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Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 07.05.2007
Aktenzeichen: VII-Verg 7/07
Rechtsgebiete: RVG, RVG-VV, GWB, VwVfG


Vorschriften:

RVG § 13 Abs. 1
RVG-VV Nr. 2300
GWB § 124 Abs. 2
GWB § 124 Abs. 2 S. 1
GWB § 128 Abs. 4
VwVfG § 80
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Das Verfahren wird dem Bundesgerichtshof vorgelegt.

Gründe:

I.

Die Vergabekammer hat auf den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin hin mit Beschluss vom 09. November 2006 u.a. "die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin" dem Antragsgegner auferlegt; gleichzeitig hat es die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin festgestellt. Dieser Beschluss ist bestandskräftig.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 09. März 2007 (Bl. 847 ff. der Vergabekammerakte) hat die Vergabekammer die beantragten Kosten der Antragstellerin nur teilweise gegen den Antragsgegner festgesetzt. Sie ist dabei unter Berücksichtigung eines Gegenstandswerts von 126.474,26 Euro von dem Anfall einer 1,0 Geschäftsgebühr nach Nr. 2301 VV RVG (= Nr. 2401 VV RVG a.F.) ausgegangen, weil der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin bereits in dem vorausgegangenen Vergabeverfahren durch Erhebung von Rügen für die Antragstellerin tätig gewesen ist. Innerhalb des Rahmens von 0,5 bis 1,3 hat die Vergabekammer einen Satz von 1,0 für angemessen gehalten.

Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Ihrer Auffassung nach ist Nr. 2300 VV RVG (= Nr. 2400 VV RVG a.F.) einschlägig. Des Weiteren hält sie unter Berücksichtigung des Schwierigkeitsgrades von Vergabenachprüfungsverfahren im Allgemeinen sowie dieses Vergabenachprüfungsverfahrens im Besonderen einen Satz von 2,5 für angemessen. Sie beantragt daher,

unter Abänderung der Entscheidung der Vergabekammer die Geschäftsgebühr gemäß § 13 Abs. 1 RVG, Nr. 2300 VV mit einem Gebührensatz von 2,5 festzusetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung der Vergabekammer für richtig.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie auf die Akte der Vergabekammer Bezug genommen.

II.

Nach Auffassung des Senats hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin - jedenfalls zum weit überwiegenden Teil - keinen Erfolg. Auf Grund der bestandskräftigen Entscheidung der Vergabekammer vom 09. November 2006 kann die Antragstellerin zwar Erstattung ihrer durch die Beiziehung eines Verfahrensbevollmächtigten im Vergabenachprüfungsverfahren entstandenen Kosten verlangen. Der Senat teilt jedoch den Ansatzpunkt der Vergabekammer, wonach in dem Falle, in dem - wie hier - der Verfahrensbevollmächtigte bereits für denselben Beteiligten im vorangegangenen Vergabeverfahren tätig gewesen ist, lediglich eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2301 VV RVG (= Nr. 2401 VV RVG a.F.) angefallen ist; er möchte insoweit an seiner mit Beschluss vom 16. Oktober 2006 (VII-Verg 11/06) geäußerten Auffassung trotz der entgegen stehenden Rechtsprechung des OLG München (Beschluss vom 13. November 2006 - Verg 13/06 = VergabeR 2007, 266 mit zustimmender Anmerkung Roth) festhalten.

Es besteht Einigkeit darüber, dass mangels besonderer Vorschriften für die Vertretung eines Beteiligten vor der Vergabekammer die Vorschriften des 3. (früher 4.) Abschnitts des Teils 2 der VV RVG Anwendung finden. Streit besteht nur darüber, ob die Tätigkeit eines Rechtsanwalts im vorausgegangenen Vergabeverfahren die besonderen Voraussetzungen des Nr. 2301 (früher Nr. 2401) erfüllt oder nicht.

Es spricht vieles dafür, dass - worauf das OLG München (a.a.O.) hinweist - das Vergabeverfahren, dessen Nachprüfung das Verfahren vor der Vergabekammer dient, in verfahrensrechtlicher Hinsicht kein Verwaltungsverfahren darstellt, welches mit dem Erlass eines Verwaltungsakts endet; selbst nach Auffassung des OVG NW (Beschlüsse vom 11.08.2006 - 15 E 880/06 und vom 12.01.2007 - 15 E 1/07), welches von einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zwischen Vergabestelle und Bieter ausgeht, endet das Verwaltungsverfahren nicht mit einem Verwaltungsakt, sondern mit dem privatrechtlichen Zuschlag.

Das bedeutet aber nicht, dass das Vergabeverfahren nicht in kostenrechtlicher Hinsicht wie ein auf Erlass eines Verwaltungsakts gerichtetes Verwaltungsverfahren zu behandeln ist. Wie aus § 128 Abs. 4 GWB, insbesondere dem Verweis auf § 80 des jeweiligen Verwaltungsverfahrensgesetzes, hervorgeht, hat der Gesetzgeber das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer einem Widerspruchsverfahren gegen einen Verwaltungsakt kostenrechtlich gleichstellen wollen (vgl. BGH NZBau 2004, 285 für eine Erledigung; BGH VergabeR 2006, 73 für eine Antragsrücknahme). Ist das Vergabenachprüfungsverfahren kostenrechtlich einem Widerspruchsverfahren gleichgestellt, ist folgerichtig auch Nr. 2301 (früher Nr. 2401) VV RVG anzuwenden.

Diese Gleichstellung ist auch nicht derart unsachlich, dass die Anwendung von Nr. 2301 VV RVG als offensichtlich unbillig anzusehen wäre. Der Bundesgerichtshof hat dies in seinen oben genannten Entscheidungen für die Kostenentscheidung bei Erledigung und Antragsrücknahme verneint und deshalb die analoge Anwendung prozessualer Vorschriften abgelehnt. Soweit das OLG München (a.a.O.) eine mit einem Widerspruchsverfahren vergleichbare Situation wegen der Mehrpoligkeit des Vergabeverfahrens sowie der unterschiedlichen Zielrichtung einer Vertretung im Vergabeverfahren einerseits und im anschließenden Vergabenachprüfungsverfahren andererseits verneint, ist darauf hinzuweisen, dass vielfach auch Verwaltungsverfahren im verfahrensrechtlichen Sinne mehrpolig sind (z.B. Bauherr - Genehmigungsbehörde - Nachbar) und es dann auch in einem Widerspruchsverfahren - anders als im vorangegangenen Verwaltungsverfahren - um einen Angriff gegen bzw. die Verteidigung des ergangenen Verwaltungsakts geht.

III.

Da der Senat von der o.g. Entscheidung des OLG München abweichen will, bedarf es gemäß § 124 Abs. 2 S. 1 GWB einer Vorlage an den Bundesgerichtshof. Die Entscheidung betraf zwar die Kosten des Rechtsanwalts eines Beigeladenen, während von dem Senat über die Kosten der Antragstellerin zu entscheiden ist. Nr. 2301 VV RVG ist aber unabhängig davon einschlägig - oder auch nicht -, wen der Rechtsanwalt im Vergabeverfahren und nachfolgenden Vergabenachprüfungsverfahren vertreten hat; davon geht auch das OLG München, wie aus seinen Ausführungen unter II.1.a)bb)eee) hervorgeht, aus.

Die streitige Frage ist entscheidungserheblich. Sollte entsprechend der Auffassung des OLG München Nr. 2300 (früher Nr. 2400) VV RVG einschlägig sein, wäre nach Auffassung des Senats eine Geschäftsgebühr von mehr als 1,3 erstattungsfähig.

Der Senat hält in Fällen der vorliegenden Art auch kostenerstattungsrechtliche Fragen für vorlagefähig; soweit er früher eine generell abweichende Auffassung geäußert haben sollte, hält er daran nicht mehr fest. Zwar wird vielfach vertreten, die Vorschrift des § 124 Abs. 2 GWB beziehe sich nicht auf abweichende kostenrechtliche Beurteilungen durch die Oberlandesgerichte (vgl. Jaeger, in Byok/Jaeger, Vergaberecht, 2. Aufl., § 124 Rdnr. 1244 m.w.N.). Der Senat sieht jedoch keinen Anlass für eine derartige, von dem Wortlaut der Vorschrift nicht umfasste einschränkende Auslegung (so auch Bungenberg, in Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 124 GWB Rdnr. 12, Jaeger, a.a.O., Fn. 13). Soweit verlangt wird, dass die Entscheidungsdivergenz die Hauptsache betrifft, ist dieses Erfordernis bei Beschwerden im Kostenfestsetzungsverfahren erfüllt, da in derartigen Verfahren die Kostenerstattungspflicht die Hauptsache ist. Der Bundesgerichtshof ist auch, wie aus den oben unter II. aufgeführten Entscheidungen hervorgeht, grundsätzlich von einer Vorlagefähigkeit von Kostenfragen ausgegangen.

Ende der Entscheidung

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