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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Beschluss verkündet am 16.03.2006
Aktenzeichen: 1 Ss 189/05
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 123
1. Ein Bauwerk wird nicht bereits deshalb zu einem befriedeten Besitztum i. S. des § 123 BGB, weil es unter dem Straßenniveau liegt und damit naturgemäß über Abgrenzungen verfügt. Eine unterirdische Straßenverkehrsfläche ("B-Ebene"), die ausschließlich dem Fußgängerverkehr als Straßenunterführung und als Zugang zu U- und S-Bahnanlagen sowie zu Geschäftslokalen und sonstigen von der Öffentlichkeit genutzten Einrichtungen dient, ist danach als befriedetes Besitztum anzusehen.

2. Zur tatrichterllichen Feststellung der materiellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen eines Hausverbots, das sich auf eine Allgemeinheit zugänglich gemachte Räumlichkeit bezieht.


Gründe:

Mit Urteil vom 05.10.2004 hat das Amtsgericht Frankfurt am Main den Angeklagten wegen Hausfriedensbruchs in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Monaten und zwei Wochen verurteilt.

Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt Die Berufung des Angeklagten wurde vom Landgericht Franfurt am Main mit Urteil vom 09.02.2005 als unbegründet verworfen.

Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision des Angeklagten, mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird.

Das Rechtsmittel des Angeklagten führt mit der ordnungsgemäß erhobenen allgemeinen Sachrüge zur Aufhebung des Urteils, so daß es nicht darauf ankommt, ob die Verfahrensrüge in zulässiger Weise erhoben worden ist.

Die Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen Hausfriedensbruchs nicht.

Sie sind unvollständig und lückenhaft und erlauben dem Senat daher nicht die ihm obliegende Nachprüfung, ob das Landgericht das sachliche Recht zutreffend angewandt hat.

Das Landgericht hat bereits nur unzureichende Feststellungen zu den Örtlichkeiten der sog. B-Ebene getroffen.

Zu den durch § 123 StGB geschützten - hier in Betracht kommenden - Örtlichkeiten gehören das befriedete Besitztum und abgeschlossene Räume, die zum öffentlichen Verkehr bestimmt sind. Ein "befriedetes Besitztum" ist nach der seit der Entscheidung des Reichsgerichts (Urteil vom 12.12.1884, RGSt. 11, 293 f.) einhelligen Rechtsprechung und der übereinstimmenden Auffassung der Literatur immer dann gegeben, wenn ein Grundstück von dem Berechtigten in äußerlich erkennbarer Weise mittels zusammenhängender Schutzwehren gegen das beliebige Betreten durch andere - wobei insoweit auf die Gegebenheiten zum Tatzeitpunkt abzustellen ist (vgl. KG, Urteil vom 13.04.1927, JW 1927, 1713) - gesichert ist. Dabei besteht seit der Entscheidung des Reichsgerichts vom 30. 10. 1903 (RGSt 36, 395 ff.) auch Einigkeit darüber, daß bei einem in solcher Weise "befriedigten", eingehegten Grundstück die Anwendung der Vorschrift nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig ist, es insbesondere nicht etwa noch zusätzlich eines Zusammenhangs des Besitztums mit einer unter dem Schutze des Hausfriedens stehenden Wohnung oder eines Geschäftsraumes bedarf. In der genannten Entscheidung hat das Reichsgericht unter Darlegung der Entstehungsgeschichte dieser den Bestimmungen des preußischen Strafgesetzbuches nachgebildeten Vorschrift und der dabei entstandenen Gesetzesmaterialien klargestellt, daß jedem befriedeten Besitztum - d.h. jedem "mit einer Einhegung, Einfriedung versehenen" Besitztum unabhängig von einem etwaigen räumlichen oder sonstigen Zusammenhang mit einem anderen Grundstück - der Schutz des § 123 StGB zukommen solle und zwar "gerade deshalb, weil der Wille, jede Friedensstörung abzuwehren, kenntlich gemacht" sei; die Vorschrift "verpöne gleicherweise die Verletzung des Rechtsfriedens in jeglicher Liegenschaft, die - sofern sie nicht schon zufolge ihres erkennbaren Zusammenhangs mit einer Wohnung oder einem Geschäftsraum als Teil dieser Räume den Schutz derselben mitgenieße -, vom Besitzer erkennbar zu einer befriedeten gemacht" sei. Seither hat die in Rechtsprechung und Lehre herrschende Auffassung ein tatbestandsmäßiges befriedetes Besitztum immer dann für gegeben erachtet, wenn es entweder - ohne besondere Einfriedung - wegen seines engen räumlichen und funktionalen Zusammenhangs für jedermann erkennbar zu einer der sonst in § 123 StGB genannten Örtlichkeiten gehört, oder wenn es - ohne eine solche räumliche Verbindung - vom berechtigten Inhaber in äußerlich erkennbarer Weise mittels zusammenhängender Schutzwehren gegen das willkürliche Betreten durch andere gesichert ist, wobei eine lückenlose Abschließung oder eine tatsächlich wesentliche Erschwerung des Zugangs für nicht erforderlich erachtet wird (vgl. etwa Schäfer in MK StGB, § 123, Rdnr. 14, 15; Lenckner in Schönke/Schröder StGB, 26. Aufl., § 123 Rdnr. 6; Lilie in LK StGB, 11. Aufl., § 123 Rdnr, 17; Tröndle/Fischer StGB, 52. Aufl., § 123, Rdnr. 8; Rudophi/Stein in SK StGB II, 53. Lieferung, 6. Aufl., § 123 Rdnr. 36 ff.). Jedoch darf durch etwa vorhandene Lücken oder Unterbrechungen der Charakter einer äußerlich erkennbar gewollten physischen Schutzwehr nicht verloren gehen (vgl. u.a. die Nachweise bei Lenckner, a.a.O.). Andererseits ist anerkannt, daß unter befriedetes Besitztum auch Gebäude fallen, die nicht Wohn- oder Geschäftszwecken oder dem öffentlichen Dienst oder Verkehr dienen und sich den anderen Tatbestandsalternativen nicht oder nicht ohne weiteres zuordnen lassen, und daß die die verschiedenen Räumlichkeiten beschreibenden, einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 123 StGB sich überdecken und überschneiden, also zum öffentlichen Verkehr bestimmte abgeschlossene Räume auch "befriedetes Besitztum" sein können, es im Ergebnis dann auf eine exakte Abgrenzung nicht ankommt (vgl. Lenckner, a.a.O., § 123 Rdnr. 6 und 7).

Nach den bisherigen Feststellungen kann die B-Ebene der Konstablerwache nicht als eine der vorgenannten, durch § 123 StGB geschützte Örtlichkeit qualifiziert werden.

Das Landgericht hat zur Örtlichkeit folgendes ausgeführt (UA, Seite 11,12):

" Die ausgesprochenen Hausverbote gegen den Angeklagten sind auch bezüglich der B-Ebene der Konstablerwache wirksam. Bei der B-Ebene handelt es sich ebenso wie der C-Ebene um ein Bauwerk der A. Dort befinden sich deren Ticketschalter mit Informationsschalter und Fahrkartenautomaten. Am Ende der nach unten führenden Treppen befindet sich dort am darüber befindlichen Bauwerk ein Hinweis auf die A. Schon danach ist die B-Ebene den A deutlich zuzuordnen. Entgegen dem Amtsgericht Frankfurt am Main in NStZ 82, 334 handelt es sich auch um befriedetes Besitztum, auch wenn der Berechtigte es für den allgemeinen Verkehr als Fußgängerunterführung und als Zugang zu den U- und S-Bahnen und Ladengeschäften freigegeben hat. Geschützt können auch befriedete Flächen sein, die gleichfalls dem öffentlichen Verkehr dienen (vgl. Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 16.11.92). Daß die B-Ebene nicht durch irgendwelche Absperrungen äußerlich gesichert ist, steht der Befriedung nicht entgegen. Es reicht, wenn eine deutliche Abhebung vom übrigen Verkehrsraum erkennbar ist. Dies ist hier der Fall. Durch die durchgehende Absenkung der B-Ebene vom oberirdischen Straßenverkehrsbereich ist eindeutig eine visuelle und taktile Begrenzung gegenüber dem oberirdischen öffentlichen Raum gegeben. Die B-Ebene ist auch nur durch abwärtsführende Treppen, Rolltreppen und Fahrstühle erreichbar, so daß der Übergang vom ober- zum unterirdischen Raum deutlich erkennbar ist. Die A ist auch befugt und in der Lage während der Nachtzeiten, wenn keine öffentlichen Verkehrsmittel verkehren, den Zugang durch einzelne Rolltore an den jeweiligen Treppen abzuschließen, hat also die Möglichkeit, die sonst von ihr zugelassene Öffentlichkeit in dieser Zeit vollständig auszuschließen, was schon ein deutlicher Hinweis für ihr Hausrecht ist, auch wenn es sich nur um wenige Stunden und noch dazu um eine Zeit mit wenig Publikumsaufkommen handelt.

Die A ist daher in der Lage, den sonst von ihr zugelassenen Durchgangsverkehr einzuschränken. Auch wenn sie sonst außerhalb der Nachtzeiten bzw. Morgenstunden den öffentlichen Durchgangsverkehr zugelassen hat, muß sie nicht jede Nutzung hinnehmen. Es ist allgemein anerkannt, daß derjenige, der sein Grundstück für die Benutzung durch die Allgemeinheit freigibt, durchaus die Möglichkeit hat, eine bestimmte Art der Nutzung zu untersagen (siehe LG Nürnberg-Fürth am 16.11.92). Zwar darf jeder im Rahmen der Freigabe das Grundstück nutzen. Der Umfang der allgemeinen Zulassung wird aber überschritten, wenn er dem Zweck der Überlassung widerspricht. Die unterirdischen Verkehrsflächen dienen aber ausschließlich dem Fußgängerverkehr als Straßenunterführung, als Zugang zu den Bahnstationen der öffentlichen Verkehrsmittel sowie zu den in den Gebäuden befindlichen Geschäftslokalen und sonstigen der Öffentlichkeit dienenden Einrichtungen, was in der Benutzerordnung für die unterirdischen Verkehrsbauwerke der A ausdrücklich geregelt und auch für jedermann erkennbarer Zweck des Bauwerkes ist."

Diese Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme, die B-Ebene gehöre zu einer der in § 123 StGB geschützten Örtlichkeiten. Sie belegen nicht, daß es sich bei der B-Ebene um von der Vorschrift erfaßtes Besitztum handelt, sei es in Form eines Gebäudes, eines abgeschlossenen, zum Verkehr bestimmten Raumes oder um befriedetes Besitztum, das - ohne selbst eingefriedet zu sein - wegen seines für Außenstehende erkennbaren räumlichen und funktionalen Zusammenhangs mit dem zum öffentlichen Verkehr bestimmten Raum als zu diesem gehörend erscheint.

Das Landgericht führt in diesem Zusammenhang - wie dargestellt - aus, daß die B-Ebene zwar nicht durch irgendwelche Absperrungen äußerlich gesichert sei, bejaht jedoch die Eigenschaft eines befriedeten Besitztums mit der Erwägung, durch die durchgehende Absenkung der B-Ebene vom oberirdischen Straßenverkehrsbereich sei eindeutig eine visuelle und taktile Begrenzung gegenüber dem oberirdischen öffentlichen Raum gegeben; die B-Ebene sei auch nur durch abwärtsführende Treppen, Rolltreppen und Fahrstühle erreichbar, so daß der Übergang vom ober- zum unterirdischen Raum deutlich erkennbar ist. Des weiteren verweist das Landgericht auf die Befugnis der A während der Nachtzeiten, wenn keine öffentlichen Verkehrsmittel verkehrten, den Zugang durch einzelne Rolltore an den jeweiligen Treppen abzuschließen und die sonst von ihr zugelassene Öffentlichkeit in dieser Zeit vollständig auszuschließen, was nach Ansicht des Landgerichts schon ein deutlicher Hinweis für ihr Hausrecht sei.

Ein Besitztum wird jedoch nicht bereits deshalb zu einem befriedeten Besitztum, weil es unter dem Straßenniveau liegt und damit naturgemäß über Abgrenzungen verfügt. Nach einhelliger Meinung im Schrifttum wird eine unterirdische Fußgängerpassage nicht als befriedetes Besitztum angesehen (vgl. vgl. etwa Schäfer in MK StGB, § 123, Rdnr. 19; Lenckner in Schönke/Schröder StGB, 26. Aufl., § 123 Rdnr. 9; Lilie in LK StGB, 11. Aufl., § 123 Rdnr, 17; Tröndle/Fischer StGB, 52. Aufl., § 123, Rdnr. 9; Rudophi/Stein in SK StGB II, 53. Lieferung, 6. Aufl., § 123 Rdnr. 35b ff ).

Diese Auffassung teilt der Senat. Eine Fußgängerpassage stellt weder ein Gebäude, noch einen abgeschlossenen Raum dar, der zum öffentlichen Verkehr bestimmt ist. Wesentlich für den Begriff des Gebäudes als ein zumindest teilweise umschlossener Raum ist neben einer festen Verbindung mit Grund und Boden, daß das Bauwerk zum Schutz gegen äußere Einflüsse bestimmt und geeignet ist und auch den freien Zutritt Unbefugter zu verhindern vermag. Dazu gehören ein Dach und Seitenwände. Daß alle Seiten durch Wände gegrenzt sind, ist allerdings nicht erforderlich, sofern nur jene Zweckbestimmung noch gewahrt werden kann (vgl. RGSt 54, 153 ff.). Eine solche Zweckbestimmung kommt der durch die B-Ebene führenden Fußgängerpassage nach den Urteilsfeststellungen jedoch nicht zu. Danach dienen die Verkehrsflächen der B-Ebene ausschließlich dem Fußgängerverkehr als Straßenunterführung, als Zugang zu den U- und S-Bahnstationen der öffentlichen Verkehrsmittel sowie zu den in den Gebäuden befindlichen Geschäftslokalen und sonstigen der Öffentlichkeit dienenden Einrichtungen. Fußgänger haben zu der Passage über Treppen, Rolltreppen und Fahrstühle ungehinderten Zutritt; das Bauwerk dient also gerade nicht - auch - dazu, den freien Zutritt Unbefugter zu verhindern.

Die B-Ebene dient nach den getroffenen Feststellungen auch nicht dem öffentlichen Verkehr. Zum öffentlichen Verkehr bestimmt sind nur solche Räumlichkeiten, die dem allgemein zugänglichen Personen- und Gütertransport - nicht dagegen einem Verkehr anderer Art - dienen (vgl. Lenckner, a.a.O., § 123 Rdnr. 9). Dies trifft nach den Urteilsfeststellungen auf die C-Ebene, in der sich die U- und S-Bahnstationen befinden, zu, nicht aber auf die B-Ebene, in der nur Fußgängerverkehr stattfindet.

Nach den bisher getroffenen Feststellungen kann auch nicht davon ausgegangen werden, die Verkehrsflächen der B-Ebene gehörten wegen ihres engen räumlichen und funktionalen Zusammenhangs für jedermann erkennbar zu einem dem öffentlichen Verkehr dienenden abgeschlossenen Raum. Zum einen sind sie bereits nicht als zu den abgegrenzten, unterhalb der B-Ebenen liegenden U- und S-Bahnstationen zugehörig anzusehen (vgl. auch BayOblG, Urteil vom 26.04.1990, VRS 79, 105 ff. ; Lilie a.a.O., § 123 Rdnr, 17). Das würde auch dann gelten, wenn diese ausnahmslos nur über die Fußgängerpassage der B-Ebene zu erreichen wären. Zum anderen ergibt sich aus den Feststellungen auch nicht, daß die U- und S-Bahnstationen selbst als abgeschlossener Raum anzusehen sind. Dem Wortsinn nach sind abgeschlossene Räume solche, die als bauliche Einheit erscheinen und in einer dem befriedeten Besitztum entsprechenden Weise durch physische Hindernisse gegen beliebiges Betreten geschützt sind (vgl. Lenckner, a.a.O., § 123 Rdnr. 7). Das Tatbestandsmerkmal "abgeschlossener Raum" ist nicht anders zu verstehen als das Merkmal des umschlossenen Raumes in § 243 Abs. 1 Nr. 1 StGB, in welchem der in Diebstahlsabsicht begangene Hausfriedensbruch gerade als Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall des Diebstahls typisiert ist (vgl. OLG Stuttgart, NStZ 1987, 121 f.). Umstritten ist lediglich, ob zumindest teilweise eine Überdachung vorhanden sein muß (vgl. Lenckner, a.a.O., § 123 Rdnr.7 ). Als für den Begriff des umschlossenen Raumes wesentlich angesehen hat das Reichsgericht in einer Entscheidung vom 02.12.1920 (RGSt 54, 153 f.) in Bezug auf eine Bahnhofshalle "ob die für den Schienenweg vorhandenen Durchlässe sich überhaupt noch als "Lücken" der allgemeinen Umfriedung im Sinn des allgemeinen Sprachgebrauchs darstellen, oder ob umgekehrt die Hallenwände ihrer Gestaltung nach nicht viel anderes sind als gemauerte Einfassungen des durch die Halle hindurchführenden Teils des Bahndamms. Sind die Ausfahrtseiten, etwa wegen zahlreicher Gleisanlagen so breit, daß für die natürliche Auffassung von einem umschlossenen Raum nicht mehr gesprochen werden kann, so fehlt auch strafrechtlich das Merkmal des umschlossenen Raumes. Ist aber das Gesamtbild so beschaffen, daß die für die durchführenden Gleise offen gelassenen Teile im Verhältnis zur ganzen Umfriedung nur als Durchlässe, gewissermaßen als Einfahrtore, anzusehen sind, so steht der Annahme eines umschlossenen Raumes nichts entgegen."

Diese Grundsätze sind - nur - auf die U-und S-Bahnstationen der C-Ebene, in der sich die Gleisanlagen befinden, so daß eine Vergleichbarkeit mit einer Bahnhofshalle naheliegt, zu übertragen. Wie diese Örtlichkeiten im einzelnen beschaffen sind, wird in dem Urteil jedoch nicht mitgeteilt.

Die Urteilsfeststellungen rechtfertigen auch nicht die Annahme eines sonstigen befriedeten Besitztums. Daß die B-Ebene in äußerlich erkennbarer Weise mittels zusammenhängender Schutzwehren gegen das willkürliche Betreten durch andere gesichert sind, wird durch die Urteilsfeststellungen nicht belegt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts reicht hierfür die Tatsache, daß die B-Ebene abgesenkt und nur über Treppen, Rolltreppen und Fahrstühle zu erreichen ist, sich dadurch vom oberirdischen öffentlichen Raum absetzt und eine "visuelle und taktile Begrenzung" aufweist, nicht aus. Begrenzungen, die nicht die Bedeutung eines - wenn auch nicht unüberwindlichen - körperlich wirkenden (physischen) Hindernisses haben, machen das Besitztum nicht zu einem im Sinne des § 123 StGB befriedeten Besitztum (vgl. auch Lilie, a.a.O., § 123 Rdnr. 17). Treppen, Rolltreppen und Fahrstühle stellen kein psychisches Hindernis gegen ein willkürliches Eindringen dar. Absperrungen sind nach den Urteilsfeststellungen nicht vorhanden. Das vom Landgericht zusätzlich herangezogene Argument, es bestehe die Möglichkeit, den Zugang durch "einzelne Rolltore an den jeweiligen Treppen abzuschließen", rechtfertig ebenfalls nicht Annahme des Vorliegens eines befriedeten Besitztums. Ungeachtet des Umstandes, daß das Landgericht bereits nicht darlegt, ob sämtliche Zugänge auf diese Art verschlossen werden können, reicht die Verschließbarkeit allein auch nicht aus. Ein Besitztum ist - wie unter Hinweis auf die Entscheidung des Reichsgerichts in RGSt. 11, 293 f. dargelegt - nur dann als "befriedet" anzusehen, wenn es in äußerlich erkennbarer Weise mittels zusammenhängender Schutzwehren gegen das beliebige Betreten durch andere gesichert ist, wobei die Gegebenheiten zum Tatzeitpunkt maßgeblich sind. Den Feststellungen läßt sich jedoch nicht einmal entnehmen, daß die Rollgitter tagsüber überhaupt sichtbar sind bzw. deren Vorhandensein erkennbar ist. Es kann daher auch nicht festgestellt werden, daß sich das Verkehrsbauwerk wegen der Möglichkeit, daß es durch Rollgitter ( zum Teil ?; wo ? ) verschlossen werden kann, für einen durchschnittlichen Passanten als mittels zusammenhängender Schutzwehren nach außen gesichert darstellen kann.

Die Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs könnte vorliegend aber auch dann keinen Bestand haben, wenn die Voraussetzungen eines befriedeten Besitztums mit den Urteilsfeststellungen ausreichend belegt wären.

Denn das Urteil enthält auch keine Feststellungen dazu, ob es sich bei den Wegeflächen der B-Ebene nur um tatsächlich öffentliche, dem Fußgängerverkehr zur Verfügung gestellte Verkehrsflächen handelt, oder ob die Flächen dem Gemeingebrauch unterstellt sind, wodurch die Erfüllung des Tatbestandes des Hausfriedensbruchs bei ihrer Benutzung ausgeschlossen wäre.

Geschütztes Rechtsgut des § 123 StGB ist das Hausrecht, die Freiheit der Entscheidung darüber, wer zur Wohnung, zu Geschäftsräumen oder zu einem befriedeten Besitztum Zutritt haben soll (Lenckner in Schönke/Schröder, StGB, 26.Aufl., § 123 Rdn.1; BayOLG VRS 79, 105ff. ).

Im Gegensatz zum Hausrecht steht der Gemeingebrauch. Der Gemeingebrauch ist die jedermann gewährte Berechtigung, eine Sache ohne besondere Zulassung zu benutzen. Solange der Gemeingebrauch eröffnet ist, besteht ein subjektiv öffentliches Recht, die Straße ohne besondere Zulassung bestimmungsgemäß zu benutzen. Zum öffentlichen Verkehr gehört dabei auch der kommunikative Verkehr (vgl. auch Meyer/Stolleis, Hessisches Staats- und Verwaltungsrecht, S. 336).

Auf die Eigentumsverhältnisse kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

Die Eigenschaft einer Sache, öffentliche Sache zu sein, setzt nicht das Eigentum des Verwaltungsträgers voraus. Wird ein privates Grundstück dem öffentlichen Verkehr gewidmet, entsteht darüber eine besondere öffentliche Sachherrschaft ( Meyer/ Stolleis, Hessisches Staats- und Verwaltungsrecht, S. 336; OLG Karlsruhe, MDR 1979, S. 73), hinter der im Konkurrenzfall die Rechte aus Privatbesitz insoweit zurücktreten, als sie mit der öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung unvereinbar sind (vgl. auch OLG Oldenburg, NJW 1985, 1352; OLG Karlsruhe, MDR 1979, 73).

Der Gemeingebrauch verdrängt insoweit die Eigentümerrechte und mit ihnen auch das Hausrecht. In den Grenzen des Gemeingebrauchs unterliegen daher Räumlichkeiten, die zu öffentlichen Sachen im Gemeingebrauch gewidmet sind, nicht dem Schutzbereich des § 123 StGB (Rudolphi/Stein in SK StGB § 123 Rdnr. 37; Schäfer in MK StGB § 123, Rdnr. 42; BayOLG VRS 79, 105ff.; OLG Karlsruhe, MDR 1979, 73; LG Nürnberg-Fürth, Beschluß vom 16.11.1992, - 9 Qs 6/92).

Dies wäre vorliegend dann der Fall, wenn die Verkehrsflächen der B-Ebene aufgrund einer Widmung, einer Widmungsfiktion oder nach bisherigem Recht die Eigenschaft von öffentlichen Straßen im Sinne des § 2 HStrG besitzen sollten, deren Nutzungsart der Gemeingebrauch ist (§ 14 HStrG). § 2 Abs. 1 Satz 1 HStrG stellt den Grundsatz auf, daß Wege die Eigenschaft einer öffentlichen Straße durch Widmung erhalten, d.h. durch Hoheitsakt für den öffentlichen Verkehr bestimmt werden. Satz 2 statuiert den Ausnahmefall, daß die Öffentlichkeit einer Straße auch ohne Widmungsverfügung begründet werden kann. Nach dieser Vorschrift gilt eine öffentliche Straße mit der Verkehrsübergabe als gewidmet, wenn sie aufgrund eines förmlichen Verfahrens nach einem anderen Gesetz gebaut worden ist; die Fiktionswirkung tritt mit der Indienststellung ein. Der Erlaß eines Bebauungsplans ist als förmliches Verfahren im Sinne dieser Bestimmung anzusehen (vgl. auch VGH Kassel, NVwZ-RR 1990, 457 und NVwZ-RR 1992, 5). Die Festsetzung als öffentliche Verkehrsfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB führt dazu, daß der betreffende Weg oder die Straße mit der Übergabe an den Verkehr als gewidmet gilt. Schließlich läßt die Übergangsvorschrift des § 52 Abs. 2 Satz 2 HStrG es genügen, daß eine Straße nach bisherigem Recht die Eigenschaft einer öffentlichen Straße besitzt; öffentliche Straßen nach altem Recht bedürfen also weder einer Widmung, noch der Fiktion einer Widmung.

Welche Eigenschaften die Verkehrsflächen der B-Ebene besitzen, wird in den Urteilsgründen nicht mitgeteilt.

Für den Fall, daß die B-Ebene der Konstablerwache nicht dem Gemeingebrauch unterliegt und als befriedetes Besitztum anzusehen wäre, ist aber auch die Annahme des Landgerichts, es habe ein wirksames Hausverbot bestanden, im Rahmen der Beweiswürdigung nicht nachvollziehbar belegt.

Die Urteilsgründe belegen bereits die formellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Hausverbote nicht hinreichend. In den Feststellungen wird lediglich mitgeteilt, die - schriftlich abgefaßten - Hausverbote seien durch die A verhängt worden; im folgenden wird der Wortlaut der Hausverbote wiedergegeben. Nicht mitgeteilt wird jedoch, wer die Verbote abgefaßt und ausgesprochen hat. Unter diesen Umständen ist für das Revisionsgericht nicht nachprüfbar, ob die die Hausverbote abfassenden und aussprechenden Personen vertretungsberechtigt waren, so daß auch insoweit eine sachlich-rechtlich zu beanstandende Lücke vorliegt.

Zudem reichen auch die tatrichterlichen Feststellungen zu den materiellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Hausverbote nicht aus.

Die A mbH kann ihr Hausrecht nicht uneingeschränkt ausüben, sondern unterliegt, wie alle privaten Hausrechtsinhaber, die ihre Räumlichkeiten der Allgemeinheit zugänglich machen, bei der Erteilung von Zutrittsverboten allgemeinen Beschränkungen. Die Verbote dürfen nicht gegen gesetzliche Gebote verstoßen (§ 134 BGB) und nicht sittenwidrig sein (§ 138 BGB); bestimmte Personen dürfen nicht diskriminiert werden und es ist ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Hausverbotes zu fordern (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, NStZ 2005, 276; Lenckner in Schönke/Schröder, StGB, 26.Aufl., § 123 Rdnr. 19). Soweit es das Betreiben von öffentlichen Verkehrsmitteln anbelangt, ist das Hausrecht der A mbH aufgrund der gesetzlichen Bestimmung des § 22 PBefG beschränkt, weil eine Beförderungspflicht besteht. Das bedeutet, daß Personen, die die Beförderungsleistungen in Anspruch nehmen wollen, der Zutritt nicht verwehrt werden darf. Dem ist zwar in den schriftlich verfaßten Hausverboten Rechnung getragen worden, denn der Zugang zu den öffentlichen Verkehrsmitteln ist von dem Hausverbot ausdrücklich ausgenommen worden, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Soweit die Hausverbote allerdings nach dem im Urteil wiedergegebenen Inhalt für diesen Fall vorsehen, daß sich der Betroffene "jedoch auf kürzestem Wege unverzüglich zu den Zügen zu begeben" habe, ist diese Beschränkung nicht zulässig. Einem Reisewilligen, der ein Hausverbot zu beachten hat, ist auch zu gestatten ist, sich angemessene Zeit vor Abfahrt der Züge bzw. U-Bahnen einzufinden, die Wartezeit an einer beliebigen, dem Publikum zugänglichen Stelle zu verbringen und dabei im Rahmen des üblichen die Einrichtungen (Toiletten, Ladengeschäfte etc.) zu benutzen; er ist für die Dauer einer angemessenen Wartezeit dann so zu behandeln wie jeder andere Reisende auch (vgl. auch OLG Köln, VRS 90, 115 ff.).

Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann dem Angeklagten zudem auch dann, wenn er keine Reiseabsichten hat, der Durchgang durch die B-Ebene oder der Zugang zu den dort befindlichen Geschäften und Einrichtungen nicht verwehrt werden. Dem Landgericht ist zwar zuzustimmen, daß die A mbH nicht jede Nutzung hinnehmen muß. Gleichwohl ist sie durch die Zweckbestimmungen, die sie den unterirdischen Verkehrsbauwerken gegeben und in der Benutzungsordnung niedergelegt hat, gebunden.

Nach dem Inhalt der im Urteil (UA, Seite 12) wiedergegebenen Benutzungsordnung der A mbH dienen die unterirdischen Verkehrsflächen für den Fußgängerverkehr als Straßenunterführung, als Zugang zu den Bahnstationen der öffentlichen Verkehrsmittel und als Zugang zu den in den Gebäuden befindlichen Geschäftslokalen und sonstigen der Öffentlichkeit dienenden Einrichtungen. Die A mbH gestattet damit generell und unter Verzicht auf die Prüfung im Einzelfall allen Personen den Zutritt zu den Verkehrsbauwerken, die sich im Rahmen des üblichen, den Zweckbestimmungen entsprechenden Verhaltens bewegen. Das Hausverbot muß daher entgegen der Ansicht des Landgerichts auch den Durchgang durch die B-Ebene und den Zugang zu den dort befindlichen Geschäftslokalen und den sonstigen der Öffentlichkeit dienenden Einrichtungen ausnehmen ( vgl. BGH, Urteil vom 20.01.2006 -V ZR 134/05- zur Frage der Wirksamkeit eines Flughafenverbots; durch diese Entscheidung ist die ältere Rechtsprechung - BayOLG, JZ 1977, 311; OLG Düsseldorf, VRS 57, 281; insoweit auch OLG Köln, VRS 90, 115 - überholt).

Die Zutrittsverbote könnten somit strafrechtlich erst dann Bedeutung erlangen, wenn dem Angeklagten eine sonstige unberechtigte Nutzung, insbesondere etwa der Aufenthalt zum Zweck der Durchführung von Drogengeschäften, konkret vorzuwerfen wäre. Zudem müßten sie aus anerkennenswerten Gründen ergangen sein. Nicht einmal das wird durch die Urteilsfeststellungen belegt, so daß dem Revisionsgericht die Nachprüfung, ob eine unzulässige Diskriminierung des Angeklagten auszuschließen ist und überhaupt ein berechtigtes Interesse an der Erteilung der Hausverbote bestand, nicht möglich ist. Das Urteil läßt offen, auf welchen konkreten Grund die Hausverbote gestützt sind. Lediglich im Rahmen der Erörterungen zur Verhältnismäßigkeit der Hausverbote wird mitgeteilt, der Angeklagte habe sich "immer wieder im Kreise von Dealern" aufgehalten und sei "auch schon in eine tätliche Auseinandersetzung verwickelt" gewesen. Diese Ausführungen lassen jedoch ebensowenig wie die im Zusammenhang mit der Vorverurteilung des Angeklagten geschilderte Beleidigung eines Sicherheitsbeamten der A mbH (UA S. 6) und die Feststellung, der Angeklagte sei "in der Vergangenheit immer wieder mit Hausverboten wegen Störens belegt" worden (UA, S. 13), erkennen, worauf die im Jahre 2004 erteilten Hausverbote tatsächlich gestützt sind.

Hinzu kommt, daß die Urteilsfeststellungen auch nicht belegen, daß sich der Angeklagte an den im Urteil genannten Tagen unberechtigt in der B-Ebene aufgehalten hat. Es wird lediglich mitgeteilt, der Angeklagte habe sich am 10.07.2004 um 12.00 Uhr für den Zeitraum von 15 Minuten zwischen den Münzfernsprechern und dem Blumengeschäft aufgehalten; er habe in dieser Zeit keinerlei Anstalten gemacht, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Am 27.07.2004 habe er sich erneut in der B-Ebene der Konstablerwache aufgehalten. Er sei dort ca. 20 Minuten lang von dem Zeugen Z und seinem Kollegen beobachtet worden, wie er sich im Kreis von Nordafrikanern, die nach Kenntnis der Polizeibeamten dem Drogenmilieu zuzuordnen seien, aufgehalten habe, ohne auch nur die geringsten Anstalten zum Benutzen der öffentlichen Verkehrsmittel zu machen. Damit ist auf der Basis der vorstehenden Erwägungen eine unberechtigte Nutzung nicht dargetan.

Das angefochtene Urteil ist daher mit den zugrundeliegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main zurückzuverweisen (§§ 349 Abs. 4; 353; 354 Abs. 2 StPO).

Ende der Entscheidung

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