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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 18.09.2006
Aktenzeichen: 1 AR 1/06
Rechtsgebiete: GVG


Vorschriften:

GVG § 113
Teilt ein Handelsrichter trotz zahlreicher Aufforderungen durch die Justizverwaltung nicht mit, wie er telefonisch und postalisch zu erreichen ist, begründet dies einen gröblichen Pflichtenverstoß, welcher die Entbindung von seinem Richteramt rechtfertigt.
Gründe:

Der Präsident des Landgerichts Gießen hat mit am 14.07.2006 eingegangenem Schriftsatz beantragt, den Antragsgegner seines Amtes als ehrenamtlicher Richter (Handelsrichter) bei einer Kammer für Handelssachen des Landgerichts Gießen zu entbinden. Einen gröblichen Pflichtenverstoß sieht er darin, dass der Antragsgegner eine Telefonnummer oder eine Postanschrift, unter der er erreichbar ist, trotz mehrfacher Aufforderung nicht angegeben hat. Mit Verfügung des Senats vom 10.08.2006, ihm persönlich zugestellt am 12.08.2006, ist dem Antragsgegner Gelegenheit gegeben worden, sich zu äußern. Hiervon hat er binnen gesetzter Frist keinen Gebrauch gemacht.

Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main ist gemäß ausdrücklicher Bestimmung des § 113 Abs. 3 GVG für die zu treffende Entscheidung zuständig; das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist dem Landgericht Gießen, zu dem die Kammer für Handelssachen gehört, im Rechtsmittelzug übergeordnet (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 4. Aufl. 2005, § 113 Rn. 7).

Der Antragsgegner war nach § 113 Abs. 1 Nr. 2 GVG auf Antrag des Präsidenten des Landgerichts Gießen als Ernennungsbehörde (§ 108 GVG i.V.m. § 1 der Anordnung über die Zuständigkeit für die Ernennung von Handelsrichterinnen und Handelsrichtern v. 15.03.1996, GVBl. I S. 116; vgl. Kissel/Mayer, a.a.O., Rn. 6) von seinem Amt als ehrenamtlicher Handelsrichter zu entbinden, weil er seine Amtspflichten gröblich verletzt hat.

Zu den wesentlichen Amtspflichten eines ehrenamtlichen Richters gehört, dass er für das Gericht in einer zuverlässigen Weise erreichbar ist. Dies ist zum einen erforderlich, damit Ladungen oder Abladungen zu den mündlichen Verhandlungen der Kammer für Handelssachen, welcher er zugewiesen ist, ihm zeitnah zugehen können und noch mehr, dass ihm Urteile der Kammer für Handelssachen, an denen er mitgewirkt hat, ohne jedes Problem übersandt werden können, damit er die nach § 315 Abs. 1 ZPO erforderliche Unterschrift unter das Urteil leisten kann. Neben der postalischen Erreichbarkeit ist auch eine telefonische Erreichbarkeit erforderlich und selbstverständlich, um kurzfristig Absprachen mit dem Gericht oder der Geschäftsstelle zu ermöglichen. Gegen diese Pflicht hat der Antragsgegner verstoßen. Denn er hat, nachdem das Schreiben vom 17.11.2004 ihn bereits nicht an seiner Adresse in O1 - offenbar der bisherigen Familienanschrift - erreichen konnte, mit Schreiben vom 27.11.2004 mitgeteilt, dass ihn Post unter einem bestimmten Postfach in O2 oder aber bei seinem damaligen Arbeitgeber erreichen könne. Die Ladung zu einer Sitzung im März 2006 konnte ihm nicht zugestellt werden, da er bei seinem bisherigen Arbeitgeber ausgeschieden war, ohne diese Änderung in der Erreichbarkeit mitzuteilen. Daraufhin an die Postfachanschrift gerichtete Schreiben vom 19.04. und 23.05.2006 mit der Bitte, seine aktuelle Anschrift mitzuteilen, blieben unbeantwortet. Ein weiteres Schreiben vom 07.06.2006, welches an die im Rubrum als Nebenwohnsitz angegebene Adresse gerichtet war, beantwortete er Mitte Juni telefonisch dahin, dass er gerade dabei sei, ein Haus in O2 zu erwerben; er wurde nachdrücklich auf seine Amtspflichten hingewiesen und aufgefordert, seine telefonische und schriftliche Erreichbarkeit sicherzustellen. Dies sagte er zu; gleichwohl meldete er sich seitdem nicht.

Der Pflichtenverstoß ist auch als gröblich anzusehen. Jedenfalls aufgrund des Telefonats von Mitte Juni 2006 war ihm nochmals eindringlich verdeutlicht worden, dass er für eine sichere telefonische und postalische Erreichbarkeit zu sorgen hatte, um Unzuträglichkeiten bei der Ausübung seines Amtes als Handelsrichter zu vermeiden. Dass es achtenswerte Gründe gäbe, aufgrund derer er dennoch nicht mitteilte, wie er erreichbar sei, ist nicht ersichtlich; sein Verhalten ist ihm daher als gröblicher, schuldhafter Pflichtenverstoß vorzuwerfen.

Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 113 Abs. 3 Satz 2 GVG).

Ende der Entscheidung

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