsgegner die Antragstellerin darüber, dass der Zuschlag nicht auf ihr Angebot erteilt werden könne. Es sei beabsichtigt, den Zuschlag auf das Hauptangebot der Beigeladenen unter Berücksichtigung der Nebenangebote vier bis fünfzehn zu erteilen. Von den acht Nebenangeboten der Antragstellerin habe nur das erste Nebenangebot mit einem Preisnachlass von 45.458,00 Euro (brutto) berücksichtigt werden können. Die Nebenangebote zwei, drei, fünf und sechs sähen den Einbau von teerhaltigem Material vor. Das Nebenangebot vier schlage als Bindemittel Bitumen vor, das zwar nach der ZSTV-Asphalt-STB 01 zugelassen sei, aber nicht dem ausgeschriebenen Bindemittel Pmb 45 A entspreche. Das Nebenangebot sieben biete bei einer vorgezogenen Beauftragung bis zum 1. Mai 2008 einen Nachlass von 1% der Auftragssumme an. Das Nebenangebot acht, das die Positionen 1.3.1.111 (Frostschutzschicht) und 1.3.1.143 (Schottertragschicht) erfasse, sehe den Einbau von Fräsasphalt vor. Der Regelaufbau fordere nach der Leistungsbeschreibung den Einbau eines natürlichen Mineralgemischs und nicht eines Recyclingmaterials.

Mit Schreiben vom 21. Mai 2008 rügte die Antragstellerin unter anderem: Das Hauptangebot der Beigeladenen sei wegen einer Änderung an den Verdingungsunterlagen auszuschließen. Die Beigeladene habe ein drei- bis viermal teueres Schalungsrohr an Stelle des im Leistungsverzeichnis geforderten Rüttel-Press-Betonrohrs angeboten. Als reines Straßenbauunternehmen verstoße sie zudem gegen das Gebot der Selbstausführung, denn sie könne nur 44 % der ausgeschriebenen Arbeiten selbst ausführen. Die Bedarfsposition 1.3.1.112 sei mit 11,00 Euro pro Kubikmeter Kiesmaterial unauskömmlich kalkuliert. Zumindest liege eine unvollständige Preisangabe vor, denn die Hauptposition 1.3.1.111 sei mit einem auffallend hohen Preis von 30,00 Euro pro Kubikmeter Natursteinschotter angesetzt. Hilfsweise beanstandete die Antragstellerin, dass ihre eigenen Sondervorschläge zu Unrecht ausgeschlossen worden seien. Insbesondere der Sondervorschlag eins sei mit einer zusätzlichen Ersparnis von 80.220,00 Euro (netto) zu werten. Soweit sie mit den Sondervorschlägen zwei, drei, fünf und sechs teerhaltiges Material angeboten habe, handele es sich um in einer nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zugelassenen Aufbereitungsanlage wiederaufbereitetes Material (Fräsasphalt), das ein neues Baumaterial und kein Recyclingmaterial sei. Der Antragsgegner half den Rügen nicht ab.

Die Antragstellerin hat daraufhin einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer eingereicht, mit dem sie eine Wiederholung der Angebotswertung erstrebt hat. Mit dem Nachprüfungsantrag hat die Antragstellerin über die bereits erhobenen Rügen hinaus beanstandet, die Nebenangebote der Beigeladenen seien nicht zu werten, weil die Mindestanforderungen für die Nebenangebote unter Ziffer 5.3 der Aufforderung der Abgabe eines Angebots nicht hinreichend konkret ausgestaltet worden seien.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin aus folgenden Erwägungen teils als unzulässig und teils als unbegründet zurückgewiesen: Unzulässig sei der Nachprüfungsantrag, soweit die Antragstellerin erst mit dem Nachprüfungsantrag gerügt habe, der Antragsgegner habe inhaltlich unbestimmte oder unklare Mindestanforderungen für Nebenangebote festgelegt. Mit dieser Rüge sei die Antragstellerin ausgeschlossen. Sie habe bei Durcharbeiten der Verdingungsunterlagen erkennen können, ob und welche Mindestanforderungen an die Nebenangebote der Antragsgegner festgelegt habe, und hätte als fachkundiges Unternehmen unbestimmte Mindestanforderungen unverzüglich rügen müssen. Zudem sei der Nachprüfungsantrag insoweit auch unzulässig, denn die verspätete Rüge sei treuwidrig. Die Antragstellerin habe acht Änderungsvorschläge eingereicht. Dabei habe sie sich in keiner Weise dahin geäußert, die aufgestellten Anforderungen seien unzureichend.

Der Nachprüfungsantrag sei im Übrigen unbegründet. Die Nebenangebote zwei bis acht der Antragstellerin seien nicht wertungsfähig, denn sie entsprächen überwiegend nicht den an die Nebenangebote gestellten Mindestanforderungen.

Das Hauptangebot und die Nebenangebote vier bis acht (tatsächlich bis fünfzehn) der Beigeladenen seien demgegenüber wertungsfähig. Das Hauptangebot der Beigeladenen ändere die Positionen 1.2.6.129 bis 1.2.6.134 des Leistungsverzeichnisses nicht. Streichungen oder Hinzufügungen am Leistungsverzeichnis habe die Beigeladene nicht vorgenommen. Das Hauptangebot ändere die Verdingungsunterlagen auch nicht in inhaltlicher Hinsicht. Aus dem Inhalt der Nebenangebote könne nicht darauf geschlossen werden, die Beigeladene habe mit dem Hauptangebot höherwertige und teurere Schalungsrohre angeboten. Es handele sich insoweit um Vermutungen der Antragstellerin, die nicht durch Tatsachen belegt seien. Zudem sei nicht anzunehmen, dass ein Bieter seine Zuschlagschancen gewissermaßen mutwillig verschlechtere, indem er unnötigerweise ein höherwertigeres und teureres Produkt als das ausgeschriebene anbiete. Damit riskiere er den Ausschluss seines Angebotes wegen Änderungen an den Verdingungsunterlagen. Sollte die Beigeladene identische Produkte mit dem Hauptangebot und den Nebenangeboten angeboten haben, so führe dies nicht zum Ausschluss des Hauptangebots, sondern die Nebenangebote seien als Preisnachlässe ohne Bedingungen zu werten. Diese Preisnachlässe habe die Beigeladene § 21 Nr. 4 VOB/A zuwider aber nicht an der vorgesehenen Stelle aufgeführt.

Auf schriftliche Anfrage im Anschluss an die mündliche Verhandlung habe die Beigeladene mit Schreiben vom 1. August 2008 im Übrigen erklärt, Gegenstände der Nebenangebote vier bis acht seien "FBS-Betonrohre B-KF-GM in HS-Zement" (Hochsulfadurzement).

Die Beigeladene, die nur 44 % der Gesamtleistung selbst ausführen könne, verstoße nicht gegen ein Gebot der Selbstausführung. Ein solches enthalte die VOB/A nicht. Vielmehr sei es einem Bieter im Rahmen der Eignungsprüfung gemäß § 8 a Nr. 10 VOB/A gestattet, sich auf die Fähigkeiten anderer Unternehmen zu berufen. Erst recht müsse dies auch für die Phase der Vertragsausführung gelten.

Das Hauptangebot der Beigeladenen sei schließlich nicht wegen einer unvollständigen Preisangabe unter den Positionen 1.3.1.111 und 1.3.1.112 von der Wertung auszuschließen. Es handele sich dabei um Alternativpositionen, weshalb von einem unzulässigen Auf- und Abpreisen nicht die Rede sein könne. Die Beigeladene habe erklärt, für beide Positionen die von ihr tatsächlich geforderten Entgelte angegeben zu haben.

Gegen diese Entscheidung hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt und gleichzeitig einen Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Der Senat hat mit Beschluss vom 4. September 2008 die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde einstweilen verlängert und der Antragstellerin das Schreiben der Beigeladenen vom 1. August 2008 übersandt.

Die Antragstellerin macht nunmehr geltend: Das Hauptangebot der Beigeladenen ändere die Verdingungsunterlagen in inhaltlicher Hinsicht und sei deshalb auszuschließen. Die Beigeladene habe mit ihren Nebenangeboten die im Leistungsverzeichnis ausgeschriebenen "Rüttel-Pressrohre" bzw. "Maschinenrohre" und mit dem Hauptangebot sogenannte "Schalungsrohre", die drei- bis viermal teurer als ein Maschinenrohr seien, angeboten. Die inhaltliche Änderung des Leistungsverzeichnisses durch das Hauptangebot sei aus dem Inhalt der Nebenangebote vier bis fünfzehn abzuleiten. Die Beigeladene habe zwar mit ihren Nebenangeboten ein vom Hauptangebot technisch abweichendes Rohr anbieten wollen. Der Formulierung "wie Pos. 126129, jedoch Maschinenrohre" sei der Wille der Beigeladenen zu entnehmen, mit ihrem Nebenangebot einen technisch anderen Gegenstand als im Hauptangebot anzubieten. Der Begriff "Maschinenrohr" sei ein Synonym für die im Leistungsverzeichnis ausgeschriebenen "Rüttel-Press-Rohre". Da die angeführte Abkürzung "B-KF-GM DN 300" im Nebenangebot sich in technischer Hinsicht mit der Produktbeschreibung im Hauptangebot "DN 300 KFW-M" decke, könne die technische Abweichung des Nebenangebots vom Hauptangebot nur in der Begrifflichkeit "Maschinenrohr" liegen.

Die technische Abweichung des Gegenstandes der Nebenangebote gegenüber dem Hauptangebot liege nicht in der Länge der anzubietenden Rohre. Im Leistungsverzeichnis seien zwar Rohrlängen von zwei Metern gefordert gewesen. Diese Längenvorgabe entspreche der außer Kraft getretenen DIN-Norm 4032 und sei nach dem aktuellen Stand der Technik und der neuen DIN-Norm V-1201 nicht mehr vorgesehen. Die Nebenangebote der Beigeladenen enthielten keine, erst recht keine hiervon abweichenden Längenangaben. Deshalb sei davon auszugehen, dass die Länge der in den Nebenangeboten ausgewiesenen Rohre der Länge der ausgeschriebenen Rohre entspreche. Die Beigeladene sei nicht gehindert gewesen, die fehlende Aktualität der Verdingungsunterlagen zu beanstanden. Hierzu sei sie sogar verpflichtet gewesen, da die Antragsgegnerin in den Verdingungsunterlagen bestimmt habe, dass die Leistungen nach dem neusten Stand der Technik und den aktuellen Anforderungen der geltenden DIN-Normen auszuführen seien.

Die Sondervorschläge eins bis acht seien wertungsfähig. Der Sondervorschlag eins müsse in voller Höhe der eintretenden Ersparnisse gewertet werden, denn der Antragsgegner habe positiv gewusst, dass und in welcher Höhe sich weitere Ersparnisse durch Wegfall von Massen bei der Abtragsposition 1.2.310. ergäben.

Die Nebenangebote zwei, drei, fünf, sechs und acht erfüllten die Mindestanforderungen. Das "Merkblatt über die Wiederverwertung von mineralischen Baustoffen im Straßenbau unter Verwendung von Bitumenemulsionen" sei nicht einschlägig, denn es befasse sich nur mit pechhaltigen Fräsasphalten, nicht aber mit den angebotenen teerhaltigen Fräsasphalten. Zu Unrecht habe der Antragsgegner das Nebenangebot acht nicht gewertet. Auch der Landestraßenbaubetrieb Nordrhein-Westfalen lasse Nebenangebote, die eine (Mit-)Verwendung von Asphaltgranulat in Frostschutzschichten aus natürlichen gebrochenen Gesteinkörnungen vorsehen, zu, obgleich nach dem Leistungsverzeichnis des Antragsgegners Recycling-Baustoffe ausgeschlossen sein sollen (Position 2.2.0006: Baustoffgemisch ohne RC-Baustoffe und industriell hergestellten Gesteinskörnungen). Daraus folge auch, dass es sich bei teerhaltigem Fräsasphalt nicht um einen Recycling-Baustoff handele.

Die Antragstellerin beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses den Antragsgegner zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats eine Neubewertung der Angebote vorzunehmen.

Der Antragsgegner und die Beigeladene beantragen,

die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückzuweisen.

Im Wege der Anschlussbeschwerde beantragt die Beigeladene hilfsweise,

dem Antragsgegner aufzugeben, das Angebot der Antragstellerin wegen Änderungen an den Verdingungsunterlagen von der Wertung auszuschließen.

Der Antragsgegner trägt vor: Die Annahme der Antragstellerin, die Beigeladene habe mit ihrem Hauptangebot ein drei- bis vier Mal teureres Schalungsrohr anbieten wollen, sei unwahrscheinlich, da die Beigeladene damit den Ausschluss ihres Angebots in Kauf genommen hätte.

Recycling-Baustoffe und Recycling-Baustoffgemische seien nach dem Verständnis eines Bieters im Straßenbau eingesetzte Materialien, die bereits eingebaut gewesen seien.

Die Beigeladene macht geltend: Sie habe mit dem Hauptangebot - wie im Leistungsverzeichnis gefordert - Rüttel-Press-Rohre mit einer Sonderlänge von 2,00 Metern angeboten und mit ihren Nebenangeboten vier bis fünfzehn Rüttel-Press-Rohre mit einer Standardlänge von 2,50 Metern. Der Begriff "Maschinenrohr" bezeichne ein Betonrohr mit einer Standardlänge von 2,50 Metern, nicht aber eine bestimmte Herstellungsart.

Mit der Hilfsanschlussbeschwerde macht die Beigeladene geltend: Das Angebot der Antragstellerin sei wegen Änderungen an den Verdingungsunterlagen auszuschliessen, weil diese offenbar mit ihrem Hauptangebot den aktuellen Stand der Technik nach der neuen DIN-Norm, nämlich Betonrohre mit einer Baulänge von 2,50 m, angeboten habe.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen, die Vergabeakten und die Verfahrensakten der Vergabekammer verwiesen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Die Beschwerde ist nicht wegen eines Verstoßes gegen die Begründungspflicht unzulässig. Die Beschwerdebegründung muss nach § 117 Abs. 2 GWB die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird. Zudem müssen die Tatsachen und Beweismittel angegeben werden, auf die sich die Beschwerde stützt. An die Begründungspflicht sind aber keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es gelten die Grundsätze entsprechend, die auch bei der Begründung der Berufung Anwendung finden (§ 520 ZPO analog). Danach sind pauschale Bezugnahmen auf den erstinstanzlichen Vortrag unzulässig (vgl. Gummer/Heßler in Zöller, ZPO, 26. Aufl., § 520 Rdnr. 40). Der Verweis der Antragstellerin in der Beschwerdeschrift (S. 30) auf die Begründung des Nachprüfungsantrags stellt keine solche pauschale Bezugnahme dar. Er ist nur zur Ergänzung der hilfsweise erfolgten Darlegungen zur Preisgünstigkeit ihrer Haupt- und Nebengebote auf Seite vier der Beschwerdeschrift erfolgt und daher zulässig.

1. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig, jedoch unbegründet.

a) Die Antragstellerin ist antragsbefugt im Sinne des § 107 Abs. 2 GWB. Sie hat ein Hauptangebot und acht Nebenangebote eingereicht und damit ihr Interesse an der Erteilung des Auftrags bekundet. Eine Rechtsverletzung infolge von Vergaberechtsverstößen hat die Antragstellerin schlüssig dargelegt. Die Angebote haben auch Aussicht auf Erteilung des Zuschlags. Das Hauptangebot der Antragstellerin wäre schon bei Berücksichtigung der Sondervorschläge eins und acht preislich günstiger als das Haupt- und die Nebenangebote vier bis fünfzehn der Beigeladenen einschließlich des Nachlasses von 2%. Erst recht gälte dies, wenn alle Sondervorschläge zu berücksichtigen wären. Bei einer Wertungsfähigkeit der Angebote der Antragstellerin könnte dahinstehen, ob die Angebote der Beigeladenen wertungsfähig sind. Mithin droht der Antragstellerin bei einer Zuschlagserteilung auf das Hauptangebot und die Nebenangebote vier bis fünfzehn der Beigeladenen ein Schaden zu entstehen.

b) Die Antragstellerin hat das von ihr beanstandete Zuschlagsvorhaben auf die Bieterinformation vom 16. Mai 2008 hin unverzüglich unter dem 21. Mai 2008 gerügt. Die Bieterinformation ist ihr unwiderlegt erst am 19. Mai 2008 zugegangen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass dem Antragsteller im Rahmen der Rügeobliegenheit eine Überlegungsfrist (vgl. Senat NJW 2000, 145, 147) zuzugestehen ist. Unter dem Gebot, dass dabei die Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu berücksichtigten sind, hat dies zumal dann zu gelten, wenn, wie im Streitfall, die Antragstellerin bei Abfassung des Rügeschreibens vom 21. Mai 2008 anwaltlich nicht vertreten war und zahlreiche, nicht einfache Rechtsfragen zu prüfen waren.

c) Die erst mit dem Nachprüfungsantrag erhobene Beanstandung, die Mindestanforderungen an die Nebenangebote seien inhaltlich unbestimmt, ist nicht präkludiert, § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB. Die Antragstellerin unterlag insoweit keiner zu einem früheren Zeitpunkt anzunehmenden Rügeobliegenheit, insbesondere keiner Rügeobliegenheit, nachdem sie die Verdingungsunterlagen durchgearbeitet hatte. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Frage, ob nach Maßgabe der insoweit ergangenen Rechtsprechung (vgl. EuGH, Urt. v. 16.10.2003, RS. C-241/01, VergabeR 2004, 50 zu Art. 19 Abs. 2 BKR - "Traunfellner"; BayObLG VergabeR 2004, 654, 656; OLG München, Beschl. v. 11.8.2005 - Verg 12/05; OLG Rostock, Beschl. v. 24.11.2004 - 17 Verg 6/04; Senat, Beschl. v. 7.1.2005,VII-Verg 106/04; OLG Schleswig, VergabeR 2005, 357, 361 f.) in den Verdingungsunterlagen ausreichende Mindestanforderungen für Nebenangebote angegeben sind, in der Regel nicht einfach zu beantworten ist. Der bloße Umstand, dass es sich bei der Antragstellerin um ein bei Ausschreibungen erfahrenes Unternehmen handelt, belegt nicht, dass eine (etwaige) Fehlerhaftigkeit der Mindestanforderungen von ihr erkannt worden ist. Die Rechtsverstöße waren nur unter Aufwendung juristischen Sachverstandes erkennbar, ohne dass die Antragstellerin vergaberechtlich gehalten war, sich solchen Sachverstand durch Zuziehung eines Rechtsanwalts zu verschaffen. Es ist der Antragstellerin nicht zu widerlegen, dass sie über den erforderlichen rechtlichen Sachverstand selbst nicht verfügte und ein Verstoß von ihr infolgedessen nicht erkannt worden ist.

2. Die Sondervorschläge der Antragstellerin und die Nebenangebote der Beigeladenen sind nicht wegen unbestimmter Mindestanforderungen an die Nebenangebote von der Wertung auszunehmen.

Der Antragsgegner hat im Einklang mit § 10 a f) VOB/A, der richtlinienkonform anhand von Art. 24 Abs. 2 bis 4 der Richtlinie 2004/18/EG auszulegen ist, Nebenangebote (Varianten) zugelassen und die daran inhaltlich zu stellenden Mindestanforderungen benannt.

Allerdings kann offen bleiben, ob in der Aufforderung zur Angebotsabgabe unter 5.3 inhaltliche Mindestanforderungen an technische Nebenangebote hinreichend bestimmt und deutlich zum Ausdruck gekommen sind. Die Angebotsaufforderung hatte folgenden Wortlaut:

5.3 Bedingungen, die an Nebenangebote gestellt werden:

Nebenangebote sind zugelassen hinsichtlich geänderter Bauausführung in technischer Alternative, soweit nicht der Gesamteindruck aus Entwurf, Planung und durch mit der Leistungsbeschreibung festgelegter Merkmale und Standards zum Nachteil verändert wird. Die durch Planung und Ausschreibungsunterlagen hinsichtlich Konstruktion, Qualität, Nutzungsdauer, etc, auch durch die Auswahl der Baustoffe, Geräte, Verfahren, etc. definierten Anforderungen sind als Mindestanforderungen anzusehen. Nur solche Nebenangebote können berücksichtigt werden, welche die Mindestanforderungen erfüllen und als objektiv gleichwertig angesehen werden können.

Selbst wenn angesichts der offenen Formulierungen der Sätze 1 und 2 manches dafür sprechen kann, dass die Anforderungen an Nebenangebote nicht hinreichend konkret gefasst waren, so ergaben sich aber konkrete Mindestanforderungen an kaufmännische und technische Nebenangebote aus weiteren Angaben in der Aufforderung zur Angebotsabgabe und der Baubeschreibung (Verdingungsunterlagen S. 44), die wie folgt lauteten:

5.4 Unzulässigkeit von Nebenangeboten:

Nebenangebote sind nicht zulässig hinsichtlich geänderter Ausführungszeiten, geänderter Zahlungsbedingungen, Pauschalierung zum Festpreis hinsichtlich Gesamtleistung oder Einzelleistung.

6.0 - Nebenangebote:

Allgemeines

Ausführungsfristen:

Nebenangebote mit verlängerter Ausführungs- und Verkehrsbeschränkungsfrist sind nicht zugelassen Asphaltbauweise:

Nebenangebote mit Kiestragschichten für die Bauklassen SV und I sind nicht zugelassen.

Nebenangebote mit Schottertragschichten sind für die Bauklassen SV und I nicht zugelassen.

Nebenangebote mit der Verwendung von pechhaltigen Straßenbaustoffen sind ausgeschlossen.

Nebenangebote mit Tragschichten aus RCL-Material sind nicht zugelassen.

.....

Eine weitere konkrete Anforderung an die Nebenangebote war unter Ziffer 4.2 der Bewerbungsbedingungen für die Vergabe von Bauleistungen enthalten.

Aus Sicht eines potenziellen Bieters waren damit hinreichend bestimmt und klar mehrere inhaltliche Mindestanforderungen, die Nebenangebote zu erfüllen hatten, festgelegt. Zwar waren die Anforderungen nur negativ umschrieben. Dies ist jedoch nicht zu beanstanden, sofern dadurch - wie im vorliegenden Fall - jedenfalls inhaltliche Mindestanforderungen aufgestellt worden sind (vgl. auch Senat, Beschl. v. 29.3.2006, VII-Verg 77/05, Umdruck S. 11/12).

3. Mit Ausnahme des Sondervorschlags eins sind die Sondervorschläge zwei bis acht der Antragstellerin von der Wertung auszunehmen.

a) Allerdings ist der Sondervorschlag eins nur mit der von der Antragstellerin angegebenen Ersparnis in Höhe von 45.458,00 Euro (brutto) bei der Wertung zu berücksichtigen, nicht aber in Höhe einer weiteren Ersparnis von 80.220,00 Euro (netto). Die Antragstellerin hatte mit Angebotsschreiben vom 31. März 2008 vorgeschlagen, anstelle der unter Position 1.2.3.301 vorgesehenen Lieferung und des Einbaus von 9.550 m³ nicht bindigem Füllboden die nach Position 1.2.3.110 anfallenden Abtrags- und Aushubmassen in derselben Menge nach einer Aufbereitung der Erdmassen in Form einer Zugabe von Kalk einzubauen.

Die Antragstellerin macht nunmehr geltend, es entstünden weitere Ersparnisse unter Position 1.2.3.110. Dadurch könnten zusätzliche Ersparnisse erzielt werden. Dieses weitere Ersparnispotential müsse beim Sondervorschlag 1 zusätzlich berücksichtigt werden. Dem ist aus folgenden Überlegungen heraus nicht zu folgen:

Im Streitfall wäre zwar durch den Änderungsvorschlag zu Position 1.2.3.301 auch eine Teilleistung der Position 1.2.3.110 (Transport und Lagerung von 9.550 m³ Aushubmasse) entfallen. Dass und in welcher Höhe Ersparnisse durch das Entfallen einer weiteren Teilleistung eintreten würden, hatte die Antragstellerin im Angebot entgegen der Vorgabe unter Ziffern 4.4 der Bewerbungsbedingungen aber nicht aufgezeigt. Nebenangebote oder Änderungsvorschläge, soweit sie Teilleistungen (Positionen) des Leistungsverzeichnisses beeinflussen (ändern, ersetzen, entfallen lassen, zusätzlich erfordern) waren nach Mengenansätzen und Einzelpreisen aufzugliedern. Dies enthielt die (formale) Anforderung, in einem Nebenangebot im Einzelnen auszuweisen, inwieweit Mengenansätze und Preise bei sämtlichen Positionen, auf die sich ein Änderungsvorschlag bezieht, beeinflusst werden. Dieser Anforderung genügte der Sondervorschlag eins nicht. Dem Auftraggeber ist dagegen nicht zuzumuten, im Angebot nach zusätzlichen, durch ein Nebenangebot gegebenen Einsparungen zu forschen.

Die Vergabestelle hätte aber, auch wenn sie ein zusätzliches Einsparungspotenzial erkannt hätte, von einer Berücksichtigung absehen müssen. Es war nicht selbstverständlich oder zwingend, wie die Antragstellerin im Schriftsatz vom 29. Oktober 2008 ausgeführt hat, einen zusätzlichen Preisvorteil bei der Bewertung des Sondervorschlags eins zu werten. Der Gesamtpreis musste sich nicht gewissermaßen automatisch weiter reduzieren. So konnte sich auch im Streitfall die Antragstellerin vorbehalten haben, weitere Einsparungen nicht an den Antragsgegner weiterzureichen, sondern diese erlössteigernd einzusetzen. Dies ist zumal deswegen nicht auszuschließen, weil die Antragstellerin jene Einsparungen im Angebot nicht genannt hatte und sie ebenso wenig verpflichtet war, den Antragsgegner davon profitieren zu lassen. Vom Bieter im Zusammenhang mit Nebenangeboten nicht aufgezeigte Einsparungen darf der Auftraggeber daher in der Regel nicht werten.

Zu Recht hat die Vergabekammer schließlich darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner nicht erkennen konnte, inwieweit weitere Einsparungen aus der Position 1.2.3.110 schon in die genannte Ersparnis eingeflossen waren. Die Antragstellerin hatte mit keinem Wort erwähnt, wie sich die angegebene Einsparung zusammensetzte. Darüber konnten nur Vermutungen angestellt werden. Auf eine Aufklärung über den Angebotsinhalt nach § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A hatte die Antragstellerin keinen Anspruch.

b) Die Nebenangebote zwei bis sechs und acht waren von der Wertung auszunehmen. Den genannten Nebenangeboten ist gemeinsam, dass in einer Recyclinganlage wiederaufbereiteter, pechhaltiger Fräsasphalt entweder als Füllboden im Dammbereich (Nebenangebot zwei), als Binderschicht (Nebenangebot vier) oder für den Einbau in Frostschutz- und Asphalttragschichten (Nebenangebote drei, fünf und sechs) vorgesehen ist.

aa) Die Nebenangebote zwei, drei, fünf, sechs und acht erfüllen die Mindestanforderungen "Nebenangebote mit der Verwendung von pechhaltigen Straßenbaustoffen sind nicht zugelassen" und "Nebenangebote mit Tragschichten aus RCL-Material sind ausgeschlossen" nicht. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat allerdings geltend gemacht, Gegenstand der Nebenangebote sei teerhaltiger und nicht pechhaltiger Asphalt. Deshalb seien die Mindestanforderungen erfüllt. Teerhaltiger Asphalt sei von pechhaltigem zu unterscheiden. Das "Merkblatt für die Wiederverwendung pechhaltiger Ausbaustoffe im Straßenbau unter Verwendung von Bitumenemulsionen" aus dem Jahre 1993 sei deshalb nicht einschlägig.

Dem ist so jedoch nicht zuzustimmen. Die Mindestanforderung erfasst neben pechhaltigen Straßenbaustoffen auch teerhaltige Straßenbaustoffe. Im Ausgangspunkt zutreffend ist zwar, dass teerhaltiger Asphalt durch Destillation des bei Hochtemperaturverkokung anfallenden Steinkohlenrohteers hergestellt wird, der seinerseits aus Steinkohle gewonnen wird (vgl. Brockhaus, Naturwissenschaft und Technik, Sonderausgabe 1989 Stichworte "Teer" und "Pech"), während pechhaltiger Asphalt aus Bitumen gewonnen wird, das seinerseits aus Erdöl vakuumdestilliert wird (vgl. Brockhaus, Naturwissenschaft und Technik, Stichwort: "Bitumen"). Der Einsatz von Teer, der aufgrund seiner Herkunft auch Steinkohlenteerpech genannt wird, ist in Deutschland im Straßenbau seit 1984 verboten (vgl. Technische Regel für Gefahrstoffe 551). Teerhaltige Asphalte setzen vergleichsweise hohe Mengen an Schadstoffen frei. Die Begriffe "Teer" und "Pech" werden allerdings im allgemeinen und technischen Sprachgebrauch als Synonyme verwandt. In der Einleitung des "Merkblatts für die Wiederverwendung pechhaltiger Ausbaustoffe im Straßenbau unter Verwendung von Bitumenemulsionen", herausgegeben von der Forschungsgesellschaft für Straßen-und Verkehrswesen, Arbeitsgruppe Asphaltstraßen, von 1993 wird auf diesen Sachverhalt und den Sprachgebrauch hingewiesen. Dort heißt es:

"Mit der Einführung der DIN 55946 Bitumen und Steinkohlenteerpech im Jahre 1984 wird der bis dahin geltende Begriff "Teer" durch den Begriff "Pech" ersetzt. In der Vergangenheit wurde im Straßenbau neben anderen Bindemitteln auch Straßenpech (Gemisch aus Steinkohlenteerpech und kohlestämmigen Ölen) als Bindemittel angewendet. Daneben kamen Gemische aus Straßenpech und Straßenbaubitumen (zum Beispiel Pechbitumen), aus kohlestämmigen Ölen und Bitumen sowie Kaltpech zum Einsatz, wie zum Beispiel bei:

- Bodenverfestigungen,

- Tragschichten,

- Makadam- und Einstreudecken,

- Deck- und Binderschichten,

- Oberflächenbehandlungen.

Straßenpech wird heute im Straßenbau in der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr verwendet und daher in den einschlägigen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien nicht mehr aufgeführt.

Ferner heißt es im Merkblatt Ausgabe 2002, ebenfalls von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Arbeitsgruppe Mineralstoffe im Straßenbau, erstellt:

Seit Beginn der 80er Jahre hat die Wiederverwertung von mineralischen Baustoffen in erheblichem Umfang Eingang in die Praxis und entsprechende Berücksichtigung im Regelwerk für den Straßenbau gefunden, so z.B. in dem ZTV E-STB und ZTV T-StB. Die Recycling-Baustoffe für Tragschichten ohne Bindemittel wurden in die TL Min-StB aufgenommen.

Ein verständiger Bieter wird angesichts des Umstandes, dass teerhaltiges Material im Straßenbau seit 1993 nicht mehr eingesetzt werden darf, und in den einschlägigen technischen Richtlinien und Vertragsbedingungen der Begriff "Teer" durch den Begriff "Pech" ersetzt wurde, die Mindestanforderung "Nebenangebote mit der Verwendung von pechhaltigen Straßenbaustoffen sind nicht zugelassen" dahingehend weit auslegen und verstehen, dass von der genannten Mindestanforderung auch gefräster teerhaltiger Asphalt erfasst wird. Ein Indiz für die Richtigkeit dieser Annahme bildet auch der Umstand, dass die Antragsgegnerin den Begriff "teerhaltig" im Schreiben vom 16. Mai 2008 als Synonym für den Begriff "pechhaltig" verwandt hat.

Der Sondervorschlag vier, der sich auf die Position 1.3.2.123 (Asphaltbinderschicht) bezog, war zumindest wegen Nichterfüllung der Mindestanforderung "kein pechhaltiger Straßenbaustoff" von der Wertung auszunehmen. Das Nebenangebot schlug vor, an Stelle des vorgegebenen Bindemittels "PmB" eine Asphaltbinderschicht aus Bitumen 30/45 einzubauen. Zwar ist Bitumen - unstreitig - nach der ZTV-Asphalt StB 01 als Asphaltbinderschicht zugelassen, wie die Antragstellerin zutreffend eingewandt hat. Die Mindestanforderungen an die Nebenangebote unter Ziffern 6.0 der Baubeschreibung sahen - wie ausgeführt - aber den Einsatz von pechhaltigen Straßenbaustoffen nicht vor. Auch insoweit gilt im Übrigen: Die Entscheidung des Antragsgegners, keine pechhaltigen Straßenbaustoffe einzusetzen, ist vergaberechtlich hinzunehmen.

bb) Die Nebenangebote drei (Frostschutzschicht), fünf (Frostschutzschicht und Asphalttragschicht), sechs (Asphalttragschicht) und acht (Frostschutzschichten) erfüllen die Mindestanforderung "Nebenangebote mit Tragschichten aus RCL-Material sind ausgeschlossen" nicht. Die Abkürzung "RCL" steht dabei für "Recycling". "Recycling" kennzeichnet u.a. die "Wiederverwendung/Wiederverwertung" eines bereits benutzten Roh- oder Baustoffes. Der Begriff ist im Merkblatt über die Wiederverwertung von mineralischen Baustoffen als Recycling-Baustoffe im Straßenbau, Ausgabe 2002 wie folgt erläutert:

2. Begriffe:

Wiederverwertung von Baustoffen ist der Verbleib gebrauchter Baustoffe im Wirtschaftskreislauf nach Behandlung (in der Regel nach Aufbereitung).

Recycling-Baustoffe (Lieferbezeichnung: RC-Baustoffe) sind Gemische aus Gesteinskörnungen, die zuvor schon als natürliche oder künstliche mineralische Baustoffe in gebundener oder ungebundener Form eingesetzt waren. Sie werden beim Umbau, Rückbau oder Abbruch gewonnen und dem neuen Verwendungszweck entsprechend aufbereitet.

Recycling-Baustoff-Gemische (Lieferbezeichnung: RC-Gemische) sind nach den TL Min-STB Gemische aus RC-Baustoffen und ungebrauchten Baustoffen.

...

3. Art und Herkunft der mineralischen Baustoffe

Mineralische Baustoffe, die wiederverwertet werden können fallen vor allem beim Rückbau (Abriss), Umbau, Ausbau und der Erhaltung von Hoch- und Tiefbauten, Straßen, Wegen und Flugplätzen sowie sonstigen Verkehrsflächen an.

Bei diesen gebrauchten Baustoffen handelt es sich überwiegend um

a. ungebundene Stoffe

....

b. hydraulisch gebundene Stoffe

...

c. bitumengebundene Stoffe

Aufbruchasphalt

Fräsasphalt

.....

Der Begriff "Recycling-Baustoff" erfasst damit auch einen bereits eingebauten und durch Fräsen ausgebauten teerhaltigen Asphalt, der als Tragschicht (Frostschutz- oder Asphalttragschicht) eingesetzt wird. Nach den "Technischen Lieferbedingungen für Baustoffgemische und Böden zur Herstellung von Schichten ohne Bindemittel im Straßenbau (TL SOB-StB) Ausgabe 2004/Fassung 2007" sind Frostschutzschichten Tragschichten ohne Bindemittel, die Frostschäden im Straßenoberbau vermeiden sollen und aus frostunempfindlichen Baustoffgemischen bestehen.

Soweit die Antragstellerin geltend gemacht hat, es handele sich bei dem in einer Recyclinganlage aufbereiteten Fräsasphalt nicht um Recyclingmaterial, sondern um einen neuen Baustoff, ist dem nicht zuzustimmen. Der Begriff "Recyclingmaterial" erfasst jeden Roh- oder Baustoff, der schon einmal eingebaut war, ausgebaut und aufbereitet wurde, unabhängig davon, ob der Baustoff nach einer thermischen oder kalttechnischen Aufarbeitung über die gleichen Eigenschaften wie ein neuer Baustoff verfügt. Auch das Merkblatt für die "Wiederverwendung" pechhaltiger Ausbaustoffe unter Verwendung von Bitumenemulsionen von 1993 befasst sich, wie schon der Titel aber auch die Einleitung besagen, mit der "Wiederverwendung" (Recycling) von Straßenausbaustoffen. Unter Ziffern 5.2 wird beschrieben, dass Straßenausbaustoffe durch gezieltes Fräsen gewonnen werden können. Die Aufbereitung des durch Fräsen ausgebauten Asphalts zu einem Baustoffgemisch kann im Wege des Zentralmisch- oder Heissmischverfahrens erfolgen (Ziffer 6 und Einleitung). Der Verwendungsbereich für solchermaßen aufbereitete Baustoffgemische ist unter Ziffer 7 angegeben.

Die Antragstellerin hat zwar mit Recht darauf hingewiesen, dass Fräsasphalt nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (§ 5 Abs. 2 KRW-/AbfG) wiederverwertet werden darf, unter der Voraussetzung, dass er frei von Fremdstoffen und gesundheitsschädlichen Substanzen ist (§ 5 Abs. 3 KrW/AbfG). Eine Wiederverwendung von pechhaltigen Straßenbaustoffen wird auch in den oben zitierten Merkblättern empfohlen. Es ist aber Sache des Auftraggebers, den Gegenstand der Beschaffung nach seinen Vorstellungen zu bestimmen. Dagegen ist weder im Vergabeverfahren noch im Nachprüfungsverfahren für die am Auftrag interessierten Unternehmen Raum, eigene, insbesondere die Mindestanforderungen an Nebenangebote abändernde Vorstellungen hinsichtlich des Gegenstandes der Beschaffung anzubringen oder erst recht gegen den Auftraggeber durchzusetzen (vgl. Senat, Beschl. v. 17.11.2008, VII-Verg 52/08, Umdruck S. 6 und 7). Deshalb ist unerheblich, dass der Landesstraßenbaubetrieb NRW - wie die Antragstellerin behauptet - aus Fräsasphalt bestehende Tragschichten als Baustoff zu lässt.

Ergänzend ist noch auf Folgendes hinzuweisen: Bei dem Gegenstand des Nebenangebots acht handelt es sich um ein Recycling-Baustoff-Gemisch im Sinne der Begriffsbestimmung des Merkblatts von 2002 und der TL SoB StB unter 1.3.2. Recycling-Gemische zeichnen sich dadurch aus, dass es sich um Baustoffgemische aus recycelten Materialien und natürlichen und/oder industriell hergestellten Gesteinskörnungen handelt. Soweit die Antragstellerin meint, der Antragsgegner könne das Nebenangebot acht auch ohne Fräsasphalt bezuschlagen, weil sie "Frostschutzkies und gebrochenes Gestein und/oder gefräster Asphalt, letzteren mit Höchstzugabe von 30 %" angeboten habe, darf nicht übersehen werden, dass sie sich ausdrücklich vorbehalten hat, Fräsasphalt einzubauen, nämlich entweder in der Kombination "Frostschutzkies/gebrochenes Gestein/gefräster Asphalt" oder in der alternativen Kombination "Frostschutzkies/gefräster Asphalt" (als Ersatz für das gebrochene Gestein). Im Zuschlag auf ein Gemisch bestehend aus "Frostschutzkies und gebrochenem Gestein" läge eine Ablehnung des Nebenangebots acht und zugleich ein neues Angebot des Auftraggebers, welches noch der Annahme der Antragstellerin bedürfte.

c) Der Sondervorschlag sieben erfüllte schließlich nicht die Mindestanforderungen an die Nebenangebote unter Ziffern 5.4 der Bewerbungsbedingungen für die Bauleistungen. Diese besagten u.a., dass Nebenangebote hinsichtlich geänderter Ausführungszeiten nicht zulässig sind. Das Nebenangebot sah für den Fall der Auftragserteilung bis zum 2. Mai 2008 einen Nachlass von 1 % auf den Angebotspreis vor.

4. Das Hauptangebot der Beigeladenen war unter Berücksichtigung der aus den Nebenangeboten vier bis fünfzehn zu erzielenden Ersparnisse wertungsfähig.

a) Es kann offen bleiben, ob das Hauptangebot wegen Änderungen an den Verdingungsunterlagen von der Wertung auszunehmen war. Die Beigeladene, so die Antragstellerin, habe mit dem Hauptangebot ein sogenanntes "Schalungsrohr" anstatt der im Leistungsverzeichnis unter den Positionen 1.2.6.129 bis 1.2.6.145 geforderten Rüttel-Press-Betonrohre angeboten, wie anhand einer Auslegung des Hauptangebots unter Hinzuziehung der Nebenangebote als Inhalt des Hauptangebots festzustellen sei. Im Ausgangspunkt ist zwar die Auffassung der Antragstellerin zutreffend, dass ein Hauptangebot - jedenfalls bei Zweifeln an seinem Inhalt - auszulegen ist und dies auch unter Heranziehung eingereichter Nebenangebote geschehen kann. Bei Betrachtung des Wortlauts des Hauptangebots bestehen allerdings keine Zweifel daran, dass Gegenstand die im Leistungsverzeichnis ausgeschriebenen Gegenstände sein sollten. Die Bezeichnung der Rohre im Hauptangebot als "Rüttel-Press-Rohre, DN 300, Baulänge 2,00 M" war identisch mit der Bezeichnung im Leistungsverzeichnis und damit eindeutig.

Die von der Antragstellerin aufgeworfene Frage, ob die Beigeladene mit ihrem Hauptangebot an Stelle der im Leistungsverzeichnis geforderten Rüttel-Press-Betonrohre sogenannte Schalungsrohre angeboten hat, ist aber im Streitfall aus anderen Gründen nicht entscheidungserheblich. Nach den Bewerbungsbedingungen unter Ziffern 4.3 waren Nebenangebote, die in technischer Hinsicht von der Leistungsbeschreibung abweichen, auch ohne die Abgabe eines Hauptangebots zugelassen. Bei den Nebenangeboten vier bis fünfzehn handelt es sich um technische Nebenangebote, die von der Leistungsbeschreibung abweichen, wie noch darzulegen sein wird, und nicht um kaufmännische Nebenangebote, die nur in Verbindung mit Hauptangebot zugelassen waren. Es kann mithin dahinstehen, ob Gegenstand des Hauptangebots "Rüttel-Press-Rohre" oder "Schalungsrohre" waren.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen: Gegen die Annahme der Antragstellerin, Gegen-stand des Hauptangebots seien Schalungsrohre, sprechen indiziell die mit dem Hauptangebot und den Nebenangeboten angebotenen Preise. Der von der Beigeladenen angebotene Preis für das Hauptangebot liegt nur um ca. die Hälfte über dem Preis der Nebenangebote. Nach dem - unbestritten gebliebenen - Vortrag der Antragstellerin soll der Preis für Schalungsrohre aber drei- bis viermal höher sein als der Preis für Rüttel-Press-Betonrohre.

b) Die Nebenangebote vier bis fünfzehn sind technische Nebenangebote und als solche unabhängig von einem Hauptangebot wertungsfähig. Mit den technischen Nebenangeboten bot die Beigeladene Rüttel-Press-Betonrohre mit einer Standardlänge von 2,50 Metern an.

Unter den Positionen 1.2.6.129 bis 1.2.6.145 des Leistungsverzeichnisses waren Rüttel-Press-Betonrohre nach laufenden Metern und mit unterschiedlichen Durchmessern von 300, 400 und 500 mm sowie einer Baulänge von 2,00 Metern anzubieten. Die Position 1.2.6.129 lautete beispielsweise wie folgt:

Position 1.2.6.129:

55.000 LFDM Rüttel-Press-Betonrohre DN 300 KFW-M mit Glockenmuffe, wandverstärkt gem. DIN 4032, Güteklasse FBS-Qualität, Baulänge 2,00 m, mit eingebautem Dichtmittel aus Elastomeren gem. DIN 4060, liefern und auf die ausgerichtete Arbeitsohle flucht- und gefällegerecht in Tiefen bis 3,00 M verlegen.

Die Nebenangebote vier bis fünfzehn, die die Positionen 1.2.6.129 bis 1.2.6.134 und 1.2.6.140 bis 1.2.6.145 betrafen, lauteten im Wesentlichen wie folgt:

Wie Pos. 126129, jedoch Rohr als Maschinenrohr B-KF-GM DN 300 in FBS/HS-Qualität. Dafür entfällt 126129.

Der Buchstabe "B" steht - wie zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig ist - für Beton und "W" für wandverstärkt sowie die Buchstaben "K" für Kreisquerschnitt und "F" für Fuß als Auflager, "GM" bzw. "M" für (Glocken-)Muffe und "DN" für Durchmesser. Damit stimmen zwar die technischen Abkürzungen der im Leistungsverzeichnis ausgeschriebenen Rohre mit denjenigen der Betonrohre überein, die Gegenstand der Nebenangebote sind. Auf den ersten Blick war aber nicht zu erkennen, hinsichtlich welcher technischen Dimension die mit dem Änderungsvorschlag angebotenen Rohre sich von den ausgeschriebenen Rohren unterschieden oder ob der Gegenstand der Nebenangebote mit dem Gegenstand des Leistungsverzeichnisses (und des Hauptangebots) identisch war. Der Durchmesser war mit 300 mm identisch und eine Rohrlänge nicht angegeben. Aus der Nichtangabe einer Länge kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Länge der mit dem Nebenangebot angebotenen Rüttel-Pressrohre identisch sein sollte, wie die Antragstellerin meint.

Die Nebenangebote sind vielmehr in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB aus der Sicht eines öffentlichen Auftraggebers in der Situation des Antragsgegners auszulegen. Zwischen den Verfahrensbeteiligten bestand in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat Einigkeit darüber, dass der Begriff "Maschinenrohr" ein Synonym für solche Rohre ist, die durch maschinelle Herstellungsverfahren wie Schleudern, Pressen, Rütteln und kombinierte Verfahrenstechniken zur Verdichtung des Betons hergestellt werden. Es werden zwei Fertigungsverfahren für Betonrohre nach dem Zeitpunkt der Entschalung unterschieden: Entschalen unmittelbar nach dem Herstellen oder Erhärtung in der Schale. Kennzeichnend für die maschinellen Herstellungsverfahren ist, dass die Rohre nicht in der Schalung über längere Zeit gehärtet werden, sondern unmittelbar nach dem Herstellen entschalt werden, auch Sofortentschalungsrohre genannt (vgl. Internetseite der Fachvereinigung Betonrohre und Stahlrohre e.V. unter 3.2 Herstellverfahren). Davon unterschieden werden Herstellungsverfahren, die sich Gießtechniken und thermischer Aushärtung bedienen. Diese Rohre werden "Schalungsrohre" genannt, weil sie durch gezielte Wärmebehandlung und Feuchtigkeitszuführung in der Schalung ausgehärtet werden. Ob der Begriff "Maschinenrohr" etwas über die Standardlänge von 2,00 Metern der Rohre aussagt, wie die Beigeladene meint, kann dahinstehen.

Bei der Auslegung der Nebenangebote ist aber zu berücksichtigen, dass die DIN-Norm 4032, auf die das Leistungsverzeichnis verweist und die noch als Standardmaß eine Länge von 2,00 Metern vorsah, im Zeitpunkt der Einreichung der Angebote nicht mehr galt, und die seit 2004 in Kraft befindliche DIN-Norm V-1201 von Standardlängen für Betonrohre von mindestens 2,50 Metern ausgeht. Handelsüblich werden Betonrohre mit einer Länge von 2,50 Metern angeboten, während die Länge von 2,00 Metern nach der seit 2004 geltenden DIN-Norm eine Sonderlänge ist. Dies hat auch die Antragstellerin bestätigt. Ein öffentlicher Auftraggeber, der das Leistungsverzeichnis unter Berücksichtigung der einschlägigen DIN-Normen erstellt oder erstellen lässt und abweichend von der handelsüblichen Länge eine Sonderlänge verlangt hat, wird aber in Anbetracht der seit 2004 geltenden DIN-Norm V-1201 und ihrer Vorgaben zur Länge der Rohre erwarten, dass die mit den Nebenangeboten angebotenen "Maschinenrohre" den auf den Märkten befindlichen Standardlängen entsprechen. Daher sind die Nebenangebote der Beigeladenen dahingehend auszulegen und zu verstehen, dass technisch abweichend vom ausgeschriebenen Leistungsgegenstand Maschinenrohre mit einer Standardlänge von mindestens 2,50 Metern Gegenstand der Nebenangebote sind. Dies gilt umso mehr, als Standardrohre preislich günstiger herzustellen sind als Sonderlängen.

Die Vergabestelle durfte sich durch ein Bietergespräch mit der Beigeladenen nach § 24 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A über den Inhalt der Nebenangebote vier bis fünfzehn unterrichten, ohne dass hierin eine unzulässige Nachverhandlung zu sehen ist. Von dieser Möglichkeit hat sie Gebrauch gemacht, wie das Schreiben der Beigeladenen vom 21. April 2008 belegt. Zwar hat die Vergabestelle von der Beigeladenen offenbar nur eine Aufklärung zur Wandstärke der Rohre verlangt, die die Beigeladene ihr unter Beifügung einer Ablichtung der einschlägigen DIN-Norm V-1201 erteilt hat. Der Umstand, dass die Vergabestelle sich nicht über die technischen Abweichungen der Nebenangebote zum Leistungsverzeichnis von der Beigeladenen aufklären ließ, ist demgegenüber damit zu erklären, dass die betreffenden Positionen des Leistungsverzeichnisses nach laufenden Metern abgerechnet werden sollten und die Rohre der Nebenangebote etwa um die Hälfte billiger waren als die mit dem Hauptangebot angebotenen Rohre. Schließlich hat auch die Beigeladene mit Schreiben vom 1. August 2008 unter Vorlage des Angebots ihres Vorlieferanten gegenüber der Vergabekammer erklärt, dass die verlangte Baulänge von 2,00 Metern handelsunüblich sei. Die Produktbezeichnung beschreibe handelsübliche Betonrohre, welche die heutzutage fast ausschließlich produzierte Baulänge von 2,50 Metern bezeichne.

5. Das Hauptangebot der Beigeladenen, und zwar unter Berücksichtigung der Ersparnisse aus den Nebenangeboten vier bis fünfzehn, ist auch nicht wegen unvollständiger Preisangaben oder Unauskömmlichkeit von der Wertung auszunehmen.

a) Damit ein Angebot gewertet werden kann, ist jeder in der Leistungsbeschreibung vorgesehene Preis so - wie gefordert - vollständig und mit dem Betrag anzugeben, der für die betreffende Leistung beansprucht wird (vgl. BGH, Urt. v. 18.5.2004, X ZB 7/04, Umdruck S.10, VergabeR 2004, 473). Von einer unvollständigen Preisangabe kann nur ausgegangen werden, wenn festzustellen ist, dass zwar - wie vom Auftraggeber gefordert - ein Preis angegeben wurde, der aber dem tatsächlich vom Bieter für die Leistung beanspruchten Preis nicht entspricht, sondern zum Beispiel darunter liegt. Darauf, ob eine andere Position des Leistungsverzeichnisses aufgepreist wurde, kommt es für die Beurteilung der Unvollständigkeit einer Preisangabe nicht an (vgl. OLG Koblenz, VergabeR 2006, 233, 236; a.A.: OLG Frankfurt a.M. NZBau 2006, 259, 260; VergabeR 2006, 126, 128; OLG Dresden NZBau 2006, 130 = VergabeR 2005, 641, 642; Brandenburgisches OLG VergabeR 2005, 770, 772).

Die Preisangabe unter der Position 1.3.1.112 ist mit einem Einheitspreis von ca. 11 Euro für 11.500 m³ Kies ist nicht unvollständig. Unter der Position 1.3.1.111 war die Angabe eines Einheitspreises für Natursteinschotter gefordert, den die Beigeladene mit ca. 30 Euro pro Kubikmeter genannt hat. Bei der Position 1.3.1.112 handelt es sich um eine Alternativposition zur Position 1.3.1.111 und nicht um eine Bedarfsposition. Als solche ist sie ausweislich des Leistungsverzeichnisses auf Seite 66 bezeichnet. Die Beigeladene hat hierzu mit Schreiben vom 24. April 2008 erklärt, sie habe an Stelle von Natursteinschotter (gebr. Material) das preislich günstigere natürliche Material aus Kies angeboten, das ebenfalls zugelassen sei. Es ist deshalb der Beigeladenen nicht zu widerlegen, dass sie den geforderten und von ihr auch tatsächlich beanspruchten Preis vollständig angegeben hat, selbst wenn der verlangte Preis unter dem Einstandspreis liegen sollte, was freilich von der Antragstellerin nicht dargelegt worden ist noch sonst festgestellt werden kann.

b) Der Angebotspreis (Haupt- und Nebenangebote vier bis fünfzehn) der Beigeladenen ist nicht feststellbar unauskömmlich im Sinne des § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A. Der Antragsgegner hat die Auskömmlichkeit der Haupt- und Nebenangebote der Beigeladenen gemäß § 25 Nr. 3 Abs. 2 VOB/A geprüft. Selbst wenn der angegebene und beanspruchte Einheitspreis für Kies unter dem Einstandspreis liegen sollte, wofür allerdings keine Anhaltspunkte vorliegen, bedeutet dies nicht, dass der Gesamtpreis des Hauptangebots unter Berücksichtigung der Nebenangebote vier bis fünfzehn nicht auskömmlich ist, insbesondere die Beigeladene infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht in der Lage sein wird, den Auftrag ordnungsgemäß, d.h. mängelfrei und fristgerecht, auszuführen. Entscheidend für die Beurteilung der Auskömmlichkeit sind nicht einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses, sondern der Gesamtpreis der Haupt- und Nebenangebote. Dieser liegt aber noch über dem Gesamtpreis der Antragstellerin (Hauptangebot und Sondervorschläge eins bis acht).

c) Soweit die Antragstellerin mit ihrem Rügeschreiben vom 21. Mai 2008 geltend gemacht hat, eine Frostschutzschicht aus Kiesmaterial sei aus technischen Gründen nicht notwendig, ist die Entscheidung des Auftraggebers, Kiesmaterial zu verlangen, vergaberechtlich hinzunehmen.

6. Die Beigeladene verstößt auch nicht gegen ein Gebot der Selbstausführung, in dem sie als reines Straßenbauunternehmen nur 44% der Arbeiten selbst ausführen und im Übrigen für die Auftragsdurchführung Nachunternehmer einsetzen wird. Ein Gebot zur Selbstausführung ist den richtlinienkonform auszulegenden Vorschriften der VOB/A (§ 8 a Nr. 10 VOB/A) und der VgV (§ 4 Abs. 4 VgV) nicht zu entnehmen. Ein nationales (vollständiges oder teilweises) Fremdausführungsverbot ist europarechtlich unzulässig (vgl. zur insoweit gleich zu beurteilenden Rechtslage nach der VOL/A: Hausmann in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, VOL/A, § 7 Rdnrn. 108 ff.; Stolz, in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, S. 808). Wie der Senat erst kürzlich in seiner Entscheidung vom 22. Oktober 2008 (VII-Verg 48/08, Umdruck S. 11) ausgeführt hat, sind die einschlägigen Vorschriften nicht nur auf die Zurechnung der Leistungsfähigkeit des Dritten zu beziehen, sondern auch auf die Möglichkeit, Teilleistungen des Auftrags ganz oder teilweise Dritten zu übertragen. Auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (vgl. EuGH, Urt. v. 2.12.1999, Rs. C- 176/98 Tz. 29 - Holst Italia; Urt. v. 14.4.1994, Rs. C- 389/92, Slg. 1994, I- 1289 - Ballast Nedam I; Urt. v. 10.12.1997, Rs. C-5/97, Slg. 1997, I- 7549 - Ballast Nedam II; Urt. v. 18.3.2004, Rs. C-314/01, VergabeR 2004, 465, Tz. 44 - Siemens) geht als selbstverständlich davon aus, dass mit der Möglichkeit einer Zurechnung der Leistungsfähigkeit eines Dritten auch die Übertragung der Durchführung von Teilleistungen auf den Dritten zugelassen ist. Ziel der Rechtsprechung des EuGH ist, die Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit innerhalb der Gemeinschaft zu stärken. Durch die Möglichkeit, Nachunternehmer einzuschalten, soll insbesondere Unternehmen aus dem europäischen Ausland ermöglicht werden, auf dem jeweiligen nationalen Märkten Fuß zu fassen. Dass ein Einsatz von Nachunternehmen bei der Auftragsausführung tatsächlich möglich ist, ergibt sich auch aus Art. 25 der Richtlinie 2004/18.

7. Das Vorbringen der Antragstellerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 5. November 2008 gibt keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO analog).

8. Die Kostenscheidung folgt aus einer analogen Anwendung des § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 50 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

Zurück