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Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
Urteil verkündet am 27.09.2002
Aktenzeichen: 1 Ss 49/02
Rechtsgebiete: StPO, BtMG, GVG


Vorschriften:

StPO § 81 a
StPO § 136a
StPO § 244 Abs. 3
StPO § 318 S. 1
BtMG § 29 a Abs. 1 Nr. 2
BtMG § 29 Abs. 5
GVG § 121 Abs. 2
Zu den Voraussetzungen der Beschränkung eines Rechtsmittels auf den Rechtsfolgenausspruch. Auf die Feststellung der Wirkstoffmengen kann für eine sachgerechte, schuldangemessene Festsetzung der Strafe in dem Betäubungsmittelstrafrecht nicht verzichtet werden. Zur Nichtberücksichtigung eines Brechmitteleinsatzes als strafmildernd.
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN Im Namen des Volkes Urteil

1 Ss 49/02 5/11 Ns 5250 Js

Verkündet am 27. September 2002

In der Strafsache gegen

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln,

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil der 11. Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 3. Dezember 2001 hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main aufgrund der Hauptverhandlung vom 27. September 2002, an der teilgenommen haben:

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil wird im Strafausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main zurückverwiesen.

Gründe:

Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat den Angeklagten - unter Freispruch vom weiteren Vorwurf der Urkundenfälschung - wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Crack) zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt. Der Verurteilung wurde der folgende Sachverhalt zugrunde gelegt:

"Der Angeklagte verkaufte am 29. Mai 2001 gegen 21.50 Uhr aus dem Mund heraus bei der Filiale MC Donald`s, An der Hauptwache, in Frankfurt am Main an einen Drogenkonsumenten fünf Cracksteine für 200,- DM. Zwei weitere Cracksteine führte er im Mund, um sie ebenfalls zu verkaufen. Bei polizeilicher Festnahme verschluckte er diese beiden Steine, weshalb es eines Brechmitteleinsatzes bedurfte, um sie zu Tage zu fördern. Der Angeklagte wies sich bei dieser Festnahme mit einem marokkanischen Ausweis auf aus, der sein Lichtbild trug."

Gegen das Urteil hat der Angeklagte mit Schriftsatz seines seinerzeitigen Verteidigers vom 14.8.2001 auf das Strafmaß beschränkte Berufung eingelegt. Das Landgericht hat die Beschränkung als wirksam beurteilt und die Berufung verworfen.

Dagegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und in gleicher Weise begründete Revision des Angeklagten. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts und erstrebt - wiederum - die Aufhebung des Strafausspruchs. Geltend gemacht wird, die Ablehnung eines auf die Klärung der näheren Umstände der durch Androhung von Zwang erreichten Brechmitteleinnahme durch den Angeklagten gerichteten Beweisantrags verstoße gegen § 244 Abs. 3 StPO. Der grundsätzlich und im konkreten Fall rechtswidrige Brechmitteleinsatz sei zu Gunsten des Angeklagten bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob er zu einem "Übermaß" an Erbrechen oder sonstigen Folgen geführt habe.

Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht beantragt die Aufhebung des Urteils insgesamt. Sie vertritt die Auffassung, die Beschränkung der Berufung sei wegen des Fehlens von Feststellungen zu Wirkstoffgehalt und Qualität der Cracksteine unwirksam.

Das Rechtsmittel des Angeklagten führt mit der Sachrüge zur Aufhebung des Strafausspruchs.

Dem weitergehenden Antrag der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht ist nicht zu entsprechen.

Die vom Revisionsgericht - obwohl vom Revisionsführer nicht gerügt - von Amts wegen zu überprüfende Beschränkung seiner Berufung ist vom Landgericht zu Recht als wirksam beurteilt worden. Ein Rechtsmittel - Berufung wie Revision - kann grundsätzlich wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werden (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, § 318 Rdnr. 16m. N.). Das gilt dann nicht, wenn Schuldspruch und Strafzumessung so miteinander verknüpft sind, daß eine getrennte Überprüfung der Strafzumessung nicht möglich wäre, ohne den nicht mitangefochtenen Schuldspruch zu berühren (vgl. z. B. BGH R StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 15) - insbesondere, wenn durch die zur Strafzumessung neu zu treffenden Feststellungen der Schuldspruch betroffen sein könnte -, wenn auf der Grundlage der Feststellungen gegen den Angeklagten überhaupt keine Strafe verhängt werden könnte (vgl. BGH R StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 12) oder wenn die Schuldfeststellungen widersprüchlich, unklar oder derart unvollständig - "dürftig" - sind, daß sie den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht einmal in groben Zügen erkennen lassen (st. Rechtsprechung vgl. z. B. BGH St 33, 59; OLG Hamburg StV 2000, 608). Hieran fehlt es etwa, wenn den tatrichterlichen Feststellungen schon nicht entnommen werden kann, ob der angenommene Tatbestand überhaupt verwirklicht ist (OLG Hamburg a. a. O.). Sonst gebietet es die dem Rechtsmittelberechtigten in § 318 S. 1 StPO eingeräumte Verfügungsmacht über den Umfang der Anfechtung, den in Rechtsmittelerklärungen zum Ausdruck kommenden Gestaltungswillen im Rahmen des rechtlich möglichen zu respektieren, kann und darf daher das Rechtsmittelgericht regelmäßig diejenigen Entscheidungsteile nicht nachprüfen, deren Nachprüfung von keiner Seite begehrt wird (z. B. BGH St 29, 359 f./364; BGH R StPO § 318 Strafausspruch 3- Bewährung). Danach führt nicht jeder Mangel des infolge Beschränkung in Rechtskraft erwachsenen Teils, insbesondere auch nicht jede Lücke in den Schuldfeststellungen, zur Unwirksamkeit der Beschränkung (so z. B. für den Fall der Beschränkung der Revision auf die Frage der besonderen Schwere der Schuld im Sinn von § 57 a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB, wenn der Angeklagte wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden ist und die Bejahung eines weiteren Mordmerkmals in Betracht kommt- BGH R StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 10; bei Fehlerhaftigkeit der Bemessung von einer neu zu bildenden Gesamtstrafe und deren Aussetzung zur Bewährung zugrunde liegenden Einzelstrafen - BGH R StPO § 318 Strafausspruch 2; bei fehlerhafter Subsumtion - BGH R § 344 Abs. 1 Beschränkung 12; bei fehlerhafter Begründung der erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit, wenn Schuldunfähigkeit auszuschließen ist- BGH R StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 15). Das gilt auch, wenn infolge der Unvollständigkeit die Feststellungen für die erneut vorzunehmende Strafzumessung zu ergänzen sind, solange die neu zu treffenden Feststellungen den bindend gewordenen nicht widersprechen (vgl. z. B. BGH St 30, 340 f.7342; BGH StV 2000, 620) und der Schuldspruch als solcher davon nicht betroffen sein kann, also die Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit der stufenweise zustande gekommenen Gesamtentscheidung gewährleistet ist. Daß es nach der Rechtsprechung des BGH bei dem Grundsatz auch bleibt, wenn der Mangel im - hier in Rede stehenden - Fehlen von für die Strafzumessung relevanten Feststellungen zur Wirkstoffmenge besteht, ist z. B. dem Urteil des BGH vom 21.4.1988 (4 St R 133/88, zitiert bei Schoreit NStZ 1988, 351) zu entnehmen. In der Entscheidung wurde die Revision gegen den Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Haschisch in nicht geringer Menge- "fast 4 kg" - trotz fehlender Darlegung des Wirkstoffgehalts verworfen und die ergänzende Feststellung dessen bei der- aus anderen Gründen für notwendig erachteten - Neuverhandlung über den Strafausspruch für erforderlich erklärt, "da dieser Rückschlüsse auf die Gefährlichkeit der Straftaten des Angeklagten zuläßt" (BGH a. a. O.). Damit wurde die Ergänzung der Feststellungen um die Angabe der Wirkstoff menge bei der erneuten Strafzumessung für zulässig und die Erforderlichkeit dessen für den Bestand des Schuldspruchs als unschädlich erachtet. Generell mißt der BGH dem Fehlen hinreichend konkreter und nachvollziehbarer Feststellungen zur Mindestmenge des Betäubungsmittels unterschiedliche Bedeutung zu. Stehen tatbestandliche Voraussetzungen - wie die "nicht geringe Menge" im Sinn von § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG - nicht in Frage, hat das in der Regel keine Auswirkungen auf den Schuldspruch und kann u. U. ausnahmsweise auch der Strafausspruch Bestand behalten (vgl. z. B. BGH bei Schoreit, NStZ 1988, 351,1990, 331 und 1991, 328; BGH NStZ 84, 460; NStZ 90, 395; NJW 1992, 380; NStZ 96, 498, StV 2000, 613; StV 2001, 461; BGH R BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 4 Menge 8). Weshalb das im Zusammenhang mit der Wirksamkeit der Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch anders zu bewerten sein sollte, ist nicht ersichtlich. Hält der Schuldspruch trotz Fehlens von Angaben zur Wirkstoff menge je nach Lage des Einzelfalles sogar revisionsrechtlicher Überprüfung stand - auch ungeachtet eventuell im Rahmen der erneuten Strafzumessung insoweit gleichzeitig für notwendig erachteter Ergänzung -, so muß dies erst Recht für die Rechtsmittelbeschränkung gelten, bei der - wie ausgeführt- regelmäßig gerade diejenigen Entscheidungsteile gar nicht nachgeprüft werden dürfen, deren Nachprüfung von keiner Seite begehrt wird.

Nach den vorstehenden Kriterien führt das Fehlen von Angaben zur genauen Menge und zum Wirkstoffgehalt im vorliegenden Fall nicht zur Unwirksamkeit der Beschränkung. Die eingangs wiedergegebenen, vom Berufungsgericht als bindend seiner Entscheidung über den Strafausspruch zugrunde gelegten Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils sind zwar knapp, jedoch weder unklar, noch widersprüchlich und lassen den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat jedenfalls in groben Zügen erkennen. Dafür reicht die Beschreibung des Gegenstandes des Handeltreibens mit insgesamt 7 im Mund mitgeführten Cracksteinen zum Preis von 200,- DM für 5 davon aus. Das kennzeichnet eine - wenn auch nicht geringe im Sinn von § 29 Abs. 5 BtMG - so doch insgesamt kleine Rauschgift-, damit zugleich Wirkstoff menge und somit den dem Faktor zuzuschreibenden Unrechtsgehalt als unbedeutend. Von daher ist der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat hier hinreichend dargestellt. Allerdings hätte es - wie auszuführen sein wird- für die Strafzumessung genauerer Feststellungen zu Menge und Wirkstoffgehalt der 7 Cracksteine bedurft und werden diese in der erneuten Hauptverhandlung über das Strafmaß nachzuholen sein. Die Erforderlichkeit dessen steht der Wirksamkeit jedoch nicht entgegen. Dass die - wie erörtert grundsätzlich zulässige- Ergänzung den Schuldspruch betreffen könnte, ist auszuschließen. § 29 Abs. 5 BtMG findet auf Fälle des Handeltreibens keine Anwendung. Das Vorliegen einer "nicht geringen Menge" im Sinn von § 29 a Abs. 1 Ziff. 2 BtMG - auch bei "Crack" anzusetzen mit 5 g Kokainhydrochlorid, in das die Base umzurechnen ist (vgl. Körner, BtMG, § 29 a Rdnr. 54) - scheidet bereits nach den Angaben im Urteil aus. Das wird bestätigt durch den Akteninhalt, der bei der von Amts wegen im Wege des Freibeweises vorzunehmenden Prüfung der Wirksamkeit der Rechtsmittelbeschränkung herangezogen werden darf. Ausweislich der Gutachten des HLKA über das hier sichergestellte Crack vom 9. und 18.7.2001 handelt es sich bei den 2 (erbrochenen) Cracksteinen um insgesamt 0,27 g Kokainbase (Crack), bei den 5 (verkauften) um 0,62 g "Substanz, in der Kokainbase nachgewiesen wurde", also um insgesamt 0,99 g "Substanz" mit Kokainbase. Das schließt auch aus, daß eine genauere Untersuchung auf den Wirkstoffgehalt dessen Nichtvorhandensein ergeben könnte mit der Folge, daß der Schuldspruch unter diesem Aspekt ebenfalls unberührt bleibt und ein Widerspruch zu den bindend gewordenen Feststellungen - daß es sich um das Rauschgift "Crack" handelt- nicht auftreten kann.

Bei der Sachlage ist die Beschränkung der Berufung für wirksam zu erachten.

Bei der danach allein noch anstehenden Überprüfung des Strafausspruchs erweist sich das Fehlen der Feststellungen zur Menge von Rauschgift und Wirkstoffgehalt indessen - wie angesprochen - als rechtsfehlerhaft.

Die Menge des Rauschgifts und sein Wirkstoffgehalt sind - neben der Art des Betäubungsmittels und seiner Gefährlichkeit - für den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat im Rahmen der Strafzumessung maßgebend (so st. Rechtsprechung z. B. BGH NJW 1992, 380; StV 2000, 613; StV 2001, 461). Deshalb kann auf eine nach den Umständen des Falles mögliche, genaue Feststellung der Wirkstoffmenge für eine sachgerechte, schuldangemessene Festsetzung der Strafen im Betäubungsmittelstrafrecht grundsätzlich nicht verzichtet werden (z. B. BGH StV a. a. O.; NStZ 1996, 498/499). Soweit konkrete Feststellungen nicht getroffen werden können, da die Betäubungsmittel für eine Untersuchung nicht zur Verfügung stehen, muß das Tatgericht dennoch unter Berücksichtigung der übrigen festgestellten Umstände und des Grundsatzes "in dubio pro reo" die Wirkstoffkonzentration bestimmen (vgl. Körner, BtMG, " 29 a Rdnr. 97 und 108). Von genauen Feststellungen darf ausnahmsweise abgesehen werden, wenn es ausgeschlossen ist, daß diese das Strafzumaß zu Gunsten des Angeklagten beeinflussen können (z. B. BGH NStZ 1990,395). Danach durften hier Feststellungen zur Rauschgift und Wirkstoff menge nicht unterbleiben. Zwar findet der Aspekt in der Strafzumessung keine Erwägung und dürfte ihm angesichts der Größenordnung der Gesamtmenge nur untergeordnete Bedeutung beigemessen worden sein. Bei Berücksichtigung des Umstandes, daß dem Angeklagten maßgeblich straferschwerend die besondere Gefährlichkeit der Droge "Crack" zugerechnet wurde, "die schon bei frühem ersten Konsum suchtbildend wirken kann, zudem bei regelmäßigem Konsum zu raschem Persönlichkeitsverfall führt, geprägt durch abgrundtiefe Depressionen einerseits, grundlose Aggressivität gegen sich selbst und andere andererseits" (Urteilsgründe Seite 8 und 9) und die konkrete Gewichtung dessen an die Wirkstoff menge gebunden ist, kann indessen nicht ausgeschlossen werden, daß genauere Feststellungen hierzu das Strafmaß zu Gunsten des Angeklagten beeinflußt hätten.

Die Strafzumessungserwägungen sind darüber hinaus auch insoweit zu beanstanden, als zu Lasten des Angeklagten bewertet wurde, er sei "mehrfach, insbesondere auch schon einschlägig, vorbestraft", und die Urteilsgründe zu den 4 Vorverurteilungen, davon einer einschlägigen vom 10.11.1998 wegen Handelns mit Crack zu einer 6monatigen Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur- inzwischen widerrufenen - Bewährung, lediglich die Zeiten der Verurteilungen, die Schuldsprüche, die erkannten Rechtsfolgen und zum Teil den Vollstreckungsstand anführen. Die Angabe der Tatzeiten sowie eine Wiedergabe des den Vorverurteilungen zu Grunde liegenden Sachverhalts, der die inhaltliche Würdigung der Vortaten nach ihrer Art und dem Ausmaß zu entnehmen wäre (vgl. dazu BGH NStZ 1991,171), läßt das Urteil vermissen. Will der Tatrichter Vorstrafen als für das Strafmaß relevant zum Nachteil des Angeklagten werten, so sind die Tatzeiten mitzuteilen und im Regelfall die für das Strafmaß bedeutsamen wesentlichen früheren Feststellungen unter inhaltlicher Würdigung- wenn auch knapp- darzulegen. Anderenfalls kann das Revisionsgericht nicht nachprüfen, ob die Vorstrafen im Hinblick auf ihre Bedeutung und Schwere für die Strafzumessung richtig bewertet worden sind (st. Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Senatsbeschluß vom 25.7.1997- 1 Ss 102/97- mit Nachweisen). Davon mag abgesehen werden, wenn in Fällen geringerer Bedeutung der Sachverhalt schon aus der bloßen Angabe der angewendeten Strafvorschrift hinreichend erkennbar ist oder wenn etwa die Auflistung der Vorstrafen nur allgemein der Darlegung auch anderer Fälle der Mißachtung strafrechtlicher Normen durch den Angeklagten dient, also ersichtlich in keiner Weise maßgeblicher auf Art und Schwere früher begangener Straftaten abgestellt worden ist. Davon kann hier angesichts der für die abgeurteilte Einzeltat des Handeltreibens mit der unbedeutenden Menge von 7 Cracksteinen unbekannten Wirkstoffgehalts bei straferschwerender Berücksichtigung außer der Vorstrafe nur des "professionellen Verkaufsverhaltens aus dem Mund heraus", der besonderen Gefährlichkeit der Droge Crack und des Umstandes, daß den Angeklagten die "absehbare Verbüßung einer relativ hohen Strafe (von 8 und 6 Monaten) nicht zu beeindrucken scheint", nicht ausgegangen werden. Abgesehen davon, daß nicht ersichtlich ist, daß allein den sonstigen Faktoren entscheidende Bedeutung beigemessen worden wäre, spricht dagegen die besondere Hervorhebung der einschlägigen Vorstrafe. Angaben zu Tatzeiten und den für das Strafmaß bedeutsamen wesentlichen früheren Feststellungen mit inhaltlicher Würdigung der Vortaten nach Art und Ausmaß erübrigten sich hier somit nicht. Das gilt umsomehr, als sich die beiden Vorverurteilungen zu Freiheitsstrafen auch bei der Ablehnung der Bewährung maßgeblich ausgewirkt haben. Diese wird im wesentlichen mit der "Lebensführung" des Angeklagten begründet, die zeige, dass ihn nicht nur Freiheitsstrafen von Rückfällen (Anm.: muss heissen "nicht") abhalten, die zur Bewährung ausgesetzt sind, sondern auch solche, deren Vollstreckung anstehen". Soweit daneben weiter allein ausgeführt ist, "hierzu gehöre auch sein manifestes Desinteresse, eine entgeltliche Tätigkeit aufzunehmen, obwohl ihm dies nach der Heirat mit einer deutschen Staatsangehörigen möglich war, stattdessen begeht er weiter zur Geldbeschaffung Straftaten", fehlt es insoweit an einer nachvollziehbaren Tatsachenbasis. Den Urteilsgründen lässt sich weder entnehmen, dass der Angeklagte einen Arbeitsplatz hätte erhalten können - was sich angesichts der konstant hohen Arbeitslosenzahlen nicht von selbst versteht -, noch sind für den Zeitraum nach der letzten Vorstrafe ausser der abgeurteilten Tat weitere Straftaten zwecks Geldbeschaffung dargetan. Die mit der Revision gerügte Nichtberücksichtigung des Brechmitteleinsatzes als strafmildernd durch das Berufungsgericht erachtet der Senat dagegen auf der Basis der Feststellungen im Urteil nicht als rechtsfehlerhaft. Dabei bedarf es keiner Auseinandersetzung mit den Fragen der Rechtswidrigkeit des Brechmitteleinsatzes im allgemeinen (vgl. dazu für den zwangsweisen Einsatz die Entscheidung des Senats vom 11.10.1996 - 1 Ss 28/96) und im vorliegenden Fall im besonderen angesichts dessen geltend gemachter Modalitäten - Androhung von zwangsweiser Verabreichung, mangelhafte Anamnese, Anordnung entgegen § 81 a StPO nicht durch den Richter, Unverhältnismäßigkeit im Hinblick auf das vorherige Geständnis hinsichtlich der zwei verschluckten Cracksteine -. Dem Urteil ist zu entnehmen, dass der Angeklagte nach dem Eingeständnis, zwei Cracksteine verschluckt zu haben, und Androhung von Zwang das Brechmittel freiwillig eingenommen hat und das seine Gesundheit und sein Wohlbefinden über das bei Erbrechen übliche Maß nicht beeinträchtigt wurde. Unter diesen Umständen ist die Verneinung eines Strafmilderungsgrundes auch ausgehend von der grundsätzlichen Rechtswidrigkeit des Brechmitteleinsatzes - außer in Fällen von ohne jede Androhung von Zwang erreichter, im eigentlichen Sinne freiwilliger Einnahme- nicht zu beanstanden. Wird während des Strafverfahrens - bei der Verfolgung oder Aburteilung einer Straftat - gegen Verfahrensrecht verstoßen, so erwächst hieraus nicht ohne weiteres ein Strafzumessungsgrund. Wenn gegen § 136a StPO oder eine Verfahrensvorschrift verstoßen wird, so entstehen hieraus die entsprechenden verfahrensrechtlichen Folgen (etwa Beweisverwertungsverbote - hier bereits wegen der Rechtskraft des Schuldspruches bedeutungslos -); greifen sie nicht ein, bleibt der Verstoß folgenlos. Die Strafzumessung kann von verfahrensrechtlichen Vorgängen regelmäßig nur beeinflußt werden, wenn diese Vorgänge mit der Tat selbst zusammenhängen oder strafähnliche Auswirkungen haben oder wenn es geboten ist, Verletzungen der Menschenrechtskonvention durch Strafmilderung auszugleichen (BGH NStZ 1989, 586). Hier käme allenfalls Letzteres in Betracht. Die Menschenrechtskonvention verbietet in Art. 3 die Folter und unmenschliche oder erniedrigende Behandlung. Unmenschlich ist eine Behandlung, die absichtlich schwere geistige oder körperliche Leiden verursacht und in der besonderen Situation nicht zu rechtfertigen ist. Eine erniedrigende Handlung liegt vor, wenn sie den Betroffenen vor anderen im hohen Maß demütigt oder ihn dazu bringt, gegen Willen und Gewissen zu handeln, wenn danach seine Stellung als freie, auf Entfaltung der geistigen und seelischen Kräfte in der Gemeinschaft angelegte Persönlichkeit nicht unerheblich in Frage steht (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, MRK § 3 Rn. 2). Ein derartiger Grad der Beeinträchtigung steht auf der Basis der bisherigen Feststellungen nicht in Rede. Insofern ist auch keine Parallele zu dem vom Senat entschiedenen Fall des zwangsweisen Brechmitteleinsatzes mit massiven körperlichen Beeinträchtigungen, indem eine strafmildernde Berücksichtigung dessen, dass der Angeklagte in mehrfacher Hinsicht rechtsstaatswidrigen Ermittlungsmaßnahmen unterzogen wurde, die ihn in seiner körperlichen Unversehrtheit, seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und seiner Menschenwürde verletzt haben, für geboten gehalten wurde, gegeben.

Die aufgezeigten Mängel führen zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch mit den zugrundeliegenden Feststellungen. Insoweit ist die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main zurückzuverweisen (§§ 353,354 Abs. 2 StPO).

Eine Vorlage an den BGH gem. § 121 Abs. 2 GVG im Hinblick auf die - zum Teil von der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht in ihrer Stellungnahme für ihre Auffassung herangezogenen - Entscheidungen des Bayrischen ObLG vom 23.12.1999 (NStZ 2000, 210), 27.5.1999 (StV 2001, 335), 30.6.1998 (StV 1998, 590) und vom 9.6.1997 (NStZ-RR 1998, 55) sowie des OLG Düsseldorf vom 25.10.2000 (VRS 100, 187 ff. - darin dem OLG Köln zugeschrieben) ist nicht veranlaßt. In den Entscheidungen ist bei Verurteilungen wegen Straftaten nach dem BtMG die Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch als unwirksam beurteilt worden, da der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat mangels für die Strafzumessung wesentlicher Feststellungen zur Wirkstoffmenge nicht hinreichend bestimmt sei. Übereinstimmend mit der ständigen Rechtsprechung und der auch hier vertretenen Ansicht wird davon ausgegangen, dass die Berufungsbeschränkung unwirksam ist, wenn die Feststellungen so dürftig sind, dass sie den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht einmal in groben Zügen erkennen lassen (so z.B. Bay ObLG NStZ 2000,211), bzw. sie den Schuldspruch nicht tragen und deshalb keine Grundlage für den allein angefochtenen Rechtsfolgenausspruch bilden (so z.B. OLG Düsseldorf, aaO S. 188), und dass es wegen der wesentlichen Rolle der Wirkstoff menge für die Strafzumessung grundsätzlich deren Feststellung bedarf. Die Entscheidung über die Wirksamkeit der Beschränkung hängt in den in Rede stehenden Fällen und in vorliegender Sache davon ab, wie es sich in den beiden Punkten im jeweiligen Einzelfall verhält. Dafür kommt es auf dessen konkrete Umstände an. Ob Feststellungen zur Wirkstoff menge notwendig oder ausnahmsweise verzichtbar sind, welche Bedeutung im Fall ihrer Erforderlichkeit ihrem Fehlen für den Schuld- und/oder Strafausspruch beizumessen ist und ob je nach dem Ergebnis von Vorstehendem die Beschränkung nach dem oben angeführten Grundsatz sowie den sonstigen eingangs aufgezeigten Kriterien als wirksam zu beurteilen ist, ist aufgrund der Umstände des Einzelfalles zu bewerten, Letzteres vom Revisionsgericht endgültig erst aus der Sicht des Beratungsergebnisses bei Erlass des Berufungsurteils (BGHR StPO § 318 Strafausspruch 3). Die Frage hat damit die Würdigung des Einzelfalles nach Maßgabe seiner tatsächlichen Umstände und Besonderheiten zum Gegenstand und ist keine allgemein beantwortbare Rechtsfrage, folglich einer Entscheidung im Sinn eines allgemeinen Rechtssatzes im Vorlegungsverfahren nach § 121 Abs. 2 GVG nicht zugänglich (vgl. Löwe-Rosenberg-Franke, GVG, § 121 Rn. 59). Auch von der Identität der "Rechts"-Frage wäre nicht auszugehen. Diese ist zu bejahen, wenn wegen Gleichheit des Problems die Entscheidung ohne Rücksicht auf die Verschiedenheit der Fälle oder anwendbaren Vorschriften nur einheitlich ergehen kann (vgl. Löwe-Rosenberg-Franke, aaO Rn. 64). Das aber ist hier, da es für die Entscheidung auf die jeweiligen konkreten Umstände des Einzelfalles, damit auf deren "Verschiedenheit" ankommt, nicht der Fall. Im übrigen sind auch die Sachverhalte der zitierten Entscheidungen und des vorliegenden Falles bei Berücksichtigung der Bedeutung der jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalles für die Entscheidung nach hiesiger Auffassung nicht nur unwesentlich anders gelagert. Angemerkt sei daneben schließlich, daß sich der Senat mit seiner Auffassung auf der Linie der zitierten Rechtsprechung des BGH zu den Auswirkungen des Fehlens hinreichender Feststellungen zur Mindestmenge von Betäubungsmitteln auf den Schuldspruch und zu den Grundsätzen der Wirksamkeit von Rechtsmittelbeschränkungen sieht.

Ende der Entscheidung

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