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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 25.02.2009
Aktenzeichen: VII-Verg 6/09
Rechtsgebiete: KrW-/AbfG, GWB
Vorschriften:
KrW-/AbfG § 5 Abs. 2 | |
KrW-/AbfG § 5 Abs. 5 | |
GWB § 118 Abs. 1 Satz 3 |
Tenor:
Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Köln vom 28. Januar 2009 (VK VOL 37/2008) zu verlängern, wird abgelehnt.
Gründe:
I. Der Antragsgegner führte ab August 2008 ein Verhandlungsverfahren zur Vergabe des Transports und der Verwertung oder Beseitigung von Rechengut, Sandfanggut und eines Rechengut/Sandfanggut-Gemischs aus seinen Abwasserreinigungsanlagen in mehreren Losen durch. Das Vergabenachprüfungsverfahren betrifft das Los 2 (Übernahme, Transport und thermische Entsorgung von 3.300 t Rechengut und Rechengut/Sandfanggut-Gemisch), bei dem die Beigeladene den Zuschlag erhalten soll. Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag zurück. Auf die Gründe der Entscheidung wird verwiesen. Dagegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde zu verlängern.
II. Der Antrag ist unbegründet, da die Beschwerde nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin voraussichtlich keinen Erfolg hat (§ 118 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 GWB). Die Beschwerde zeigt keine Umstände auf, wonach die Antragstellerin im Verhandlungsverfahren mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften in ihren Rechten verletzt worden ist.
1. Die Antragstellerin beanstandet zu Unrecht, der Antragsgegner habe bei der Angebotswertung, namentlich bei der Wirtschaftlichkeitsbewertung, entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 5 Abs. 2 KrW-/AbfG der von ihr angebotenen thermischen Verwertung von Abfall nicht den Vorrang vor einer von der Beigeladenen offerierten thermischen Behandlung (Beseitigung) eingeräumt. Ausweislich der Leistungsbeschreibung sollte eine thermische Entsorgung stattfinden. Versteht man die Entsorgung als Oberbegriff, war das Angebot sowohl einer thermischen Verwertung als auch einer thermischen Beseitigung ausschreibungskonform. Welche Entsorgungsart von Bietern vorgesehen wurde, war zu keinem Zuschlagskriterium erklärt worden. Alleiniges Zuschlagskriterium ist der Preis. Nach den Umständen ist dies im Streitfall nicht zu tadeln (detaillierte Leistungsbeschreibung, weitere Differenzierungen waren bei der Angebotsbewertung nicht vorzunehmen; vgl. insoweit auch OLG Naumburg, Beschl. v. 5.12.2008 - 1 Verg 9/08). Bei der Angebotswertung hat sich der öffentliche Auftraggeber allein von den festgelegten und bekannt gegebenen Zuschlagskriterien leiten zu lassen.
Ein Vergaberechtsverstoß ist aber ebenso wenig unter dem Gesichtspunkt zu erkennen, dass der Antragsgegner die vorgesehene Art und Weise der Entsorgung - Beseitigung oder Verwertung - etwa zu einem Zuschlagskriterium hätte machen müssen und sich nicht auf den Preis als einziges Zuschlagskriterium hätte beschränken dürfen. § 5 Abs. 5 KrW-/AbfG sieht vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen der Vorrang der Verwertung vor einer Beseitigung entfällt. Bei der Subsumtion darunter wird dem öffentlichen Auftraggeber zumindest eine Einschätzungsprärogative zuzuerkennen sein. Dass die dabei einzuhaltenden Grenzen vom Antragsgegner nicht beachtet worden sind, macht die Beschwerde nicht geltend.
2. Ferner ist der Beschwerde unter dem Aspekt eines angeblichen Unterkostenangebots der Beigeladenen keine Erfolgsaussicht zuzusprechen. Der zugrunde liegenden Norm (§ 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A: kein Zuschlag auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen) kommt nach der Rechtsprechung des Senats nur dann ein Bieterschutz zu, wenn das Gebot, wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweise der Bieter zu bekämpfen (§ 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A), vom Auftraggeber den Ausschluss des betreffenden Angebots fordert. Beispielhaft zählen dazu Angebote mit einem unverhältnismäßig niedrigen Preis, die in der zielgerichteten Absicht einer Marktverdrängung abgegeben worden sind oder zumindest die Gefahr begründen, dass bestimmte Wettbewerber vom Markt ganz (und nicht nur von einer einzelnen Auftragsvergabe) verdrängt werden (vgl. OLG Düsseldorf VergabeR 2001, 128 f.; NZBau 2002, 627 f.). Ob die Auffassung des Senats insoweit von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts abweicht und deswegen an sich dem Bundesgerichtshof vorzulegen ist, kann auf sich beruhen. Bei Eilentscheidungen nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB gilt die Vorlagepflicht nicht (§ 124 Abs. 2 Satz 3 GWB).
Die Antragstellerin beruft sich ohne Erfolg darauf, im Streitfall sei ein Bieterschutz nach dem vorstehend dargestellten Beispiel anzunehmen. Bei der von ihr behaupteten Marktverdrängung ist aber nicht auf den Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners abzustellen. Eine dahingehende Marktabgrenzung ist in sachlicher und in räumlicher Hinsicht zu eng gefasst. Maßgebend ist vielmehr der Anbietermarkt für Entsorgungsleistungen der ausgeschriebenen Art, der nicht auf das Zuständigkeitsgebiet des Antragsgegners zu beschränken ist, sondern wahrscheinlich bundesweit abzugrenzen ist. Da mit Blick hierauf Ausweichmöglichkeiten für die Antragstellerin bestehen, kann von der Gefahr einer Marktverdrängung eher nicht gesprochen werden.
3. Die Antragstellerin greift des weiteren ohne Erfolg die Durchführung des Verhandlungsverfahrens an. Ihre eigene Darstellung lässt keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass sie durch den behaupteten Rechtsverstoß, der im Unterbleiben jeglicher Verhandlung über die Angebote liegen soll, in Rechten verletzt ist. Wenngleich der öffentliche Auftraggeber nach einer Entscheidung des Senats (Beschl. v. 5.7.2006 - VII-Verg 21/06) in einem Verhandlungsverfahren grundsätzlich als verpflichtet anzusehen ist, wenigstens e i n e Verhandlungsrunde durchzuführen, und dagegen vom Antragsgegner verstoßen worden ist, ergibt sich in einem Fall wie dem vorliegenden allein daraus jedoch keine Rechtsverletzung der Antragstellerin. So ist aufgrund der Entscheidung der Vergabekammer der preisliche Abstand des Angebots der Antragstellerin zum Angebot der Beigeladenen sowohl numerisch als auch in prozentualer Hinsicht als bekannt vorauszusetzen. Der Preisabstand zum günstigeren Angebot der Beigeladenen ist objektiv nicht unbeträchtlich. Bei dieser besonderen Sachlage hätte der Antragstellerin, um den voraussichtlichen Erfolg der Beschwerde darzutun, vorzutragen oblegen, welches geänderte und chancenreiche Angebot sie abgegeben hätte, m.a.W. welche Kalkulationsspielräume ihr zu Gebote standen, wenn der Antragsgegner über die eingegangenen Angebote in Verhandlungen getreten und sie, die Antragstellerin, daran beteiligt worden wäre. Denn die Tatsache allein, dass Verhandlungen unterblieben sind, erlaubt nicht den Schluss auf eine Rechtsverletzung, wenn das Angebot des Antragstellers chancenlos gewesen ist, und er den Auftrag unter keinen Umständen hätte erlangen können. In einem derartigen Fall ist es sinnlos, dem Auftraggeber im Nachprüfungsverfahren die Aufnahme von Verhandlungen aufzugeben. Denn es ist dann nicht nur nicht auszuschließen, sondern liegt sogar nahe, dass selbst eine Verhandlung die Stellung des Antragstellers im Wettbewerb und seine Aussichten auf einen Zuschlag nicht hätte verbessern können. In einem solchen, durch die vorstehend dargestellte Sachlage beschriebenen Ausnahmefall bedarf es dann gar nicht erst einer Aufnahme von Verhandlungen.
Eine Kostenentscheidung ist im Eilverfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB nicht angezeigt.
Ende der Entscheidung
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