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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 29.04.2009
Aktenzeichen: VII-Verg 73/08
Rechtsgebiete: GWB, VOL/A, BGB


Vorschriften:

GWB § 26 Nr. 1
GWB § 97 Abs. 1
GWB § 97 Abs. 7
GWB § 107 Abs. 3 Satz 1
GWB § 124 Abs. 2
VOL/A § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1
VOL/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 a
VOL/A § 25 Nr. 2 Abs. 1
VOL/A § 26 Nr. 1
BGB § 241 Abs. 2
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 311 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 95.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I. Die Antragsgegnerin schrieb im Mai 2008 im offenen Verfahren die Abfuhr und Entsorgung des in ihrem Klärwerk Benningsfeld anfallenden Rechen- und Sandfangguts sowie Klärschlamms für eine Dauer von drei Jahren (mit der Möglichkeit einer Vertragsverlängerung) aus. Da ihrer Meinung zufolge die vier eingegangenen Angebote, u.a. auch das der Antragstellerin, sämtlich (und zwar wegen Fehlens von Preisangaben und/oder von Eignungsnachweisen) von der Wertung auszuschließen waren, ging die Antragsgegnerin zu einem Verhandlungsverfahren über. Die Antragstellerin rügte den Ausschluss ihres Angebots im offenen Verfahren, beteiligte sich aber dennoch mit einem weiteren Angebot am Verhandlungsverfahren. Nachdem die Antragsgegnerin mitgeteilt hatte, im Verhandlungsverfahren der Beigeladenen den Zuschlag erteilen zu wollen, stellte die Antragstellerin einen Nachprüfungsantrag, den die Vergabekammer ablehnte. Auf die Gründe des Beschlusses der Vergabekammer vom 28.11.2008 wird verwiesen.

Dagegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde erhoben, mit der sie zunächst begehrt hat, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Zuschlag auf ihr, der Antragstellerin, Angebot zum offenen Verfahren zu erteilen, hilfsweise, das offene Verfahren fortzusetzen und die Angebotswertung, dies unter Einschluss ihres eigenen Angebots, zu wiederholen.

Die Antragstellerin bekämpft den Ausschluss ihres Angebots. Sie beanstandet zudem, dass im Verhandlungsverfahren über die eingereichten Angebote nicht verhandelt worden sei.

Nachdem in Ermangelung eines andauernden Zuschlagsverbots die Antragsgegnerin den Zuschlag an die Beigeladene erteilt hatte, beantragt die Antragstellerin nunmehr,

festzustellen, dass die Erteilung des Zuschlags an die Beigeladene rechtswidrig gewesen sei, und der Zuschlag auf ihr, der Antragstellerin, Angebot im offenen Verfahren habe erteilt werden müssen,

hilfsweise,

festzustellen, dass die Erteilung des Zuschlags rechtswidrig und die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen sei, das offene Verfahren fortzusetzen und die Angebotswertung unter Einschluss ihres, der Antragstellerin, zum offenen Verfahren eingereichten Angebots zu wiederholen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und die Anlagen Bezug genommen.

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

Der Feststellungsantrag ist sowohl nach dem Hauptantrag als auch nach dem Hilfsantrag unbegründet. Die Antragstellerin ist im Vergabeverfahren (und zwar in dem von der Antragsgegnerin betriebenen offenen Verfahren) nicht in Bieterrechten verletzt worden.

1. Die zulässigen (vgl. §§ 123 Satz 3, 114 Abs. 2 GWB) Feststellungsanträge beziehen sich ausschließlich auf die Durchführung des offenen Verfahrens (nicht auch auf das spätere Verhandlungsverfahren). Mit ihnen wird eine Rechtsverletzung des Inhalts behauptet, dass der Zuschlag nicht auf ihr, der Antragstellerin, Angebot zum offenen Verfahren ergangen ist, mindestens aber, so der Hilfsantrag, dadurch, dass die Antragsgegnerin das offene Verfahren nicht fortgesetzt und ihr eigenes Angebot bei der Angebotswertung unberücksichtigt gelassen habe. An das im Beschwerdeantrag, und zwar jedenfalls in einem Feststellungsantrag, zum Ausdruck gebrachte Begehren des Antragstellers ist der Senat als Beschwerdegericht insoweit gebunden, als, so im vorliegenden Fall, nicht auch die Durchführung des Verhandlungsverfahrens einer vergaberechtlichen Kontrolle zu unterziehen ist (vgl. dazu Jaeger in Byok/Jaeger, Komm. zum Vergaberecht, 2. Aufl., § 123 GWB, Rn. 1231; Boesen, Vergaberecht, § 100 GWB Rn. 17 f.; Möllenkamp in Kulartz/Kus/Portz, Komm. zum GWB-Vergaberecht, § 123 GWB Rn. 5 f.; Kuhlig in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 123 GWB Rn. 2 jeweils m.w.N.). Mit dem Feststellungsantrag bestimmt der Antragsteller, in welcher Hinsicht eine Verletzung seiner Rechte nach § 97 Abs. 7 GWB festgestellt werden soll.

2. Der Feststellungshauptantrag ist unbegründet, weil die Antragstellerin im offenen Verfahren keinen Anspruch auf Erteilung des Zuschlags auf ihr Angebot hatte, das zum offenen Verfahren eingereichte Angebot der Antragstellerin vielmehr von der Wertung ausgeschlossen werden musste.

a) Allerdings war das Angebot der Antragstellerin entgegen der Auffassung der Vergabekammer nicht schon wegen Fehlens einer (erstmals) in den Vergabeunterlagen geforderten Unbedenklichkeitsbescheinigung der Berufsgenossenschaft in der zweiten Wertungsphase zwingend vom weiteren Vergabeverfahren auszunehmen (und zwar nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A, vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 1.2.2006 - VII-Verg 38/05, VergabeR 2006, 547 und ständige Rechtsprechung des Senats).

Bei der Vergabe von Dienstleistungen und/oder Lieferungen sind geforderte Eignungsnachweise (wie Bescheinigungen der genannten Art) vom Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung anzugeben (§ 7 a Nr. 3 Abs. 3, § 17 Nr. 1 Abs. 2 m VOL/A). In den mit der Angebotsaufforderung zu übersendenden Verdingungsunterlagen hat der Auftraggeber die beizubringenden Eignungsnachweise nurmehr zu wiederholen und anzugeben, ob diese (bereits) mit dem Angebot vorgelegt (oder auf Verlangen später nachgereicht) werden sollen (§ 17 Nr. 3 Abs. 1 l VOL/A). Nicht jedoch dürfen Eignungsnachweise in den Verdingungsunterlagen geändert, ergänzt oder sogar erstmalig verlangt werden. Statthaft sind lediglich gewisse Konkretisierungen (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 7.11.2007 - 1 Verg 6/07, VergabeR 2008, 264; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.12.2007 - VII-Verg 34/07; Beschl. v. 23.1.2008 - VII-Verg 31/07, ständige Rechtsprechung des Senats). Da die Antragsgegnerin gegen diese Regeln verstoßen und erstmalig in den Verdingungsunterlagen eine Vorlage von Eignungsnachweisen (u.a Unbedenklichkeitsbescheinigung der Berufsgenossenschaft) gefordert hat, dürfen Angebote, denen solche Eignungsnachweise - wie angeblich im Fall der Antragstellerin - nicht beigefügt waren, aus diesem Grund nicht aus der Wertung genommen werden.

Die zwischen den Verfahrensbeteiligten streitige Frage, ob die Antragstellerin die verlangte Bescheinigung mit dem Angebot nicht vorgelegt hat, kann danach offen bleiben. Bemerkt sei insoweit lediglich, dass - sofern es auf jene Tatsachenfrage angekommen wäre - darüber bereits im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren durch Vernehmung der benannten Zeugen Beweis hätte erhoben werden müssen. Ob eine solche Beweisaufnahme, wie die Vergabekammer meint, nicht sinnvoll oder erfolgversprechend schien, ist nicht maßgebend. Auch im gerichtsähnlichen Verfahren der Vergabekammer herrscht das Verbot der Vorwegnahme einer Beweiswürdigung (vgl. zu diesem Verbot Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 86 Rn. 6 a m.w.N.). Wäre durch eine Beweisaufnahme nicht bewiesen worden, dass dem Angebot der Antragstellerin die besagte Bescheinigung nicht beigefügt war, hätte im Übrigen die Antragsgegnerin den Nachteil der Nichterweislichkeit zu tragen gehabt. Ausschlussentscheidungen darf der öffentliche Auftraggeber nur auf der Grundlage einer gesicherten Tatsachenerkenntnis, nicht aber schon dann treffen, wenn lediglich die (ungesicherte) Möglichkeit eines Ausschlussgrundes besteht (vgl. BGH, Urt. v. 26.10.1999 - X ZR 30/98, BauR 2000, 254, 256 = NJW 2000, 661).

b) Das im offenen Verfahren eingereichte Angebot der Antragstellerin war aber nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 a in Verbindung mit § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A von der weiteren Wertung auszuschließen, weil darin wesentliche Preisangaben fehlten. Die Antragstellerin hat bei zwei als solchen in der Leistungsbeschreibung eindeutig gekennzeichneten Bedarfspositionen nicht die Preise für eine eventuell andere Form der Entsorgung eingetragen (OZ 2.2 - Rechengut, OZ 3.3 - Sandfanggut, dort z.B. für Fälle einer sog. Havarie oder von Umbaumaßnahmen). Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen der Vergabekammer wird, um von vermeidbaren Wiederholungen abzusehen, Bezug genommen (VKB 15 f.). Die Begründung des angefochtenen Beschlusses stimmt mit der den Ausschluss unvollständiger Angebote betreffenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Senats überein (vgl. u.a. BGH, Urt. v. 16.4.2002 - X ZR 67/00, VergabeR 2002, 463, 464; Urt. v. 7.1.2003 - X ZR 50/01, VergabeR 2003, 558, 560; Beschl. v. 18.2.2003 - X ZB 43/02, VergabeR 2003, 313, 317 f.; Beschl. v. 18.5.2004 - X ZB 7/04, VergabeR 2004, 473, 476; Urt. v. 7.6.2005 - X ZR 19/02, VergabeR 2005, 617, 619; OLG Düsseldorf, u.a. Beschl. v. 26.11.2003 - Verg 53/03, VergabeR 2004, 322, 323 sowie auch Stolz in Willenbruch/Bischoff, Kompaktkommentar Vergaberecht, § 25 VOL/A Rn. 6).

Eine mit der Beschwerde in dieser Frage angeregte Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof ist nicht geboten (§ 124 Abs. 2 GWB). Die Beschwerde bezieht sich dazu auf zwei, von der Rechtsprechung des Senats angeblich abweichende Entscheidungen von Oberlandesgerichten, die aber vor den maßgebenden (und vorhin zitierten) Entscheidungen des Bundesgerichtshofs ergangen sind, ihnen widersprechen und infolgedessen überholt sind, nämlich auf ein Urteil des OLG Oldenburg vom 21.3.1996 - 8 U 248/95 (NJW-RR 1997, 661) sowie auf einen Beschluss des Saarländischen OLG vom 29.5.2002 - 5 Verg 1/01 (VergabeR 2002, 493, 496 f.).

Unabhängig von der (überholten) Abweichung jener Entscheidungen von der klaren Rechtsprechungslinie des Bundesgerichtshofs sind die Tatbestandsvoraussetzungen einer Vorlagepflicht nach § 124 Abs. 2 GWB im vorliegenden Fall nicht gegeben. So ist eine Divergenz nur anzunehmen, wenn das mit der Beschwerdeentscheidung befasste Oberlandesgericht der tragenden Begründung seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs tragenden Rechtssatz nicht übereinstimmt (vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 18.2.2003 - X ZB 43/02, VergabeR 2003, 313, 314; BGH, Beschl. v. 18.5.2004 - X ZB 7/04, VergabeR 2004, 473, 475, jeweils m.w.N.). Von diesem Verständnis ausgehend ist zwar festzustellen, dass das Saarländische OLG im Beschluss vom 29.5.2002 (5 Verg 1/01) der Meinung gewesen ist, das Fehlen geringfügiger Preisangaben rechtfertige keinen Angebotsausschluss. Jene Rechtsansicht war für die Entscheidung indes nicht tragend, da das Gericht aus anderen Gründen einen Ausschluss des Angebots des damaligen Antragstellers für erforderlich erachtet hat. Der Beschluss des Saarländischen OLG vom 29.5.2002 gebietet infolgedessen keine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof.

Allerdings hat auch das OLG Oldenburg in einem Fall, der die Vergabe von Bauleistungen betraf, im Urteil vom 21.3.1996 das Fehlen einer von ihm für unwesentlich gehaltenen Preisangabe nicht zum Anlass für das Verdikt eines Angebotsausschlusses genommen. Von dem der Entscheidung des OLG Oldenburg zugrunde liegenden Fall unterscheidet sich der Streitfall indes dadurch, dass die bei den Bedarfspositionen auszuweisenden Preisangaben nach den Umständen wesentlich waren und aufgrund dessen, sofern ein Angebotsausschluss vermieden werden sollte, im Angebot nicht fehlen durften. Die Bedarfspositionen waren - wie außer Streit steht - von der Antragsgegnerin für den Fall in der Leistungsbeschreibung aufgestellt worden, dass z.B. eine Havarie oder Umbauarbeiten an der Kläranlage verwehrten, Rechengut und/oder Sandfanggut entsprechend den ausgeschriebenen Grundpositionen zu entsorgen. Für solche Fälle die Preise für die dann an die Stelle von Grundleistungen tretenden Bedarfsleistungen zu erfahren, war für die Antragsgegnerin von einiger, sogar von erheblicher Bedeutung. Die Abfrage von Preisen für Bedarfspositionen diente im Streitfall dem fachkundigen Bietern erkennbaren Zweck, im Interesse einer zügigen Auftragsausführung - sofern die eventuell ausgeschriebenen Eventualleistungen tatsächlich anfallen sollten - sicherzustellen, dass die Arbeiten reibungslos weitergehen konnten, ohne dass dafür mit dem Auftragnehmer zuvor in unter Umständen aufhältige Verhandlungen über die Leistungserbringung und/oder die Preise eingetreten werden musste. Vor diesem Hintergrund waren die Preisangaben bei den Bedarfspositionen auch wertungsrelevant. Sie sind infolgedessen als wesentlich im Sinne des § 25 Nr. 1 Abs. 1 a VOL/A zu erachten. Dadurch unterscheidet sich der Streitfall von der dem Urteil des OLG Oldenburg zugrunde liegenden Fallgestaltung (bei der es im Übrigen ebenso wenig um das Fehlen einer Preisangabe bei in der Leistungsbeschreibung ausgewiesenen Bedarfspositionen ging). Deswegen erfordert auch die Entscheidung des OLG Oldenburg keine Vorlage der Sache nach § 124 Abs. 2 GWB.

c) Tatsächlich scheint die Antragstellerin auch nicht deswegen von einer Preisangabe bei den Bedarfspositionen abgesehen zu haben, weil diese unwesentlich waren, sondern weil sie - wie sie sich im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren verteidigt hat - der Meinung gewesen ist, sinnvolle Preisangaben seien bei den Bedarfspositionen nicht möglich. Abgesehen davon, dass - wie die Vergabekammer mit Recht ausgeführt hat (VKB 16 f.) - die Antragstellerin mit dieser Beanstandung nach § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ausgeschlossen ist, hat sie diese nach eigenem Vortrag als grundlos erkannt und dementsprechend mit der Beschwerde auch nicht mehr geltend gemacht.

3. Auch der Hilfsantrag ist unbegründet.

a) Die Antragstellerin hatte keinen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin das offene Verfahren fortsetzte, die Wertung (unter Einschluss ihres eigenen Angebots) wiederholte und das Verfahren mit einem Zuschlag beendete. Die Antragsgegnerin hatte für die Aufhebung des offenen Verfahrens zwar keinen anerkennenswerten Grund nach § 26 Nr. 1 VOL/A, da sie nur am Fehlen von (in rechtlicher Hinsicht unwirksam geforderten) Eignungsnachweisen leidende Angebote in der Wertung hätte belassen können. Dann hätte freilich nicht mehr davon gesprochen werden können, die Ausschreibung habe - im Einklang mit dem in § 97 Abs. 1 GWB normierten vergaberechtlichen Prinzip - ein wettbewerbliches Ergebnis mit der Möglichkeit, unter mehreren Angeboten das annehmbarste auszuwählen, erreicht. Bei dieser Sachlage durfte die Antragsgegnerin das offene Verfahren - gewissermaßen unterhalb der rechtlichen Schwelle des § 26 Nr. 1 GWB - aufheben und zu einem Verhandlungsverfahren übergehen, ohne dafür einen nach dieser Vorschrift anerkennenswerten Grund zu haben. Der Auftraggeber, der die Aufhebung des Vergabeverfahrens nicht auf einen der Gründe des § 26 Nr. 1 VOL/A (oder des § 26 Nr. 1 VOB/A) stützen kann, ist nicht schlechthin gezwungen, das Vergabeverfahren fortzusetzen und es mit einem Zuschlag zu beenden (so BGH, Urt., v. 5.11.2002 - X ZR 232/00, NZBau 2003, 168; Urt. v. 16.12.2003 - X ZR 282/02, NZBau 2004, 283, 284; Scharen, NZBau 2003, 585, 588). Dem stehen die Grundsätze der Privatautonomie und der Vertragsabschlussfreiheit entgegen. Dies hat erst recht in einem Fall wie dem vorliegenden zu gelten, in dem der Auftraggeber für die Aufhebung der Ausschreibung auf einen sachlich gerechtfertigten Grund verweisen kann, der im Streitfall darin zu sehen ist, dass das offene Verfahren das angestrebte wettbewerbliche Ergebnis verfehlt hat. Die Einleitung eines anschließenden Verhandlungsverfahrens setzt freilich eine transparente und diskriminierungsfreie Vorgehensweise des Auftraggebers voraus. Dagegen hat die Antragsgegnerin im Streitfall jedoch nicht verstoßen. Selbstverständlich hat der Auftraggeber dabei ebenso die in den Verdingungsordnungen für die Einleitung eines Verhandlungsverfahrens geregelten Anforderungen zu beachten. Im Streitfall kann jedoch dahinstehen, ob die Antragsgegnerin, daran gemessen, das Verhandlungsverfahren zulässigerweise begonnen hat. Selbst wenn dabei gegen Regeln verstoßen worden wäre, ist die Antragstellerin dadurch nämlich nicht in Bieterrechten verletzt worden. Sie ist am Verhandlungsverfahren beteiligt worden und hat nicht behauptet, im Fall einer Einhaltung verletzter Vorschriften zu jenem Verfahren ein anderes, und zwar ein aussichtsreicheres, Angebot abgegeben zu haben.

b) Dem hilfsweise gestellten Feststellungsbegehren ist ebenso wenig unter dem Gesichtspunkt stattzugeben, dass (auf das positive oder negative Interesse gerichtete) Schadensersatzansprüche der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin bestehen könnten. Schadensersatzansprüche wegen Verletzung eines durch die Ausschreibung begründeten vorvertraglichen Vertrauensverhältnisses nach den §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB kommen nicht in Betracht, wenn das Angebot eines Schadensersatz begehrenden Bieters zwingend, wie im Streitfall (siehe oben S. 6 f.), von der Wertung der Angebote auszuschließen war (BGH, Urt. v. 7.6.2005 - X ZR 19/02, VergabeR 2005, 617, 618; Urt. v. 16.4.2002 - X ZR 67/00, VergabeR 2002, 463, 464, jeweils m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwertfestsetzung ist zugrunde gelegt worden, dass die Auftragsvergabe auf drei Jahre mit der Möglichkeit zu einer unbefristeten Verlängerung angelegt war (§ 3 Abs. 3 Satz 3, Abs. 6 VgV).

Ende der Entscheidung

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