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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 25.09.2008
Aktenzeichen: VII-Verg 57/08
Rechtsgebiete: GWB, VgV, VOL/A
Vorschriften:
GWB § 118 | |
GWB § 118 Abs. 1 Satz 3 | |
GWB § 118 Abs. 2 Satz 2 | |
VgV § 13 Satz 1 | |
VOL/A § 3 Nr. 4 f |
Tenor:
Die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg vom 25. August 2008, VK 14/08, wird bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde verlängert.
Gründe:
Die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer Arnsberg ist nach vorläufiger Prüfung bis zur endgültigen Entscheidung über die sofortige Beschwerde gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB zu verlängern. Bei seiner Entscheidung über den Antrag nach Absatz 1 Satz 3 berücksichtigt das Gericht die Erfolgsaussichten der Beschwerde. Die Beschwerde der Antragstellerin ist voraussichtlich begründet.
Der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags steht voraussichtlich nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene einen bis zum 30. April 2009 währenden Vertrag über die Bewirtschaftung der Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge geschlossen haben (§ 114 Abs. 2 GWB). Der Vertragsschluss ist nicht wirksam erfolgt (§ 134 BGB). Der auf den Interimsvertrag erteilte Zuschlag ist in entsprechender Anwendung des § 13 Satz 6 VgV nichtig, denn die Antragsgegnerin hat nach vorangegangenem aufgehobenen förmlichen Vergabeverfahren eine freihändige Vergabe nur mit der Beigeladenen durchgeführt, ohne die an dem Auftrag interessierten Bieter an der freihändigen Vergabe zu beteiligen und diese über den beabsichtigten Vertragsschluss mit der Beigeladenen nach § 13 Satz 1 VgV 14 Tage vor Vertragsschluss schriftlich zu unterrichten. § 13 Satz 6 VgV findet nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechende Anwendung auch auf nicht förmliche Verfahren, an denen mehrere Bieter beteiligt waren. Darüber hinaus findet die Vorschrift auch entsprechende Anwendung, wenn nach vorgegangenem aufgehobenen förmlichen Verfahren, an dem mehrere Bieter teilgenommen haben, ein Verhandlungsverfahren mit nur einem einzigen Bieter durchgeführt wird (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 25.1.2008, WVerg 0010/07, VergabeR 2008, 567 m. Anm. Herrmann; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.2.2004, Verg 78/04, VergabeR 2005, 503 und Verg 85/04, NZBau 2005, 508). Die Antragstellerin hat ihr Interesse an der Vergabe des Auftrags (und damit auch an einem Interimsvertrag) schon dadurch dokumentiert, dass sie im offenen Verfahren die Verdingungsunterlagen angefordert und ein Angebot abgegeben hat. Der entsprechenden Anwendung des § 13 Satz 6 VgV steht auch nicht entgegen, dass der Auftrag zeitlich begrenzt ist, nämlich nur bis zum 30. April 2009 von der Beigeladenen ausgeführt werden soll. Denn es besteht eine Identität zwischen den jeweils den Auftragsgegenstand bildenden, vom Bieter zu erbringenden Dienstleistungen nach Art und Umfang. Der zu vergebende Auftrag fällt zudem in den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich des vierten Teils des GWB (öffentlicher Auftrag, § 99 Abs. 1, 4 GWB; öffentlicher Auftraggeber, § 98 Nr. 2GWB; Schwellenwert, § 100 GWB) und der Richtlinie 2004/18/EG. Die Richtlinie 2004/18/EG und das GWB kennen auch keine Bereichsausnahme für sogenannte Interimsaufträge.
Die Antragstellerin wurde wahrscheinlich dadurch in Rechten verletzt, dass eine freihändige Vergabe ohne ihre Beteiligung und ohne ihre Unterrichtung über die beabsichtigte Zuschlagerteilung durchgeführt worden ist. Zwar sieht § 3 Nr. 4 f) VOL/A vor, dass eine freihändige Vergabe erfolgen kann, wenn die Leistung besonders dringlich ist. Die die Dringlichkeit auslösenden Umstände dürfen auf keinen Fall dem Verhalten des Auftraggebers zuzurechnen sein oder aus seiner Sphäre stammen. Eine besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe könnte zwar daraus folgen, dass die Antragsgegnerin Aufgaben der Daseinsvorsorge für Asylbewerber nach dem AsylG zu erfüllen hat, auch wenn sie im Übrigen die Eilbedürftigkeit der Auftragsvergabe infolge eines zu späten Beginns und der Aufhebung des förmlichen Vergabeverfahrens wohl selbst zu vertreten hat. Gleichwohl kann die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe nicht dazu führen, dass der Wettbewerb um den Interimsauftrag eingeschränkt wird, indem nur ein einziger von mehreren interessierten Bieter in die Verhandlungen einbezogen wird.
Nach § 118 Absatz 2 Satz 2 GWB lehnt das Gericht den Antrag ab, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zur Entscheidung über die Beschwerde die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Vorrangiges Entscheidungskriterium ist danach die Erfolgsaussicht der Beschwerde. Das bedeutet, dass auf den Antrag nach § 118 GWB die aufschiebende Wirkung zu verlängern ist, wenn die sofortige Beschwerde des Antragstellers Aussicht auf Erfolg hat. In diesem Fall kann das öffentliche Interesse an der Zuschlagserteilung die Interessen des Bieters am Erhalt des Zuschlags nicht überwiegen. Das öffentliche Interesse an der Auftragserteilung kann jedenfalls im Streitfall nicht damit begründet werden, dass die Antragsgegnerin ihre gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen hat. Die Antragsgegnerin ist nicht gehindert, die Leistungen für den noch verbleibenden Zeitraum zumindest ab November 2008 im Wege der freihändigen Vergabe unter Beteiligung sämtlicher interessierter Bieter zu vergeben. Das sagt noch nichts darüber aus, welcher der zu beteiligenden Bieter zur Ausführung der kurzfristig zu übernehmenden Leistungen rechtlich und tatsächlich geeignet sein wird.
Bei dieser Sach- und Verfahrenslage ist die einstweilige Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde zur Sicherung eines effektiven Rechtsschutzes für die Antragstellerin geboten.
Ende der Entscheidung
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